Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
Der „St. Ingberter Anzeig e r⸗ mit seinem Unterhaltungsblatte erscheint wöchentlich dreimal: Dieustag, Donnersstag, 
und Sa mst ag. Abounementspreis vlerteljahrig 13 Krzt. Anzeigen werden mit 3 Krzr. die dreijpaltige Zeile Blattschrift oder deren 
Raum berechnet. V 
Donnerstag, den 11. April VVDDDD—— 1867. 
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Anta 7F0 
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Deutschland. 
München, 6. April.'* Seik kiniger Zeit wird aus mehre— 
ren Provinzen berichtet, daß die Zahl der als Freiwillige ins 
deer eintretenden, noch nicht conseriptionspflichtigen Jünglinge in 
azuffallender Weise sich vermehrt, weil die Eintretenden sofort Er⸗ 
jatzmänner stellen, um dadurch der in Aussicht stehenden allgemei⸗ 
nen Wehrpflicht sich zu entziehen. Das Kriegsministerium hat nun 
in einem Erlasse an die: Beneral-z; und Corpse Commando's aus⸗ 
geeprochen, daß nach den dermalen bestehenden Gesetzen keinem 
um Kriegsdienst geeigenschafteten Baher der freiwillige Zugang 
jum Heer und die Wahl der Waffengattung in diesem Fall ver⸗ 
veigert werden kann und daß die im Heere eingereihten sich un⸗ 
bedingt durch einen andern Mann vertreten lassen können. Dem⸗ 
gemäß dürfe kein von einem Freiwilligen burze Zeit oder auch 
nmittelbar nach seinem Zugang im Heere angebrachtes Gesuch 
um Ersatzmannstellung zurückgewiesen und Seitens der Militärbe⸗ 
hoͤrden duͤrch keine in den Gesetzen nicht begründete Auflage be— 
schränkt werden. Dagegen werden die Commandos bei allen frei 
villigen Zugängen zu strenger Prüfung darüber angewiesen, ob 
der freiwillig Eintretende die zum Kriegsdienst überhaupt, sowie 
zu der erwahlten Woffengaitung exforderlichen Eigenschaften besitzt. 
Ferner müsse bei der Entscheidung über das im Dienstweg ein⸗ 
zubringende Einstellungsgejuch gleichzeitig der Exsatzmann vorge⸗ 
sellt werden, über dessen allgemeine und besondere Dienstfähigkeit 
Jenaue Nutersuchungen anzustellen sei. 
Münch en⸗ 7. April. Wie verlautet dürfte die Regierung 
i die Lage kommen, die Kaminern in kürzester Zeit wieder ein⸗ 
herufen zu müssen. 
Muünchen, 7. April. JIut hiesigen Ministerium des“ Aeu— 
tzern wurde unter den Hausbeamten eine Untersuchung angestellt, 
meil jüngst von Depeschen des Grafen Bismard, welche derselbe 
nach Müunchen zur. Einsichtnahme geschickt hatte, in öffentlichen 
Blaͤttern Mittheilungen gemacht wurden, die überx deren Inhalt 
und Form ein vollstündig richtiges Bild entwarfen. Man ist an 
betreffender Stelle über diese Tactlosigkeit, solche discrete Dinge 
zu veröffentlichen, höchst ungehalten; eigenthümlich bleibt es jedoch 
daß man die Indiscretion immer bei den Unterbeamden sucht 
Wenn im gegrebenen Fall das Ministerium aber nicht mehr er 
reicht, als bei der Untersuchung wegen des Briefes v. d. Pford— 
sen's an den Grafen Giese, dessen Veröffentlichung an hoher Stelle 
auch äußerst unangenehm vermerkt wurde, so wird es sich noch 
smmer kein klares Bild daxüber machen können, wie die Presse 
des Oesteren zu ihren Nachrichten gelangt. (ßPf. V.) 
München, 8. Aprii. Bis diesen Abend sind zu der Er— 
klärung au den Fürsten Hohenlohe bereits mehr als 100 Zustim⸗ 
mungen von den 148 Abgeordneten eingetroffen. 
Speyer, 8. Aptil. Der Hr. Staatsminister des Innern 
hat bis jetzt von hier aus die Städte Germersheim, Reustadt und 
Dürkheim besucht. Heute reist derselbe nach Kaiserslautern, mor— 
den nach Zweibrücken und in den nächsten Tagen nach Pirmasens, 
Dahn und Klingenmünster. 
gweibrücken, 9. April. Hr. Staatsminister Frhr. v. 
Pechmann traf heute Vormittag um zehn Uhr von Kaiserslautern 
hier ein, begleitet von Hrn. Regierungsrath Frhr. v. Feilitzsch 
dus München und von Hrn. Regierungsrath Frhrn. v. Maillot 
aus Speyer. Die angebotene Auͤfwartung der Beamten unter— 
blieb auf den Wunsch des Ministers, welcher hingegen den Spihtzen 
des Appellationsgerichtes Besuch machte. Die übrige Zeit ver— 
wendete der Hr. Minister zur Vesichtigung des Landgestütes, zur 
Inspicirung des Gefängnisses, zum Besuche der Gewerbschule und 
zur Betrachtung einzelner Gebäude, namentlich des vom Staate 
neu acquirirten ehemaligen Schlosses und der Alexanderskirche. 
Hr. v. Pechmann, der im Zweibrücker Hofe abgestiegen war, reisie 
mit dem Eisenbahnzuge um halb 4 Uhr zum Vesuche eines Ver— 
wandten in Frankreich hier weg und wird am nächsten Freitage 
wieder unsere Stadt passiren. um sich nach Pirmasens zu be⸗ 
geben. — 
Landan, 9. April. Wie wir hören ist QOestreich mit dem 
Resultate der durch die Bundesliquidations-Commisston im Monat 
Januar d. J. vorgenommenen Abschätzung des früheren Bundes⸗ 
naterials nicht zufrieden und es sind heute Mittag als Revi— 
ions⸗Instanz zwei österreichische Offiziere, Art. Oberst v. Tiller 
ind Art.⸗Haupimann Seyschab, sowie der württembergische Oberst 
v. Wagner hier eingetroffen und im „Pfälzer-Hof“ abgestiegen. 
(Annw. W)) 
Ludwigshafen, 10. April. Der Verträge von 1839 
ind es drei: 1) ber Londoner Veitrag vom 13. April über die 
Trennung Belgiens von Holland und die Feststellung der Grenzen 
heider Laͤnder; 2) der Londoner Vertrag vom gleichen Tag, wel⸗ 
her den vorigen unter die Garantie von Frankreich, Oesterreich, 
Hroßbritannien, Preußen und Rußland stellt; 3) der Londoner 
Vertrag vom gleichen Tage, in welchem die Bevollmächtigten Oe⸗ 
sterreichs und Preußens die Zustimmung des deutschen Bundes zu 
den aus den vorigen Verträgen hervorgehenden Bestimmungen 
über die Territorialverhältnisse Luremburgs aussprechen. 
Dienstes-Nachrichten. I 
Se. Maj. der Koönig haben sich allergnädigst bewogen ge⸗ 
unden, unterm 1. April l. J. den Gyinnasialprofessor in Speyer 
Priester Dr. Ferdinand Janner, in provisorischer Eigenschaft zum 
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Heschichte der chrisilichen Kunst in der theologischen Section des 
eyceums in Regensburg zu ernennen. 
Se. Maj. der König haben sich alle rgnädigst bewogen gefun— 
den, unterm 4. d. Mts. vom 16. April ĩ. J. an 1. zum Grenz⸗ 
obercontroleur in Habkirchen, Hauptzollamtsbezirks Zweibrücken, 
den geprüften Rechtss und Zollrechnungs-Comissariats-Practicanten 
Franz Xaver Welinhofer und 2. zum Grenzobercontroleur in Vin⸗ 
ningen gleichfalls Hauptzollamtsbezirks Zweibrücken, den beritte⸗ 
nen Oberauffeher Georg Joseph Banner zu Waldsassen, beide in 
vrovisorischer Eigenschaft zu ern ennen. 
—S ekuͤttgart, 7. April. Die hiesige deutsche Partei hat 
n ihrer Wochenversammlung resolvirt: „Die Versammlung der 
eutschen Partei spricht ihre lebhafte Befriedigung über die Be⸗ 
jandlung der luxemburger Frage im Norddeutschen Reichstage 
ind die ud un de Ueberzeugung aus, daß auch das Volk 
Zůddeuischlalds die Gefahren und Opfer eines Krieges für die 
iationalen Interessen und die Ehre Deutschlands bereitwillig auf 
iich nehmen würde, wenn fremde Gelüste nach einem deutschen 
Zrenzlande nicht anders abgewiesen werden koͤnnten. — Heute 
and in Heilbronn eine Landesversammlung der deutschen Partei 
att, welche Resolutionen für das Augusibündniß zwischen dem 
Züden und Norden, für die Stuttgarler Februarbeschlüsse und 
für die Herstellung eines gemeinsamen deutschen Staatsverbandes 
im Innern faßte. — 
Berbhin, 7. April. Es ist aus Paris die Nachricht ein⸗ 
getroffen, daß die Rente um 2 Frs. in Folge kriegerischer Gerüchte 
Fefallen sei. Ich muß leider constatiren, daß hier in den aller⸗ 
ernstesten Kreisen ein Krieg mit Frankreich als unvermeidlich und 
nur noch als eine Frage der Zeit angesehen wird, daß man aber 
Alles thut, um den ersten einleitenden Schritt dazu zu vermeiden, 
daß man auch den Schein einer Initiative vermeidet. Und das 
jeht so weit, daß eine Verlegung einer Schwadron Husaren nach 
Lduremburg in den letzten Tagen blos deshalb unterblieb, weil 
Braf Bismard nicht wollte, daß darin eine, wenn —XW 
geringe Verstärkung der Garnison gesehen werde, die nur zu Aus⸗ 
inandersetzungen und Mißverständnissen führen könnte. Gleich⸗ 
wohl ist der Krieg eingeleitet und die Dinge nehmen den Gang 
wie wenige Mongte vor der Colision mit Oesterreich. Die Si— 
tuation ist also ernst und die enropäische Constellation so, daß sie 
die äußerste Vorsicht nothwendig macht. Der Rücktritt des preu⸗ 
disch gesinnten Ministeriums Ricasoli, der Eintritt des Napoleo⸗ 
risten Ratazzi in das Florentiner Cabinet ist nicht das einzige 
chlechte Zeichen in dieser Constellation. Auch in Wien regt sich 
Re ültramontane Partei wieder und facht den Preußenhaß an,