Slt. Ingberker AAnzeiger.
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Nro. 49. — Dienstag, den 23. April
1sq.
Deutschlaund.
Muhen, 18. April. Wie mir aus guter Quelle ver—
ichert wird, bezweckt die Mission des Grafen Taufflirchen nach
Berlin und Wien die Anbahnung des Eintrittes Bayerns in den
Norddeutschen Bund und die Vermittlung eines Bündnisses zwi⸗
ichen Preußen und Oesterreich. Die Verhandlungen wegen der Auf—⸗
alnne Bayerns in den Norddeutschen Bund sollen zu erfreulichem Ab⸗
Ausse gelangt sein. Graf Tauffkirchen begab sich übrigens von
Berlin nicht direct nach Wien, sondern kehrte zuerst noch München
zurück, von wo er sich jedoch nachdem er mit dem Minister des
Aeußeren conferirt, sofort nach Wien begab. — Gerüchtweise ver—
lautet hier, die Vermittellung bei Oesterreich solle den Eintritt
Deutschösterreichß in den Norddeutschen Bund bezwecken —
ein Gerücht, das wohl keiner Wiederlegung bedarf. — Gegen—
iber der in preußischen und anderen Zeitungen aufgestellten
Behauptung, daß die bayerische Armee auf das- Mangelhafteste
ausgerüstet sei, daß es ihr sogar an Gewehren fehle, weil sämmt⸗
iche alte Gewehre auseinandergelegt seien, um sie in Hinterlader
zu verwandeln ꝛc., kann ich auf das bestimmteste versichern, daß
für die ganze Armee und noch darüber hinaus Podewils⸗Gewehre
nach altem System vorhanden und außerdem je ein Bataillon
eines Regiments mit Hinterladungsgewehren versehen ist.
Mainz, 19. April. Die bezüglich der Besetzung der Fe—
tungen Rostatt und Ulm zwischen Preußen und den süddeutschen
Staaten geführten Verhandlungen betreffen nur die weitere Aus—
führung der zwischen denselben abgeschlossenen militärischen Bünd—
nisse, gemäß deren Preußen die oberste Leitung im Kriege und in
Folge dessen auch die Obexaufsicht über die Vertheidigungsmittel,
ilso auch über Ausrüstung und Besetzung der Festungen zusteht.
Die Frage der Besetzung durch Truppen scheint nach Andeutung
don unterrichteter Seite dahin entschieden zu sein, daß Ulm ganz
don süddeutschen, Rastatt von badischen und preußischen Truppen
gemeinschaftlich besetzt wird. Dey:Gouverneur wird von den Terri—
orialherren ernannt. Aufxersterem Platz wird das Geniewesen
vahrscheinlich durch Bayern, das Artilleriewesen durch Württem—
berg, in Rastatt die Artillerie durch Baden, das Genie durch Preu—
zen dirigirt werden. Letzteres hat schon vor einiger Zeit Inge—
nieuroffiziere und einige Chargen (sogenannte Wallmeister) in den
cheinischen Pioniercorps zu diesen Functionen bezeichnet und dürf—
sen die Vorbereitungen zur Ausführung der vereinbarten Verfü—
zjungen nicht lange mehr verschoben werden.
Frapkfurt, 18. April. Seit Beginn dieser Woche tagt
JRier bekanntlich eine Commission, welche sich mit der Auseinander—
etzung ween und Stadt (insbesondere Staats- und
Stadthãsd zhatz Vermögen ꝛc.) beschäftigt. Dieselbe besteht regie—
rungsseitig auͤs dem k. preußischen Assessor Hoffmann aus Berlin,
aus den Senatsmitgliedern v. Open, Mumm und Berg, und aus
den Mikhliedern des ehemaligen 5Ier Collegs (ständige Bürger—
repräsentation) Jucho, Reuhl und Scharff-Meyer. Seit gestern
zerlautet nun, daß sich die Commission über die Hauptgrundzüge
eeinigt habe, so zwar, daß diese Einigung, da Hr. Regierungs⸗
ijsesszr Hofmann mit sehr bestimmten Instructionen versehen sein
oll, als eine definitive angesehen werden könne und an der Zu—
timmung der Regierung nicht zu zweifeln sei. Demnach wäre
zie Summe der Schulden auf 18 Millionen Gulden (zumeist Ei—
enbahnanlehen) festgesetzt, einschließlich der vielbesprochenen 6 Mill.
Lriegssteuer aus vorigem Jahre. Von diesen 18 Mill. würde
der Staat (Preußen) 14 Millionen übernehmen, wogegen die Ei—
senbahnen Staatseigenthum werden; auch die Lotterie wird Staats
nstitut. Sämmtliche Häuser, mit Ausnahme des Stadtigerichts-
zebzudes, ebenso der Wald — was mit großer Freude vernom—
nen werden wird — bleiben der Stadt. Vom 1. Juli an soll
eine“ Zprocentige * Einkommensteuer eingeführt werden. Obwohl
vir vorstehende Notizen aus bester Quelle schöpfen, übergeben
wirsie gleichwohl nur mit allem Vorbehalte der Oeffentlichkeit.
— Wir freuen uns ferner mittheilen zu können, daß die Auswei—
uing des Herrn Holthoff aus unserer Stadt wieder zurückgenommen
worden ist; auch sollen seinem etwaigen ferneren Aufenthalte in
Berlin keine Hindernisse mehr entgegengestellt werden.
Darmstadt, 18. April. Hier liegt zur Unterschrift eine
Frklärung auf, in welcher der Eintritt des Großherzogthums
Hessen in den Norddeutschen Bund als unerläßlich und nebenbei
ils die geeignetste Antwort bezeichnet wird, welche Hessen seines
Theils auf die neueste Herausforderung geben kann, die unserer
Nation aus Frankreich wird.
Darmstadt, 18. April. Der Finanzausschuß der zweiten
dammer beantragt, für 1867 und 1868 statt der für die Ge—
'andtschaften geforderten 60,000 fl. per Jahr blos 12,000 fl.
ür einen Gesandten in Berlin und 2000 fl. für Consulate zu
bewilligen, indem er der Ansicht ist, daß alle Gesandten außer
dem in Berlin überflüssig seien. Gelegentlich einer Anforderung
der Regierung für die Geistlichen beantragt der Finanzausschuß
eine neue protestantische Kirchenverfassung auf Grundlage der
—A
ischen teologischen Fakultät an der Gießener Universität.
Dresden, 20. April. Durch eine Bekanntmachung des Ge⸗—
ammtministeriums wird der Landtag Sachsens auf den 29. ds.
auf kurze Dauer einberufen. J
Stuttgart, 17. April. Es ist nun beschlossen, daß so⸗
fort zur Umänderung der Infanteriege wehre in Hinterlader nach
dem System Albini⸗-Brandlen geschritten werde.
Berlin. In der Shnntagssitzung des Maschinenbauarbei—
er⸗Vereins wurde wie wir der Zukunft entnehmen, folgender
Gruß an die Arbeiter zu Paris beschlossen: *
Die Maschinenbau⸗Arbeiter Berlins, erklären:? Wir verab⸗
cheuen jeden Krieg und halten besonders einen Krieg zwischen
Frankreich und Deutschland für gleich sehr schädlich den Interessen
der Civilisation und der Freiheit. Wir wissen, daß beide Völker
nuf ihren weiten, schönen Gebieten Raum genug,. haben, um frei
lücklich und friedlich nehen einander zu leben, und daß nur die
hetzereien derer, die ein Interesse daran haben, der rohen Ge—
valt über Recht und Freiheit zum Siege zu verhelfen, die Völker
uu gegenseitigem Hasse und zum Neide aufzuftacheln suchen““ Wir
ind uͤberzeugt, daß der Arbeiter nichts zu schaffen hat mit dem
dorbeer des Krieges, denn dieser Lorbeer wurzelt in den mit den
Bebeinen der Arbeiter gedüngten Schlachtfeldern, ist befeuchtet von
»en Thränen der Wittwen und Waisen und ist beladen mit den
Flüchen verhungernder Arbeiter. Wir halten die Concurenz der
Arbeit für die einzige unserer Cultur entsprechende Wahlstatt und
den gemeinsamen Kämpf sämmtlicher Nationen für die Freiheit
ind gegen die Feinde derselben für den einzigen unserer würdi—
gen Kampf. So senden wir unseren französischen Brüdern un—
eren friedlichen Gruß!
— Im „Frkf. Journal“ findet sich ein „Aufruf? an die
deutschen Studenten, der die letzteren zu einer Beantwortung der
hekannten Pariser Studenten⸗Adresse veranlassen will. Es wird
vorgeschlagen, die Antwort der Deut schen möge dahin lauten, daß
zuch Deutschland den Krieg „nicht fürchte, aber verabscheue“, und
daß man diesseits des Rheines von dem sittlichen Gefühle des
ranzösischen Volkes und der Weisheit seines Kaisers eine fried⸗
iche Beilegung der Streitfrage erhoffe, da der einmal begonnene
Vertheidigungskrieg jeden Deutschen zu jedem Opfer bereit finden
vürde.
Berlin, 17. April. Der „W. Ztg.“ wird aus Berlin
zeschrieben: „Man will in Kreisen, in welchen man sich sonst nicht
nit den Cancans der politischen Welt befaßt, wissen, daß die In—
uiitative des Königs von Holland durch eine Summe von 1 Mil—
ljon Franken provocirt worden ist, welche ein Adjutant des Kai—
ers einer gewissen Dame, deren Beziehungen zu dem Haag be—
annt sind, hat verabfolgen lassen. Die Verhandlungen haben aber
is jetzt durchaus nicht zu irgend einem Staatsvertrage geführt,
ondern bestehen einzig und allein in Correspondenzen zwischen dem
daiser und dem König von Holland, so daß der Letztere, von ei—
ier Großmacht darauf aufmerksam gemacht, daß Holland das erste