Full text: St. Ingberter Anzeiger

Agrankfurt, 9. Jan. Heute verließen die letzten Dester⸗ 
zeicher, welche schwer⸗verwundet seither hiet in dem Lazareth la⸗ 
gen, die Stadt, um sich nach Prag in das dortige Militaärspital 
be eben. — * 7 — 1122 
u 8 ut rwell er, 8. Jan. Heute Morgen wurdel auf hie⸗ 
igem Bahnhofe ein junger Grubenarbeiter von 19 Jahren todt, 
id zu sagen enthauptet, gefundeit. Abends vorher kam er⸗mit 
dem Zuge Neunkirchen und ist, wahrscheinlich während derfelbe 
im Gange war, ausgestiegen und von einem Rade erfaßt worden 
736ln, 10. Jan. In der heute begonnenen Ziehung der 
Dombau⸗Lotterie fiel det Hauptgewinn von 25,000 Thaler auf 
Nr. 244,632. Die Loose 99,325 und 234,658 je 1000 Tha— 
fer. Nr. 308,7 45, Landschaft von Graf von Kaldreuth; 241,537 
Zleine Raucher von Werder; 144 694 Sonntag-Nachmittag von 
Toussaint; 284,588, Gretchen im Kerker, von Hamm; 172,326 
Broßmuttet von Geselschap; 328,283, Landschaft ann Bodensee. 
don Kesseler; 80,175, Rückkehr vom Schüßenfeste, von Schlesim 
ger; 300,098, Waldlandschaft, von Maurer 242, 8340, Kolner 
Dom, von Wegelin; 326,753, Am Wallensee, Gemölde von Graf 
Zaldreuth; 20,724, Schulausgang. von Böker; 262. 818, 6 
Aquarelle von Bresser; 52,970, Fechtende Handwerksburschen von 
Schlefinger; 88,690, Scharzach, in Tyrol, Gemälde von W. 
Brandenburg. 
Königsberg, 5. Jan. Nach den letzten Stürmen 
ist dor einigen Tagen bei Nidden ein russisches Schiff ohne Steuer 
ind Mast in dem elendesten Zustande mit noch zwei Leuten; und 
dem Leichnam eines Matrosen an Bord geborgen worden. Die— 
selben erzühlten, daß sie 14 Tage hindurch auf der See umherge— 
rieben wurden, daß sich täglich die Schiffsmannschaft lichtete und 
auch für die noch Lebenden bereits die höchste Noth angebrochen 
ei, zumal die Nahrungsmittel gänzlich ausgegangen. Vier Mann 
waren noch auf dem Schiffe, als eines Tages der Matrose, dessen 
Leiche noch nach Nidden mitgebracht wurde, durch das Herunter⸗ 
jallen von Ketien getödtet wurde. Der Hunger der Leute hatte 
Fereits den Culminationspunkt erreicht, und zweimachten sich an 
den menschlichen Leichnam, indem sie aus demselben Stücke Fleisch 
ausschnitten und verzehrten. Den dritten noch Lebenden erfaßte 
dabei ein solches Grauen, daß er, um dem Hungertode zu ent⸗ 
gzehen, sich vom Fahrzeuge herab in die See stürzte und den Tod 
sand. Die Leiche des Matrosen, welche den lebenden Lenten zur 
NRahrung gedient hatte, wurde in diesen Tagen in Nidden beer— 
digt. 
Ein fenerspeiender Berg. Aus Welschthrok wird 
von einer merkwürdigen Naturerscheinung berichte. Der Monte— 
Baldo macht nämlich alle Anstrengungen, sich zu einem feuerspei⸗ 
enden Berg zu qualificiren. Seit Ende November schon bemerkte 
man auf und um den Berg Erschütterungen, namentlich aber vom 
2. bis 5. Dezember. Auf der halben Höͤhe des Verges erblickte 
man bei Nachit leuchtende Phänomen, welche vulkanische Ausbrüche 
befürchten ließen. Man wollte bereits von einem solchen auf der 
gegen Cassano liegenden Seite des Berges wissen, doch hat sich 
die Nachricht nicht bestätigt. Die zeitweiligen Erdstöße dauern 
jedoch noch fort. 
F Bei der diesjährigen großen Pariser Ausstellung soll 
auch das ba yer. Bier in der Restauration um die ihm gebüh— 
rende Anerkennung werben, doch wird ihm dabei bedeutende Con⸗ 
urrenz gemacht werden. Die Landshuter Zig. erfährt darüber 
Folgendes: Das bayer. Bier wird durch das Fabricat des hie; 
igen Spatenbräu vertreten sein, welcher für den hiezu nöthigen 
Raum gegen 30,000 fl. zu zahlen hat. Die Dreher'sche Brau⸗ 
zrei in Schwechat bei Wien hat dagegen einen Platz genommen, 
velcher 100,000 fl, kostet, und endlich hat eine einzige Londoner 
Bierfirma einen Raum beansprucht, für den sie 500.000 fl. zah⸗ 
jen muß. 
Paris. Der pariser Rationalgarde ist durch einen 
Tagesbefehl ihres Commandanten, des Generals Mellinet, ange⸗ 
tündigt worden, daß das schönst uniformirte Nationalgarde⸗Corps 
der Welt, das von New-York nämlich, in der Stärke von vier 
Bataillonen d. i. mit 2000 Mann während der Ausstellung in 
Paris einen Besuch zu machen gedenkt. General Dir hat die Ini— 
iative für diese Art Verbrüderung ergriffen, mit der ein Flotten⸗ 
iest, wie das frühere in Cherbourg, verbunden werden soll. 
F In den letzten Tagen waren mehr als 20 Schiffe, welche 
Petroleum geladen haben, vor Antwerpen angekommen. Die Ge— 
sammtmasse der Ladungen betrug etwa 70,000 Fässer. 
Dem „Bund“ wird folgende Warnung mitgetheilt: Der 
ichweizerische Handel, der nach den Vereinigten Staaten importirt, 
wird hiermit aufmerksam gemacht, daß der bekannte J. B. Far⸗ 
wvell, durch dessen Denunciationen im laufenden Jahre eine große 
Zahl von Häusern in weit tragende Prozesse mit dem Newyorker 
Zollamte verwickelt wurde, wieder in Europa angekommen ist und 
zegenwärtig in Frankfurk a. M. weilt. Das amerikanische Ge⸗ 
etz spricht dem Denuncianten einen Viertheil des Produktes der 
Zollstrafen und Confiscationen zu. Nach einer Schrift des ame⸗ 
tanischen Congreßmitgliedes Hooper hat der genannte Farwell 
nus einem einzigen gegen einen Weinhändler in Boston gerichte— 
en Zollprozesse 25. 000 Dollars für sich gezogen. Den oberen 
dollbeainten gehört ein weiterer Viertheil der Bußen. Der vage 
Zegriff des Marktpreises, auf welchen hin die Zolldeclarationen 
aulen, gibt jeder Beanstandung den weitesten Spielraum. Es 
verden deshalb alle Fabrikanten und Kaufleute, an welche sich 
Farmer wenden sollte, wohlmeinend gewarnt, demselben weder 
nündlichen noch schriftlichen Bescheid zu geben. Wir fügen zur 
Warnung des Handelsstandels hinzu: Dieser J. B. Farwell er⸗ 
chien in Begleitung eines Anderen im Juni v. J. bei den grö⸗ 
zeren Fabrikanten der Schweiz, gab sich für einen Kanadier aus 
ind ließ sich Muster und Preise ihrer Fabrikate geben, um Ord- 
es zu ertheilen. Da der Gang des Geschäftes und der Stand 
»er Seidenpreise es bedingte, so stellten sie diesem angeblichen 
Zäufer 10 12*3 pCt. hoͤhe Forderungen als sie ihre im Mai 
emachten Aussendungen“ nach New-Yort declarnt hatten. Sehr 
ald entpuppte sich dieser Farwell als Spion der amerilanischen 
Douane und bewirkte durch seine betreffenden Mitheilungen, daß 
ämmlich ungeblich zu miedrig declarirte Kisten Seidenwaaren im 
5ntrepot New-NYorls confiscirt wurden. Der Gesammtwerth, der 
onfiscirten Seidenbänder und Stoffe soll 2*4 Millionen Fres. 
zetragen und einzelne Schweizer Häuser dabei mit circa 200,000 
FIrcs. betheiligt sein,. 
—(Goch m̃ den Lüften geboren). Der berühmte Luftschiffer 
Hillot ssieg am 9. Juli v. J. einem heiteren, windstillen Tage 
mit seinem Riesenballon „New-Orleans“, welchem er schon so 
manches Mal sein Leben anvertrant hatte, von der Stadt Boston 
im Staate Lonisiana aus, unter dem' Inbel einer uneundlichen 
Volksmenge. Begleiter war Mr. Gillot von seiner jungen Ge— 
nahlin Mary, einer muthigen Kreolin, welche schon mehrmals die 
zefähtlichen Reisen mitgemacht hatte. Bei dieser letzten Auffahrt 
Hefand sich dieselbe in interessanten Umständen, jedoch nicht ahnend, 
daß die Katastrophe so nahe bevorstehend sein könnte. Was man 
nicht erwartet hatie geschah; in einer Höhe von 21,000 Fuß wurde 
Mrs. Gillot Mutter eines gesunden Knäbleins. Man kann sich 
zie tragische Situation des Luftschiffers denken; seine Geistesge— 
genwart verließ ihn aber auch in diesem, in den Regeln der Ae— 
onautik wohl nicht vorgesehenen Falle keineswegs, sondern er tras 
ofort die nöthigen Vorbereitungen zur Niederfahrt, welche auch 
nach Verlauf von anderthalb Stunden glücklich von statten ging. 
Nr. Gillot befand sich mit seinem Ballon und dessen Insassen 22 
nglische Meilen westlich von Boston im einer ziemlich angebauten 
Hegend, wo ihm die zur Ernte auf dem Feldt beschäftigten Arbeiter sehr 
nrüßzlich waren, indem sie die ausgeworfenen Taue faßten und den 
zurch das entleerte Gas schon zusammengesunlenen Ballon vollends 
anft zur Erde geleiteten, Bei einem in der Nähe wohnenden 
Farmer fand die Gemahlin Gillot's mit ihrem Luftknaben die 
reundlichste Aufnahme und liebevollste Pflege, und wächst der 
Funge fröhlich heran zur Freude seiner Eltern. Als freier ame⸗ 
itanischer Bürger kann derselbe einstens wohl jedem Potentaten 
gegenüber behaupten, daß er der hochwohlgeborenste Mensch dieser 
Erde sei. 
4 Die Stadt Coburg im westlichen Canada wird gegenwär⸗ 
lig mit einem neuen, aus Tannenholz, Knochen, vegetabilischen 
und animalischen Ueberresten gewonnenen Gase erleuchtet. Das 
ieue Licht soll äußerst hell brennen und in dieser Beziehung, so⸗ 
vie an Billigkeit dem früher dort gebrauchten Kohlengas den Rang 
ablaufen. 
7 (Alligatoren als Hausthiere) In vielen Theilen der süd⸗ 
lichen Staaten Amerikas haben die Menschen ihren Widerwillen 
zegen diese Reptilien so weit besiegt, daß sie dieselben zähmen 
ind in geschlossenem Raum unterhalten. In diesem halbhäuslichen 
Zustande soll das Thier mehr Verstand zeigen, als man seinem 
Aussehen nach erwrten würde. Ein solcher Alligator war einmal 
die Ursache eines in New⸗Orleans zur Verhandlung gelangten 
sehr merkwürdigen Rechtsfalls. Eine junge Dame brachte eine 
Ziage ein gegen einen Nachbar, welcher in seinem Hof einen Al⸗ 
igator unterhielt, behauptend, daß das Thier von außerordentli⸗ 
her Größe und Wildheit sei; daß sie häufig in des Nachbars Neben⸗ 
jebäude gehen müsse, und daß sie, so oft sie genöthigt sei dies zu thun, 
ür ihr Leben fürchte. Der Beklagte, welcher verhaftet worden, 
jab, zur Vertheidinung aufgefordert, an: er unterhalte das Thier 
ils eine Art Haushund oder Nachtwächter; es sei, wenn man es 
nicht reize, ein ruhiges und friedliches Geschöpf; die Klägerin 
jabe aber die Gewohnheit, den Alligator zu necken und den Zorn 
esselben dadurch zu erregen, daß sie ihn mit einem langen Pfahl 
n den Rippen kitzele, Backsteinstücke nach ihm werfe, und einmal 
o weit gegangen sie, seinen Rücken mit einem rothglühenden 
Fisen zu verwunden. Auf diese Gründe hin wurde der Beklagte 
reigesprochen, der Dame auferlegt, mit dem Alligator und dessen 
Figenthümee Srieden au hasten