Mühe, die von den Kriegsdrohungen beunruhigenten Gemüther
etwas zu besänftigen. So wird die eben erfolgte Einberu—
fung der Reserven von 1864 dadurch gerechtfertigt, daß die Lücken,
welche durch den mexikanischen Feldzug und den an die aus Mexico
zurückkehrende Soldaten bewilligten Urlaub in den Reihen der
Armee verursacht worden sind, wieder ausgefüllt werden. Selbst
der Staatsminister Rouher beeifert sich, Jeden, mit dem er zusam⸗
menkommt, von der Wahrscheinlichkeit des Friedens zu überzeugen.
Aber es läßt sich nicht behaupten, daß diese Bestrebungen irgend
einen Einfluß auf das Publikum haben. Außer durch die unru—
higen Zeiten wird der franzoͤsische Handel augenblicklich auch durch
die Arbeitseinstellung hart betroffen. Heute waren bereits meh—
rere Kleidermagazine geschlossen.
Paris, 20. April. Heute erzählt man sich in diplomati—
schen Kreisen, daß der Kaiser nicht übel gesonnen sei, von der
Luxemburger Angelegenheit gänzlich abzulassen, indem Frankreich
in derselben gar nicht engagirt sei. Thatsache ist es, daß der
zsterreichische Gesandte, Fürst Metternich, dem Kaiser zu einem
solchen Schritte räth. Für den europäischen Frieden wäre natür—
lich ein solcher Schritt sehr erfreulich, aber die Dinge sind sicher
noch lange nicht soweit gediehen, und ich wüßte wirklich nicht,
wie der Kaiser solches Thun vor der aufgeregten öffentlichen Mei—
nung rechtfertigen wollte. — Im Inneren des Kaiserreiches ist
übrigens nicht alles Friede und Freundschaft. Die beiden frühe—
ren Verbündeten Rouher und Lavallette haben sich gänzlich über—
worfen, und der Erstere arbeitet schon daran, den Letzteren ebenso
von der Macht zu entfernen, wie er schon so viele Leute, über
Bord geworfen hat. Dieser Streit ist die Veranlassung, daß sich
Lavallette auf sein Schloß Cavalerin begeben hat. — Die „Presse“
hat heute die. Abgeschmacktheit, ihren Lesern zu derkünden, daß in
Berlin die Landwehr bereits mobilisirt sei. Die „Presse“ hat
überhaupt — und darin ist sie der Dolmetscher des Publikums
— sehr mysteriöse Vorstellungen von der preußischen Militäror—
ganisation. — Bis jetzt haben sich 57 Schneidermeister entschlos⸗
sen, dem Verlangen ihrer Gesellen nachzukommen; aber es sind
noch immer viele große Magazine auf den Boulevards geschlossen.
Auch die Friseur-Gesellen hatten Freitag Abend eine Versamm—
lung, in der sie aber einen solchen Spectakel machten, daß Nie—
mand daraus klug werden konnte, was sie eigentlich wollten.
Paris, 21. April. Der Zusammentritt aller Reserven
in den Hauptorten der Kantone findet auch diesmal wie alljährlich
am 1. Mai statt mit dem Unterschiede jedoch, daß die gesammt:
Reserve heuer sofort der activen Armee einverleibt und also nicht
wie üblich wieder entlassen werden soll. — Die „Liberte“ predigt
heute in einem Brandartikel den Nationalkrieg gegen Deutschland.
Dies hat insofern Bedeutung, als der Eigenthümer des Blattes,
Emil Girardin, allerdings, wie die „Frkf. Z.“ bemerkt, eine feine
Witterung der bevorstehenden Dinge hat. In Paris scheint man
überhaupt nicht mehr am baldigen Ausbruch des Krieges zu
zweifeln. Die Truppenbewegungen nach dem Norden hin dauern
fort; auch an Rüstungen zur See fehlt es nicht.
Paris, 22. April. Der Marschall Mac Mahon, den man
bedanntlich als den zukünftigen Befehlshaber der Rheinarmee be—
zeichnet, ist am letzten Samstag mit Familie in Paris eingetrof—
fen. Die Befehlshaber der verschiedenen Corps, welche die Armee
bilden sollen, sind bereits designirt. Mit den Pserdeankäufen hat
man auch begonnen. Der Kriegsbedarf, der fortwährend nach
dem Osten abgeht, ist ungeheuer.
Paris, 22. April. Man liest in der Patrie: Privatde—
peschen aus Berlin kündigen uns an, daß die Ansichten der drei
Großmächte bezüglich der Luxemburg-Frage fast gleichzeitig der
preußischen Regierung mitgetheilt worden sind. Das Handeln der
Höfe von Rußland, Oestereich und Endland ist demnach heute in
eine neue Phase getreten, es wird jetzt bei den bei Löfung der
Frage direct Betheiligten in Anwendung gebracht. —— —
Unsere Depeschen aus Berlin, welche darin mit den uns aus Lon—
don zugehenden Nachrichten übereinstimmen, stellen noch immer die
Lage mit dem der Aufrechthaltung des Friedens günstigen Cha—
rakter dar, den wir vom ersten Tage an constatirt haben.
Die Liberte erwähnt das Gerücht, welches heute in Umlauf
gesetzt ist, daß Marschall Forey gestern Abend vom Schlage ge—
rührt worden sei. Bis jetzt wird das Gerücht weder bestätigt noch
dementirt.
Paris, 24, April. Patrie und France glauben nicht, daß
die Nordd. Allg. Ztg. die Ansichten der preußischen Regierung
ausdrücke, wenn sie sage Luxremburg werde nicht geräumt. Nach
beiden Blättern müßte dies den Krieg herbeiführen. — Die Re—
gierung wird den Kammern am Donnerftag keine Mittheilung
machen. — Der Kriegsminister hat unterm 11. April das Los—
kaufsrecht für die Armee und die Reserve suspendirt. 20,000
bei den Bauern eingestellte Militärpferde sind von der Regierung
arückgefordert. Der Etendard sagt, Oesterreich, England und Ruß—
land würden neue Schritte in Berlin thuu. Bekanntlich haben
die drei Muchte noch gar keine Schrette in Berlin gethan; und
edenfalls wird die Nordd. Allg. Ztg. die Ansichten des Berliner
Tabinets besser kennen als die vorlaute Pariser Presse. Anm.
d. Red. d. Pf. Kr) 3
Straßburg, 20. April. In der Physiognomie der hie—
igen Stadt zeigt sich gegen früher keine Veränderung, welche auf
Vorbereitungen zu einem großen Kriege deuten könnte.“ Die Gar—
nison wurde noch um keinen Mann vermehrt: üe besteht großen—
heils aus Artillerie; es liegen Mannschasten von drei Regimen—
tern dieser Waffengattung hier; ob aber die Regimenter complet
und, wie man behauptet, zusammen 5000 Mann stark sind, kann
ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Von Infanterie liegt ein Ba⸗
taillon Jäger und ein leichtes Regiment hier, von Reiterei kaum
eine volle Schwadron. Dazu kommt ein Bataillons Pontonniers.
Von neuen Befestigungen ist nichts wahrzunehmen; nur wirden
die bereits früher begonnenen Erweiterungsarbeiten an einem Vor—
verk der Citadelle, etwa 25 Min, vom Rhein entfernt eben vol—
endet d. h. die Böschungen und das Glacis wuͤrden erhöht; es
ind aber dabei keine 20 Mann beschäftigt. Im Zeughaus wird
zagegen sehr stark gearbeitet; im Hof ist ein vollständiger Brücken—
rain aufgestellt, welcher nach Metz abgehen soll; auch viele Ge—
chütze werden dorthin verladen. Im Hofe des Arsenals liegen
erner einige 100 Mörser und Kanonenrohre, 65, 122 und 24
zfünder, zum großen Theil glatt. Auch die Zwieback-Bäckerei ist
eit 14 Tagen in Thätigkeit. Was die Stimmung betrifft, so ist
ie gegen Preußen sehr erbittert und Jedermann glaubt an die
Anvermeidlichkeit des Krieges. Personen, welche gut unterrichtet
ein wollen, behaupten, der Kaiser habe den Krieg saöfort erklären
wollen, als Preußen gegen die Räumung Luxemburgs Einwen—
dungen machte. nur auf das dringende Zureden der Marschälle
und Minister sei er von einer augenblicklichen Kriegserklärung
abgestanden. Was ihn so erbittert habe, sei der Umstand, daß
Graf Bismarck Frankreich weit mehr als Luxemburg versprochen
habe, nun aber nicht einmal dieses zugestehen wolle. Man hofft
hier, Oesterreich werde, sobald einmal der Krieg ausgebrochen sei,
ich auf Seite Frankreichs stellen; Italiens, Scandinaviens und
hollands glaubt man aber jedenfalls sicher zu sein. Die Armee
st ganz kriegerisch gestimmt; die Soldaten sagen: der Kaiser hat
duxemburg erworben, der Preuße will nicht heraus, das kann fich
Frankreich nicht gefallen lassen, also Ktieg.
England.
London, 20. April. Welchen Vortheil kann Europa sich
yon einem Kriege zwischen Deutschland und Frankreich verspre—
hen? fragt der „Economist“. „Große Verwirrung und furchtbare
SZtörungen“ antwortet er sich, „aber keine einzige heilsame Ver⸗
inderung, Deutschland ist im Grunde genommen schon einig und
hraucht keiner blutigen Kittung mehr; Frankreich ist einig, und
die einzig mögliche Veränderung wäre für es eine große Gränz⸗
zrweiterung entweder nach Belgien oder nach dem Rheine hin,
und eine solche wünscht Niemand zu sehen, da sie eine fruchtbare
Quelle neuer Kriege sein würde, und auf der anderen Seite würde
eine Niederlage der französischen Armee den Sturz der Dynastie
und wieder eine Revolution uach sich ziehen. Gutes kann man
iich nicht versprechen, wohl aber viel Unheil. ““
Italien.
Florenz, 17. April. Der« General Garibaldi ist hier
ingetroffen und bei Herrn Crispi abgestiegen. — Der General
Bovone, der voriges Jahr das Schutz- und Trutzbündniß mit
Preußen abgeschlossen, ist nach Paris abgereist. Naturlich werden
in diese Reise Vermuthungen geknüpft. Die Franzosen glauben,
»er General solle nun ein solches Bündniß mit Frankreich ab⸗
chließen.
ESchweizʒzʒ.
Bern, 22. April. Landammann Heer aus Glarus, Mit—⸗
zlied des Nationalrathes, ist zum außerordentlichen Gesandten
der schweizerischen Eidgenossenschaft in Berlin und bei den Regie—
rungen von Bahern, Württemberg und Baden ernannt. 1
Donaufürstenthümer. J
Bucharest, 20. April. Heute war der Geburtstag des
Fürsten und der Jahrestag des Plebiscits, welches ihn auf den
rumänischen Thron gerufen hat. Der Fürst empfing die Glück—
pünsche aller Staatskörper und des diplomatischen Corps. Als
er sich in die Metropolitankirche begab, begrüßte ihn lebhafter Zu⸗
ruf der Bevölkerung. Der Fürst hat befohlen, daß die für -die
Illumination der öffentlichen Gebäude bestimmten Summen unter
zie Armen vertheilt werden sollen.