Full text: St. Ingberter Anzeiger

Nordbund zu übertragen sein. Süddeutschlands Bewußtsein der 
Befahren deutscher Zerrissenheit und das Bedürfniß nach fester 
Nationaleinigung in ganz Deutschland werden diese Aufgabe be— 
chleunigen. Die geeinte Kraft der Nation wird Deutschland die 
Segnungen des Friedens und einen wirksamen Schutz seiner Rechte 
und Interessen verbürgen. 
Die Regierung wird einer jeden Friedensstörung Europas 
mit allen Mitteln vorzubeugen suchen, welche mit der Ehre und 
den Interessen des Vaterlandes verträglich sind. Das durch Ei— 
nigkeit starke deutsche Volk darf getrost den Wechselfällen der Zu— 
kunft entgegensehen, wenn Sie, die Abgeordneten, mit dem in ern⸗ 
ten Stunden bewährten preußischen Patriotismus das Einigungs— 
werk vollenden helfen. 
Wien, 27. April. Die heutigen Morgenblätter constatiren 
aus angeblich guter Quelle, daß Oesterreich bebor noch von an⸗ 
)eren Vermittelungsvorschlägen die Rede gewesen, den bei der Lu— 
cemburger Frage betheiligten Parteien folgende den übrigen Groß 
nächten mitgetheilte Alternative vorgeschlagen habe: Entweder Neu 
iralisirung Luxremburgs, verbunden mit Räumung und Beseitigung 
der Festung, oder die Abtretung des Großherzogthums an Belgien 
und Aufnahme desselben in die belgische Neutralität. Letzterer 
Vorschlag stieß wegen der durch die belgische Verfassung ihm ent⸗ 
gegenstehenden Schwierigkeiten auf Widerstand Seitens Belgiens. 
Nach der Verzichtleistung des Kaisers Napoleon auf die durch den 
Vertrag mit Holland gewissermaßen () schon erworbenen Rechte, 
tritt der erste österreichische Vorschlag auf Neulralisirung Luxem⸗ 
zurgs wieder in Wirksamkeit. Es ist gegründete Hoffnung vor 
handen, daß Preußen ein Recht aufgiebt, dessen formelles Gewicht 
——— 
Hamburg, 26. April. Rendsburg soll jetzt wirklich zus 
einem Waffenplatze ersten Ranges ausersehen sein. Auf der Eider 
lommen zahlreiche Fahrzeuge mit beträchtlichen Munitionsvorrä 
hen an. 
Hamburg, 27. April. Die Hamb. Nachr. bringen al 
authentisch ein Wiener Telegramm welches meldet: Als Grund⸗ 
agen der Verhandlungen werden vorgeschlagen: „Das neutrali— 
sirte Luremburg bleibt bei den Niederlanden; die Festung wird 
preußischerseits geräumt und alsdann geschleift.“ 
Frankreich. 
Paris, 26. April. Telegraphischen Berichten zufolge 
scheint die Börse wieder bei rosenfarbiger Stimmung zu sein. Am 
Mittwoch Abend ging die Rente von 68.20 auf 65.50, gestern 
Diittag gar auf 65.75 hinauf. Wahrscheinlich hat das Gerücht, 
daß Preußen die Räumung Luxemburgs zugestanden habe (was 
reilich nicht war ist), dieses Wunder bewirkt. — Der Moniteur 
bringt nun das schon erwähnte Decret des Kriegsministers über 
die Einberufung dreier Jahrgänge Reservisten (1860, 61, 62) 
zur Inspection. Die Hälfte der Dienstpflichtigen von 1864 und 
die Reserven von 1865, welche kürzlich keine Exercitien gemacht 
haben, werden für Mai und Juni zu Uebungen einberufen. Dieje 
Klassen sollen, nachdem fie waͤhrend dieser zwei Monate die Uebun⸗ 
gzen gemacht haben, für den Rest des Jahres 1867 entlassen wer⸗ 
den. — Nach einem Telegramm der Fr. Zig. hat die Linke im 
zesetzgebenden Körper ein Gegenproject zum Militärorganisations- 
entwurf eingebracht. Die Dienftzeit soll mit dem Zwanzigsten 
Jahre beginnen und erst mit dem vierzigsten soll volle Befrelung 
eintreten. Die Armee wird in ein stehendes Heer (élite), eine 
Reserve und eine mobile Garde eingetheilt. Die actibe Dienstzeit 
deträgt vierzehn Monate. Die Loskaufstaren sollen aufhören. 
Paris, 27. April. Heute sind an Stelle der noch gestern 
vorherrschenden kriegerischen Aussichten die schönsten Friedenshoff⸗ 
nungen getreten. Die „Patrie“ bestätigt die friedlichen Gerüchte, 
die schon gestern umliefen, die ich mich aber — wegen ihrer über— 
raschenden Neuheit — mitzutheilen gescheut hatte. Nach jenem 
Blatte habe Herr v. Bismarck nach seiner Ruͤckkehr nach Berlin 
eine sehr friedliche und versoͤhnliche Sprache angenommen. Eng— 
land, Oesterreich und Rußland hätten sich geeinigt, den Zusam— 
mentritt einer Conferenz vorzuschlagen, zu welcher die Regierun— 
zen von Berlin und Paris eingeladen und auf welcher der König 
der Niederlande als Großherzog von Luxemburg vertreten sein 
— 
zur Basis die Räumung der Festung des Großherzogthums und 
zum Zweck die Regelung der neuen Lage des Luremburgischen 
Landes haben. Man betrachte die Zustimmung der Cabineite von 
Berlin und Paris zu diesem Vorschlage als wahrjcheinlich. — 
Aus privater Quelle kann ich hinzusetzen daß, wenn die Conferenz 
glückt, eine allgemeine Zusammenkunft der Souveräne hier statt 
finden solle. — Man ist hier sehr auf die Rede gespannt, welche 
der König von Preußen übermorgen bei der Eroöffnung der preu⸗ 
hischen Kammern halten wird, da man den Kundgebungen der 
etzteren einen großen Einfluß auf die Entscheidung der Ftage zu— 
gesteht. — Der Staatsminister Rouher hat die Existenz der fried⸗ 
lichen Stroͤmung in einem Briefe an den Präsidenten des gesetz 
gebenden Körpers bestätigt, in welchem er die Deputirten bitten 
die Interpellationsforderung der Linken zu verwerfen. Die Re 
gierung würde, sobald sie nur könnte, mit Aufklärungen vor das 
Land treten, aber im gegenwärtigen Augenblicke würden üöffent. 
liche Verhandlungen und Erklärungen nur die friedlichen Bemühun— 
gen der Großmächte durchkreuzen. Hierauf haben dann natürlich 
die Büreaux auch nicht verfehlt, die Forderurg des Herrn Favbre 
zu verwerfen. Als dieses Resultat in der Sitzung des gesetzge⸗ 
henden Körpers verkündigt wurde, sagte derselbe, daß er und 
eine Freunde die friedlichen Erklärungen in dem Briefe des 
Staatsministers gern acceptirten, daß sie aber verlangten, die Re— 
gierung solle keinen fesien Entschluß fassen, ohne vorher die Mei— 
nung der Kammer zu erfragen. Herr Glais-Bizoin fügte hinzu, 
man solle nicht wie bei der mexicanischen Angelegenheit handeln. 
Der Präsident Schneider aber hielt es nicht für der Mühe werth, 
auf die Ansprache der Linken nur ein Wort zu exwidern. — 
Neben diesen friedlichen Angaben gehen freilich wieder die Rüstun—⸗ 
gen zum Kriege ihren ehernen Gang weiter. In der Minister⸗Si— 
zung, die heute stattgefunden hat, sollen die großen Befehlshaber— 
tellen über die active Armee schon gänzlich vertheilt worden sein. 
Selbst von der Marine aus sendet man Geschütze an den Rhein. 
Paris, 29. April. Die „Patrie“ meldet als sicher, duß 
die Conferenz in London zusammentreten wird. Preußen und 
Frankreich haben derselben beigestimmt auf der Grundlage der 
Neutralisirung Luremburgs. „Avenir national“ sagt, der Zusam⸗ 
mentritt der Conferenz wird am 15. Mai erfolgen: die Grund⸗ 
lage der Berathungen sei Neutralisirung des Großherzogthums 
duremburg und Schleifung der Festung. „Etendard“ meldet: 
Preußen hat im Princip der Räumung zugestimmt und morgen 
werden die Verhandlungen darüber beginnen, ob die Räumung 
vor oder nach der Conferenz erfolgen soll. Die Rente stieg gestern 
ruf 68. 25. 
Vermischres. 
F Paris. Als der Kaiser die österreichische Ausstellung 
besuchte, ereignete sich ein komischer Zwischenfall. Der Kaiser be— 
'and sich mit seinem Gerfolge und in Gesellschaft des Grafen 
Wickenburg, des Hofraths von Schafer und anderer Mitglieder 
der Commission in der Maschinenabtheilung und besichtigte eben 
die ausgestellten, wenn wir nicht irren die oberösterreichischen 
Sensen. Um die Güte derselben zu erproben, pflegt man sie auf 
ein zu diesem Behufe bereit liegendes Eisenblech zu schwingen, 
velches dann von ihnen, wie Papier von einer Scheere, in Strei⸗ 
fen geschnitten wird. Herr v. Wertheim der Vicepräsident der 
Tommission, wollte dieses Exrperiment auch vor dem Kaiser wie⸗ 
derholen, als er deßhalb die Sense weit ausholend schwang, 
fühlte er sich jedoch plößlich von einer starken Hand im rme 
zefaßt, er wandte sich um und es ergab sich, daß ein über die per—⸗ 
önliche Sicherheit des Kaisers wachendes Individuum, welches 
der Gesellschaft in einiger Entfernung gefolgt war, die Bewegung 
unrichtig verstanden und einem Sendling Mazzinis in den ver— 
zrecherischen Arm fallen zu sollen geglaubt hatte. Man kann sich 
die Scene und die folgenden Erplicationen denken, welche um so 
omischer waren, als Hr. v. Wertheim, wie hier bereits ausstel⸗ 
ungsbekannt, seines eleganten Fronzoͤsch wegen eben keinen An— 
pruch auf einen Sessel in der Akademie zu machen hätte. 
Invaliden⸗Unterstützungs-Verein. 
Einladung. 
Die Listen für den Beitritt zu dem allgemeinen Juvali— 
den-Unterstützungs-Vereine sind nunmehr geschlossen. Bei— 
zetreten sind aus dem Amtsbezirke Zweibrücken bis jetzt im Gan— 
zen 310 Mitglieder mit 1264 fhl. einmaligen, und 2092 
fl. 45 kr. jährlichen Beiträgen. 
Alle diejenigen, welche ihren Beitritt zum Vereine ge— 
eichnet, werden hiemit freundlichst eingeladen, am kommenden 
Zonntag den 53. Maitl. J. Rachmittags: 8 Uhr, im 
Stadthaͤussaale dahier sich einzufinden, uͤm nunmehr die 
iörmliche Constituirung des Vereins vorzunehmen, und zu diesem 
Zwecke zunächst zur Wahl des Ausschusses, bestehend aus dem 
Vorstande, Schriftführer und Cassier, zu schreiten. 
Gemeinde und Corporationen, welche dem Vereine mit ein⸗ 
naligen oder jährlichen Beiträgen als Mitglieder sich angeschlossen 
jaben, wollen hiebei in der Person ihrer legalen Vertreter er⸗ 
cheinen. 
Um möͤglichst vollzählige Betheiligung wird gebeten. 
Zweibrücken den 27. April 1867. 
Damm 
kgl. Bezirkssamtmann.