Full text: St. Ingberter Anzeiger

zu machen; die Fortschrittspartei will eine Resolution wegen ne— 
girenden Votums einbringen, deren Fassung noch nicht festgesetzt 
ist; das linke Centrum ist noch unschlüssig, etwa zehn Mitglieder 
desselben dürften die Refolution der Fortschrittsfraction unter⸗ 
schreiben. 
Berlin, 4. Mai. Die Luxemburger Angelegenheit geht 
nunmehr ihren Gang — es ist nichts anders zu melden, als daß 
der Gedanke an die Räumung der Festung ein peinliches Gefühz, 
nicht blos in Süddeulschland hervorruft und daß die Räumung 
selbst, wenn sie statthaben wird, das Signal zu heftigen Angrif⸗ 
jen gegen den Grafen Bismarck nicht blos in Süddeutschland 
geben wird. Aber der Nachricht der „Correspondance de Berlin“, 
velche sich eines Tages als das Privatuniernehmen eines be— 
annten Banquiers und Börsenspekulanten entpuppen dürfte, daß 
Preußen zur Räumung der Festung vor dem Zusammentritt der 
Tonferenzen ausgefordert worden sei, muß entschieden widerspro— 
hen werden. Von einer solchen Aufforderung ist hier nichts be— 
lannt. — Wegen der Vergrößerung des Landes hat man eine 
VBereinfachung des Geschäftsganges in amtlichen Dingen beschlossen, 
die zunächst darin bestehen wird, daß die Zahl derjenigen Ge 
genstände beschränkt wird, für welche bisher die Entscheidung des 
Koönigs nöthig war. — Der „Staaisanzeiger“ veroöffentlicht 
jeute das Gesetz d. d. 19. Jannar, wonach dem Großherzog von 
Oldenburg als Entschädigung dafür, daß er seinen Anspruchen 
nuf Schleswig-Holstein entsagt hat, eine Million Thaler aus den 
Staatseinnahmen pro 1866 berichtigt werden soll. 
Pesth, 3. Mai. Der Kaiser und die Kaiserin (für Ungarn 
blos König und Königin) kommen definitiv am 8. Mai hierher. 
— Ein Journal meldet aus sicherster Quelle, daß die Pferdean— 
täufe für Frankreich doch noch fortgesetzt werden. 
Frankreich. 
Paris. Der London „Advertiser“ spottet Derjenigen, wel— 
he mit Luxemburgs Neutralisirung die Kriegsgefahr gebannt glau— 
»en. Luxemburg sei nur der Strohhalm, der die Richtung des 
Windes verrathe. Was Frankreich wolle, sei der Rhein nebst 
kleinen Stücken von Belgien und Holland. Dieß Gelüste werde 
ihm keine Conferenz austreiben. 
Paris, 2. Mai. Aus Barcelona wird gemeldet: Bei ver— 
schiedenen Stiergefechten haben Seitens der Bevölkerung feindliche 
Demonstrationen stattgefunden; es wurden schleunigst Truppen 
nach der Provinz Tarragona beordert, wo bewaffnete Banden sich 
jämmeln. Das Losungswort der Insurgenten soll sein: „Es 
ebe Prim und die Republick, nieder mit der Koͤnigin und 
Narvaez!“ 
Paris, 8. Mai. Die Patrie bestätigt, daß das Lager von 
Chalons am 12. Mai eröffnet werden wird. Das Blait sagt 
jerner: Die militärischen Maßregeln, welche gegenwärtig noch 
stattfinden, waren bereits vor der im Moniteur verbffenllichtenl 
Note angeordnet. 
Paris, 8. Mai. In der Sitzung des gesetzgebenden Kör⸗ 
pers von heute verlas Marq. de Moustier eine Mittheilung der 
Regierung über die auf Lurxemburg bezüglichen Fragen, die num— 
mehr der Prüfung der Großmächte überwiesen sind. „Es sind 
ebhafte Unterhandlungen zwischen den verschiedenen Höfen geführt 
vorden. Ein erstes und wichtiges Ergebniß wurde erlangt, und 
die Regierung glaubt einem gerechtfertigten Gefühl der Besorgniß 
des gesetzgebenden Körpers zu entsprechen, indem sie ihm offizielle 
Mittheilung hiervon gibt. Oesterreich, Frankreich, Großbritannien, 
Preußen und Rußland haben sich heute mit dem Konig der Nie— 
derlande, als Gro herzog von Luremburg, darüber geeinigt, eine 
Tonferenz, in welcher jede auf das Großherzogthum bezügliche 
Schwierigkeit gelost und die internationale Lage dieses Gebietes 
geregelt werden soll, auf der Grundlage der Neutralisirung des 
hroßherzogthums, zu eröffnen. Auf Initiative des Königs von 
Holland wurde beschlossen, daß die Conferenz am 7 d. zusammen⸗ 
treten soll. Die Gesinnungen welche alle Regierungen erfüllt, die 
ʒwischen Ihnen vor der Feststellung der Conferenz ausgetauschten 
Anschauungen geben uns die Versicherung, daß aus diesen Bera— 
hungen eine den Interessen und der Wuͤrde der in die Frage 
gineingezogenen Mächte entsprechende Lösuig gefunden werden 
wird und dieses Uebereinkommen wird den Frieden Europas be— 
jestigen. Getreu dem Verhalten, das fie sich vorgezeichnet hat, 
wird sich die Regierung des Kaisers im gegebenen Auͤgenblicke be— 
eilen, dem gesetzgebenden Körper die Ergebnisse der Londoner Con— 
ferenz vorzulegen.“ 
Der Moniteur veröffentlicht heute die am 29. März 1867 
don Frankreich und Preußen unterzeichnete Erklärung über die 
Regulirung der Schiffahrtsgelder auf dem Canal des Saar⸗-Koh⸗ 
lenbeckens. 
Der Etendard ist im Stande, die Rachricht der Presse von 
der hevorstehenden Abberufunga des Grafen ß d Galt und des 
Hen. Benedetti, wenigstens dahin zu dementiren, daß sie, was Hrn 
Zenedetti anbelangt voͤllig unbegründet ist. 
Paris, 3. Mai. Die Ünion fäangt nun auch an,“ in den 
Ton der Liberte und Opinion nationale einzustimmen und mit 
em Gange der Luxemburger Angelegenheit unzufrieden zu werden 
Zie meint, nach der Thronrede des preußischen Königs sei die 
Finheit Deutschlands gewiß, diese bedrohe aber Frankreich in ho⸗ 
jem Grade. Die Erwerbung Luxemburgs würde wohl dem fran⸗ 
zösischen Reiche einige Sicherheit gebracht haben, aber die Reu— 
ralisation ändere an der Sachlage gar nichts u. s. w. Es ist zu 
bemerken, daß die Union früher die Erwerbung Luxemburgs stets 
als ganz bedeutungslos dargestellt hatte. In einem zweiten Ar— 
tikel predigt dasselbe Blatt Mißtrauen gegen die jetzigen friedlichen 
Aussichten. — Im Gegensatze aber zu den Auslaffungen dieser 
uid ähnlicher Journale steht die allgemeine Ueberzeugung des 
ranzösischen Volkes. So sind in Mühlhausen, den Departement 
des Tarn und der Gironde Petitionen um Frieden an den Kai⸗ 
ser exlassen. Der Maire von Mühlhausen erklärt die Nachricht 
der France, als hätten elsässische Fabrikanten sich zur Ausrüstung 
von Freicorps erboten, für falsch. — Hr. Charles Lucas, Mit 
zlied des Instituts, hat an den Senat eine Petition gerichtet, 
die Oeffentlichkeit der Todesstrafe zu untersagen. 
Paris, 4. Mai. Das Journal Le Monement sagt, die 
Zuftimmung Englands zur Garantierung der Neutralität Luxem⸗ 
burgs sei sicher. — Man dversichert, die zur Berichterstattung uͤber 
die Armee⸗Reorganifation niedergesetzte Commission wolle der Kam— 
mer das Recht wahren, das Contingent alle Jahre festzusetzen. 
Der Dienst, im stehenden Heere soll fünf Jahre, in der Refecre 
drei oder vier Jahre dauern. 
Paris, 5. Mai. Die Patrie sagt: Belgien und Italien 
ollen zur Londoner Conferenz Einladungen erhalten haben. 
Paris, 5. Mai. Der Constitutionel macht darauf auf⸗ 
nerksam, daß Paris nicht blos durch den großen Zufluß von 
Fremden, die zum Besuch der Ausstellung in diesem Jahre hier⸗ 
her kommen werden, sondern auch vorzugsweise durch den Besuch 
»einer großen Anzahl gekrönter Häupter, die von derselben heran⸗ 
jezogen werden, sehr glänzend sein wird. Es befinden sich augen⸗ 
alicklich in Paris der König von Griechenland, Prinz Oscar don 
Schweden. Binnen einigen Tagen erwartet man den Konig und 
die Konigin der Belgier, die Koͤnigin von Portugal, den Prinzen 
von Wales, den Prinzen und die Prinzessin von Preußen. — 
Man erwartet gleichfalls nächstens die Ankunft des Kaisers vou 
Rußland mit zweien seiner Söhne, die des Kaisers und der Kar 
erin von Oesterreich und sogar die des Königs von Preußen. 
Auch der König und die Königin von Spanien werden Paris 
besuchen, sowie der Vice-König von Egypten. Seit fünfzig Jah— 
cen“, ruft Herr Boniface mit großem Wohlbehagen aus,“ „wird 
Paeis nicht innerhalb seiner Mauern eine soich Versammlung 
von Herrschern gesehen haben.“ 
Belgien. 
Brüsse!, 3. Mai. Die Regierung hat eine große Waffen⸗ 
beftellung in Lüttich gemacht. Bei verschiedenen Fabrikanten ist 
die Umgestaltung von 105,000 Gewehren bestellt; weitere 35,000 
werden durch die Waffenfabkik des Staates hergestellt. 
SHolland. 
Haag, 5. Mai. Der niederländische Gesandte in London, 
Bentinck, ist zur Vertretung Hollands auf der Londoner Conferenʒ 
designirt. 
England. 
London. Der „Daily Telegr.“ sagt, nur Bosheit und 
Schlechtigkeit konnte einen Krieg zwischen so mächtigen Stagaten 
wie Preußen und Frankreich wuͤnschen; die Civilisation und der 
Reichthum der Welt hätten dabei vernichtet werden können. Es 
vãre einem Todesurtheil gegen hunderitausend Menschen gleich⸗ 
ekommen, vielleicht ebenso viel Häuser und Hütten wären in 
Deutschland und Frankreich niedergebrannt worden, die streitenden 
Nächte hätten ihre schwere Verantwortlichkeit erkannt und die ganze 
Menschheit würde die Regierung verdammen, welche die Friebens 
offnungen nun täuschen würde. 
— Die Correspondencia“ in Lissabon meldet unterm 28. 
». M., daß der König und die Königin, von Portugal um die Kosten ihrer 
Reise zur Pariser Ausstellung bestreiten zu koönnen, eine An leihe 
»on 4 Millionen Realen beim Hause Knowles und Fortue in 
London gemacht haben. Die englischen Bankiers liefern dies 
weld gegen Garantie auf die liegenden Güter des Hauses Bra— 
janza. Die Regierung hat den Cortes einen hierauf bezůglichen 
vesetzentwurf vorgelegt, der augenommen worden ist. 
Italien. 
Florenz, 2. Mai. Die Büdgetcommission beantragt die 
Unterdrückuna der Ministerien des Handels und des Untertichts