Das Expose des Finanzministers wird nächsten Montag eine Er—
sparniß“ im Staatshaushalt von 75 Millionen und Deckung des
Deficits durch eine Finanzoperation mit den geistlichen Gütern
yorschlagen. 11
Florenz. 5. Mai. Der italienische Gesandte in London,
Azeglio, ist mit der Vertretung Italiens auf der Londoner Con—⸗
ferenz beauftragt.
Türkei.
Laut Nachrichten, die das französische Marine-Ministerium
aus Kreta erhalten, hatte Omer Pascha sich ausbedungen, daf
gleich bei seinem Eintreffen der unfähige Flotten-Commandant
Mustapha Pascha zurücktrete, der denn auch durch Ibrahim Pa—
scha ersetzt wurde, einen Seemann, der ernste Studien in Eng—
land und Frankreich gemacht hat. Gleich bei Uebernahme de—
Commandos begann Omer Pascha die Schiffsequipagen und ihre
Befehlshaber zu organisiren. Am 10. Mai will er seine Opera⸗
zionen beginnen, und zwar mit 25,000 Mann zu Lande und zu
Wasser in combinirter Weise vorgehen. Die Stellungen von
Omalos und Sphakia sollen in der Front angegriffen werden
während der neun Flotten-Commandant 12,000 Mann ausschiffen
und mit diesen die starten Verschanzungen der Insurgenten im
Rücken angreifen wird.
Nußland.
Von der russisch-polnischen Grenze. Seit die Lu—
xemburger Frage die politischen Kreise Europas bewegt, scheint
auch Kußland auf einen allgemeinen kriegerischen Conflict sich ernst
lich vorzubereiten und dabei gleichzeitig die Dinge im Orient
schuürfer ins uge zu fassen. Wenigstens hoͤren wir seit einigen
Tagen von Truppenmärschen in Polen, Wolhynien und Podolien,
sowie von anderen militärischen. Vorbereitungen, deren Charakter
kaum ein sehr friedlicher scheint. Unter den höhern, wie niedern
russischen Offizieren ist die Kriegslust eine sehr große und gilt
die Allianz Rußlands mit Preußen gegen Frankreich als zweifel⸗
los. In Tarnogrod habe ich von den russischen Jägern in einer
Schänke ein eigenthümliches Kriegslied gehört, dessen Schlußverse
in wörtlicher Uebersetzung als lauten:
Zieh' den Degen, heil'ger Czar!
Ünd ganz Rußland wird marschiren,
G'en die Heiden — diese Türken;
G'ien die Prahler — die Franzosen,
Sebastopol schreit um Rache,
Zieh' den Degen, heil'ger Czar! —
Amerika.
New⸗-York, 15. April. Capitän Wirz, ein Schweizer,
der in der füdconföderirten Armee diente, wurde bekanntlich am
10. November 1865 in Wajhington gehengt, und zwar verur—
cheilt, „eine große Anzahl der in Andersonville internirten Gefan⸗
genen der feindlichen (Noördlinger) Armee vorsätzlich getödtet zu
haben.“ Jetzt triit nun Rechtsanwalt Louis Schade, der schon
während des Processes den Capitän Wirz vertheidigte, im New
Yorker Journal“ mit einer längeren Erklärung auf, in der er
um der Wahrheit und der unglücklichen Familie des Verurtheil—
ten willen, erklärt, daß sein Client, Capitän Wirz, nach seiner
festen Ueberzengung als Opfer eines Complottes und gekaufter
Zeugenaussagen gefallen sei. Wie es jetzt feststehe, daß an der
unglücklichen Madame Surratt (hingerichtet wegen angeblicher
Mitschuld an der Ermordung Lincoln's) ein Justizmord begangen
sei, so auch an Capitän Wirz. Die politische Aufregung jener
Zeit, das Verlangen Jefferson Davis an den Galgen zu bringen
und die Käuflichkeit der Zeugen hätten damals eine gewissenhafte
Rechtspflege fast unmöglich gemacht.
New-Yort, 3. Mai. Nach Berichten, die dem merikani—
schen Gesandten in Washington zugegangen sind, haben die Jua—
risten Queretaro eingenommen. (Demnach müßte der Kaiser Ma
ximilian, der in dem Platze eingeschlossen war, wohl ge—
fangen sein.)
Vermischte s.
f Kaiserslautern, 4. Mai. Heute hielt die hiesige
sammgarnspinnerei ihre ordentliche Generalversammlung ab. Die—
selbe hat, unter der Leitung des Directors Schön, im abgelaufe—
nen Betriebsjahr so glänzende Geschäfte gemacht, daß sie ihren
Actionären 24 Procent vertheilen konnte. Es ist das zweitgrößte
Etablissements der Art im Zollverein.
F München, 4. Mai. Den Haupttreffer bei der am 1
d. Mts. hier stattgehabten Prämien-ZJiehung mit 175,000 fl
soll das Eskompte⸗Geschäft in Berlin, den zweiten mit 28,006
fl. Banquier von Erlanger in Frankfurt gemacht haben,
Darmstadt, 2. Mai. Die hessische Ludwigsbahn-Ge⸗
ellichaft hat auf Ansuchen die Erlaubniß erhalten, Vorarbeiten
owohl für eine Bahnlinie von Darmstadt aus über Oberram—
stadt und Brensbach nach Michelstadt und Erbach, als auch für
die Linie von Worms über Gernsheim nach Darmstadt vorzuneh—
men. Demgemäß sind bereits die Anordnungen getroffen worden,
um diese Vorarbeiten ohne allen Verzug in Angriff zu nehmen.
Frankfurt, 26. April. In vergangenen Nacht wurde
im zoologischen Garten ein Zebra geboren. Das zierlich gebaut
und gezeichnete Thierchen war am Morgen bereits so kräftig, daß
es sich in Galoppsprüngen um die Multer her bewegen konnte,
und diese, welche sich durch ihre Bissigkeit gegen Menschen aus—
zeichnet, hat dem Jungen gegenüber jede Unart abgelegt und
nimmt sich seiner mit der zärtlichsten Sorgfalt an.
Dem Feldzeugmeister v. Benedek wurden dieser Tage in
Graz sämmtliche in- und ausländische werthvolle Orden und Or—⸗
dens⸗Decorationen entwendet. Seltsamer Weifse blieben das Gold
und Silberzeug und sonstige Geräthe unberührt.
Berlkin, 1. Mai. Mit den vom Geheimen Rath Dreyse
vor einiger Zeit construirten sogenannten Revolver⸗Kanonen wer—
den hier seit lurzem Versuche gemacht, die sich der Spen. Zig.
———
7 Trier, 3. Mai Heute Vormittag um halb 12 Uhr
verschied nach laͤngerem Leiden Se. Bischöfliche Gnaden Dr. Leo⸗
pold Pelldram. Diese Trauernachricht wird wohl nicht verfehlen,
inen tiefen Eindruck auf die Herzen der Diöcesanen zu machen,
die den iteuen Hirten der Gemeinde in der so kurzen Zeit seiner
Wirksamkeit, kaum zwei Jahre, lieb gewonnen hatten.
Eine gefährlhiche Drohung. Man erzählt sich,
daß mehrere Pariser Blätter durch eine Drohung des Grafen
Bismaré in große Bestürzung versetzt worden seien. Erzürnt über
den Ton der französischen Presse, soll der preußische Minister er⸗
klart haben, daß er, falls der Krieg ausbreche, die Namen der verschie—
denen Pariser Journale und Journalisten veroͤffentlichen werde,
die in dem Kriege des vorigen Jahres von Preußen Geldunter⸗
rützungen empfangen hätten.
4 Paris, 25. April. Das große Tagesereigniß des
Champ äde Mars bildelt die seit gestern in aller Majestät auf
ihrer Laffette tuhende preußische Monstre-Kanone aus Gußstahl.
Das Ungethüm aus Eisen macht der französischen Bijouterie, den
Miniatiuren Meissoniers und den Brüsseler Spitzen eine gefährliche
Conkurrenz, denn, wie der Mangnet das Eisen, so zieht dieser
Eisenherg die Menschen an. Es gibt in der ganzen Ausstellung
keinent Platz, wo sich interessantere Culturstudien machen lassen.
Die Franzosen betrachten mit sichtlichem Unbehagen die vorsünd—
fluthlichen Formen des gewaltigen Zerstörungsapparates, der die
Eigenschaft besitzt, die in den Herzensfalten der sonst so kriegeri—
schen Gallier versteckte Friedensliebe in geflügelte Worte zu ver—
wandeln. In der unmittelbaren Nähe dieses sonderbaren Frie—
densapostels werden nämlich nur Klagen über den Krieg und
Wünsche zur Aufrechthaltung des Friedens laut. Wer die Stim⸗
mung des französischen Publikums kennen lernen will, begebe sich
zu dem „Canon prussien“ und er wird sich überzeugen, daß bei
aller Gereiztheit gegen den Nachbarstaat, dennoch der Krieg gegen
denselben nichts weniger als zu den brennenden Wünschen der
Franzosen gehört. Die preußischen Arbeiter, welche mit der Auf⸗
stellung und Herrichtung des Geschützes beauftragt sind, werden
mit nicht geringer Aufmerksamkeit gemustert und das Gefühl ihrer
Popularitat vetleiht ihrem Benehmen eine gewisse „désinvolture“,
die an Herausforderung streift. Was ist dies? fragte einen sol⸗
hen ein schüchterner Provinzbewohner. „Das sind Berliner Bon⸗
bons für Euch Franzosen,“ äußerte der Preuße, mit der Hand
aͤrtlich das Prosectil streichelnd. Ein Pariser hätte diese An—
pielung nicht so ruhig hingenommen.
— Zwischen den Pariser Schneidermeistern und ihren Gehil—⸗
fen ist es zu einer Verständigung gekommen.
4Ein Lyoner Blatt bringt einen Brief eines Chemikers von
Marseille, wonach derselbe ein griechisches Feuer erfunden haben
will, das einen Krieg fast unmöglich macht. „Ich bin bereit“,
sagte er, „den Beweis zu führen, daß ich in einer Entfernung
bon 1000 Schritt in weniger als fünf Minuten eine Armee von
yunderttausend Mann mit einem Flammenmeer umzingeln kann,
und eine Stadt vermag ich in wenigen Minuten in Brand zu
stecken. Ist dies kein Humbug, so wäre allerdings kein Krieg
mehr moͤglich.
f Seit einigen Tagen sind die Fische an der Südseite der
Mündung des Forth in Schottland in nicht geringe Aufregung
zurch die in jenen Gewässern seltene Erscheinung von Wallfischen
bersetzt. Diefelben haben sich dort in der bedeutenden Anzahl
von 150 bis 200 Stück eingefunden. Mit Harpunen und Beilen
zewaffnet, warfen sich die Fischer von New Haven sofort in ihre
Boote, um diese gewaltigen Thiere zu erlegen. Nach einer gefähr⸗
sichen Schlacht, welcher am Ufer eine große Zuschauermenge bei⸗
wohnte, war es möglich, 16 Wallsische bei New Haven und 7
bei Granton aus Land zu ziehen.