Full text: St. Ingberter Anzeiger

k. In berler nzeiger. 
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Dienstag, den 14. Meii 1867. 
Deutschland. 
München, 10. Mai. Die Ausfertigung der Militärent 
laßscheine an die zurückgestellten Conscribirten der Altersklasse von 
1844 ist bis auf Weiteres ausgesetzt. 
Muünchen, 10. Mai. die Artillerieübungen auf dem Lech 
ield finden dieses Jahr vom 16. Juni bis 14. Juli unter dem 
Fommando des Obersten v. Lutz und vom 31. Juli bis Ende 
Iugust unter dem Commando des Obersten v. d. Tann statt. — 
der neu ernannte Regierungspräsident der Pfalz, Herr Pfeufer 
ist aus Speyer hier eingetroffen. 
München, 11. Mai. Der erst jüngst zum Commandanten 
in Ulm ernanute Generalmajor Dietl soll als Militär⸗Bevollmäch⸗ 
igter Bayerns in Berlin in Aussicht genommen sein. Derselbe 
ist denn auch von Ulm hierher berufen und hatte gestern und 
heute längere Unterredungen mit dem königl. Kriegsminister. Herr 
Generalmajor Dietl zählt zu den wissenschaftlich gebildetsten Offi⸗ 
—DVVV militärischen und 
iplomatischen Missionen verwendet werden. 
Dienstes⸗Nachricheen. 
Durch Justizministerialentschließung von 5. Mai wurde dem 
Berichtsboien Johann Heinrich Clundt in Kaiserslautern gestattet, 
den Gerichtsbotencandidaten Joseph Ludwig Clundt und dem Ge⸗ 
ichtsboten Johann Jacob Nitolaus in Bergzabern, den Gerichts 
holencandidalen Karl Wolf von Gleiszellen auf ein weiteres Jahr 
als selbstständigen Gehilfen beizubehalten. 
Se. Maj der Koönig haben Sich allergnädigst bewogen ge— 
junden, den Landgerichtsdiener Jakob Rothhaar von Bergzabern in 
zleicher Eigenschaft auf sein allerunterthaͤnigstes Ansuchen nach 
dandau zu verseten und die hierdurch in Erledigung kommende 
dandgerichtsdienerstelle in Bergzabern dem pensionirten Hornisten 
Joseph Reger aus Auerbach auf Ruf und Wiederruf zu verleihen. 
Se. Maj. der Konig haben allergnädigst geruht, dem Ba⸗ 
raillonsarzte Dr. Carl Pfirsch vom Festungs-Commando in Ulm 
die nachgesuchte Entlassung aus dem Heere zu bewilligen. 
Hildburghausen, 8. Mai. Die Rinderpest, welche 
don aus Böhmen kommenden Ochsen zuerst in dem benachbarten 
Haesebrieth eingeschleppt worden sein soll, macht leider bei uns 
shreckenerregende Fortschritte. Gestern allein wurden 44 Stück () 
Rindvieh erjschossen und die Sectionen derselben von den zahlreich 
zum Studium der Seuche hier anwesenden Thierärzten (aus Bay⸗ 
rn die Veterinür⸗Aerzte L. Hahn und M. Brüller) vorgenommen. 
Die Kadaver verschaart man in 8 Fuß tiefe Gräber. Die Orte 
and mit Militärcotdon umschlossen, kein Einwohner darf heraus 
und Niemand hinein ohne Pasirschein. Kirche und Schule sind 
— ———— Bayern, dem 
die ersten ausgebrochenen Fälle zur Behandlung anvertraut worden 
waren, und dessen Unkenntniß die rasche Verschleppung zuzuschrei⸗ 
ven sein soll. Möchte man doch endlich, durch Schaden kllug ge⸗ 
macht, zur Einsicht gelangen, wie dringend nöthig eine gründliche 
Reorganisation des Civil-Veterinärwesens in den meisten deutschen 
Ländern ist. 
Berlhin, 10. Mai. Preußen hat der Ruhe Europas ein 
Opfer gebracht, dessen moralischer Werth nicht zu unterschätzen, 
und von dem nur zu wünschen ist, daß es nicht unnütz gebracht 
sein möge. Luxemburg ist neutralisirt, diese Neutralisation ist von 
Europa auf dem Papier garantirt, das Großherzogthum bleibt 
ein selbstständiger Staat, der durch Personalunion mit Holland 
herbunden ist. Dies Alles ist authentisch; der Frieden ist gesi— 
hert und Frankreich wird nun hoffentlich abrüsten, sonst — ja 
Hust dauert der Frieden nur noch ein Monat, hörte ich heute an 
gewissem Orte äußern. Bis vor wenigen Tagen hatte man eine 
kriegerische Wendung befürchtet; und dies ist der Grund, warum 
die Regierung die Kammern nicht vertagt hat. Hoffentlich wird 
dieser Hintergedanke nicht der Regierung vorgeschwebt haben, als 
ie heuie dem Herrenhause mittheilte, dieses werde sich mit dem 
Berfassungsentwurf für den norddeutschen Bund erst dann zu be⸗ 
affen haben. wenn das Abgeordnetenbaus in zweiter Lesung schlüs⸗ 
sig geworden sein wird, also am 831. Mai, so“ daß erst am 31. 
Jum der formelle Schluß der Session stattfinden kann, da daß 
herrenhaus nun auch die Intervalle von 21 Tagen innezuhalten 
jat. — In politischen Kreisen behauptet man, daß bis zum 11. 
Mai Abends das neue Londoner Protokoll unterzeichnet sein wird, 
ind daß dieser rasche Verlauf den Verhandlungen. Preuüßens kate⸗ 
zorischer Erklärung zuzuschreiben sei, sich Angesichts der franzosi⸗ 
chen Rüstungen nicht bis zur Concentration der Truppen bei 
Metz und Toulon, welche bekanntlich am 12. Mai beginnen sollte, 
inhallen lassen zu wollen. Bleibt Alles ruhig, dann hat diese 
duhe Preußen eine Baarsumme von über 88 Mill. Thlr. an 
Mobilmachungskosten erspart und es zeigt sich heute, daß die für 
die Aufrechthaliung der Kriegsbereitschaft bis 31. Jan. 1867 
dom Abgeordnetenhause bewilligte Summe von 20. Mill. ein 
Jut angelegtes Capitai war. — Es hatte fich das Gerücht ver⸗ 
reitet, dah die 19 hannoverischen Reichstagsabgeordneten nach 
Berlin berufen werden würden, inn an den Berathungen im Staats⸗ 
ninisterium über die Organisation des ehemaligen Konigreichs 
Hannoder Theil zu nehmen. Dieses Gerücht entbehrt der Ge⸗ 
nauigkeit. Es ist allerdings die Absicht der Regierung, Vertrau⸗ 
ensmänner aus diesem neuen Landestheile über die Organisation 
zu hören, doch werden diese Herren nicht nach Berlin berufen 
derden, sondern die Conferenzen werden in Hannover stattfinden, 
uch ist darüber durchaus nichts beschlossen, daß gerade jene 19 
Reichslagsabgeordnete die Vertrauensconferenz bilden müssen. — 
Nach der „Zeidl. Corr.“ liegt es in der Absicht der Regierung, 
Fen oberen Offizieren und Militärbeamten der schleswig,-holsteini⸗ 
chen Armee aus den Jahren 1848, 49 und 50, soweit sie im 
Zriege verwundet oder durch die Strapazen in demselben dienst⸗ 
infähig geworden sind, dieselben Beneficien zuzuwenden, welche 
zurch das Geseß vom 16. October 1866 den gieichen Kategorien 
der preußischen Armee zugewiesen worden sind. 
BerrTin, 11. Mat Es gilt als feststehend, daß der Kö— 
aig mit dem russischen Kaiser die Ausslellung in Paris besuchen 
vird. — Das „Reue Allg. Volksblatt meldet: Nach bestimmten 
hier bereits gegebenen Andeutungen soll die Einstellung der fran⸗ 
—VVV nunmehr bevorstehen. 
Berhin, 11. Mai. Der verhängnißvolle Tag des 12. 
Mai wird nicht heranbrechen, ohne daß in London eine allseitige 
Verständigung zu Stande gekommen ist. Nach amtlich hier ein⸗ 
etroffenen Depeschen wird das Neutralisirungsprotokoll in London 
eute noch unterzeichnet, nachdem alle noch vorhanden gewesenen 
Schwierigkeiten gehoben worden sind; in Betreff der franzosischen 
züstungen sind ebenfalls freundschaftlich beruhigende und doch bin⸗ 
dende Erklärungen erzielt worden. Andererseils möchte ich keine 
zu große Hoffnung setzen auf die Erfüllung des in London kund⸗ 
gegebenen Wunsches einer allgemeinen Entwaffnung. Das Bestehen 
der Turkei ist ein Uebel, aber von allen europäischen Cabinetten 
ls ein nothwendiges Uebel anerkannt. So lange diese Ansicht 
naßgebend bleibt, so lange man sich nicht auf gütlichem Wege 
iber die Beseitigung dieses Uebels verständigt, so lange bleibt 
atürlich die große drientalische Frage ungeloöst, bleibt Europa 
in bewaffnetes Lager. Gewisse Diplomaten bleiben dabei, daß 
illes, was an Zerwürfnissen seit 1886 in Europa vorgekommen, 
zur das Vorspiel zu dem großen Drama, die orientalische Frage 
jenannt, ist; sie fügen hinzu, daß die „deux mois““ des Hrn. v. 
Zeust Worle, im bitteren Ernst gesprochen, sein konnten, Jetzt 
ist die Haupisache die, den Tag der Räumung Luxemburg hinter 
ins zu haben; es ist kein Tag der Freude für das deutsche Herz. 
Ehe wir aber ein Urtheil abgeben, ehe wir eine Verurtheilung 
aussprechen, wollen wir den Inhalt des neuen Londoner Vertra⸗ 
ges kennen lernen; vielleicht finden wir darin Anhaltspunkte für 
othwendige Abwehr gegen die französische Presse, welche nicht 
verfehlen wird, das Ergebniß der Londoner Conferenz als ein 
Triumph Napoleons darzustellen, als einen Sieg über den Sie⸗ 
ser von Sadowa. Angenommen es sei ein Sieg, so ist es ein 
rchussieq, denn der Vertrag vom heutigen Tage heißt in seinen