Full text: St. Ingberter Anzeiger

4 
Slh. Ingberler AAnzeiger. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ mit feinem Unterhaltungsblatte erscheint wöchentlich dreimal: Di 
zeiger mit seinem enstag, Donnerssta 
ind Samstag. Abonnementspreis vierteljährig 45 Krzr. Anzeigen werden mit 8 Krzr. die dreispaltige Zeile dihaci oder sa 
Raum berechnet. 
Samstag, den 18. Mai — 1867 
— I — — — m 
Deutschlaud. 
München, 14. Mai. Die Referenten über die verschiede— 
nen Gesetzbücher sind vollauf beschäftigt und arbeiten unausgesetzt 
an deren Vollendung. — Bezüglich der Ernennung des Nürn— 
berger Bürgermeisters v. Wächter zum Regierungsdirektor in 
Augsburg steht es sehr in Frage, ob derselbe diese neue Stel⸗— 
lung annehmen wird. So viel man uns versicherte, werden von 
den Gemeindebevollmächtigten Nürnbergs bereits diejenigen Schritte 
gjethan, welche für Nürnberg den empfindlichen Verlust eines Man⸗ 
nes, welcher sich namentlich in den Volkskreisen die vollste Ach— 
ung und Liebe erwarb, wohl kanim befürchten lassen. 
München, 15. Mai. Zum baherischen Consul in Gibral⸗ 
tar ist der Kaufmann Ferdinand Schott daselbst ernannt. — 
Das Gendarmeriecorpscommando, das vom Ministerinm des In⸗ 
nern um sein Gutachten wegen der heabsichtigten Umänderung 
der Gendarmerie in ein Civilinstitut angegangen, wurde, 
prach sich, wie man der „A. Abztg.“ meldet, nicht gegen eine 
olche aus, betonnte jedoch die Gefahr, die daraus entstehen könnte, 
ein Institut, das seit 50 Jahren gute Dienste geleistet habe, auf 
einmal abzuschaffen oder wenigstens in seinem innersten Wesen zu 
indern, machte darauf aufmerksam, daß es sehr schwer sein werde, 
die hinlängliche Anzahl der Mannschaft zu erhalten, und schlug end⸗ 
ich vor, die beabsichtigte Umänderung einmal bei der Stadtcom⸗— 
pagnie, deren Reorganisation ohnehin am dringendsten gewünscht 
verde, zu versuchen und diese erst, wenn sie sich da erprobt habe, 
bei der ganzen Gendarmerie vorzunehmen. Dazu bemerken die 
„N. Nachr.“: Aus der ganzen Art, wie diese hochwichtige Frage 
behandelt wird, scheint uns hervorzugehen, daß auch hier wieder 
die bisher so beliebten halben Maßregeln, die noch nie zu einem 
gedeihlichen Ziele geführt haben, ergriffen werden wollen; will 
man nicht eine Umänderung unserer Sicherheitsmannschaft im 
Sinne des einzig richtigen Constablersystems, dann lasse man 
die Sache gleich lieber ganz beim Alten! 
Wäürzburg, 12. Mai. Gestern Nachmittag fand in der 
ikademischen Aula eine höchst zahlreiche besuchte Versammlung der 
hiesigen Studentenschaft statt, in welcher die Friedensadresse 
der Straßburger Studenten verlesen und mit Acclamation dem 
Ausschuß der Erlaß einer deren Inhalt entsprechenden Erwide— 
rung übertragen wurde. 
Dienstes⸗Nachrichten. 
Zu Forstamtsactuaren wurden ernannt die k. Forstgehilfen: 
Wilhelm Ewald von Forsthof beim Forstamte Kemnath, 
Ludwig Hamm von Poppenlauer beim Forstamte Ruhpolding 
und Hermann Mayer von Freising beim Forstamte Weil— 
deim 
Wiesbaden, 16. Mai. Wie wir vernehmen, sind dem ge— 
wefenen Herzog Adolph in der Uebereinkunft bezüglich der Do— 
nänenfrage sämmtliche Oekonomien und Weingüter, sowie der 
Selterser Brunnen überlassen worden. 
.Dresden, 14. Mai. Das Obercommando über alle 
Truppen in Sachsen geht an den Kronprinzen von Sachsen als 
ommandirenden General des 12. norddeutschen Bundesarmeecorps 
iber und damit wird das bisherige preußische Gouvernement in 
Dresden aufgelöst. 
Berlhin, 14. Mai. In dem Augenblicke, wo Sie diesen 
ZBrief erhalten, kennen Sie vielleicht schon den Wortlaut des 
Londoner Pratokolls, wenn auch Hr. v. Moustier erklärt hat, den 
Text erst nach der Ratification dem gesetzgebenden Koͤrper mit— 
cheilen zu wollen. Sie werden darin keine Bestimmung über das 
ernere Verhältniß Luremburgs zum Zollberein finden. Einige 
Worte der Aufklärung dürften von Interesse sein. Das Groß— 
erzogthum gehoͤrt zum Zollverein in Folge eines völkerrechtlichen 
nternationalen Vertrages, nicht als deutsches Bundesland. Dieser 
Vertrag konnte durch Krieg aufgehoben werden, sonst muß er für 
den Zeitraum, für den er abgeschlossen ist, in Kraft bleiben. Das 
lufhören des Vertrages war demnach keine nothwendige Conse— 
nenz der Reutralisation, wie die Räumug der Festung, und 
diese Ansicht haben auch‘ die Vertragsmächte zu der ihrigen ge— 
macht, denn sonst würden sie eine entgegenstehende Bestimmung in 
das am 11. Mai abgeschlossene Protokoll aufgenommen haben. 
Luremburg bleibt also beim Zoll verein. Was die Erklärung des 
Marquis v. Moustier betrifft, so scheint dieselbe mit großer Sorg⸗ 
falt so abgefaßt zu sein, daß sie möglichst Alles hervorhebt, was 
der Eigenliebe der Franzosen schmeicheln könnte. Diese große 
Sorgfalt sieht aber einem Siegesbülletin des „Moniteur“ nach 
einer Niederlage ähnlich, und, ist sie auf das Schriftstück verwen— 
det worden, um den zweifelhaften (7) Erfolg der französischen 
Diplomatie zu verhüllen, so kann man sich auch den rauhen Ton, 
Preußen gegenüber, erklären. Moustier vergißt, daß er mit sei— 
ner. Erklärung den Bruch der freundschaftlichen Beziehungen zwi— 
schen Deutschland und Frankreich constatirt, ja ihn noch unheil— 
harer macht. Luremburg in den Händen eines freundlichen Nach— 
hars, dem man traut, konnte niemals zu einer offensiven Posi— 
tion werden, und in dem Augenblick, wo Moustier die Furcht 
vor einer solchen offensiven Position ausspricht, giebt er ein un—, 
zerechtfertigtes und beleidigendes Mißtrauen gegen Preußen zu 
erkennen, das früher oder später seine blutigen Früchte tragen. 
wird. Die Erklärung hat in diplomatischen, nichtpreußischen, auch 
nicht einmal preußenfreundlichen Kreisen einen unangenehmen 
Eindruck gemacht; man hält diese französische Provocation für 
ohnmächtig und darum für ungeschickt. 
Berlin, 14. Mai. In den letzten Tagen haben häufige 
Sitzungen des Staatsministeriums stattgefunden, welche der inne— 
cen Organisation der neuen Landestheile gewidmet waren. Die 
Berathungen sind so weit gediehen, daß schon in der nächsten 
Zeit die allgemeinen Grundsätze sowie die Specialitäten dieser 
Drganisation festgesetzt sein werden. — Der Kronprinz wird mit 
einer Gemahlin zu Ende der Woche nach Paris reisen. 
Berlbin, 17. Mai. In diplomatischen Kreisen wird entgegen 
)em Dementi des Londoner „Globe“ bestätigl. daß England sämmt— 
hen Höfen Entwaffnungsvorschläge zugesandt habe, und daß 
denselben Rußland, Italien Schweden und Dänemark bereits beige— 
treten seien. 
Luxremburg, 12. Mai. Die Nachricht aus London, daß 
die preußische Gurnison die Festung räumen werde, hat wie vo— 
rauszusehen war, allgemeine Bestuͤrzung verursacht. Das „Lu— 
rxemburger Wort“ und der „Courier“ suchen heute die Einwoh—⸗ 
nerschaft nach Möglichkeit zu trösten und ihr vorzurechnen, daß 
die Opfer an Wohlstand, welche die Stadt allerdings würde 
hringen müssen, am Ende doch wohl nicht so gar ungeheuer sein 
vürden. Der Courier schlägt vor, die Casernen und sonfstigen 
nilitärischen Gebäude in Fabriken und industriellen Etablissements 
zu verwandeln. 
Luxemburg, 13. Mai. Die bisher mit Eifer betriebenen 
UArbeiten in der Festung sind eingestellt, die Arbeiter sind entlassen 
worden. 
Wien. Oesterreich besitzt in diesem Augenblicke noch fast 
an zwei Millionen Joch Urwald! Forste, in denen noch nie eine 
Axt erklungen, die wohl niemals noch der menschliche Fuß betreten! 
Hibt es, mit Ausnahme vielleicht des russischen Gebietes noch einen 
zweiten Staat in Europa, welcher ähnliche Verhältnisse aufzuwei— 
sen vermöchte? Aus dem Kaiserstaate exportirt man derzeit an 
30 Milionen Kubikfuß der vortrefflichsten Hölzetr, im Werihe von 
nehr als 30 Millionen Gulden, allein demungeachtet ist die Holz— 
ausfuhr noch lange nicht das, was sie sein könnte; sie steht tief 
unter der dauernden Ertragskraft des österreichischen Waldstandes 
ind vielfach unter der kaum berechenbaren Masse jener Holzvor- 
räthe, welche in den ausgedehntesten Urwäldern seit vorhistori— 
schen Zeiten aufgespeichert sind. Die Ziffern sind von einer ver— 
chwindenden Kleinheit, wenn man bedenkt, daß von dem alljähr— 
lichen Holzuwachse allein der croatisch-slavonischen Wälder, nach 
Deckung des heimischen Bedarfs, dauernd 80 Millionen Cubikfuß 
ür den Export erübrigen würden; daß von den Holzvorraths- 
deberschüssen ein- für allemal mindestens 1000 Mill. Cubßfuß