Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Frankfurter Schornsteinfeger, ein bankerotter Kaufmann und ein übel⸗ 
serüchtigtes driltes Subjeck. Es darf dankbat anerkonnt werden, 
daß die Polizei durch ihr Rrajches und geschicktes Vorgehen den 
xrohenden Betrug noch rechtzeitig unterdrückte. 
F Berlin, 13. Mai. Gestern fand vor Bierlocalen in der 
hasenhaide eine furchtbare Prügelei zwischen Soldaten Statt, und 
war waren Gardeschützen mit ˖ Gardepionieren in Kampf gerathen. 
Dieser nahm einen so gewaltigen Umfang an, daß Militär auf⸗ 
geboten wurde und wigderholt mit gefälltem Bayonnet gegen die? 
Kämpfenden vorg ehen mußte. Verwundungen konnten bei so er— 
hitterten Känipfen schon nicht ausbleiben. Die Untersuchung ist 
eingeleitet. Bürgerliche Personen waren bei dem ganzen Handel 
zar nicht betheiligt. Vielleicht führt dieser Anlaß auf die bis 
1848 bestandene Vorschrift zurück, daß Soldaten gußerdienstlich 
nur unbewaffnet ausgehen dürfen. 
Hörde, 10. Mai. Durch Entzündung schlagender Wener 
derunglückten gestern auf der Zeche „Schleswig⸗Holstein“ bei As— 
eln 14 Bergleute, wovon drei auf der Stelle todt blieben; zwei 
tarben einige Stunden später und einer gab diese Nacht im hie— 
igen Krankenhause der Hermannshütte seinen Geist auf. Ueber 
den Zustand der übrigen acht Bergleute hat man noch nichts 
NRäheres erfahren. — J 
Aus der Grafschaft, Camburg bei Naumburg a. d. S. 
theilt man folgende, bisher noch nicht beobachtete Erscheinung dus 
der Gesellschaft der Nachtigallen mit. Mit einer fast militärischen 
Pünktlichkeit stellen sich hier die Nachtigallen am 23. April all—⸗ 
ährlich ein. zz Jede bezieht ihren eigenen Busch. Das Männchen 
lötet bei —* und Nacht, und zwar so lange, bis sich die Eltern⸗ 
orgen einstellen, was meistentheils Mitte Juni der Fall ist. Dann 
schweigen alle Pfeifen. Die Eltern sind ausschließlich mit päda— 
zogischen Arbeiten beschäftigt und nur hin und wieder hört man 
in zuͤnkisches Gezwitscher der Alten, indessen das sehr bald in 
rrauteste Schäfereien sich verwandelt. Ganz abweichend von die— 
er Regel erschienen diesmal schon am 16. April die kleinen Sän⸗ 
ger vom Blatte und blieben mehrere Tage schaarenweise vereinigt, 
tatt wie sonst sich zu separiren. Ganz nach Art der Schwalben 
jaßen oft 20—30 Stück? Nachtigallenmännchen auf einem Baume 
mnd entwickelten einen musikalischen Wettstreit von der: wunder⸗ 
arsten Wirkung. Als wenn die ganze Waldcapelle unter Leitung 
eines Dirigenten stände, hörte man bald Solo⸗s bald Chorvorttäge 
Dieser Sängerkrieg wührte acht Tage. Häufig fand ein Wechsel 
der Plätze Statt, als solle die Akustik der Umgebung geprüst wer⸗ 
den. Kein Geräusch war im Stande den Sängerkrieg zu unter— 
zrechen, bei welchem, wie von Ornithologen versichert wurde, 
uicht ein einziges Weibchen zugegen war. Ganz ähnliche, Grup⸗ 
zirungen sind auch in Unstrutgau beobachtet worden. Uebrigens 
ind die Tierchen diesmal zahlreicher als je erschienen. 
f Die Cermonie der Fußwaschung besteht noch immer 
am Hofe zu Wien. Auch am letzten Gründonnerstage wurde die— 
elbe in der üblichen feierlichen Weise begangen. Ihre MWajestät 
die Kaiserin trug ein schwarzes Kleid, Perlenschnüre als Halz- 
chmuck und in den Haaren, Se. Majestät der Kaiser die Gene— 
al⸗Uniform. Di⸗ Ceremonie wurde im Rittersaale unter Assi— 
stenz des Schotten⸗ Prälaten durch Ihre Majestäten vorgenommen. 
Im elf Uhr, nach erfolgter Fußwaschung, zogen sich Ihre Maje— 
stäten in ihre Arppartemens zurück. Die 24 Armen erhielten 
nach der Fußwaschung zwoͤlf der auserlesensten Fastenspeisen, als 
Fische, Backwerk ꝛc. in einem Holzgeschirr, welches mit dem kai— 
erlichen Adler versehen war; je zwei Maß Wein; ein kleines 
Beutelchen mit 30 Silberlingen, mit kleinen schwarz⸗gelben Schnür— 
hen zusammengezogen; ein irdenes grünes Krügel, gleichfalls mit, 
dem kaiserlichen Adler versehen, und einen Zinnbecher, in welchem 
die Jahreszahl und das Datum der Fußwaschung eingravirt war. 
die Armen wurden nach Abspeisung in Fiakern wieder nach ih⸗ 
er Wohnung gebrachtt. 
F Der Haupttreffer von 300,000 Fl. bei der Anfangs 
d. Mis. erfolgten Verloosung der Gewinn-Nummern des öster⸗ 
reichischen 1860er Anlehens fiel dem Bischof von Brünn zu. 
F Färchterlicher Kampf mit einem wüthenden Büffel 
und Unglücksfälle durch scheue Ochsen. Wien, 27. April. 
Fin Schauspiel, schreckenerregend in seiner Atrt nahm am Donner— 
tag Nachmittags beim Maßleinsdorfer Bahn-Frachtenmagazin 
einen Anfang, um in eben so furchtbarer Weise bei der Gau⸗ 
enzdorfer Linie zum Abschluß zu kommen. Ein mit einer Heerde 
Ochsen mittelst der Südbahn angekommenet stoörriger Büffel machte 
ich nämlich von seinem Triebe los und eilte wüthend über die 
Felder gegen Gaudenzdorf zu. Hier stellte sich ein „Comfortable— 
utscher ihm eutgegen und wollte denselben mittelst eines Strickes 
jiu Boden werfen, das wüthende Thier rannte ihm aber beide 
hörner in die Seite, hob ihn auf und schleuderte ihn weit hin— 
er sich zur Erde; die 70jährige Pfründerin Anna Polsch ging 
m selben Augenhblicke über die Straße, kaum sab sie der Stien, 
atz er sie mit seinen Hörnern zu Voden warf, dann, setzte er sei- 
nen Lauf fort, stieß die 17jährige Handarbeiteria Josefa Froh— 
»qum zu Boden und verletzte sie schwer am Kopfe. Kaum war 
dies geschehen, als die Victualienhändlerin Franziska Trenner auf 
zie Straße trat, um ihren 5jährigen Knaben, der dort spielte, 
jereinzuholen, der Stier hatte sis bereits aber bemerkt, mit ge— 
enkien Hörnern stürzte er auf sie los und bohrte ihr eines seiner 
zörner durch die Wange, Mundhöhle und den Hals, so daß die 
vornspitze unterm QOhr herausdrang und die Unglückliche lebens— 
zefährlich verletzt zu Boden sank. Nahe an der Gaudenzdorfer 
dinie warf er die 21jährige Fabrikarbeiterin Anna Lobl zu Bo— 
den und brachte ihr eine Verletzung am Unkerleibe bei. Indessen 
var das Gerücht von dem wüthend gewordenen Büffel bis zur 
dinie gedrungen; diese wurde geschlossen, ein Polizeisoldat stellt 
ich vor dieselbe zog seinen Säbel und führte gegen den anstür— 
nenden Stier einen Hieb, der aber wirkungslos abprallte und 
enen noch mehr reizte. Er stürzte auf den Angreifer, warf ihn 
vie einen Ballen in die Höhe, so daß der arme Polizeimann sich 
nehrmals um die eigene Achse drehte, brach ihm theils durch 
zoͤrnerstöße, theils durch Herumtreten auf seinem Körper vier 
dippen und verletzte ihm mehrere edle Brustorgane, so daß we— 
nig Hoffnung auf Rettung vorhanden ist. Jetzt wurden von meh— 
ceren Fleischhauern ihre Hunde losgelassen und auf das Thier 
gehetzl, die Fleischergehilfen selbst bewaffneten sich mit Beilen, so 
wie die an der Linie stehenden Finanzwachmänner mit ihren Sä⸗— 
jeln, die“ Hunde griffen den Stier wüthend an, die Fleischerge— 
ilfen hieben aauf ihn mit ihren Beilen ein, bis er endlich am 
anzen Körper mit Wunden bedeckt, zusammensank, aber noch im 
odeskampfe-zwei Hunde mit den Hörnern durchborte. Sonder⸗ 
zar bleibt es, daß einem Polizeisoldaten, welcher auf den Büffel 
chietzen wollte, dies von einem seiner Vorgesetzten nicht gestattet 
vurde. — Am'demselben Nachmittage fand gleichfalls in Gau— 
denzdorf durch scheue Ochsen ein schreckliches Unglück statt. Zwei 
nn einem Lastwagen eingespannten Ochsen wurden, als sie die 
Straßen hinabfuhren, plötzlich scheu, rissen aus und rannten, Alles 
n verzweifelter Angst vor sich herjagend, den Passanten nach. 
Zwei auf der Straße spielende Kinder waren die ersten Opfer 
ser wilden Thiere die über sie wegrannten und sie erdrückten. 
die Mutter der Kinder, eine Greislerin, war denselben zu Hülfe 
geeilt, doch leider nur um selbst ein Opfer der wüthenden Thiere 
uwetden iEiner der Ochsen erfaßte die unglückliche Frau mit 
den Hörnern und jpießte sie völlig nieder, so daß die Unglückliche 
oluttriefend und im bewußtlosen Zustande ins Spital gebracht wer⸗ 
»en mußte. Erst nach langen Mühen konnte man der wüthenden 
Thiere habhaft werden. 1ν 
Während der Pariser Welt-Ausstellung werden die beiden 
dieblings-Residenzen der Königin Marxig Antoinette und der Kai⸗ 
erin Josephine, die Schlösser Trianon und la Malmaison, so 
iel als möglich wieder eingerichtet wie sie zur Zeit waren, als 
zie genannten Fürstinnen sie bewohnten. Man hat' zu diesem 
Zzwecke alle Möbel, Kunstwerke und sonstigen Reliquen aus jener 
zZeit zusammengesucht, und das Publikum wird, sobald die Ein⸗ 
ichtung vollendet ist, in beiden Schlössern Zutritt haben. **P4 
.FsZur Geschichte der Chignons. Im Lokale einer bel⸗ 
zisch-französischen Douane ereignete sich folgendesz einer Dame 
velche mehrmals' in der Woche diese Tour machte, entfiel ein⸗ 
nal im Visitationszimmer ihr schon immer durch seine Größe 
ruffälliges Chignons, und zwar unter einem so eigenthümlichen 
Heräusche, daß ein Beamter sich veranlaßt fühlte, dasselbe sogleich 
uu untersuchen und fiehe da! — es fand sich eine große Menge 
hon Golde und Silbersachen darin verborgen. 
Aus Winterthur, 4. Mai. Im benachbarten Dittikon 
darb vor Kurzem in seinem 69. Lebensjahre der letzte Nachkomme 
Zwinglis, der Pfarrer Heinrich Zwingli. Er besaß noch manche 
Hegenstaͤnde, die seinem Ahnherrn, dem Reformatoren Zwingli, 
jehöͤrt hatten, u. A. eine Tasse, welche die Stadt Zürich dem— 
elben als Hochzeitsgeschenk verehrte. D 
Friedrich Kapp, einer der fähigsten Advocaten in New— 
Jork und in weiteren Kreisen als Verfasser des, Soldatenhandels 
eutscher Fürsten in Amerika“ und anderer historischer Schriften 
ortheilhaft bekannt, ist vom Senat des Staates New⸗-York als 
Mitglied der „Emigration⸗Commission“ des Staates New-York 
zestätigt worden. Durch diese Bestätigung ist dem deutschen Ele— 
—DV 
Bräsident der deutschen Gesellschaft ex officio Mitglied jener Com⸗ 
nission ist, zählt diese aus sechs Mitgliedern bestehende Commission 
etzt zwei Vertreter, welche die Interessen deutscher Einwanderer 
raͤftig wahrnehmen werden. — — 
F Depeschen aus Philadelphia melden eine große Feuers⸗ 
zrunst in Petroleum Centre, welche das Union⸗Hotel, das Thea⸗ 
er, mehrere Läden und andere Gebäude in Asche legte. Wegen 
Kerdacht der Brandstiftung fanden Verhbaftungen statt