Full text: St. Ingberter Anzeiger

griffen. Diees giüustige Erzenant ein Beweis für die her⸗ 
horragenden Leistungen der bayerischen Industrie und für die 
thattraftige Vertretung der Aussteller durch die bayerischen Kom⸗ 
missäre und Jurymitglieder. Wie verlautet, soll im Monat Juli 
eine feierliche Vertheilung der Preise an die bayerischen Ausstel— 
let in München durch den Handelsminister stattfinden, bei wel 
her Gelegenheit auch mehrere hervorragenden Fabrikanten Aus— 
zeichnungen ertheilt werden sollen.. 
Köln, 11. Juni. Das von dem hiesigen Verein „Co— 
lumbia“ veranstaltete erste Preisfliegen von Brieftauben hat am 
9. d. stattgefunden. Die Tauben konnten zu Brüssel, des regne⸗ 
rischen Wenters halber, erst um 812 Uhr aufgelassen werden. Die 
erste derselben langte schon um 1193 Uhr hier an, hatte so nach 
den Weg von der belgischen Hauptstadt nach Köln innerhalb 8 
Stunden zurückgelregt.. 5 
p Oskar Becker; bekamu durch das Attentat auf der 
Koönig von Preußen, ist, nachdem er aus mehrjähriger Einzelhaf— 
(in Bruchsal) entlassen worden in Amerika dem Wahnsinn verfal⸗ 
en. Aus Dresden schreibt man darüber der Voss. Ztg.: Sein 
hier lebender Vater, sowie der Onkel Becker's, Pastor Weber 
in Hosterwitz bei Pillnitz, welch Letzterer durch ein Bittschreiber 
an den König von Preußen die Begnadigung für seinen Neffen 
erlangte, beabsichtigen die Unterbringung des Unglücklichen auf den 
Sonnenstein. —— 
7 Die Zahl der in London angesiedelten deutschen Israeliten 
hat sich in den letzten 20 Jahren so sehr vermehrt, daß sie sich 
nun eine eigene Synagoge gebaut haben. Sie enthält gegen 700 
Plätze und wurde vor einigen Tagen festlich eingeweiht. — 
2Raubwesen in London.“ Die in den letzten Wochen 
sich mehrenden Raubanfälle von starten Banden gmm hellen 
Tage in London veranlafsen zahlreiche Zuschriften i die Zei⸗ 
tungen. Bisher glaubte ich, schreibt ein Tourist, ohne Gebirge 
gebe es keine Briganten; nun aber habe ich in London mit ei⸗ 
genen Augen Dinge gesehen, die in Neapel nicht vorkommen 
können; fliegende Colonnen von Räubern sind dort inbekannt. 
Bon hundert Räubern verfolgt, sah ich einen Fremden durch den 
City road laufen; ich selbst derlor dabei“ nur me inr Uhrt und 
mein Taschengeld. 
F EEin Bettler und, fein alter Hund — im Genfersee.) 
Letzter Tage sah man am Ufer des Genferser's einen alten Mann 
der einen Hund an einer Kette führte. Das arme Thier war in 
augenscheinlicher Auftegung und Angst, versuchte „aber nicht, sich 
gegen seinen Führer zu sträuben oder zu wahren; nut 3uweilen 
blickte es bittend zu ihm empor und versuchte um seine Füße zu 
schwänzeln, als ob es ihn anflehen wollte. „Axmes Thier“ 
sagte der Mann vor sich hin, „es scheint zu ahnen, was ihm 
devorsteht.“ — „Was steht ihm denn bevor?“ fragte ich. — 
Ei, Herr, ich gehe, ihn zu ersäufen.“ — „Warum wollt Ihr 
das thun?“ Seid Ihr der Herr des Hundes?“ — ZLerstehl 
sich, und er ist alt — armer Ponto, es thut mir vecht leid, 
aber es muß geschehen.“ Der Hund wimmerte leise und tkauerte 
sich zitternd dicht an seinen Herrn. „Er scheint gar nicht so alt 
zu sein, und es ist doch grausam, einen Hund zu ersäufen,“ er⸗ 
widerte ich. — „Herr, er ist ganz nuttzlos, und ich kann ihn 
nicht ernähren.“ Dabei band er ein kleines Book bos, hob don 
Hund in dasselbe und ruderte eine Strecke in den See hinein. 
Als er ein gutes Stück vom Ufer entfernt war, hob er den 
Hund plötzlich in die Höhe und warf ihn mit voller Kraftin 
das Wasser. Er mochte sich indeß wohl über dessen Alter und 
Schwäche getäuscht haben, denn das Thier tauchte sogleich wie 
der empor und schwamm dem Boote muthig nach. Der Mann 
stieß es mehrere Male mit dem Ruder weg, zuletzt wurde er 
ganz ungeduldig, stand auf, holte zu einem gewaltigen. Schlage 
aus, verlor dabei das Gleichgewicht und fiel selbst in das Was 
ser. Er konnte nicht schwimmen und wäre verloren gewesen, 
wenn nicht sein eben noch gemißhandeltes Thier Alles aufgebo— 
ten hätte, ihn zu reiten. Der treue Hund schwimmt zu ihm he— 
ran, packt ihn fest am Rodkragen hält ihn über Wasser und 
wacht so über sein Leben, bis ein vom Ufer zu seiner Rettung 
ein entsendetes Boot ihn erreicht und ihn bald bewußtlos auf⸗ 
nimmt. Der Hund aber kauert sich neben ihn, heult, bellt, leckl 
seine Hände und sein Gesicht in der größten Aufregung und 
Hingebung. — „Ich dente, dieser Hund verdient einen besseren 
Herrn!“ sagte ein Herr, der dem ganzen Vorfall beigewohnt hatte 
und machte dem Geretteten ein glaͤnzendes Gebot auf seinen Hund. 
aber der Man umfaßte sein Thier und sagte kurz: „Nein, Herr 
niemals, ich hatte Unrecht — jetzt, so lange ich eine Brodrinde 
habe, will ich sie mit meinem armen Ponto theilen.“ — Der 
Mann hält sein Wort und wird seinen Hund treu bis an des— 
sen Lebensende pflegen. d 
fDie gemeinschaftliche Salzsteuer, welche kaut Ver— 
traa vom 8 Mai d. J. . im NBollverein pom 1. XRcnmuär 1868 
ab mit zleichzeitiger Aufhebung des Salzmonopols eingeführt wer⸗ 
den soll, beträgt 3 fl. 830 kr. pro Zollcentner Nettogewicht für 
illes im Zollverein gewonnene so wie für das aus dem Ausland 
ingeführte Salz. Steuerfrei bleibt jedoch das zu landwirthschaft— 
lichen Zwecken, d. h, zur Viehfütterung und zur Düngung, sowie 
das zu allen sonstigen gewerblichen Zwecken bestimmte Salz (mit 
Ausnahme des Salzes für solche Gewerbe, welche Nahrungs⸗ und 
Henußmittel für Menschen bereiten, namentlich auch des Salzes 
für die Herstellung von Tabaksfabrikaten, Mineralwässern und 
Bädern). In Beziehung auf das steuerfreie Salz steht es den 
Finzelstaaten frei, eine Controlgebühr von höchstens 7 kr. pro 
Tentner für eigene Rechnung zu erheben. Die „Karlsr. Ztg.“ 
der wir diese Angaben entnehmen bemerkt dazu: „Die Freigebung 
des Salzhandels im ganzen Zollverein ist jedenfalls ein so be— 
deutender Fortschritt, daß das Opfer, welches unsere (badische, 
aber auch die bayerische) Staatskasse zu bringen haben wird, da— 
durch wohl aufgewogen werden wird. Sehr wichtig ist es, daß 
daz Salz für die landwirthschaftlichen Zwecke Abgabenfrei bleibt; 
küünftig werden wesentlich die Transportkosten allein auf diesem 
Salz ruhen, denn die kleinen Controlgebühr kommt nicht in Be— 
tracht und es läßt sich voraussehen, daß die Fracht Salz in 
wenigen Jahren ungefahr auf die gegenwärtigen Tarifsätze für 
Steinkohlen herabgehen werden. Billiges Salz ist für die Land— 
wirthschaft und zaͤhlreiche Gewerbe von so großer Bedeutung, 
daß man einen entschiedenen Aufschwurng derselben und dadon äuch 
eine günstige Rückwirkung auf die Staatseinnahmen im Allgemei— 
nen erwarten kaun. Auch ist wohl aänzunehmen, daß das Stein—e 
salz welches von den geringsten Gewinnungskosten belastet ist, fehr 
chnell seinen Weg zu uns finden werde.“ 
Von der deutschen Gesellschaft der Stadt New-Hork wird 
wiederholt eine⸗ Warnung an alle Auswanderer erlassen, nicht 
über fremdländische Hafenplätze, namentlich nicht über Hull und 
Liverpool auszuwandern, Bei dieser indirecten Beförderung über (Hull 
und Liverpool) hat der Auswanderer zunächst allerhand Unbequemlich⸗ 
keiten, die namentlich im Wechsel der Schiffe liegen, zu bestehen, 
uind dann ist er auf englischen Schiffen ebenso sehr wie auf fran⸗ 
zösischen und holländischen von einem Schiffsvolk und von Mit— 
reiseuden umgeben, welche eine andere Sprache reden und sich 
nur zu oft hoͤchst rücksichtslos gegen die Deutschen zeigen. Ganz 
empbrend benehmen sich neuerdings“ die Irlaͤnder gegen unsere 
Laudsleute; so wird der Weser-Ztg. unterm 19. Mai aus Lon— 
don berichtet? „Wieder einmal haben es gestern die Irländer auf 
inem Auswandererschiffe, dem von Liverpool nach Philadelphia 
beslümmten,Tuscarora“, durchgesetzt, daß die deutjchen Passagiere 
welche ihre Ueberfahrt auf diesem Schiffe bedungen ˖hatten, das— 
selbe verlassen mußten. Die Flußpolizei erwies fich außer Stande 
der Gewalt zu steuern und die Gerichte, an welche die Deutschen 
ich in ihrer Noth um Beistand wandten, hatten nur den Trost, 
ür sie einschreiten zu wolen, falls das Schiff den Merseh uoch 
nicht verlassen habe. — Die Beschwerden der auf englischen 
Schiffen Ausgewanderten erstrecken sich ferner hauptsächlich auf 
die folgenden Punkte: Mangel an Raum und frischer Luft; Un— 
ceinlichkeit der Schlafstäͤtten und der Plätze für die Verrichtung 
zatürlicher Bedürfnisse; mangelhaftes Zubereiten der Speisen, so— 
wie unregelmäßige und ungleichmäßige Vertheilung derselben; gro— 
de eep don Seiten der Schiffsmannschaft, unter deren 
unmittelbarer Beaufsichtigung die Zwischendeckpassagiere sich befin— 
den, und Chicanen und Beleidigungen, welche an den Deutschen 
von Passagieren anderer Nationalitäten verübt werden. Hierzu 
ommt, daß durch das Ueberfüllen dieser Schiffe mit Passagieren 
und in Folge der dadurch auf denselben herrschenden Unreinlich— 
keit sehr häufig ansteckende Krankheiten, z. B. Cholera, Typhus, 
Schiffsfieber und Pocken entstehen, und daß, um die- Verbreitung 
dieser Krankeiten zu verhüten, die Auswanderer genöthigt werden, 
nach ihrer Ankunft im New-Yorker Hafen oft mehrere Wochen 
in den Quarantaine-Anstaltenzu verbringen. Der einzige anschei⸗ 
nende Vortheil, welcher den Reisenden von den von England aus 
abgehenden Dampfschiffen geboten wird, ist der etwas geringere 
Preis. Untet diesen Umständen hält es die erwähnte Gesellschaft 
ür ihre Pflicht, unseren Landsleuten abzurathen, sich den Un— 
mehmlichkeiten und Gefahren auszusetzzen welche sie nach 
Aussage der kürzlich in Rew-York angekommenen deutschen Aus— 
vanderer mit der Reise auf endlischen Dampfschiffen verknüpft 
ind, und fie zu warnen, sich durch interessirte Agenten und 
Maäckler verlocken zu lassen, zur Ersparniß einiger Thaler die Reise 
über England zu machen, und denselben zu empfehlen, bei dem 
Ankauf ihrer Reisebillette darauf zu sehen daß dieselben für die 
direct von Bremen oder Hamburg nach New-York abfahrenden 
Dampschiffe bestimmt sind. Diese Vorsicht ist nothig, weil Agen— 
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reisen wollen, häufig Billette geben, welche sie allerdings nach 
jenen Seehäfen briugeuͤ, aber nur um sie auf kleinen Dampfbö 
len nach enadlifchen Häfen zur Weiterbeförderung zu üherliefern