Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler AAnzeiger. 
der „St. Ing berter Anzeig er“ mit seinem Unterhaltungsblatte erscheint wöchentlich dreimal? Dienstag Donnersstag 
Id Samstag. Abomnementsbreis vierteliährig 450 Krzr. Anzeigen werden mit 8 Krzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren 
Raum berechnet. 
— 
Nro 2953. — , , Donnerstag, den 4. Juni — — 1867— 
— — J — —1867. 
Deu tschland. 1 
Müncheu; 28. Juni. Die Gemeindebevollmächtigten der 
ziesigen Stadt haben sämmtlich dem Beschlusse des Magistrats, 
wonach die Gehalte der hiefigen Schullehrer, je nach ihrem Dienstes⸗ 
Ater 300- 1000 fl. und jener der Lehrerinnen 300 -600 il. vomn 
l. Oktober d. J. an betragen soll, beigestimmt. 
Muͤnchen, 830. Jumi. Bald nach seiner Ankunft dahier 
vom Begräbniß des Erbprinzen von Taxis in Regensburg) er 
hielt der Kaiser Franz Joseph die Trauerbotschaft von der Er⸗ 
schießung seines Bruders in Mexico und reiste sofort stalt nach 
Possenhofen, nach Wien zurück. Die menschliche Theilnahme an 
dem Unglück, welches das Kaiserhaus betroffen hat, ist allgemein 
— Der Konig hat den Abgebrannten von Eschenbach 1000 fl. 
anweisen lassen. — Die Allg. Ztg. meint, die gestern erwähnte 
Besprechung der Mitglieder des Militärausschussez der Abgeordne— 
senkammer müsse sich um Fragen von Bedeutung gedreht haben, 
sonst würden die beireffenden Abgeordneten sich nicht eigens nach 
München begeben haben. Näheres weiß man darüber jedoch nicht. 
— Nach dem „Frünk. Kurier“ bezwecken saͤmmtliche Eisenbahn— 
projectirungen, welche im diesseitigen Bayern stattfinden und wo— 
mit 70 Ingenieure beschäftigt sind, die Ausarbeitung eines Eisen⸗ 
bahnnetzes, welches dem kommenden Landtage vorgelegt werden! 
joll. Das Handelsministerium soll die Absicht haben, auch auf 
allen größeren Strecken der Staatseisenbahn Retourbillets einzu— 
ühren. Die Veriräge mit Oesterreich wegen der Braunauer Bahn 
sind vom König noch immer nicht ratificirt. — Die Notiz, daß 
hier ein neues großdeutsches Blatt gegründet werde, hat sich als 
uͤngenau herausgestellt. Auch das Roͤckel'sche Unternehmen (eines 
demokratisch⸗particularistischen Volksblattes) hat nur wenig Aussicht 
zu Stande zu kommen. 6 
Speyer, 2. Juli. Die Sitzungen des Kreislandraths wur⸗ 
den heute durch den kgl. Regierungspräsidenten Hrn. Pfeufer 
mit folgender Ansprache eröffnet: 
„Meine Herren! Seine Majestät der König haben durch 
Allerhöchste Enischließung vom 22. Mai l. Is. den Landrath der 
Pfalz auf den heutigen Tag einzuberufen geruht. Ich schätze mich 
zlücklich, der Vollzieher dieser Allerhöchsten Willensmeinung und 
berufen zu sein, mit Ihnen, meine Herren. die Interessen der Pfalz 
zu wahren und nach Möglichkeit zu fördern. Sie haben, in rich⸗ 
liger Erkenntniß ihrer Pflicht, den im Kreise sich geltend machen⸗ 
den Bedürfnissen in anerkennenswerther Weise bisher Rechnung 
getragen. Ich bitte-Sie, in diesem Pflichteifer nicht zu erkalten 
und durch enehmigung der Ihrer Beschlußfassung unterstellten 
Propositionen der Kreisregierung die zur Ausführung erforderli⸗ 
chen Mittel zu gewähren. Besondere Vorsorge ersuche ich jenen 
Vorschlägen zuzuwenden, welche dem Gebiet des Unterrichts 
und der Erziehung, diesen Gundlagen einer fittlichen Ordnung 
im Staate, angehören ·.. 
„In dieser Beziehung wird der Antrag auf Erweiterung der 
dreisgewerbschule in Kaiserslautern Ihre Aufmerksamkeit in her—⸗ 
zorragender Weise in Anspruch nehmen. Mit Gewährung der 
siefür beantragten Mittel werden Sie eine Anstalt gründen hel— 
jen, welche die Grundsätze und Ergebnisse für das gewerbliche, 
landwirthschaftliche und industrielle Leben in erhöhtem Maße nutz- 
dar machen wird. Ueber die Nothwendigkeit zur Schaffung einer 
olchen höheren Bildungsanstalt, und zwar im Herzen der Pfalz 
darüber wird auch bei Ihnen, meine Herren, kein Zweifel bestehen.“ 
„Seit Sie zum letztenmale getagt, gingen große, bede u 
tungsvolle Ereignisse im deutschen Vaterlande vor sich. 
Dem menschlichen Auge ist die Zukunft verschleiert; der Lenker der 
Geschicke, der Throne und der Völker wird, das muß unsere Hoff⸗ 
nung und Zuversicht sein, dieselbe zum Wohle Deutschlands, zum 
Besten unseres engeren Vaterlandes wenden! Die Pfalz blieb von 
den Schrednissen des Krieges befreit. Mit festem Auge sah sie 
iber denselben entgegen. In Zeiten der Gefahr erprobt sich der 
echte Mann. Die Pfalz wankte nicht in ihrer Treue zum ange 
seinntlen Herrscherhause, in ihrer Liebe zum deutschen Vaterlande 
In dieser Treue und Liebe wollen wit auch ferner fest zusammen— 
filehen und uns jeder Zeit um das in Ehren gehaltene Banner 
unseres Pfalzgrafen schaaren, Allerhöchstwelcher seinem Volke und 
dem Stammlande Pfalz⸗Zweibrücken eine holde Königin zuführen 
wird. Lassen Sie uns, dem Gefühle der Freude über dieses glück 
liche Ereigniß Worte leihen durch ein Hoch auf Seine Majestät 
den König, den Pfalzgrafen bei Rhein: „Seine Majestät der 
tönig Ludwig lebe hoch!“— 
IIn dem Personalsiande des Landrathes hat sich durch den 
eider erfolgten Tod des Vertreters der Stadt Zweibrücken, Herrn 
Bürgermeissers Stengel, eine Veränderung ergeben. Der 
Versiorbene war ein langjähriges Mitglied des Landrathes, welcher 
einer ersprießlichen Thaͤligkeit ein ehrendes Andenken bewahren 
vird. An Stelle des Hrn. Stengel tritt dessen Ersatzmann Hr, 
Bürgermeister Dr. Haniz (von Hornbach.) Ich ersuche Herrn 
Dr. Hanitz vorzutreten und den vorgeschriebenen Eid zu leisten. 
Mach erfoigter Beeidigung): Die zu Ihrer Berathung erforderlichen 
Aufschlüsse werden die Herren Referenten der Kreisregierug, sowie 
herr Regierungs⸗Director v. Lamotte jeder Zeit ertheilen. Und 
nun, meine Herren, erkläre ich im Namen Seiner Wajestät des 
önigs die Sitzungen des Landrathes der Pfalz für eröffnet.“ 
dHierauf wurde Hr. Anwalt Böcking von Landau zum 
Bräsidenten und, nachdem Hr. Dr. Jakob aus Gesundheitsrück⸗ 
sichten abgelehnt. Hr. Notär Sch midt von Otterberg zum Secre⸗ 
tär gewählt. 
Der Präsident berührte sodann das Ableben des Landraths— 
mitgliedes Hrn. Stengel von Zweibrücken und ersuchte den Land⸗ 
rath, demseiben die Anerkennung für seinen stets bewiesenen Eifer⸗ 
und seine Wirksamkeit im Landrathe durch Erhebung von den 
Sitzen auszudrücken was sofort geschah. Hierauf legte der Prä— 
sident zwei Entlassungsgesuche von Landruihsmitgliedern vor, das 
eine von Hrn. Bürgermeister Heß von Germersheim, das andere 
von Hrn. Wanzel aus Rösselsbrunn. Hr. Heß begründete sein 
Hesuch mit Rücksichtsnahme auf die Wahlmänner des Kantons 
Speyer (welcher seit langen Jahren im Landrathe undver treten ist 
ind durch den Eintritt des Ersatzmannes, Hrn. Bürgermeister 
daid von Speyer eine Vertretung erhielte.) Der Landrath er⸗ 
achtete diesen Grund aber für unstatthaft und beschloß die Einbe— 
rufung des Herrn Heß. Die Gründe des Herrn Wanzel stützen 
ich auf Familienverhaͤltnisse, die jedoch nicht näher berührt und 
ingegeben wurden. Der Landrath beschloß daher die Entscheidung 
dieses Gesuches auf die nächste Sitzung zu vertagen, um eingehen⸗ 
dere Erhebungen darüber vornehmen zu können. Die nächste Sitz- 
ung wurde auf Donnerstag den 4. Juli Vormittags 10 Uhr. an⸗ 
deraumt. 
Dienstes⸗Nachrichten. 
Seine Majestät der König haben sich allergnädigst bewogen 
gefunden, unterm 25. Juni J. J. die erledigte protestantische 
ßfarrstelle zu Neuhäusel, Decanats Homburg, dem Pfarramtscan— 
didaten und derzeitigen Expositus zu Landstuhl, Karl Michael 
Ludwig Hollensteiner von Grünstadt, die protestantische Pfarrstelle 
zu Winterbach, Decanats Zweibrücken, dem bisherigen Pfarrer in 
Breitfurt, Decanats Zweibrücken, Georg Käarl Ludwig Steinicken 
zu verleihen. 
Stuttgart, 28. Juni. Im „Staatsanz.“ läßt die Re— 
gierung in einem ausgezeichneten Artikel die Angriffe der parti— 
ularistischen Presse auf den Zollvertrag mit Preußen widerlegen. 
Zuerst erklärt das Blatt der Regierung die Behauptung, daß 
ßreußen den Zollverein zu kündigen nicht gewagt hätte, für eine 
eere Täuschung, und hebt dann weiter folgende Punkte hervor: 
1) Gesicheri ist das Zollvereinsgebiet, das sich um Schleswig— 
HDolstein und wahrscheinlich früher oder später um die Hansestädte 
ind Medlenburg vergrößert. 2) Gesichert ist die Theilung der 
Zolleinkünfte nach der Kopfzahl, so daß die süddeutschen Staaten 
durchaus kein Einbuße erleiden, sondern im Gegentheil aus der 
Vergrößerung des Vereinsgebie tes nur Gewinn ziehen. 3) Die 
Zesteuerunasobjecte sind auf Zucker, Salz und Tabak beschränkt