Full text: St. Ingberter Anzeiger

jehaltener Reden, sprach denselben jedoch wegen der incriminirken 
sammerreden auf Grund des Art. 84 der Verfassungsurkunde frei. 
Pot,s dam, 8. Juli. Heute Morgen um 8. Uhr rafen 
zier von Paris die Kronprinzen von Preußen und“ von Italien 
ein. Mer' Letztere ist im hiesigen städtischen Schlosse abge— 
tiegen. 
Frankreich. 
Paris, 2. Juli. Es haben folgende Ernennungen für 
die Ehrenlegion stattgefunden. Aus Bayhern erhält Frhr. v. Lie— 
dig das Commandeurkreuz; zu Offizieren der Ehrenlegion wurden 
die Herrn Paul und Braun, zu Rittern derselben die Herren 
Haindl, Otto Steinbeis v. Bruneberg, v. Creling und Faber er⸗ 
nannt. Aus Württemberg das Ritterkreuz die Herren Fehling Leins, 
Senft, Staub und Schmitt; von Schweizern wurden Dietz aus 
Basel mit dem Offtzierkreuze, Turban und Metz von Freiburg 
nit dem Ritterkreuze decorirt. 
Paris, 3. Juli. Unter den Ernennungen zur Ehrenlegion 
inden wir: zum Großoffizier: Herzog von Rauibor, zu Offizieren 
Herzog, Krupp, Hoffmann, Koch und Dode; zu Rittern: Kar— 
narsch, Maurice, Wiesner, Günther, Borsig, Kuffer, Pflaume, 
Siemens, Blume, Faucher, Hoesch, Zimmermann, Vippe Gruson 
und Major v. Burg. 
Paris, 3. Juli. Die Prefse sagt, der Tod Maximilians 
ei offiziell bestätigt, Fürst Metiernich habe 1 Uhr die Nachricht 
davon nach den Tuilerien gebracht. Der Hof werde während 21 
Tagen Trauer anlegen. Es scheint sicher daß der Kaiser von 
DOesterreich nicht nach Paris kommen wird. D 
— Italien. 
Turän, 28. Juni. Eine Million dreihunderkacht— 
zehn tausendsiebenhundertundacht Franken im 
verflossewmen Jahr von den Verrechnern verun— 
reute Staatsgelder! Hier hat man in einem einzigen 
Satz ein Bild der innern Verwaltungszustände Italiens. UÜnd 
es ist nicht eine unzuverlässige Quelle, der wir dies entnehmen, 
ondern der Bericht der Oberrechnungskammer an das Parlameni 
iber die Finanzverwaltung im Jahr 1866, der dieses Ergebniß 
ausspricht. Würden wir diese Angabe anderswo gefunden haben, 
vir hätten nicht gezaudert, sie als Erfindung, als Verleumdung 
zu erklären. So ist es eine Thatsache, die an erschreckender Wahr⸗ 
heit noch zunimmt, wenn man den Zusatz der Oberrechnuugskam⸗ 
mer liest: „daß der größte Theil dieser Veruntreuungen wahr— 
cheinlich hätte verhütet werden können; wenn die mit der Ueba— 
vachung der öffentlichen Kassen beauftragten Inspectoren ihrem 
Amt mit größerm Fleiß nachgekommen waären, und die Admini— 
tration strenger darüber gewacht hätte, daß in der Regel keine 
Zzrößere Summe in den Kassen verbleibe, als die Summe der ge⸗ 
eisteten Caution ansmacht. Wir hätten es also hier mit zwei 
Kategorien von Schuldigen zu thun, mit den eigentlichen Dieben 
— den Kassenbeamten — und den Begünstigern derfelben, den 
aumseligen und dienstvergessenen Inspecioren; denn dem Sprich⸗ 
vort zufolge ist derjenige, welcher den Sack hält, so gut Dieb 
ald der, welcher zugreeift, und da die gestohlenen 1,318,708 Fr. 
sich auf 110 Kassendiebe vertheilen. so hälten wir auch 110 
Diebsbeschützer. 
Rom, 2. Juli. 450 Bischöfe und Prälaten haben dem 
Papst eine Adresse überreicht In derselben versprechen sie ihm 
vollständigen Gehorsam. Der Papst antwortete auf diese Adresse: 
er habe immer Italien geliebt und hoffe, daß der Himmel, in 
dessen Hand die Schichsale Italiens liegen, das gemeinsame Va— 
erland vor dem moralischen und religiösen Untergang bewahren 
werde. 
Florenz, 2. Juli. Die Deputirtenkammer hat heute die 
Artikel des Handelsvertrages mit Oesterreich angenommen. — 
Die Commission, welche mit der Untersuchuug der Lage von Pa⸗ 
ermo beauftragt worden war, hat ihren Bericht eingebracht. 
Florenz, 83. Juli. Der Finanzminister hat seine Ent⸗ 
lassung verlangt und erhalten; als sein muthmaßlicher Nachfolger 
vird Hr. Coretera bezeichnet. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 4. Juli. In der gestrigen Sitzung des 
Folkethings wurde ein von 80 Mitgliedern verschiedener Frac— 
tionen unterzeichneter Entwurf einer Adresse an den König einge— 
hracht, in der im Anschluß an die Worte der Thronrede bezügüch 
der von Seite Preußens noch nicht erfolgten Rückgabe Nord⸗ 
schleswigs gesagt ist: der Reichstag wolle den nordschleswig' 
ichen Brüdern die vollste Theilnahme und zugleich das feste Ber— 
trauen aussprechen, daß der Artikel V des Prager Friedens eine 
Ausführung erhalten werde, durch welche eine wirtliche Trennung 
zwischen Deutsch und Dänisch hergestellt und der Grund zu einer 
vahren Freundschaft zwischen Deutschland und Dänemark gelegt 
verde. 
J Amerika. 
New-Yorhk, 1. Juli. Mach Berichten aus M exiceo 
jaben die Republikaner nunmehr auch die Hauptstadt Mexico besetzt. 
Reo de Janeiro, 22. Mai. Folgendes sind die 
Zrundzüge der Vorlage, welche wegen Absch affung-der 
Sclavere si den Kammern gemacht werden soll. Die Sclaverei 
oll 1) nach 33 Jahren ganz und gar aufhören; 2) der Staqat 
nach Ablauf dieser Zeit die Besitzer von Sclaven entschädigen; 
3) alle Kinder, welche von Sclavinnen nach Veröffentlichung des 
Besetzes geboren werden, follen frei sein; 4) Kinder, die im Hause 
)es Herrn ihrer Muter erzogen werden, sind verpflichtet, dem— 
elben 20 Jahre ohne Geldentschädigung zu dienen und sollen 
päter gegen Zahlung eines bestimmten Lohnes zur Arbeit ver— 
yflichtet sein; 5) ein Emancipationscomite wird in jedem Districke 
ie Ausführung des Gesetzes überwachen; 6) zum Freikauf von 
Sclaven soll jährlich ein bestimmter Fonds ausgeworfen werden 
Der Tod des Kaisers von Mexiko.“ 
Kaum sind sie noch verrauscht die Ballfeste und sonstigen 
Feierlichkeiten, die der Dezemberkaiser den Potentaͤten von Rußland 
und Preußen, veranstaltete noch weilt der Herrscher der Moslems 
an den festlich geschmückten Ufern der Seine und seine kaiserlich 
vnigliche Majestät, der Kaiser von Oesterreich, will' sich 
eben aufmachen, seinem Besieger in Paris einen Besuch abzu— 
sttatten, um sich dabei wohlfeile Lebehochs zu holen, welche ihm 
nitleidig das französische Volk im Gefühle seiner Siege vom 
Jahre 1859 spenden wird. Da fällt drüben über dem Weltmeer 
ein Schuß und der Bruder des Kaisers von Oesterreich, 
der Schwager des Königs der Belgier hat aufgehört zu 
leben; Max von Oesterreich hat das Ende gefunden, das ihm von 
Anfang an, von allen Einsichtigen prophezeit war, nachdem er sich 
durch die Künste und Lockungen Louis Nopoleons zur Usurpation 
der Herrschaft über Mexico hat verleiten lassen. Es war nicht 
der schlechteste der Söhne vom Hause Habsburg dieser Erzherzog 
Marx, der, nachdem erst die unglückliche Erzherzogin Mathilde die 
Fönigskrönung zu Ofen durch ihren Tod getrübt, jetzt durch sein Schick— 
sal die Kaiserreife nach Paris vorläufig sistiren macht, er war noch 
der liberalsten einer gewesen aus diesem Jürstenhause. Aber 
der Machtkitzel steckte auch in ihm, auch er glaubte sich schon 
durch die Geburt zum Herrscher bestunmt und so zog er 
denn 'nach Mexico, um mit Hülfe fremder Söldner eimen 
Thron sich aufzurichten bei einem Volke, das nichts von 
hmm wissen wollte, denn nur die Ultramontanen und die 
nilitärischen Stellenjäger hielten zu ihm. Der Kern des Volkes 
hielt zu der rechtmäßigen Regierung des Landes zu dem Präsi⸗ 
denten der Republikt, Benito Juarez. Und als der neue Kaiser 
»on Meriko dies sah, als ihm die Augen aufgingen über die 
Komödie die man mit ihm gespielt, als man ihm im Namen des 
Landes die Kaiserkrone anbot — da warf er nicht die Krone, 
den goldenen Scepter von sich, sondern er decretirte kalten Blutes 
den Tod allen denjenigen die nicht ihm, dem Usurpator, unter⸗ 
hänig sein wollten, und hunderte von charachterfesten, freien Me— 
rikanern, Generale wie Soldaten wurden auf sein Geheiß nieder— 
Jemetzelt. Doch sieh: das Blatt wandte sich. Auf die Drohung 
der mächtigen Nachbarrepublik hin verließ ihn der Verbündete, der 
hn in die Falle gelockt und ohne Rückhalt im Volk, das er zu 
heherrschen sich erkühnt, kommt der „Kaiser von Mexiko“ nach 
venigen Monden vor das Kriegsgericht dessen, den er für vogel⸗ 
rei erklärt hatte, vor den rechtmäßigen Regenten der Republik 
Meriko, dessen Generale und Offiziere er hatte niederschießen lassen. 
Und die nun über ihn zu Gericht sitzen, wägen den Mann nach 
einen Thaten, fragen Richts nach dem Firlefanz von hoher Ge— 
urt und Gesalbtem Haupt, für sie ist der Erherzog Max ein 
Fremdling der sie mit Krieg überzog, ihr Geld raubte, ihre Väter 
Brüder und Söhne tödtete wider alles Recht, blos vermöge einer 
uingemaßten Gewalt. Auf solchen Thaten steht überall und allent— 
jalben der Tod, der denn auch nach Gesetz und Recht dem Usur⸗ 
pator wurde. — Oder ist es nicht so? Hätte der Fürstensohn, 
weil er eben dies war, frei ausgehen sollen trotz seiner Gewalt— 
thaten? Gewiß nicht. Wir koönnen es bedauern, daß dieser ur— 
sprünglich nicht unedel angelegte Mann so enden mußte, doppelt 
bedauern, daß der Ex⸗Kaiser von Mexiko eigentlich für einen An— 
dern, der die Hauptschuld trägt, bluten mußte; aber wir können 
einen Stein werfen auf die, welche das Todesurtheil gefällt. Sie 
jaben geurtheilt nach Recht und Gesetz und nach der Pflicht, 
velche sie beschworen, ihr Vaterland zu schützen, nach dem Recht 
ind den Satzungen, wie sie die Fürfsten selbst stets unbarmherzig 
zjeübt. Und mit diesem Urtheilsspruch und feinem Vollzug hat 
»as Volk von Merico seine Souveränität gewahrt, gegenüber allen 
froberungsgelüsten fremder Abenteurer; es ließ sich nicht hinreißen 
von der falschen, romantischen Sentimentalität der Europäer, die 
emselben Herrscher, der sie und ihre Freiheit mit Füßen getreten