St. Ingberler Znzeiger.
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NRro. 82. Donnerstag, den 11. Jui. 1867
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Deutschland. V
München, 7. Juli. Det zum kgl. Gesandten in Peters—
burg ernannte Graf von Taufftirchen verläßt heute Abend mit
dem Eilzuge München, um sich nach der russischen Hauptstadt zu
begeben. —
8 — Irhr. v. Mulzer soll dieser Tage wirklich um seine Pen⸗
sio nirung eingekommen sein.
— Der Einladung zu einer Postkonferenz nach Berlin wird
Bayern dem Vernehmen nach, vorläufig keine Folge geben. Die
Hründe scheinen mehr politischer Natur zu sein, und man kann
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Preußen seiner Zeit den Vollzug der in der letzten Postconferenz
zu Karlsruhe gefaßten Beschlüsse ablehnte, bis es die Organisation
Zes Postwesens im Norddeutschen Bunde vollendet hat.
München, 8. Julli. Bezüglich der Berliner Zohl—
ronferenzen erfahren wir, daß noch Ende voriger Woche die
Schlußberathung über den Entwurf eines neuen Zollvereinsvertra—
ges stattgefunden hat, so daß die Unterzeichnung desselben im Laufe
diejer Woche erfolgen kann.
— Die Vertreter Bayerns bei der Pariser Münzeonferenz
Staatsrath v. Hermann und Obermünzmeister v. Haindl
ind am Sountag Abend hierher zurückgekehrt. — Unser genialer
dumorist, der „Volksbote“, kanzelt diejenigen, welche den Zoll⸗
sertrag vom 4. Juni billigen, gehörig ab, den Zollvertrag
nach welchem Süddeutschland und vorweg Bayern mittelst neuer
Steuern ausgebeutet werden soll, um das preußische Defizit zu
decken, was jedoch die Fortschrittler ganz in der Ordnung finden
während stumpfsinnige Bierphilister wie ächte Türken sich lahm und
tegungslos ins Schicksal ergeben. — Das Militärgesezß ist
im Entwurie vollendet und wird nun zu weiterer Berathung dem
Staatsrathe unterbreitet. — Bei der demnächst in Berlin zusam—
mentretenden Conferenz des deutsch⸗-österreichischen
Postvereins wird Bahern durch Ministerialrath v. Sutner
und Generaldirectionsrath Baumann vertreten sein. Das Handels—
ministerium arbeitet auf eine neue Organisation des Postdienstes
und auf Trennung Post von den anderen Zweigen des Ver—⸗
kehres hin. — Die Berathungen des Socialausschusses
werden voraussichtlich erst in der nächsten Woche wieder beginnen. —
Wie die „Kemptener Ztg.“ hört, ist gegen die Redaction des
Berliner „Kladderadatsch“ auf Grund eines in der jüngsten Num⸗
mer jenes Blattes enthaltenen boshaften Witzes eine Untersuchung
vegen Majestätsbeleidigung eingeleitet worden.
— Der Ausschuß für die Socialgesetzgebung hat in seiner
beutigen Sitzung den von der Staatsregierung vorgelegten Gesetz
entwurf über Ansässsigmachung und Verehlichung ein—
stimmig abgelehnt. Die Staatsregierung sah sich hiedurch veran⸗
laßt, eine völlig neue Redaktion der übrigen Gesetzentwürfe über
Heimath, Aufenthalt und Verehelichung vorzunehmen und hat zu
diesem Zwecke ebengenannte Gesetzentwürfe zurückgenommen, um
sie am kummenden Freitage in der neuen Fassung und unter
Herübernahme jener Bestimmuugen des Ansässigmachungsgesetzes
welche fernerhin noch nöthig erscheinen, in Vorlage zu bringen
Die Debatte in dieser Sitzung war, gutem Vernehmen nach über⸗
haupt belebt; namentlich entwickelte sich zwischen dem Herrn Mi—
nisterialcommissär v. Riedel und dem Ausschußreferenten Hrn
Buͤrgermeister Fischer eine sehr lebhafte Diskussion. — Auch Hr.
Prof. Dr. Edel wird, wie wir hören noch einige Modificationer
zu seinem Referate über die Gemeindeordnung einbringen.
München, 9. Juli. Die „Corresp. Hoffmann meldet
Der neue Zollvereinzvertrag wurde gestern in Berlin unterzeichnet.
Die Einladung der preußischen Regierung zu Postconferenzen in
Berlin ist von der bayerischen Regierung angenommen, jedoch die
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dorgängige Mittheilung der Berathungsgegenstände erbeten worden
Augasburg, 7. Juli. Die „Augsb. Abendzeitung“ be—
richtet: Heute hat dahier ein Zusammentritt von Mitgliedern und
Gesinnungsgenossen der baynerischen Fortschrittspartei
zu einer vertraulichen Besprechung über die gegenwärtige Lage
stattgefunden. Demselben wohnten auch die Abgeordneten Dr.
Brader, Dr. M. Barth, Crämer von Doos, Fischer, v. Soyer,
Sing, Dr. Völk, bei. Man hat in allen Punkten, welche zur
Besprechung kamen, wesentliche Uebereinstimmung der Anwesenden
constatirt. Das Ergebniß der Berathung war die Einleitung zu
einer größeren Versammlung der südwestdeutschen Parteigenossen,
um sich über die Stellung zum norddeutschen Bunde namentlich
in der Zollvereinsfrage zu verständigen. Wie wir hören ist Stutt⸗—
gart als Ort der Zusammenkunft in Aussicht genommen.
Stuttgart, 5. Juli. Die französische Regierug hat zum
Schutze der fremden Auswanderer an den großen Stationen von
Straßburg, Paris und Havbre besondere Commissariate errichtet;
an anderen weniger wichtigen Punkten sind schon vorhandene Be—
amten entsprechend instruirt worden. — Der Aufenthalt des Kö—
„nigs von Württemberg in Paris wird sich auf ungefähr zehn
Tage erstrecken.
Dresden, 6. Juli. Das Dresdener Journal veröffent⸗
licht die Ausführungsverordnung zur Reichsverfassung. Die gegen
die Niederlassung der Israeliten in Sachsen bisher bestandenen
gesetzlichen Bestimmungen sind durch dieselbe außer Wirksamkeit
gesetzt worden.
Berlhin, 5. Juli. Die Bevollmächtigten der Zollconferenz
werden noch im Lanfe dieser Woche den materiellen Theil ihrer
Berathungen beenden; die Schlußredaktion des Vertrages wird in
den ersten Tagen der nächsten Woche vorgenommen werden können,
so daß diese Herrn Berlin schon binnen 8 Tagen verlassen dürften.
Der preußische Vertragsentwurf hat allseitige Zustimmung erhalten.
— Es macht sich jetzt überhaupt alles auf Reisen; auch das dip⸗
lomatische Corps benutzt die Abwesenheit des Königs und des
Grafen Bismarck zu Ausflügen; so hat der französische Botschafter
Mr. Benedetti schon gestern Berlin verlassen. Der Finanzmini⸗
ster v. der Heydt begibt sich auf 14 Tage nach Marienbad und
wird weitere 14 Tage am Königssee verbringen. — Es ist ge—
boten, alle über die Abreise Mariens aus der Marienburg in
Umlauf gesetzten Gerüchte mit Vorsicht aufzunehmen. Offiziell ist
hier darüber nichts bekannt; man weiß auch nichts von einem
in neuester Zeit erlassenen Schreiben unseres Königs an jene
Fürstin. — Die Provinziallandtage werden in der 2. Hälfte des
Monats Octobers zusammentreten.
— Die Mittheilung der Journale von einer Zuschrift des
sönigs von Preußen an die Königin Marie von Hannover ist
gänzlich erfunden; eben sowenig wurde ein Schreiben des Gene—
ral⸗Gouverneurs übergeben.
— Der preußische Staatshaushalt ist gegenwärtig weniger
günstig als in den vorigen Jahren; die preuß. Finanzverwaltung
dürfte in diesem Jahre mit einem Defizit abschließen.
Berlin, 6. Juli. Man versichert, der neue Vertrag zwi—
schen den Zollvereinsstaaten werde erst im Januar 1868 in
Wirksamkeit treten, und das Zollparlament daher nicht vor dem
nächsten Frühjahre sich versammeln.
Berlin, 8. Juli. Die Nachrichten, daß Frankreich
zu Gunsten Dänemarks in der nordschleswig'schen
Angelegenheit intervenirt, sind verfrüht, ebenso haltlos ist
die Mittheilung, daß Graf Bismarck bereit sei Düppel und
Alsen an Dänemark zurückzugeben. — Die verbreitete Nachricht,
daß Napoleon einen Brief an Franz Joseph gesandt
und seinen Besuch angezeigt, ist sehr zu bezweifeln, trotz einem
sich sehr annähernden Verhältniß zwischen Frankreich und
Desterreich.
Wien, 4. Juli. Die letzten Nachrichten über den Geistes⸗
zustand der Kaiserin Charlotte in Miramare lauten ganz trostlos.
Die Aerzte geben wenig Hoffnung auf Wiederherstellung, und die
Kranke maqhht sowohl in lichten als in umwölkten Momenten
jortwährend Versuche Hand an sich zu legen.
(Bündnisse und Enthüllungen.) Der N. Fr. Pr,
wird aus Paris von unterrichteter Seite und nicht etwa als