Ingberler Znzeiger.
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Nro. 85. —D—— PDonnernstag, den 18. Juli —D06 1867.
a Deutschland.
München, 14. Juli. Die Reise des Königs nach Paris
st eine beschlossene Sache. König Ludwig VI. wird München am
Samstag, den 20. Juli verlassen, und zwar inkognito. —
Muünchen, 15. Juli. Die auf heute bestimmt gewesene
Sitzung des Socialausschusses ist auf Mittwoch verlegt, wahrschein⸗
lich wil die von dem Abgeordneten Dr, Edel bereits früher an⸗
gekündigten und nunmehr eingebrachten Modifikationen in Bezug
auf das Wohnsitzrecht erst geflern zur Vertheilung gelangt sind.
— Der feierliche Act der Traunmng des Königs soll
nach der „Allg. Ztg.“ auf den 18. Oct b. J. in der Hoffirche
u St. Michael fesigesetzt sein. 7
— Die Nachricht, daß der Graf von Thruffkirch en vor
seiner Abreise nach Petersburg dem Koönig eine Dentschrift über
die Lage des Landes vorgelegt habe, wird als vollständig unbe⸗
zründet bezeichnet.
München, 15. JuliIn der Einleitung zu seinem Refe⸗
rale über den Gesetzentwurf; die öffentliche Armenpflege betreff.
merkennt Abg. Fischer uunter den jetzigen Verhältnissen die Noth—
wendigkeit einer gesetzlich geregelten Armenpflege, deren Thätigwer⸗
den sich nöthigenfalls erzwingen⸗ asse die Thätigkeit der freiwil⸗
ligen rmenpflege solle übrigens keineswegs geheimmt, sondern
dielmehr gefördert werden. In Bezug auf die Thätigkeit der
irche äußert sich Referente ui
„Zweifellos ist es, daß die Kirche ganz vorzugsweise den Be⸗
ruf hat, auf dem Gebiete der freiwilligen Armenpflege thätig zu
verden, und man kann nur wünschen, daß sie diesen Beruf auch
mit gutem Erfolge zu erfüllen versuche. Ebenso zweifellos scheint
es mir aber, daß es nicht gerechtfertigt und auch nicht zweckmü—
zig wäre, die für die Armenpflege erforderlichen Mittel zwar mit
duͤlfe gesetzlichn Zwanges aufzubringen, deren Verwendung jedoch
den Kirchengesellschaften zu überlassen. Die freiwillige Armen—
pflege muß den Charakter der Freiwilligkeit in allen Stücken wah—⸗
ren. Angezeigt erscheint es mir dagegen, der Kirche die Entfal—
tung ihrer Thätigkeit auf dem Gebiete freiwilliger Armenpflege
dadurch zu erleichtern, daß die Kleriker mehr und mehr von der
Röthigung, an der Lösung rein staatlicher Aufgaben mitzuwirlen,
hefreit und daß sie namentlich der oft lästigen Verpflichtung ent⸗
soben werden, unter allen Umständen und schon kraft ihres Amtes
in Besorgung der öͤffentlichen Armenpflege überall theilzunehmen.
— Das Aufhören der bisherigen vorzugsweisen Betheiligung des
lerus an der öffentlichen Armenpflege wird einerseits demselben
die nöthige Zeit zu gewünschter Entfaltung ersprießlicher Thätig-
eit auf dem Gebiete freiwilliger Armeupflege gewähren und wird
indrerseits die außerdem auftauchende Frage als gegenstandlos
erscheinen lassen, wie es gerechtfertigt werden könnte, daß nur die
Religionsdiener gewisser und nicht die aller im Staate bestehen⸗—
den Kirchengesellschaften zum Eintritte in das Verwaltugsorgan
der öffentlichen Armenpflege berufen werde.
Als Hauptaufgabe der Armenpflege bezeichnet Referent, der
Perarmung entgegenzuwirken, als Mittel zur Lösung dieser Auf⸗
zabe fordert er: Fürsorge für Erziehung und Ausbildung armer
dinder; Erleichterung des Auffindens von Arbeitsgelegenheit;
Bründung von Sparkassen; Förderung der Vorschußvereine; die
Befugniß der Armenpflege, Kuratel über schlechte Haushälter zu
—XDD
timmend mit dem Regierungsentwurfe erklärt Referent, daß die
ffentliche Armenpflege zunächst Sache der politischen Gemeinde
ei, daß der Staat dieselse nicht centralisiren dürfe, daß überhaupt
)ie gesetzliche Armenpflege nur eine subsidäre sein, d. h. erst dann
deginnen solle, wenn die hilfsbedürftige Person nicht von anderer
A
zerer Bedeutung am Regierungsentwurfe schlägt Referent nur
wenige vor.—
Sipeyer, 13. Juli. In der Landrathssitzung vom 18. Juti
ias der Praͤsident der Versammlung nachstehendes Handschrei⸗
zen Sr. Mai. des Königs vor: „Herr Landrathspräsident! Der
nun in Speyer versammelte Landrath hat aus Anlaß Meiner
Verlobung seinen Gesinnungen treuer Anhänglichkeit an Mich und
Mein Haus in warmen Worten Ausdruck gegeben. Ich entbiete
zem Landrathe, als dem Vertreter der schönen Rheinpfalz, des
Ztammsitzes Meiner Ahnen, hiefür Meinen freundlichen Dank und
öniglichen Gruß. Möge das Band, das ich mit meiner theueren
Braut, Herzogin Sophie, zu knüpfen gedenke, gleich wie Mir so
auch Unserem geliebten Vaterlande zu Glück und Wohlfahrt ge—
reichen. Ich verbleibe mit Werthschätzung Ihr gnädiger König
dudwig. Schloß Berg, den 10. Juli 1867.“ — Der Präsident
zringt hierauf auf Se. Maj. den König ein dreifaches Hoch aus,
in welches der Landrath mit Begeisterung einstimmt. — Sodann
wurden folgende Anträge eingebracht: 1) vom Herrn Landraths—
zräsidenten, ‚den Civilproceßentwurf““ 2) von den Herren Feld⸗
zausch und Heß, „den Bau einer Eisenbahn von Germersheim
über Bellheim, Rülzheim und Rheinzabern nach: Wörth a. Rh.“,
3) von Herrn Reudelhuber, „die Behandlung und Förderung der
fälzischen Angelegenheiten in den verschiedenen k. Staatsministes
rien“, und: 4) von Herrn Geissert,die Errichtung einer: Poste
mnibusverbindung zwischen Speyer und Neustadt mit einer Post⸗
xpedition in Duttweiler betreffend. Diese vier Anträge werden
»em 5. Ausschusse zur Berichterstattung überwiesen.
Dienstes-Nachrichten.
Durch Regierungsbeschluß vom 15, Juli wurde der Schul⸗
oerweser Christian Maurer-ir Dürkhein zum Lehrer an der prot.⸗
deutschen untern Mädchenschule und der Schullehrer Adolf Jöke
'n Erlenbrunn zum Lehrer an der untern protest. Knabenschule zu
Dürkheim vom 20. l. Mts. an ernannt. 4
Durch Entschließung des. k. Staatsministeriums der Finanzen
vom 11. Juli J. J. wurde die erledigte Bezirksgeometerstelle in
Veilheim dem Bezirksgeometer, Reher in Kusel, seiner Versetzungst
itte eutsprechend, übertragen und zum Bezirksgeometer für den
Bezirk Kusel der Messungsassistent Anton Schleifer in Weilheim
estimmt.
Berlin, 15. Juli. Nach der „Zeidler'schen Corr.“ steht
zie Ernennung des Grafen Bismarck zum Bundeskanzler in den
nächsten Tagen bevor. Wer Bundesvirekanzler werden soll, ist
noch unbestimmt. — Die Gerüchte, daß Benedetti und Graf v.
3. Goltz Nachfolger erhalten sollen, treten wieder auf. — Der
„Staatsanzeiger“ motivirt die Verordnung, welche die Verwaltung
zer dem Staatseigenthum angehörigen Activ-Capital⸗-Fonds der
neuen Landestheile der General⸗Staatscasse in Berlin überweist,
und sagt: dem Grundsatze gleicher Besteuerung gemäß beabsichtigt
die Regierung, auch die Staatsschulden der neuen Landestheile
nit den preußischen zu einer einzigen zu verschmelzen.
Frankfurt, 12. Juli. Eine Deputation des Senats nnd
des 51. Collegiums reist nach Ems, um bei dem Könige persön⸗
lich die Interressen der Stadt in Sachen der Auseinandersetzung
des Staats- und Stadivermögens zu vertreten.
Ems, 14. Juli. Der König von Portugal ist hier einge—
roffen, der König von Preußen empfing ihn an dem Bahnhose;
erx reist morgen nach Paris weiter. — Der Sultan trifft am 22.
Juli in Coblenz ein, wo ihn der König von Preußen empfan⸗
jen wird.
Aus dem Nassauischen, 10. Juli. In der Zeit vom 20.
April bis 30. Juni haben in unserer Provinz nicht weniger als
5 Redemtoristen⸗Missionen stattgefunden, von denen keine unter
10 Tagen währte.
Fuͤr die erste Maßregel der Austreibung nordschles—
wigscher Familien will Niemand verantwortlich sein; ein
Regierungsorgan in den Herzogthümern schreibt es dem andern
zu. Während nach den letzten Auseinandersetzungen die Maßre—
gjel nicht von dem Obergerichtspräsidenten Scheel-Plessen, sondern
»em Regierungspräsidenten v. Zedlitz und dem Vicepräfidenten v.
Ellwanger ausging, wird Namens der letztern jetzt die Initiative
hierzu dem Militärdepartementsrath Regierungsrathen Krupka