Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Zcnzeiger. 
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der „Set. In gberter Anzeiger“ mit seinem Unterhaltungsblatte erscheint wöͤchentlich dreimal: Diensta 
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And Samstag. Abonnementspreis vierteljährig 45 Krzr. Anzeigen werden mit 3 Krzr. die dreispaltige Zeile —* Ie d 
Raum berechnet. 
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Rro. 88. Donnerstag/ den 23. Juli 1867 
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Deutschland. .. Bez . 
München, 21. Juli. Gestern Abend ist der König also 
zach Paris abgereist und die Abwesenheit desfelben soll gerade 
ine Woche dauern. Sie sehen daraus am Besten, wie sehr die 
zusammenkunft der beiden Herrscher von Oesterreich 
Id Bayern, die allerdings von gewissen Seiten sehr lebhaft 
ünscht werden mag, und die für das Ende dieser Woche in 
9 flattfinden sollte, in das Bereich der Enten gehört, die hier 
Agläglich zu Dutzenden herumfliegen. Seltsam, die Fabrikanten 
xerselben sind ganz genau bekannt, jeder Mensch, der sich hier um 
Journallectuͤre bekümmert, weiß ihre Namen, so und so viele Zeie 
umgen haben sich bereits von ihnen auführen lassen und dennoch 
inden sie immer nene guwillige Opfer, denen sie ihre Märchen 
ür gutes Geld verkaufen. Hatte unserm König überhaupt etwas 
aran gelegen, mit dem Kaiser von Oesterreich zasammenzukommen, 
o hatte er das vor Kurzem noch, als der Kaiser innerhalb der 
veißblauen Grenzpfähle am Todienbette seines Schwagers die er⸗ 
hütternde Nachricht vom Tode seines Bruders empfing, viel leich⸗ 
er haben können. Damals kam der Kaiser von Regensburg und, 
ieß nach Possenhofen telegraphiren, daß er von zwei Uhr bis fünf! 
Uhr Nachmittags sich in München aufhalten werde. Der Koͤnigl 
var in Possenhofen und empfing diese Nachricht ebenso wie der 
xrzherzog Ludwig Victor; der Erzherzog kam sofort herein, um 
den Kaiser zu begrüßen, unser Herrscher hatte aber dringendere 
Beschäfte und konnte nicht kommen, was von vielen Seiten 
ehrt bedauert wurde. An die Reise unferes Königs nach Paris 
derden, wie dies ganz natürlich ist, eine Masse von nützichen 
und unnützen Konjunkturen geknüpft. Daß man in den Tuilerien 
Zoönig Ludwig II. eben so freundlich begrüßen wird, wie man 
»en König von Würtemberg und Ludwig J. aufgenommen hat, 
st wohl außer allem Zweifel. Aber daran gleich Rheinbundsge⸗ 
anten zu kuupfen, ist doch mindestens sehr gewagt, obwohl man 
n gewissen Kreisen dieselben nicht nur hegt, sondern auch sehn 
zrononzirt zur Schau irägt. Die Zeiten des Rheinbundes sind 
Hott sei Dank vorüber, und Munchen oder ein zukünftiger Mo— 
rarch wird schwerlich jemals wieder Gelegenheil finden, einen 
Obelisken aufzurichten — zum Andenken unglücklicher Landestinder, 
die fremdem Despotissmus auf fremder Erde ihr junges Leben 
opfern mußten. 
Nürnberg, 22. Juli. Der Groß⸗Sultan Abdul⸗ 
Aziz wird nächssen Donnerstag, den 25., mit einem Gefolge von 
(od Personen hise r ankommen im Gasthof zum „Bayerischen 
Ho fe“ Wohnung nehmen und am 26. wieder abreisen. Eine 
jestern an den Besitzer des genannten Gasthofes, Hru. Auinger, 
ingegangene bestimmte Bestellung nimmt fuͤr den hohen Gast und 
vessen Gefolge das ganze Haus in Anspruch. In Begleitung de 
Sullan befinden sich unter Anderem: Drei kaiserliche Prinzen mit 
dem Gouvetneur Suru⸗Aga, Ministet Fuad Pascha, Admiral Roßim 
—XDV— Brigadgenetai Réonf Pascha, 5 
Aga, Großceremonienmeister Kiamil⸗Bey, Dollmetsch Aarif-Bey. 
»et turkische Gesandte in Berlin Aristarchi⸗Vey. — Mit welchem 
Zuge der Sultan eintrifft, ist bis jeßt auf deim k. Oberbahnamte 
doch nicht bekannt. 
Landau, 24. Juli. Nachdem nun die Aufhebung der Fe⸗ 
aung Landau durch das Niederreißen des „Cornichon“ thatsäch⸗ 
ich begonnen hat, wird der heute versammelte Stadtrath eine Pe⸗ 
mon an Se. Majestät den König richten, worin Allerhöchstdert 
jelbe gebeten wird, allergnädigst zu befehlen, daß Landau als eine 
iffene Stadt erklärt werde, so daß alle Baubeschränkungen weg⸗ 
fallen und künftig Fabriken und andere Gebäude unmittelbar vor 
den Thoren der Stadt, d. h. außerhalb des Glacis aufgeführt 
verden dürfen. A. W. 
Dienstes⸗Nachrichten. 
Seine Majeftät der König haben unterm 16. Juli l. IJs 
Alletgnädigst zu genehmigen geruht, daß die Steuere und Ge— 
meinde⸗Einnehmerei Rodalben dem geprüften Einnehmerei⸗ Candi⸗ 
vaten Oswalb Arnold in Marnheim übertragen werde. 
Durch Regierungsbeschluß vom 19. Juli wurde der Ackerer 
dJohann Würz von Rosenthal zum Polizei⸗Adjunkten der Hoöfe 
stofenthal, Kerzweilerhof und Häuschen ernannt. 
Dorch Regierungsbeschluß vom 20. Juli wurde das Stadt 
athsmitglied Jacob Laier zum II. Adiuncten der Stadt Otterberg 
ernannt. 
Durch Regierungsbeschluß vom 22. Juli wurde der Schul⸗ 
verweser Äugust Day in Altheim zum Lehrer an der katholisch⸗ 
deutschen Schule in Kleinsteinhausen, vom 1. Augustel. Is. an, 
ernannt. * 
Durch Regierungsbeschluß vom 23. Juli wurde der Schul⸗ 
verweset Jacob Bischof von St. Martin zum Verweser an der 
untern kaihol. Schule in Weidenthal ernannt. 
Mainz, 22. Juli. Unsere Garnison vollführt fast täglich 
neue Excesse, namentlich häufen sich dieselben Sonntags, wenn die 
Soldaten Abends in angetrunkenem Zustande durch die Straßen 
sjehen. Um ein Bild dieses Treibens zu geben, das selbst den 
ruhigsten Bürger um seine persoͤnliche Sicherheit besorgt macht, 
braͤucht man nur die Vorfälle des gestrigen Tages zu erzählen. 
vor dem Münsterthore gerieth um 9 Uhr Abends ein betrunkener 
Zoldat mit einem Civisisten in Wortwechsel; er zog seinen Säbel, 
Ber der Civilist entwand ihm denselben, und es gelang dem Letz⸗ 
eren auch, trotz dem Rufe; „Haltet den Dieb!“ glücklich, mit dem 
Zäbel in den städtischen Aulagen vor dem Thore zu entkommen. 
Der seiner Waffe beraubte Soidat stürzte alsdann mitten in eine 
Gruppe Neugieriger, schlug links und rechts mit den Fäusten um 
sich und — ging wieder ins Wirthshaus. Zehn Minuten später 
rlönten nahe an derselben Stelle zwei Schüsse. Ein Civilist, der 
sich im Handgemenge mit einem Soldaten befand, zog einen Re— 
holver und schoß denselben nieder. Auch ihm gelang es zu ent⸗ 
sommen. während ein anderer Civilist, der sich neugierig den am 
HZoden liegenden Soldaten besah, von den inzwischen herbeigeeilten 
dameraden desselben ergriffen, mißhandelt und zur Thorwache ge⸗ 
ichleppt wurde. Von dorl brachte ihn Abends 11 Uhr eine Pa— 
rouille zur Hauptwache. Auf dem Wege dorthin entsprang er in 
den offenen Hausgang eines Wirthshauses das keinen zweiten 
Ausgang hatte; die Patrouille stürzte ihm in das Wirthszimmer 
nach und zerrte ihn heraus. — In einer andern Wirthschaft 
wurde gestern dem Sohn des Wirthes ein Stück vom Ohr abge⸗— 
hauen. In Kostheim, wo einige Soldaten unbefugterweise einen 
Hrivatnachen zum Baden benutzen wollten, entspann sich dieserhalb 
in großer Raufhandel, der ebenfalls mit schweren Verletzungen 
endele. Vor in paar Tagen wurde ein nach Zahlbach gehen⸗ 
der Rentner ohne alle Veranlassung von einem Sergeanten am 
hellen Tage mit dem Säbel über den Kopf gehauen. (Folgen 
des Sabeuͤragens außer Dienst. Die Red.) 
Hannodver, 22. Juñ. Die Exkonigin Marie verläßt 
norgen früh Schloß Marienburg und die Provinz Hannover und 
reist über Kassel, Bayreuth nach Wien. 
Bertin, 20. Juli. Niemand weiß Näheres über die 
Mission des Prinzen Napoleon, und doch glauben die Meisten, sie 
rite ernstliche Zerwürfnisse zwischen Frankreich und Preußen ein. 
Tinzelne sehen sogar schon den politischen Horizont mit Kriegswetter 
„edeckt, ohne daß irgend welche wirkliche Anhaltspunkte zu solchen 
gesorgnissen auszufinden wären. Wir befinden uns augenscheinlich 
n einer sehr empfindlichen Grnüchterungsperiode. Als die Sou⸗ 
Feraͤne von Preußen und Rußland sich in Paris aufhielten, wußte 
die officiöse Presse nicht genug zu sagen, welche heilsamen Folgen 
diese fürstlichnn Zusammenkünfte haben wütden; man versichert 
Tag für Tag auf das Bestimmteste, der europaische Frieden hätte 
neue Garantien gewonnen, es würde eine 5 des innigsten 
und besten Verständnisses aller europäischen Fürsten folgen. Die 
Thatsachen lehren, daß wir nichts als Phrasen zu hören bekamen, 
deum die Mißstimmung und Eiferjucht in Frankreich dauert nicht 
blos fort, sondern sie nimmt zu, ohne daß von sogenaunter