Full text: St. Ingberter Anzeiger

S”C”hwurgerichtssitzungen. 
III. Quartal 1867. 
Zweibrücken, 21. August. Johann Dorn, 37 Jahre alt 
Ziegler aus Neulußheim in Baden, zuletzt in Arbeit bei Ziegler Gund 
n Speyer, ist der vorsätzlichen, ohne überlegten Eutschluß ver⸗ 
aͤbten Körperverletzung mit nachgefolgtem bleibendem Nachtheile 
angeklagt und durch Herrn Rechtscandidat Laval vertheidigt. Am 
30. Mai gerieth Dorn in der Wirthschaft zur Schiffbrücke in 
Speyer mit einem gewissen Schreiber aus Altlußheim in Disput, 
weil er diesem vorwarf, er habe den durch einen andern Gast zer⸗ 
schlagenen Spiegel des Wirthszimmers zerbrochen. Im Laufte 
des Streites warf Dorn zweimal nach Schreiber ohne ihn zu tref⸗ 
fen, das dritte, Mal aber traf er denselben mit einem leeren Schop⸗ 
penglase so heftig und unglücklich, daß der vollständige Verlust des 
linken Auges die Folge für Schreiber war. Unter Annahme von 
Reiz und gemindeter Zurechnungsfähigkeit wurde der Angeklagte 
für schuldig erklärt und zu 9 Mongaten Gefängniß verurtheilt 
Zweibrücken, 22. August. Johann Kec, 28 Jahre alt 
Adersmanu aus Dannstadt, vertheidigt durch Herrn Rechtscandi- 
daten Rosenberger, ist der Körperverletzung mit nachgefolgktem Tode 
angellagt. Keck und der Straßenwäaͤrter Bauer von Dannstad— 
jaßen am Abend des 23. Juni beisammen im Wirthshaus zum 
Lamm daselbst. Bauer machte dem Angeklagten Vorwürfe darü— 
her, daß er nicht mit seiner Familie nach Amerika auswandern, 
sondern allein zurückbleiben wolle. Keck, der etwas angetrunken 
war, wies den Bauer ab, worauf dieser heftig wurde, Jenen 
schimpfte und mehrmals schüttelte. Dieser Streit vertrieb die 
übrigen Gäste vom Tische. Auf einmal kam Keck zur Hofthüre 
heraus und rief, mit offenem Messer in der Hand, Bauer folle 
lommen, wenn er etwas wolle. Bauer kam heftig auf Keck los 
und wollte ihn gerade packen, als er von diesem in die linke Seite 
des Halses einen Stich erhielt, an dem er einige Minuten darauf 
verschied. Unter Annahme der Milderungsgründe des Reizes und 
der geminderten Zurechnungsfähigkeit wurde der Angeklagte für 
schuldig erklärt und zu einem Jahre Gefängniß verurtheilt. 
Zweibrücken, 23. August. 
Anklage gegen Georg Seibert, 30 Jahre alt, Leinenweber 
von Altheim, wegen krimineller Körperverletzung. 
Der Angeklagie fuhr am 14. März abhin mit Barbara 
Müller von da, mit der er ein Verhältniß hatte, nach Zweibrücken 
auf den Fruchtmarkl, um deren Frucht zu verkaufen. Des Abends 
zrachte er derselben in ihre im untern Stock des zwischen ihr 
und ihrem Bruder Peter gemeinschaftlichen Wohnhaufes gelegene 
Stube das aus der Frucht erlöste Geld und traf allda den ge— 
dachten Bruder, der gegen die Heirath seiner Schivester und des 
Angeklagten war. Sofort entspann sich ein Disput, wobei Peter Mül— 
jer dem letztern zurief: „Jetzt pack Dich hinaus, dort mußt Du 
hinaus.“ Wahrend der Angeklagte sich wirklich entfernte, dauerte 
der Streit zwischen Schwester und Bruder zuersi im Zimmer, dann 
im Hausgang fort, bis Letzterer die Stiege zu seiner Wohnung 
zinaufgehen wollte. In diesem Augenblick trat Seibert mit Linem 
Prügel in den Hausgang, womit er dem Peter Müller über den 
dopf schlug, worauf dieser mit dem Ausruf: „Ach Gott!“ den 
dopf, an dem das Blut herunterlief, an die Hausthüre legte. 
Bei der ärzlichen Besichtigung zeigte sich bei dem Verletzten ein 
zefährlicher Schädelbruch, bei dem es nur auffallend war, daß er 
den Tod nicht zur Folge hatte. Immerhin hatte derselbe eine 
mehr als 60tägige Arbeitsunfähigkeit zur Folge. Der Angeklagte 
augnete die That und auch Barbara Mülder will nichts von der⸗ 
elben gesehen haben. Dagegen wollen einige Zeugen gehört ha— 
hen, wie Seibert seiner Gelichten gegenüber sich der That gerühmt 
habe, mit dem Bemerken, wenn er ein Messer gehabt hätte, hätte 
er ihm die Därme herausgelassen. Der Angeklagte ist fleißig, 
sparsam, nicht trunk⸗ noch streitsüchtig, während der Verletzte als 
was roh geschildert wird. Der Vertheidiger des Angeklagten, 
Herr Rechtscandidat Ros enberger, machte geltend, daß der 
Veweis gegen denselben nicht erbracht sei, da Eheleute Muller, die 
aicht unpartheisch seien und deren Aussagen im direcken Widerspruch 
mit denen ber Barbara Müller stehen, die einzigen Belastungszeu⸗ 
jen sind. Sollte aber auch wirklich der Schlag von Seiben her— 
tühren, so stehe fest und werde selbst von der döniglichen Siaats— 
behörde zugegeben, daß derselbe von Peter Müller angegriffen und 
deschlagen worden sei, er habe daher im Zustand der Nothwehr, 
um Mindesten in dem des Reizes gehandeit. Auch sei konstatict, 
daß Müller schon vor dem sechzigsten Tage wieder gearbeitet hätte, 
aher die Verletzung keine krimmelle gewesen sei. Das Resultat 
er kurzen Berathung der Geschworenen war die Freijprechung des 
Angeklagten. 
Bermischtes. 
F Am 30. Mai v. J. wurde Peter Reiland aus Schnecken— 
hausen, Kantons Otterbera. in Mainz durch inen von iem 
preußischen Soldaten abgefeuerten Schuß verwundet und starb am 
1. Juniel. Is. in Folge dieser Verwundung. Wie wir hören 
find nummehr die Verhandlungen über diesen Fall zum Abschluß 
gelangt. Aus denselben ist zu entnehmen, daß nach einer von 
dem Genannten selbst gemachten Angabe er dem Orte zuging, wo— 
selbst er „Speltalel hörte, um den Krawall mit anzusehen“. Dem 
preußischen Patrouillenführer konnte nach dem Ergebnisse der ein⸗ 
geleiteten Untersuchung eine Absicht, irgend Jemanden zu tödlen, 
nicht nachgewiesen werden; derselbe wurde aber wegen fahrlässiger 
Tödtung zu dreimongtlicher Feftungsstrafe verurtheilt. Zugleich 
sah sich die k. preußische Regierung veranlaßt, dem Vater des 
Reiland, welcher durch den Tod seines Sohnes eine Hilfe verloren, 
eine Unterstützung zu gewähren, und übermittelte dieselbe der baye— 
rischen Gesandtschaft in Berlin die Summe von 200 Thalern mit 
dem Ersuchen, dieselbe an Reilands Vater gelangen zu lassen. 
f Kaiserslautern, 24. Aug. Außer Laudstuhl hat 
das gestrige Unwetter auch in Karlsthal bei Trippstadt große 
Verwüstungen verursacht. Herr Müller Klug, dem plötzlich die 
zanze Mühle überschwemmt wurde, soll nur an Mehl und Frucht— 
vorräthen einen Schaden von über 2000 fl. erlitten haben; außer— 
dem ist im ganzen Thal die Ohmeternte total zernichtet. Auch 
auf der Gemarkung von Alsenborn sind auf Feldern und Wiesen 
durch weggeschwemmte Früchte und Ohmer bedeutende Verluste 
entstanden. 
Buchen., im Badischen, 19. Aug Vergangene Nacht 
kam in dem benachbarten Hettingen eine höchst schreckliche Mordscene 
vor. Ein dortiger Bierbrauer hat seine Schwiegermutter, seine 
Frau, seine Schwägerin, sein eigenes Kind und eine fremde Person 
derart durch Stichwunden verletzt, daß erstere alsbald dem Tode 
erlag und von den übrigen Personen drei noch nicht außer Le⸗— 
bensgefahr sind. Der Thäter wurde noch in der Nacht dem Ge⸗ 
richt überliefert und die Untersuchung einleilet. Beweggrund zu 
dieser verruchten That ist bis jetzt noch nicht bekannt. 
F Falsche hessische Fünf-Gulden-Sscheine. Die Di— 
rection der Staatsschuldencasselzu Darmstadt zeigt an, daß in neue⸗ 
ster Zeit wieder falsche, in Philadelphia angefertigte Grundrenten⸗ 
scheine zu 5 fl., d. d. 1. September 1848, im Verkehr vorge⸗ 
kommen sind. Sie warnt das Publikum vor deren Annahme, 
weil kein Ersatz dafür geleistet wird, und fordert gleichzeitig auf, 
die alten Scheine gegen neues Staalspapiergeld bei den öffentli⸗ 
chen Cassen umzutauschen. 
Falsche Banknote. Bei dem Comptoir der preußi⸗ 
schen Bank in Konigsberg i. Pr. ist in den letzten Tagen eine 
jalsche 10 Thaler-Banknote angehalten worden, die in leichter 
Weise allein an dem dunklern Grün des Papieres, das zu dem 
Falsifikat verwendet worden ist, erkennbar wird. Andere Merk⸗ 
male wird man erst gewahr, wenn man die Gebilde der ächten 
mit denen der unächten Noten sehr aufmerksam vergleicht. 
Am 13. August Abends vor acht Uhr, ereigte sich in Ber⸗ 
lin in der Mulaksstraße ein beklagenswerther Unglücksfall. Der 
Laufbursche einer Spielwaarenfabrik war im Auftrage derselben 
mit einem großen Paket mit sogenannten Salon-Pistolen nebst 
der dazu gehörigen Zündmasse nach der Post geschickt worden und 
hatte sich in der Mulatsstraße auf eine Vortreppe gesetzt. Ob er 
nun mit dem Pakete gespielt hatte oder es fallen ließ, kurz, die 
Masse explodirte und verletzten die Sprengstücke den Knaben der—⸗ 
art, daß er gegen 11 Uhr in dem katholischen Krankenhause, wo⸗ 
hin man ihn geschafft hatte, starb. Die Treppe, auf welcher der 
nabe gesessen, stürzte in Folge der Erxplosion zusammen, und viele 
Fenster der benachbarten Häuser zersprangen. 
F Die Stadt Großwarde in gab in einem Schreiben an 
L. Kossuth ihrem Schmerze darüber Ausdruck, daß Kossuth in der 
Verbannung lebt und das Vaterland daher „gezwungen“ ist, ihn 
in seinen großen Kämpfen zu entbehren, 
— Pariser Blätter. wollen wissen: König Ludwig J. von 
Bayern beabsichtige den nächsten Winter wieder in Nizza zu ver⸗ 
bringen, wo schon für ihn jetzt Genächer in der Promenade des 
Anulais hergerichtet würden. 
F Vor Kurzem hat in Frankreich der Bliß zweimal in Bahn⸗ 
züge geschlagen; in dem einen Fall (zwischen Rambert und Gre—⸗ 
noble) beschädigte er die Maschine; in dem andern Falle (Paris⸗ 
Lyoner Bahn) fuhr er in den Pofstwagen, beschädigte jedoch nur 
verschiedene Sitzungsberichte des gesetzgebenden Koörpers. 
f Die Universal-Ausstellung, welche fortwährend eine große 
Anzahl Deutscher nach Paris fuͤhrt, hat seit langerer Zeit bei den 
hier bestehenden deutschen Vereinen den Gedanken rege gemacht, für 
ihre Gäste aus der Heimath und behufs einer oͤffentlichen Kund⸗ 
gebung der unter ihnen herrschenden freundschaftlichen Beziehungen 
ein allgemeines deutsches Fest zu veranstalten. Die Aufforderung 
zu einem solchen Feste ging zuvörderst vom Männergesangverein 
Teutonia aus, dem sich auch sofort die Vereine Germania, Con⸗ 
cordia, Liedertafel. Grüne Insel und der hiesßoe deutsche Turn-