Full text: St. Ingberter Anzeiger

ahs. Bezüglich des letzteren Punktes trügt die Regierung die! 
nor alifche Verantw ortung, da ihre Zustimmung hiezu nöthig war. 
Patis, 28. Sept. Das „J. de Parisz“erwähnt auch 
des Geruͤchtes, «daßz Hr. Rouher zum Range eines Erzkanzlers des 
aiserreichs ernanut werden soll. Diesen hohen außerordentlich en 
Posten bekleidete bekanntlich im ersten Kaiserreich Herzog v. Cam— 
dacéres. 
Die „Liberte“ bestätigt, dat Garibaldi sich geweigert hat, 
sein Wortzu geben, die Jnjel Caprera nicht zu verlaffen.“ Des 
halb kreuzt jehzt ein Schiff um die Insel, um sie zu überwachen. 
Paris, 29. Sept. Wie man der Koln. Ztg. von hier 
chreibt, hat General Prim jetzt von Genf aus unter dem Datum 
des —*— Sept. ein Schreiben erlassen, um sein Richterscheinen auf 
dem Kampfplatze in Spanien zu ertlären. Wie er behauptet, war 
es unmöglich, die Grenze zu üͤberschreiten. Am 7. August verließ 
er Brüssel, um sich über Frankreich nach Afrika zu begeben. Dort 
schiffte er sich ein und begab sich in die Nähe einer großen Stadt 
isie ifl in dem Documente nicht genannt), wo die Militärs, welche 
die Theilnahme an dem Aufflande versprochen, sich einfinden und 
das Signal zum Aufstand gegeben werden sollte. Die Betreffen⸗ 
den hielten aber nicht Wort und Prim, der 48 Stunden wartete, 
hatte eine zu geringe Anzahl Leute, um mit diesen es wagen zu 
ibnnen, sich nach den aufständischen Provinzen“ durchzuschlagen. 
Er vegab sich nun nach der spanisch-französischen Grenze;dori 
fand er aber ebenfalls keine Freunde, statt ihrer aber spanische 
Truppen. I 
Paris, 2. Ock. Nigra, Rouher und La Valette reisten nach 
Biarritiz. 
England. 
London, 26. Sept. Der bisherige österr. Gesandte in 
Mexico, Frhr. v. Wydenbrud nebst Familie, sowie Oberst Perczel, 
sind gestern Abend mit dem Dampfer Allemania in Southampton 
angekommen. 
mMehrere franzoösische Gelehrte beabsichtigen, sich der abyssi 
nischen Expedition anzuschließen. Von der französischen Akademie 
sind dieserhalb Mittiheilungen ergangen. Die Zahl der Nichtcom 
hattanten, die dem englischen Heere zu folgen gesonnen, wird für 
ansehnlich angeschlagen. Namentlich rekrutirt sich diese Zahl aus 
den Reihen abenteuerlustiger Sportsmen. F — 
London, 80. Sept. Der Kronprinz und die Kronprin⸗ 
zessin von Preußen werden den 20. October hier erwartet.. 
— Die Regierung sendet eine Spezial⸗Commission nach 
Manchester, um die Fenier abzuurtheilen. — 
Die Köonigin von Holland reist morgen nach Paris. 
Der Telegraph meldet aus London, daß die Fenier am 
28. Sept. Morgens einige Soldaten, die in Holborn-City gegen 
Morgen nach Hause gingen, angefallen und einen derselben tödt⸗ 
lich verwundet haben. — Man ist der Thäter noch nicht habbaft 
geworden. — 
Ein Londoner Blatt, „Daily⸗Telegraph,“ bringt eine Unter⸗ 
cedung, die sein Berliner Co respondent mit dem Grafen d. Bis- 
narck gehabt haben will, und in der dieser sich über die allge— 
neine Lage in interrefsanter Weise geäußert hätte. Dieselbe er— 
strechte sich zuerst auf die Wahrscheinlichseit eines europäischen Krie⸗ 
ges. Der Graf glaubt „fast ohne Einschränkung an den Frieden. 
Zreußen werde Frankreich nie augreifen; und wenn dieses sich 
zon feiner Ueberraschung über die Aussicht auf Vollendung der 
deutschen Einheit erholt habe, so werde es einsehen, daß dieses 
Ziel seine Machtstellung nicht bedroht. In der Zwischenzeit werde 
Hreußens Haltung eine passive sein; es werde Niemand bedrohen, 
stiemand zwingen, Niemand überreden. Es werde die süddeutschen 
Brüder wenn sie ihm mit offenen Armen entgegenkommen, nicht 
zurückweisen; aber es gelüste ihm nicht nach fremdem Eigenthum 
und konne zehn oder zwanzig Jahre bleiben, was es ist, wenn Deutsch⸗ 
land selbst es nicht anders wolle. Auf die Frage, welchen Ein⸗ 
zruck die Salzburger Zusammenkunft auf ihn gemacht habe, er⸗ 
wviderte der Graf, daß er derselben gar keine politische Bedeutung 
beilege. Weder er noch irgend ein vernünftiger Mann glaube 
an die Möglichkeit eines Bündnisses zwischen Frankreich und 
Desterreich gegen Deutschland. Das deutsche Element sei der bin⸗ 
dende Kiit, der das große österreichische Staatsgebäude zusammen⸗ 
jalte; Preußen wünsche Oesterreich alles Gute und hoffe, dieses 
seine Macht um einen freien deutschen Kern wieder aufbauen zu 
jehen. Es verlange nichts Besseres als eine feste Allianz mit ei— 
nem tonstitutionellen König von Ungarn, der als Kaiser von Oe⸗ 
sterreich in den übrigen Provinzen dem deutschen Elemente vollen 
Spielraum gönne. An einen Krieg im Orient versichert Bis⸗ 
marck nicht zu glauben. ... 
— Italien. 
Rom, 1. Ocl. Insurgentenbanden beunruhigen die Provinz 
Viterbo. Die Truppen verfolgen dieselben: die Telegraphenver⸗ 
hindung isf unterhrochen 
3 In Betreff der Telegramme nus Italien ists mau' ganz au' 
den“ guten Glauben dog Kattazzis Leuten angewiesen. AMa das 
Diritlo meldet, * daß die Telegraphen-Bureaus Weisung erhalten 
hatten,“bis auf Weiteres keins PrivatDepeschen anzunchmen. 
Florenz, 275 Sept. Gerstern war auf den Aufruf des 
Bürgermeisters die Nationalgarde in so geringer Anzahl erschie— 
nen, daß biele Posten von Linientruppen besetzt werden mußten. 
Die Truppen bewahrten übrigens selbst als sie ausgepfiffen und 
nit Steinen beworfen wurden, ihre ruhige Haltung. An 100 
Bersonen sind verhaftet; unter denselben befindet sich jedoch Me— 
wotti Garibaldi nicht, der bereits zu seinem Vater nach Allessan- 
Riia abgegangen war. Die Niederlage von Waffen Im Muni⸗ 
tion in der Commandantur der hiesigen NRatinagerb istN heute 
auf fechs großen Wagen, denen zwei Bataillone Linientruppen zur 
xẽ Scorte dienton, fortgeschafft worden. — Das Ministerium wird 
vahrscheinlich das Parlomem außerordentlich einberufen, um dem⸗ 
selben die Gründe jeines Verfahrens darzulegen. Garibald 
'jeß noch von Alessandria/ aus unter der Hand bekanunt machen, 
daß durch seine Verhaftung, in der römischen Frage nichts ent 
schieden sei. Diese Frage kann seiner Ansicht nach nicht durch mo⸗ 
alische Mittel geloöst werden, sondern nur durch das Schwert 
Italiens“ (d. h. durch Victor Emanuel.) 
Slorenz, 28. Sept. Der „Diritto“ schreibt Laut Nach 
richten, die uns zugehen, können wir versichern, daß die Artikel 
dex amtlichen Zeitung und die Verhaftung Garbaldis in Rom 
veder die Hoffnungen, noch die Entschließungender entschiedenen 
Patrioten veraändert haben. — Muf der Durchreise durch Genua 
chrieb Garibaldi an den Redacteur eines Blattes folgende Zeilen: 
Genua, 27. September.Auf der Citadelle Allessandria ist mir 
reigestellt worden, in voller Freiheit und ohne Bedingungen mich 
nach Caprera zu begeben. Um jedem Mißverständniß vorzuben 
Jen, bitte ich Sie, dies zu veröffentlichen. G. Gaxibaldi.“ 
Floren z, 29. Sept. Bem Vernehmen nach wird die Re— 
zierung in einer Note an die, fremden Regierungen sich über die 
September⸗Convention und deren Schwierigleiten aussprechen. — 
Der statistische Congreß würde glänzend eröffnet. — In Rom 
dauert die Aufregung fort. ν 
Kelaien 
Brüssel, 28. Sept.“ Der Bericht der Commission für die 
Heeres⸗Reorgagisation schlägt vor, die Effectivstärke auf 100, 000 
Htann festzusetzen, die Stellvertretung und den Loskauf äbzuschaffen 
und eine Reserve⸗-Bürgerwehr bon 30,000 Mann für den Kriegs: 
tall einzurichen... —4 
Brufssel, 29, Sept. Die belgische Regierung hat dem 
Beneral Prim erxöffnet, er habe innerhalb dreier Tage dag Land 
u räumen. Wie pir vernehmen, begibt sich der General nach 
dondon wohin ihm auch sejne Frau und Kinder, welche jetzt in 
Baris sind, folgen werden.. h— 
Rusßland. 
Vonber russisechen Grenze, 29. Sept.! Die Ein⸗ 
ührung der russischen Sprache als Amtssprache in den (fast ganz 
eutschen) Ostseep rovinzen hat nicht blos in jenen Ländern selbst, 
ondern unter der ganzen zahlreichen deutschen Bevölklerung Rußlands 
eren Nationalität bisher geschont war, einen niederschlagenden 
xindruck gemacht. Der Sprung ist auch ein gar zu greller; Riga 
und Dorpat, zwei ganz deutsche Städte, wo bisher in allen amt⸗ 
ichen Branchen nur die deutsche Sprache in Anwendung kam, sol⸗ 
len ploͤtzlich russische Gerichtssprache erhalten. Der Streich geht 
hon der Moslauer Coterie aus; der Slavencongreß hat die Kat⸗ 
toff'sche Partei neu befestigt und animirt, eine Partei, die das Deutsch⸗ 
hum mit gleichem Hasse verfolgt wie das Polenthum. Die zahl⸗ 
reichen deuischen Beamten in Rußland, die deutscheu Schulen, die 
ahlreich vertretene deutsche Pressen ist ihr ein Dorn im Auge. 
In Polen betrachtet man die jetzt so bereitwillig zugelassene Grün⸗ 
zung deutscher Schulen auch nur als ein Uebergangsstadium vom 
Polnischen zum Russischen. Hauptrücksicht dabei ist zumächst frei⸗ 
lich, die deutschen evangelischen von den katholischen Polen zu tren⸗ 
nen; da das Ruffische ab er zum Theil Unterrichtssprache, so fin 
det sich allmählig das Weitere von selbst. —FD 
Türkei. — 
Konstantiopel, 28. Sept. Die mit Prüfung der 
Wünsche der Candioten betraute Commission geht heute nach Can⸗ 
dia ab. Die Commission besteht türtischerseits aus dem Großwes⸗ 
sir, Kabul Effendi und Niza Pascha, welchen Karahteodori, Atossi⸗ 
des und Sawas als Vertreter der Chriften beigegeben sind. 
Amerika. 
New-York. 17. Sept. Aus den Südstaaten lauten die 
Nachrichten trübe. Cholera, gelbes Fieber uͤnd Verordnungen, die 
auf sehr ungeordnete Zustände schließen lassen, folgen in den von 
dißen nstteffenden VPosten regelmäßia aufeinander. General