St. Ingberler ZAnzeiger.
der „St. Jugberter Anzeig er“ mit seinem Unterhaltungsblatte erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag, Donnerstag
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Nro. 123. Dienstag, den 15. Oetober : * 1867.
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F J Deutschland.
Muünchen; 10. Oct. Mit großer Bestimmtheit wird heute
zersichert, Herzog Marx der Vater der koͤniglichen Braut, habe
samens dieser dem Könige das Eheversprechen zurückgegeben, und
z werde in diesem Betreff schon in den nächsten Tagen eine
ufficielle Erklärung erfolgen. — Der Club der Linken hat aus
einer Mitte einen Ausschuß zur Berichterstattung über die sociale
Gesetzgebung gewählt, bestehend aus den HH. v. Paur, Föcke—
er Dr. Bölk, Louis, Joxdan, Gelbert und v. Stauf—
senberg. z yu
Munchen,11. Oct. Prinz Ludwig, Prinz Luitpolds
aͤltester Sohn, wird sich demnächst mit der Erzherzogin Maria
Theresia v. Este verloben .
Mäünchen, 11. Oct. Der combinirte II. und III. Aus⸗
schuß der Abgeordnetenkammer hat nach einer Vorbesprechung über
den Zollvereinsvertrag dem Abg. Feustel aus Bayreuih das Refe—
rat uͤbertragen. Diese Ernennung verbürgt, daß der Ausschuß
die Annahme des Zollvereinsverirages vorgeschlagen wird, die ja auch
bon Seile der Kammer selbst nicht zweiselhaft ist. Uebrigeus soll
sich im Ausschuß der „Augsb. Postztg.“ zufolge einzig Herr Kolb,
der Ersatzmann für den ursprünglichen Abgeordneten des pfälzi⸗
schen Wahlbezirks Kaiserslautern Kirchheimbolanden, gegen die Au⸗
nahme ausgesprochen haben.
München, 12. Oct. Heute fand unter Vorsitz des Prin⸗
zen Luitpold eine Staatsrathssitzung statt, in welcher auch der
Gesetzesentwurf über ein Telegraphennetz für ganz Bayern zur Be⸗
rathung kam. Nächste Woche soll der Wehrgesetzesentwurf vor⸗
genommen werden. — Zur Vertheilung an die Kammermitglie⸗
der find folgende fünf Gesetzesentwürfe gelangt: Abänderung der
gesetzlichen Bestimmungen über den Zinsfuß, Aufhebung der Ge⸗
obüühten für Begleitscheine und Bleie, Credit für die außerordent⸗
lichen Militärbedürfnisse, Erhebung der Salzabgabe und Wahl
baherischer Abgeordneten zum deutschen Zollparlament; dazu der
Bericht des Luͤndtagscommissärs bei der Staatsschuldentilgungs⸗
commission, Dr. Pözl.
Munchen, 183. Oct. Der König hat die Adresse der
Erzbischöfe und Bischöfe, das Schulgesetz betreffend, dem Cultus⸗
mimsierium zur zuftaͤndigen Würdigung übergeben.
Dienstesnachrichten.
Zufolge Negierungsbeschluß vom 10. October 1867 wurde
der protest. Schulverweser Christian Theis in Herschweiler⸗Petters⸗
Jeim zum Schulverweser an der protest.⸗deutschen Schule zu Liebs⸗
hal und der Schulverweser Ludwig Müller von Martinshöhe zum
Schulverweser der kath. Schule in Kindsbach, beide vom 1. No—
vember 1867 an ernannt.
Mannheim, 13. Oct. Hier trägt man sich mit dein gu—
en Gedanken, an den muthigen Vorkämpfer geistiger Freiheit, den
Wiener Gemeinderath, eine Änerkennungsadresse zu richten. Es
soll für die nächsten Tage zu diesem Zwecke eine Versammlung
berufen werden.
Frankfurt, 11. Oct. Der König traf gestern Abend 9
Uhr 40 Minuten mit dem Schnellzuge von Weimar hier ein und
ieg im Hotel Westendhalle ab. Seine Majestät wurde im Bahn⸗
hofe von dem Divifions-Commandanten, General Boyen, und dem
Polizei⸗Präsidenten v. Madai empfangen. Die Weiterreise nach
Baden erfolgt heute.
Wiesvaden, 11. Oct. Der König von Preußen ist
zeute gegen 12 Uhr Mittags hier angekommen und vom Konige
on Gruͤchenland und der Prinzessin von Wales auf dem Bahn⸗
hofe empfangen worden. Die öffentlichen Gebäude sind beflaggt.
Berlt7n, 10. Oct. Der Kaiser Napoleon scheint jetzt
in entschieden friedliche Bahnen lenken zu wollen, denn daß der Brief
in Lavalette nicht ohne sein Vorwissen in die Oeffentlichkeit ge—
sommen ist, unterliegt keinem Zweifel. Und nicht blos die officiöse
Presse schlägt einen friedlicheren Ton an, sondern der Kaiser soll
in Biarritz die Ab sicht zu erkennen gegeben haben, diesen Brief zu
unschreiben und als Kundgebung in eine ofsicielle Fassung zu
ringen. Schwarzseher meinen, er sei mit der Lage der Dinge in
Zůͤddeutschland zufrieden, die Karten seien dort gut gemischt, mit
)er Einigung Deutschlands habe es seiner Ueberzeugung nach, wie
die Sachen heute stehen, noch gute Wege.
Berlin, 11. Oct. In ihrem heutigen Leitartikel führt
zie „Nordd. Allg. Ztg.“ aus, daß die Ablehnung der Zollvereins⸗
ertraͤge dem Ausscheiden aus jeder nationalen Verbindung gleich—
dmen würde. Das genannte Blatt hofft, daß der bay erische
dandels stand sich durch die Aeußerungen der „Südd. Presse“
uͤcht beirren lassen werde. Wenn Baden und Bayern dem Zoll⸗
ereinsvertrage beitreten, so sei Württembergs Beitritt selbstver—
tändlich geboten. — Die „Kreuzzeitung“ dementirt das Gerücht,
emzufolge Graf Bismarck nach Baden-⸗Baden gehen sollte.
Wien, 8. .Oct. Ueber den Zustand der Kaiserin Charlotte
erichtet eine in der nüchsten Umgebung der Königin der Belgier
veilende Persönlichkeit: „Man kann in der That nur staunen wenn
nan all die irrigen und mitunter abenteuerlichen Angaben liest,
ie in den verschiedenen Blätter über den Zustand der unglück⸗
ichen Kaijerin veröffentlicht werden. Was ich Ihnen als That—
ache mittheilen kann, ist, daß ihr physisches Vefinden sich seit eie
niger Zeit sichtlich gebessert hat, wozu wohl die heimathliche Luft
ind Umgebung das Meiste beitragen haben mögen.“
Wien“9. Oct. Im Abgeordnetenhause brachte heute der
Abg. v. Mühlfeld, der Urheber des bekannten Entwurfes eines
Reuͤgionsedictes, einen Gefetzentwurf über Aufhebung des
Fo aerdales Gas durch Gesetz vom 5. Nov. 1855 als ge—
etzeskräftig für den ganzen Umfang der Monarchie erklärt worden
sih ein. An die Stelle der außer Kraft gesetzten Bestimmungen
ollen jene gesetzlichen Verordnungen wieder treten, die his zum
3. Nod. 1855 'in Wirksamkeit standen; es soll aber alsbald eine
sdevision dieser Berordnungen nach den Grundsätzen der Selbststäu—
zigkeit der anerkannten Kirchen, aber auch der obersten Gewalt
3 Stactes uͤber allerund jede Veceine (also auch über
ene der Kirchen⸗ und Religionzgenossenschaften), sowie nach den
Brundsätzen der Unabhängigkeit der Bürger und der politischen
stechte von dem Religionsbekenntnisse und der Gleichberechtigung
der bestehenden Kirchen im Weg der Gesetzgebung stattfinden.
Wien, 10. Oct. Die heutige „Presse“ sagt in einem Leit⸗
rrtikel: Es handle sich mehrseitig übereinstimmenden Nachrichten
ufolge gegenwärtig um eine Verständigung zwischen Oesterreich,
Eugland und Preußen. um Rußland von einer einseitigen Lösung
der orientalischen Frage abzuha ten, überhaupt um eine Verstän—
Aigung über die Lösung aller europäischen Frage. Hiermit solle auch
die projectirte Reise des Herrn v. Beust nach London zusam⸗
nenhängen.
W'isen, 11. Oct. Der Kaiser ist heute von Ischl nach Wien
urückgekehrt. Nach der „N. Freien Presse“ erwartet man nun⸗—
nehr eine Kundgebuug, zu welcher die Regierung durch die bi—
chöfliche Adresse herausgefordert ist. Auch war Hr. v. Beust be—
eils beim Kaiser und soll daraufhin mehreren Abgeordneten ver⸗
ichert haben, daß Alles gut stehe, und daß er wahrscheinlich dem⸗
zächst dem Abgeordnetenhause Erfreuliches werde mittheilen konnen.
Jin ganzen Lande ist inzwischen die Bewegung, welche die Adresse
ervorgerufen hat, eine sehr lebhafte; kaum eine Stadt von Be—
eutung bleibt mit ihm ihrer Erklärung gegen das Concordat zu⸗
ück. Die Bischöfe ihrerseits scheinen sich schon im Voraus auf
Widerstand gefaßzt gemacht und um Succurs umgesehen zu haben.
In Folge eines in Rauschers Palast gefaßten Beschlusses werden
je ihren Sprengelsanhörigen nunmehr den Inhalt ihrer Adresse
n besonderen Hirtenbriefen mittheilen.
Wien, 11. Oct. In der heutigen Sitzung des Abgeord⸗
jetenhauses begründete der Abg. v. Muͤhlfeld seinen Antrag auf
krlaß eines Gesetzes zur Aufhebung des Concordats. Der An⸗
ragsteller war von dornherein nicht für den Weg, den das Haus
ingeschlagen hat. Er erklärt, daß die Beseitigung des römischen
Zerlrages durch Specialgesetze gegenüber der Bischofsadresse nur