hauerlichen und einen staͤdtischen Abgeordneten immer zehn Ritter⸗
zutsbesitzer kommen?. Diefe sind zwar nicht Johanne ohne Land;
aber sie haben in den alten Provinzen doch nicht mehr als ein
Drittel des Grundbesitzes inne und sollen doch ihrer Zahl nach drei
zis vier Fünftel vertreten. Sie haben das Vorschlagsrecht für
die Besetzung der Stelle des Landrathes, der also sein Amt ihrer be⸗
sonderen Gunst verdankt. Dieser Landrath, dem die Armenpflege,
die Steuererhebung und die Finanzverwaltung obliegt, wird wieder
pon ungefähr 12 Rittersgutsbesitzern und nur zwei oder drei städti⸗
schen und bauerlichen Abgeordneten eontrolirt. Diese Stände, in
deren Versammlung also den Rittergutsbesitzern immmer die über—
wiegende Majorität von 5 zu 2 über städtische und bäuerliche Ab⸗
geordnett gesichert ist, haben über ein Zehntel der Staatseinkünfte
ju verfügen und über die Vertheilung der Steuerlasten zu bestim⸗
nen. Es gehört ein wahrer Köhlerglaube in deren Selbstlosigkeit
zazu, um anzunehmen, sie würden sich selbst dabei zu stark be—
sasien . . Solche Einrichtungen, die ein wahres Paschathum der
feudalen Stände auf dem Lande begründen, sollen nun moralische
Froberungen für Preußen machen!. 5
Bersin, 14 Oct. Wie die Kreuzzeitung“ meldet, beab⸗
sichtigt die eonservative Fraction, Angesichts der Landtagswahlen,
ein politisches Programm aufzustelleen.
Berkin, 14. Oct. Der „Staatsanzeiger“ veröffentlicht ei⸗
nen königlichen Erlaß, durch welchen die Verwaltung des preußi—
schen Post⸗ und Telegraphenwesens vom 15. ds. ab vom Han—
delsminister quf den Bundeskanzler, Grafen Bismarck, übertragen
wird, behufs zusammenhängender Bearbeitung mit dem Bundes-
post⸗ nud Telegraphenwesen, welches vom L Januar 1868 ab
dem Bundeskanzler zufällt. I
Berlin, 15. Oct. Der Reichstag hat auf Antrag des
GBrafen Solms-Laubach das bisherige Präsidium durch Acclama—
nion wiedergewählt. Das Koalitionsgesetz wurde bei Namensauf-
ruf mit 126 gegen 71 Stimmen definitiv angenommen.
Berlin, 15. Oct. Der „Staatsanzeiger“ veröffentlicht
einen Gesetzentwurf über die Marine-Anleihe von 10 Millionen,
welche allmälig zu realisiren ist. Die Zinsen der Anleihe und
die Zahlungstermine hat das Bundespräsidium festzusetzen.
Wien, 14. Oci. Nach der „Wiener Corr.“ wird der Kai⸗
ser am 21. d. M. von hier abreisen, in Salzburg das Diner in
Nancy Nachtquartier nehmen und am 22. Nachmittags in Paris
einreffen. — Die Nachricht von einem Ausfluge des Reichskanz-
lers, Frhen. v. Beust, nach London, ist unbegründet. Es, war
nur vorübergehend davon die Rede, daß der Kaiser seine Anwe⸗
jenheit in Paris zu einem Besuche der Königin von England be—
nützen dürfte. Sollte der Kaiser auf diese Absicht zurüdkommen,
so würde Frhr. v. Beust den Kaiser begleiten. I—
Wien, 14. Oct. Der Kaiser hat heute die Deputation des
Gemeinderathes der Stadt Wien, welche ihm eine Adresse als
Erwiderung der Bischofsadresse überreichte, empfangen und der⸗
jelben erklaͤrs: Er werde die Adresse dem Ministerium zumitteln.
Der Kaiser sprach sodann die Zuversicht aus, daß der Gemeinde⸗
rath, dessen thätige Bestrebungen für die Hebung und Förderung
des Volsschulwesens, er, der Kaiser, gerne anerkenne, weit entfernt
davon sei, den Einfluß der Religion auf die Vo ksschule und die
Bildung des Lehrerstandes irgendwie schmälern zu wollen, da
gewiß die Gemeindebertretung mit ihm die Ueberzeugung theilen
werde, daß die Religion die unerläßlichste Unterlage aller wahren
ittlichen Volkserziehung bilden müsshe.
Frankreich.
Paris, 12. Oct. Der „Constitutionnel“ enthält ein De—
menti der Gerüchte, die über einen Wechsel der inneren Politik
derbreitet seien. Die Regierung würde auf dem durch den Brief
bom 19. Januar vorgezeichneten Wege bleiben und die darin an—
zedeuteten Ideen noch „reifen“ lassen, aber keine neue Bahn ein⸗
schlagen. Also auch hier haben Herrn Rouher's Ansichten den
Sieg davon getragen. Die commercielle Lage bessert sich nicht,
im Gegentheil, sie nimmt immer traurigere Verhältnisse an. Das
Geschäft steht in dem sonst so gewerbfleißigen Norden Frankreichs
fast ganz still; aber ebenso wie Roubaix und Tourcoing klagt
auch z. B. Vyon. Dabei steigen die Getreidepreise von Neuem.
Auf die Ankündigung einer Preiserhöhung in London ist hier das
Mehl von 87 Fres. 50 Ets. auf 88 Fres. 50 Ets gestiegen.
Auch tritt noch der Winter frühzeltig mit ziemlicher Kälte ein,
und auf eine Besserung dieser Lage ist keine Ausficht, eher auf
das Gegentheil. So sieht es in diesem Jahre recht traurig mit
der bis vor zwei Jahren noch so stark beschäftigten und qut ver—
sorgten Arbeiterbevölkerung Frankreichs.
Paris, 18. Oct. Der „Moniteur“ bringt das Gerücht,
daß es dem General Garibaldi gelun zen, auf einem amerikanischen
Schiff zu entkommen, will indessen nicht die Zuverlässigkeit dieser
Nachricht verbürgen.
Man ischreißt dem NRunaganse“ aus Floaren⸗ Dioe GCosonne⸗
Menotti Garibaldi's zählt 1900 sehr entschlossene junge Leute, di
bereits die Feldzüge von 1859 und 1866 mitgemacht haben, und
ich besonders in Tyrol auszeichneten, wo sie sich den Oesterreichern
zegenüber musterhaft hielten. Diese Colonne hat noch keine Ge—
egenheit gehabt, sich mit dem Feinde zu messen. J
Pari's, 14. Oct. Der Auffstand im Römischen wächst,
die fünf Provinzen des Kirchenstaates bis vor die Thore Roms
ind verloren, und dabei ist keine Aussicht auf französische Hülfe.
Die „Union“ bricht heute in wahre Schmerzensrufe aus und hbe—
chwört Frankreich, sofort einzuschreiten; aber dieses wird nicht in⸗
erveniren, so lange der Kampf auf die Insurgenten und die
äpstlichen Soldaten beschränkt bleibt und das Königreich Italien
ich nicht einmischt. Sollten wirklich Maßregeln inBetreff des
dirchenstaates nothwendig werden, so werden sie nur in Ueberein⸗
timmung mit der florentiner Regierung getroffen werden; das
ann ich Ihnen aus bester Quelle versichern. Vor drei Tagen
ählten die Aufständischen bereits 53000 Mann, die in fünf Abthei-
ungen in Farnese, Correse, der Sabina, bei Frofinone ihre Haupt ·
juartiere haben. Die Begeisterung wächst in Florenz beständig.
kẽs wird jetzt auch die Erklärung der räthselhaften Thatsache ge⸗
jeben, daß einige Bataillone der römischen Besatzung? ausmarschirt,
iber sofort zuruückgekehrt sind.“ Dieselben waren ausgeschickt, um
Insurgentenschwärme zu vertreiben, die sich bei Tivoli gezeigt hatten.
daum aber hatten sie Rom verlassen, als sich hier solche Zeichen van
AInruhe bemerkbar machten, daß sie schleunigst zurückgerufen wur—
»en. So steht es mit dem „tiefen Frieden“ in Rom. Zu allem
»em scheint es, als ob Garibaldi nächstens doch entwischen werde.
Man sagt wenigstens, daß die englische Peninsula- and Oriental⸗
Tompanh eingewilligt habe, den General von seiner Insel mitzu⸗
iehmen und ihn an irgend einem Punkte des Festlandes abzusetzen.
Was helfen bei solchen Thatsachen alle beruhigenden Versicherun-
jen, die Rattazzi hier ertheilen läßt. Er hat versprochen, den
hrenzcordon um den Kirchenstaat abermals zu verstärken; aber die
Soldaten selbst sind für die Sache des Aufstandes begeistert und
ersehen den Wachidienst mit großer Nachlässigkeit. Außerdem
ind auch die Grenzbewohner der Insurreetion günstig und beför—
jern die Garibaldianer guf allen Wegen. Während die Frei—
chärler harmlos und in friedlichem Arbeitercostum die Grenze
iberschreiten, gehen an einem ganz anderen Punkte Bauernweiber
iber dieselbe, auf dem Kopfe Gemüsekörbe, in welchen sich Waffcu
ind Munition befinden. In einem jenseitigen Dorfe trifft man
ich dann, und schnell ift eine völlig ausgerüstete Schaar von hun—
dert Mann beisammen. — Morgen wird die kaiserliche Familie
endlich in St. Cloud anlangen und übermorgen wird unter des
aisers — ein allgemeiner Ministerrath stattfinden. — Das
jeutige Leichenbegängniß Fo u1Id s war von sämmtlichen Ministern
und Marschällen begleitet. Rouher hielt eine Rede an dem Grabe
des Exministers. Es fühlt Jedermann, daß wieder eine Große
des Kaiserreichs ohne genügenden Ersatz dahin gegangen ist.
Paris, 15. Oct. Wie die „Palrie“ meldet, wird morgen
ein Ministerrath in St. Cloud stattfinden, welchem auch die Kai⸗—
'erin beiwohnen wird. — Der päpstliche Nuntius hat gestern dem
Marquis de Moustier das Circular des Cardinals Antonelli
nitgetheilt, wovon bereits in den Zeit ungen die Rede war. —
Dasselbe Blatt spricht gegen den Einmarsch von italienischen Trub—
yen in das römische Gebiet und bezeichnet denselben als keines—
vegs nothwendig. — Die „Presse“ sagt: Im Hafen von Tou—
lon herrscht große Thaätigkeit. Lamarmora ist bereit in das rö—
nische Gebiet einzurücken. Eine Proclamation Mazzini's fordert
die Römer auf, die Republik zu proclamiren.
England.
London, 13. Oct. Aus Newyork sind Berichte bis zum
5. Oct. eingetroffen. Dieselben melden, daß in New⸗Orleans das
Jelbe Fieber fortwüthet und daß der Admiral Tegetthoff am 19.
Zeptember noch wegen der Auslieferung der Leiche Marimilians
unterhandelt hat.
Italien.
Nach der „Turin. Ztg.“ hätten die von Menotti Garibaldi,
Acerbi, Salomone, Orsicolera, u. a. befehligten Banden für den
Augenblick ihre Operationen eingestellt, um sich zu concentriren
Man erwarter aber, daß Menotti sehr bald einen kühnen Streich
nusführen werde. — Es sollen sich aus Velletri, Frosinone, Vi—
erbo piele Priefter nach Rom geflüchtet haben.
Die „Gazzetta Piemontese“ constatirt, daß sich überall Un—
erstützungsvereine für die Insurgenten bilden. An der Spitze
ieser Nationalsubscription stehen Genus und Turin. In Neapel
'ängt man an, Fünf-Franken⸗Bons in Umlauf zu setzen, um die
ömische Empoͤrung zu begünstigen.
Rom, 14, Oct. Neunzig päpstliche Soldaten haben ge—
stern einen Bayonett⸗Angriff auf 300 Garibaldianer gemacht, die
hnen den Weg nach Libretti versperren wollten, Die Eindring—
inge wurden genöthigt. den Ort zu räumen.