Full text: St. Ingberter Anzeiger

Wien, 27. Nov. Die heutige „Vresse“theilt mit, den 
derdienten Bemühungen Oesterreichs und Frankreichs sei es gelun⸗z 
zen, die Bedenken zu entkraͤftigen, welche Rußland und Preußen 
hisher dem Conferenzproiecte entgegenstellten. 
Frankreich. 
Paris, 27. Nov. In der heutigen Sitzung der Depu— 
virten Pamimer verlaugt Pelletan als Anhang zum Gelbbuch 
die Vorlage jüngerer italienischer, Depeschen. Rouher antwortet, 
»aß diesdie diplomatischen Gebräuche nicht gestatten. — Eine 
Wiener Depesche meldet, daß Hr. v. Beust an die österreichischen 
Besandien ein Circular erlassen habe, demzufolge die Einladung 
zur Couferenz von Oesterreich angenommen und zugleich die welt 
iche Gewalt der Püpste für ein Erforderniß der europäischen Lage 
rklärt wird. — Der „Abend-Moniteur“ hat ein Telegramm aus 
Fipicta Veechia, welches die Ankunft von 5 Transporischif⸗ 
en und die sofortige Einschiffung der ersten Division meldet. — 
Anläßlich einer Noliz über die den Kammern vorgelegten Acten⸗ 
tücke hebt der,Moniteux“ unter Anderem hervor, daß diese Do— 
rumenie, Belege seien für die civilisatorische Thätigkeit Frankreichs, 
das in. Deutscchhaumd wie in Italien nur das Beste des 
Bolles wolle 
Biavi 2νν Nov Der Monde“, meldet;., Man beginnl 
vieder von einer Reife der Kaiferinenach Rom zu sprechen, 
zie auf die Weihnachtstage festgesetzt wäre, damit Ihre Majestät 
zie Ceremonien undr den Pomp des katholischen Cultus in aller 
hrer Schoönheit sehen konne.“ —«Die officiösen „Etendard“, 
„Patrie“au. s. w. sprechen sich sehr ungünstig über die Trans— 
hortirung Garibaldi s. nach Caprera aus, die eine wahre 
Freitassung sei und für Italien nur ungünstig auf die schweben— 
den Verhandlungen einwirken könne. — In Bezug auf die Con— 
erenz zeigen die Officiösen den stärksten Optimismus. Die 
France“ hält, ihre bisherigen Nachrichten aufrecht und der „Eten⸗ 
dard“ behauptet sogar, alle Mächte hätten bereits zugestimmt, und 
der Zusammentritt der Conferenz sei nur noch eine Frage der 
Zeit und der „Nuancen“. Der Abend-, Moniteur“ dagegen sagt 
aur fehr kleinlaut:. „Schon sind zahlreiche Zustimmungen an die 
laiserl. Regierung gelangt, und wir dürfen auf ein glückliches Ex⸗ 
gebniß hierbei hoffen. „Man erzählt hier, Graf Bismarck 
abe; der kaiserl. Regierung im Vertrauen angerathen, die Congreß— 
dee uufzugeben und lieber noch in Civita⸗Vecchia zu verweilen. 
—X 
Abend in St. Cloud abgehalten haben soll, legt man große Wich— 
igkeit bei. Es heißt man habe sich in demselben nicht nur über 
»as den Kammern vorgelegte neue Armeeorganisationsgesetz, son⸗ 
zern auch über alle jetzt schwebenden großen Fragen mit Bezug 
auf ihre militdrische Seite nterredet. Ueberhaupt würde man 
aich rren, wenn man glaubte, daß die friedliche Luft, die jetzt in 
zen diplomatischen Regionen wehl, die äußerste Rührigkeit in der 
nilitärischen Organisalion des Landes dusschlieüt, Nach dem 
Muster der bekannten Vogesenschützen hat sich jetzt eine allgeimneine 
ranzosische Scharfschüßengeseltschaft Wisendt En 
xxovisorisches Comite hat fich brgaͤnisitt und demselben wird ein 
Plan vorgelegt werden, mit deffen⸗ Ausarbeitung der, Kaiser selbst 
zinen der ausgezeichnetsten höheren Officiere beauftragt hat.nn Die 
Arbeit soll bereitzs im nächsten Januar sertig gedruckt. und als 
Handbuch für die französischen Scharffchützen“ vertheilt, werden. 
Sämmtliche französische Scharfschützen sollen mit dem Chaffepot⸗ 
Carabiner bewaffnet werden. — Hr. v. Moustier wird die äußere 
Politik der Regierung vors dem Senate und wahrscheinlich auch 
bor dem gesetzgebenden Körper vertheidigen. In den inneren 
Fragen wird der redegewandte neue Minister des Innern, 
Pinard, selbst das Wort ergreifen. Wix werden also die schwul⸗ 
zige Beredtsamkeit Rouhers nicht mehr hören, der beginnt, das 
jünfte Rad am Wagen zu werden. — Die allgemeine Aufmerk⸗ 
samkeit wendet sich besonders de Brodtheuerung zu. Heute 
wurden in den Bureaur des Gesetzgebenden Körpers zwei auf die⸗ 
jelbe bezügliche Interpellationsforderungen gebilligt: die eine (von 
den beiden Oppositionsmitgliedern Marquis d'Andelarre und 
Berrher eingebracht) betrifft die Unterdrückung der Brod— 
raxe, die andere (von Majoritätsmitgliedern) die Unterdrückung 
aller Abzaben auf den Staatscanalen für mit Getreide belaltete 
Schiffe. 
— Die mexicanische Frage lebt zum großen Leidwe⸗ 
ien der französischen Regierung noch eiumal auf. HraThiers 
sst in den Besitz von Actenstücken gelangt, welche auf dieselbe ein 
zeues ungünstiges Licht werfen jollen, und beabsicht, sie vor den 
Gesetzgebenden Koͤrper zu bringen 
— — —— iti Italien 
Aus Rom? 18. Nod., wird geschrieben? „Stadt und Kir⸗— 
henstaat sind gegenwärtig in dieselben Verhältnisse in denen sie sich, 
zor dem Abzug der Framosen im December v. I. befanden. In Rom 
lbi merkt man ge stürmische Bergangenheit Rur au den ver 
arricadirten Maueth und Thoreun. Keine dieser Schauzen ist hinweg 
enommen worden gfie find nach allen Regeln der Kriegskunst mit 
usgetieften Gräben gebant über« einige wächst schon dichter Ra- 
en. Das französische Obercommando läßt auch an den Schanzen 
auf dem Monte Marsdd weiter bauen 5es forderte überhaupt zum 
Zweck von Befestigungen, ohne diese zu specificiren, eine Summe 
on der päpstlichen Regierung, und man gab sie her. Aus den 
grovinzen, die nun wie zuvor theils von Papftlichen, theils von 
Franzosen besetzt sind, hören wir, daß aus jedem compromittirten 
Irte eine zahlreiche Auswanderung von Familien stattfindet. Die 
ömischen Fuorusciti in Italien werden wohl um ein paar Tau— 
ens vermehrt; werden. Viele Familien sind an den Bettelstab 
zekommen; jedem der Theilnahme an den Umwälzungen verdaͤch 
igen Beamten ist die Absetzung gewiß. 
Floren z,524. Nos. „„Movimento“ schreibt: „Der Aus. 
age des vog Paris zurüdgelehrten Genexals Lamarmora zufolge 
reht sich die ganze 33 Frage zwischet den Cabinetten von 
daris und Florenz Jediglich um eine Allianz, welche Frankreich 
ur gewisse Fülle hon Italien verlangt; der Preis der Unterzeich— 
nung einer solchen Allianz wäre Rom.“ Natürlich ist damit ein 
Bündniß gegen Preußen gemeint. —Die noch immer schwebende 
Angelegenheif der Privatgiter, des Erzherzogz von Modena, die 
zekanntsich noch unter inalienischem Sequester liegen, soll dem 
lustrag haht sein. Uehrigens erweist sich die italienische Regie⸗ 
eemere bei Wettem nicht so zuvor⸗ 
omunend wis die preußische Regierung. . 
Aus Venztheg wird det .A, 3.“ gemeldet daß in allen 
roßeren Siadten, und bedeutenderen Ortschaften Venetiens eine 
ärtlärung massenhafte“ Unterschriften findet welche das fuͤr die 
e ei niit Italien unter der Dynastie Savoyen 
bgegebene Votum, welche Dynastie, Demüthigungen, Schmach und 
Ungluck über das Land gebracht, feierlich wiederruft. 
ne Türkei. e * E .. 
Köoenssteantimo pel, 26. Nov. Der Vertrag über die 
Brundzüge einer Eisenbahn⸗Verbindung von Konstantinopel nach 
em persischen Golf, welcher seine Ausgabe von 86 Millionen er⸗ 
ordert, murde heute von der Pforte unterzeichne 
a enae udarne Schweden. 
Sfo dhon mye 20 Rob.“ Die “ Nya! dagligt Allehandae 
Aßert sich wirderholl anerkermende uber ben anlaßlich des Noth 
andes in der Provinz Rortland bekundeten Wohlthätigkeitssini 
er“ Einwohnetschaft Hamburgs, wie auch der Bevölkerung! det 
ibrigen Deutschlands“ Das genannte Blatt äußert dabei - eine uun 
o gröͤßert Freunde übet die erwahnte Thatsache, „weil von gewif⸗ 
er Seite alle inbglichen Anstrergungen gemacht worden sind, um 
Zchweden die Sympathiben des veutschen Volkes zu rauben“ 3 auch 
indere schwedische Zeitungen von Bedeutung, darunter die Gothen⸗ 
urgerHandels? voch Sjbfarts⸗Tidning“ äußern sich ähnlich. 
— — 
Nν di rne rgcrichtsfitzungen. 
ιι—ιC νο—V. cOuurtal 18667. eemee 
TuAlng weñ Prücken 26. Noblecn Schluß der Berhaudlung gegen 
Fakob Schroͤer von SausenheimDen possitiven Erklärungen det 
heiden erschienenen Aerzte von, Grünstadt stellte in der heutigen 
Sitzung die Vertheidigungedas Gutachten des k. Bezirksarztes und 
des praͤklischen Arztes Dr. Heck von hier entgegen, die eine andere 
Irsache des eingetretenen Startkrämpfes und Todes, z. B. durch 
Erkältung, für möglich, ja für wahrscheinlicher hielten, als den 
bon dem Angeklagten geführten Schlag. Der Vertheidiger, Herr 
sechtscandidat Rossenber ger, beantragte daher⸗ Freisprechung 
und machte subsidiarisch Vorhandensein' von Reiz geltend. Die 
Zeschworenen konnten sich von der Schulde des Angeklagten nicht 
iberzeugen, worauf derselbe in Freiheit gesetzt wurde. 
Zweibrücken“ 27. Nov. Anklage gegen Johannes 
Zfaff 24 Jahre alt, Taglöhner in Alsenborn wegen Todschlags. 
Der Angeklagte kam am 29. Aug. abhin zwischen 8 und 
Uhr Nachmittags von der Jagd heim und verlangte von seiner 
Mutter, mit der er gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich das 
zimmer ebener Erde in ihtem Wohnhäuschen inne hat, sein Mit⸗ 
agessen“ Da ihm die angebotene Kartoffelsuppe nicht behagte, ge⸗ 
cieth er mit' seiner Mutter in Diaput, während dessen er sich so 
veit vergaß, dieselbe anzupacken und auf den Boden zu werjeu. 
Seine Schwester Catharina;“ die mit ihrem Ehemann Conrad 
kdinger die Dachkammer des erwähnten Häauschens bewohnt und 
hrer Mutter zu Hilfe geeilt war, inußte! sich in ein Nachbarshaus 
lüchten, wohin sie der Angeklagte verfolgke und dort ebenfalls zu 
Boden riß, worauf er von einigen Männern hinausgedrängt wurde. 
Da er hiebei in das Pfuhlloch fiel, gerieth er noch mehr in 
Wuth, kleidete sich um und steckte ein Dolchmesser zu sich, stieß auch 
auf der Straße gegen seine Angreifer verschiedene Drohungen aus. 
In der Wirthschäft von Ruhhldee msal ⸗sodann einen Wiertel