Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Zcnzeiger. 
— — 
J 4 
— ——— —— ——— — 
der St. Ing berer Anzeiger sund das mit dem Haupthlatte verbundene unterhallunzsblatt, mit der Dienstags⸗ Donnerstags· und Sonndagt · 
nnmer) erscheint wöchentlich pie r i ak. Diemstang, Donnierstag, Samstag und Sonntaa. Avbonnementspreis vierteliährig 42 Krzr. oder 
2128 Silbeigr. Anzeigen werden mit 8 Krzr. die dreüpaltige Zeile Blatischrift oder deren Raum berechnet. F 
— — — — * — — —— 77 * —— * * * — — 
60. 1* Samstaq, den 16. Aprii 9 1870. 
Deutschland. 67? 
München, 12. April. Mehrere' Blätter der patriotischen 
hartei reproduziren eine Mittheilung der „Weserzeitung“, derzufolge 
ie preußitche Regierung. durch eine Note oder ein derartiges 
zhriftsluck einen Druck auf die würtembergische Regierung in der 
— waterielle Unter⸗ 
ützung gegen die innere Opposition angetragen habe, und fügen 
n verblümt doch wohlverständlich hinzu, daß auch die bayenischt 
segierung einen ähnl'chen Antrag von Berlin erhalten habe. Wir 
nüssen es würtembergischen Blättern überlassen, die Nachricht der 
Weserzeiung“ zu dementiren, glauben aber unsererseits aufs 
nesimmteste erklären zu können, daß in München von einem 
aartigen Schriftstück, das jedes realen Motivs entbehren würde. 
icht das Geringste bei. Wer zumal aus den Schutverträgen die 
Roͤglichkeit eines solchen Antrags ableiten wollte, müßte über die 
clemeniat begriffe des Lesens noch im Unklaren sen. 
Münschen, 13. April. Fürst Hohenlohe hat in der Reichs: 
athskammer den Autrag eingebracht, den Artikel 2 unseres Zoll- 
sariamentswahlgesetzes mit den im übrigen Deutschland geltenden 
zesiiwmungen uͤber diesen Punkt gleichzustellen. Während nämlich 
nirgends die Ausübung' des aktiven Wahlrechts davon abhängit 
—V Boͤyern 
r Foll. — Gestern berieht der. Staatsrath in einer auffallend 
ang douernden Sitzung das neue Landtagswahlgesetz. 
München. Der beim Landtage eingebrachte Untrag des 
Wg. Greil onf Minderung der Daner' der Werktagsschulpflich 
autet woöͤrtlich: „Hohe Kammer wolle beschließen, es sei an Se 
Majestät die allerehrfurchtsvolle Bite zu stellen, im Landtagsab 
ciede zu verfügen: die nach Antrag der beiden Kammern durch 
dandtagsabschied vom 1. Juli 1856 in Aussicht gestellte umnd 
nachder festgesetzte Dauer der Werktags— und Feiertags- Schulpflicht 
uuf das volleudete 13. und reip. 16. Lebensjahr wird in folgender 
He se abgeändert: Die Werktagsschulpflicht dauert in der Regel 
is zum vollendeten 12. Lebensjahre; es bleibt jedoch für die— 
euigen Kinder, welche sich bis dahin das vorschriftsmäß ge Maß von 
dennin'ssen nicht angeeignet haben, die Pflicht des Schulbesuchee? 
is zum vollendeten 12. Lebensjahre bestehen. Die Feiertagsschul⸗ 
nuert bis zum 18. Lebensjohre. J 
Dieser Antrag trifft zusammen mit einer Reihe von gleich 
nutigen vom Abg. v. Hafenbrädl angeeigneten Petitionen. 
Die außerordentlich große Anzahl der früheren und nunmehri 
en Eirgaben hierüber und die Uebereinssimmung ihres Inhaltes 
n den hauptsächlichen Moinenten verdient jedensalls hohe Beachtung 
———— 
ͤheren Prüfung und Würdigung durch den Fachausschuß bedürfen. 
ze sind, im Kurzen zusommengefaßt, folgende: Die getroffene 
Ibänderung sei den Verhältnissen des Landes nicht entsprechend, 
veil jedenfulls der dadurch bezweckte Gcwinn an Wissenschaft und 
Indung in auffallendstem Mißverhältnisse zu den damit verbundenen 
dpfern und Nachtheilen stehe. Das 183. Lebensjahr des Bauern⸗ 
indes sei gerade dasjenige, in welchem es nothwendig in seinen 
andwirthichaftlichen Beruf eingeführt werden, der Knabe der 
hlug und das Mädchen den Rechen in die Hand nehmen müsse, 
mm techtzeitig an Arbeitsamkeit gewöhnt zu werden und für die 
andlchen Arbeiten erforderliche körperliche Ausbildung und Reife 
iu erlangen. Das Kind ersetze in dieset“ Zeit namentlich den 
imeren Familien bereits einen Dienstboten, was insbesondere bei 
egenwärtiger Dienstbotennoth nicht entbehrlich sei, und es sei ihm 
nm dieser Heriode des Lebensalters die Arbeit, der? Unterricht in 
ielten Bedürfniß. Später werde erfahrungsgemäß keine rechte 
dust und Andcselliglkeit zur ländlichen Arbeit mehr gewonuen. 
hiderer seits hingegen sei der wisseuschaftliche Gewinn lein großer, 
vil deu ei zener böherer Lehrcurs für das 7. Schuljahr bestehe, 
ndern im Laufe desselben nur wiederholt werde, was schon seit 
in paar Jahren gelehtt und gelernt worden sei. Der Lehrer, 
velcher mit den neuen Ankoinmlingen zu thun habe, könne sich mit 
Uieren Dndern nicht mehr viel ahageben, sie seien unbeschäftigt 
— eꝰ 
und die Schule überfüllt. Auf dem, oft langen, und, einsamen 
Wege der auffichtslosen größeren Kiuder beiderlei Geschlechts zur 
Schule seien schon mehrmals höchst beklagenswerthe moralische 
Verirrungen vorgekommen. Die Befreiung von jeder Schulpflicht 
mit vosllendetem 16. Lebensjahre diene, vollende zur Eutfesselung 
der Leidenschaften in der allergefährlichsten Zeit der Jugend und 
ei Ursache; daß in darauf folgenden vier Jahren, bis zum Ein⸗ 
ritte der Militärpflicht bei dem männlichen Geschlechte, fast Alled 
vieder vergessen sei. was in der Schule gelerut wurde. Der Aus 
chuß erachtet dieser Motivirung und den augeführten Umständen 
gegenüber die Anträge und Bittvorstellungen nicht nur als formell 
und materiell zulässig; sondern auch als erheblich, und empfiehlt, 
nach dem Referate des Abgeordnete,n Dr. Karl Barth, die Ueber⸗ 
veifung an den betreffenden Fachausschuß zur nöheren Vrüfung 
ind Würdigung des Gegenstandesßsßs. 
Im neuesten Einlauf der Kammer befindet sich eine Bitte 
nehrerer an Landgerichtssitzen der Pfalz angeslellten Post- und 
Telegraphenexpeditoren um eutsprechende Aufbesserung ihrer 
Bezüge. *3 
Kaiserslkautern. 13. April. Die „Pf. B.“ ꝛrfährt 
aus „zuderlässiger Quelle“, daß Herr Kolb sein Mandat als Zoll⸗ 
parlamentsabgeordneter (Wahlkreis Kaiserslautern) niederzulegen 
jedenttt. 
Hanau, 9. April. Die „Hanauer Zig.“ meldet, daß das 
Staatsministerium ein neues Gesuch um Ersatz der Kosten der 
bayerischen Einquatarung von 1850 and 1851. 4us Staalsmitteln 
abgelehut und weilere Schritte bei den Kommunalständen anheim⸗ 
zegeben habe. F —M ge 
Hanau, 11. April. Der Pfarrer Ehringhaus von Wie⸗ 
decken, dem zur Last gelegt ward, den preußischen Staat einen 
Lumpenstaat“ genannt zu haben, wurde sreigesprochen, weil das 
Lokal, in welchem er die Aeußerung machte, das Postbureau, nicht 
als öffentlicher Ort betrachtet wurde, von einer Anwendung des 
Z. 102 des St. G. B. also keine Rede sein konnte. 
Berlin, 13. April.Die „Kreuzzeitung“ erklärt die 
Zeitußgsnachricht von einem in Ens bevorstehenden Fürstencongreß 
uis der Begründung entbehren. 
Wien, 14. April. Die „Tagespresse“ erfährt von be— 
währter Seite über das Programm des neuen Kabinets: Sobald 
die Elaborate betreffs der Konzesionen an Galizien und der Er— 
weiterung der Autonomie der übrigen Länder und der Reform des 
Parlaments auf liberalster Grundlage direkler Wahlen fertig sind 
ind dieselben die vor angige Geuehmigung des Kaisers erhalten 
haben, gedenkt die Regierung die Führer aller Parteien zu einer 
sonferenz cinzuberufen und dieser ihre Entwürfe vorzulegen. Nur 
im Falle der Nichtverständigung wird die Regierung die Landtage 
und den Reichsrath auflösen und an die Völker appelliren. 
Frankreich. 
Die Affaire Tardieu verwickelt sichh. In der Sorbonnestraßge 
wurde gestern Abend eine stark besuchte Studentenversammlung 
abgehalten. Sämmtliche Anwesende, 707 an der Zahl, gaben ihr 
Votum dahin ab, daß die Unterbrechung der medicinischen Vor— 
esungen ungerechtfertigt und ungesetzlich sei. Als hierauf über die 
Frage abgeftinmt wurde, ob man dabei beharren solle, Tardieu't 
Abschung zu fordern, stimmten 676 mit Ja, 31 mit Nein. Jules 
Ferrh hat in der heutigen Sitzung der Kammer von dem Minister 
Zegris Aufklärung über die Schließung der Vorlesungen verlangt. 
Segris erkfärte, eine Anzahl Studenten sei selbst bei der Regier—⸗ 
ing um Beendigung des Unfugs vorstellig geworden. Er wies 
nuf die Bedürfnisse der Disciplin hin und sagte unier allgemeiner 
Heiterkeit, die Unruhen der medicinischen Schule erinnerten an die 
bösesten Tage der Revoluiion. * J J 
Der Rucktritt Daru's wird heute Abend als eine Thatsache 
betrachte... 
—Bayomne, 12. April. Einige carlistische Führer sind in 
Spanien eingedrungen. Mon glaubt, eine carlistische Bewegung 
iei in einzelnen VProvinzen bevorstehend