Full text: St. Ingberter Anzeiger

England. 
London, 11. April. Die letzte Nummer von Fraser's 
Magozin bringt einen höchst interessanten-Aufsatz, in welchem die 
Verdienste des Kaisers Napoleon um Frankreich und Europagegeu 
den Preis- abgewogen werden, den sie gekostet haben. Der Verfasser 
dieses augenscheinlich mit großem Fleiße gearbeiteten Artikels gibl 
sich alle Mühe, unparteiisch zu sein, und stützt jeine Berechnungen 
auf anerkannte deulsche und französische Statistiken. Folgendes ist 
kurz zusammengefaßt das Facit seiner Rechnung: Ludwig Napo-— 
leonthat das Hauptverdienst um Befreiung Europas vom russischen 
Finflusse durch den Krimkrieg und um die Befreiung Italiens 
vom öste rreichen Joche durch den Krieg des Jahres 1839. Er 
hat den Wohistand Frankreichs ungeheuer vernehrt, seine Eisen⸗ 
zahnverbindungen verfiebenfacht; er hat sich stetig bemüht, ein 
herzliches Eindernehmen mit England zu Wege zu bringen und 
zu bewahren; er hat eine weisere und gesundere Hamnvdelspolitik 
eingeführt, dem Bauernstande durch sein Systen der offenen An⸗ 
leihen eine neue Anlage für ihre Ersparnisse geschaffen, und so 
ihr Einkommen vermehrt und den unmäßigen Preis des Land⸗ 
eigenthums vermindert, Auf der andern Seite wird der Kaiser 
ungeheurer sinanzieller · Verschwendung für seinen eigenen Theil 
geziehen, wodurch er die Ursache eines ähnlichen Lasters in fast 
sedem europäischen Staate geworden; er habe die Ausgaben 
Frankreichs um 25 Mill. Frs. per Jahr vermehrt, die Staatsschuld 
mehr als verdoppelt, sein eigeneres stehendes Heer bedeu tend 
zermehrt und so die benachbarten Ratinen bis zu einem Grade, 
welchet sich jedte genauen Berechuung entziehe, gezwungen. ein 
Bleiches zu thun; er habe Europa in nicht weniger denn drei 
seriege verwickelt (Kußland, Italien, Mexiko) und so der Welt 
seit seinem Regierungsantritte auf die eine oder andere Weise eine 
Million Menschenleben und 12,500 Mill. Frs. gekoftet, abgesehen 
noch davon, daß er bedeutend dazn beigetragen habe, den Ton 
zer politischen und wahrs Heinlich auch der gesfellschaftlichen Mara⸗ 
lität zu erniedrigen, und daß er jene Leidenschaft für rein mate— 
riellen Luxus, welche einer der schlimmsten und gefährlichsten Zuge 
anseret heutigen Nationen ist, zum Uebermaße angefacht habe. 
Die Heirathslust der Witlwen in allen Schichten und Ständen 
ist so sprichwörtlich geworden, daß man sich über dir Nachricht, 
welche fich ein in Manchefter erscheinendes Blatt aus London 
telegraphiren läßt, recht wundern wird. „Von glaubwürdiger 
Seite, so lautet das betreffende Telegramm, wird in London das 
Gerücht wieder belebt, daß binnen Kurzem eine Heirath siattfinden 
wird, welche allgemeines Erstaunen hervorzurufen verspricht. Man 
jagt, die Königin werde einem Prinzen des Hauses Schleswig 
Doͤlsiein die Hand reichen, und man nennt jetzt einen nahen Ver 
wandten des Prinzen Christian -als den begünstigten Freier.“ 
Selbstverständlich ist das Gerücht mit mehr als gewöhnlicher 
Vorsicht aufzunehmen. Seit Adams Zeiten sind „von glaub 
würdiger Seite“ so viele Enten in die Welt gesetzt worden, daß 
nan gezwungen ist, jede ungewöhnliche Meldung mit Mißtrauen 
zu betrachten. J 
Italien. 
Floren;z, U1. April. In Carrara ist ein Aufstand aus 
gebrochen und Blut geflossen; es wurden Truphpen dahin abgesendet 
Der bayerische Gesandte Herr v. Dönniges ist hier eingelroffen 
— Der Köonig begibt sich wieder nach Turin. 
Palermo, 13. April. In St. Giorgio wurden 1000 
Kartätschen, sowie Material für weitere 20,000 aufgefunden. Die 
iebhafteste Bewegung herrscht in der Umgebung; die Unabhängig 
keitspartei ist hier uüͤberaus stark. Es sind Truppen und Flotten- 
verstärkungen hier eingetroffen. — In Folge eines verbr.iteten 
Gerüchtes, der kgl. Palast sei unterminirt, hat General Medic; 
eine sorgfältige Unt⸗rsuchung anstellen lassen, die jedoch die 
Grundiosigkeit des Gerüchtes ergeben hat. — Die Gajetta dell'Emilia“ 
berichiet aus Bologne vom 10. April, daß dort gedruckte Zettel 
mit Aufforderungen zur Empörung in den Straßen und auf den 
Märkten ausgestreut gefunden wurden. 
Griechenland. — 
Athen, 13. April. Nach einem bei Marathon zwischen 
Sendarmein und Briganten stattgefundenen Konflikte nahmen die 
Briganten den engtischen und italienischen Legationssecretär, ferner 
noch andere drei reisende Engländer, sowie zwei Frauen gefangen. 
aund verlangen ein hohes Lösegeld. 
— — 
Vermischtesßs. 
Kaiserslautern, 11. April. Gestern machten sich 
drei Bewohner des hiesigen Centralgefüngnisses das Sonntags 
bergnügen, eine dicke Mauer zu durchbrechen, eine starke mit Eisen 
beschlagene Thür zu sprengen, um in deu Gefängrißhof zu kommen. 
Letzieres grlaug jedoch nur zweien, der dritte schien den Mutt 
derloren zu haben, als der zweite das dünne Hanfseil (aus Spinn— 
ahfällen) losließ und in den Hof hinabfiel. Wie es der JZufall oft 
vill, stand auch eine gebrechliche Leiter, die zum Holzaäufsetzen ge— 
braucht wurde, in der Nähe. Mit dieser stieg der zuerst 
Gelangte auf die 14 Fuß hohe Mauer und sprang drüben din 
den andern zurücklassend, der noch im Hofe erwischt wurde. 
es heller. Tag, Ya II Uhr war, so war es leicht, denselben kun 
eine halbe Stunde vor; der Stadt einzuholen. 2 
7Die Schles. Ztg.“, schreibt aus Bresbau: „Z0 
GBymnasiasten im Alter don 11 bis 12 Jahren, Söhne achtben 
Familien, verließen daͤs elterliche Haus, um nach den Urwälden 
Amerikas überzusiedeln. Mit Hülfe eines Packträgers hatten j 
iich in den Besitz langer Jagdflinten und Seitengewehre so w 
einer Muntion von mehreren Pfund Pulver gesetzt. Ihr: Ple— 
zing dahin, die österreichische Grenze zu überschreiten, durch Ungar 
zis nach Triest zu gelangen und von dort aus die Seereise na— 
her neuen Welt zu unternehmen. Unterwegs wollten sie fich w 
Wilddiebere ernähren und hatten zu diesem Behufe eine Botanist 
lkapfel voll Kochsalz mitgenommen, um es beim Kochen des Fleish 
zu verwenden. Am ersten Abend nahmen die jugendlichen Aban 
euerer in der Nähe des Zoologischen Gartens im Freien Nach 
suartier, wobei es nicht fehlen konnte, daß das Ungewohnte de 
Situation, die herrschende Kälte ꝛc. auf den einen von ihnen 
eutmuthigend wirkte, daß er in seinem Reiseentschlusse waunken 
vurde und nur mit Mühe von seinem jüngeren Gefährten bewogt 
verden konnte, am andern Morgen die Resse fortzusetzen. In de 
Strachate wurde zum ersten Male in Folge eines empfindliche 
Zungers auf eine Krähe geschossen — und hiermit hatte auch d 
zjanze Reiseabenteuer bereits sein Ende erreicht, denn der in de 
stähe weitende Förster, welcher die Schüsse hörte, spraug fojor 
jerbei, und sah, wie die beiden bewaffneten Wanderer fich in d 
Sträucher verkrochen. Ihr abenteuerlicher Aufzag führte natürlie 
zu einem strengen Examen und achdem Beide ihr Vorhaben 9 
beichtet hatten, hielt es der Waidmann für das Gerathenste, ben 
jugeudliche Sünder ihren tiefbetrübten Eitern zuzuführen, wela 
nach allen benachbarken größeren Städten zur Habhaftwerdung ihr⸗ 
Söhne telegraphiche Depeschen abgeschickek — 
f GDie 19. allgemeine Lehrerverfammlung.) Die Son 
Pestalozzi's werden sich in diesem Jahre zur allgemeinen deutsche 
Lehrerversammlung in Wien einfinden. Wie gewöghnlich ist d 
Pfingstwoche und zwar der 8., 9. und 10. Juni gewählt. D 
Vorarbeiten der verschiedenen, schon seit dem Otktober vorige 
Jahres in Thätigkeit getretenen Ortsausschüsse find so weit ge 
diehen, daß die Einladung zur Anmeldung an alle Lehrer Deufsch 
lauds und Oesterreichs hat ergehen können. Von dem Programm 
st so viel veröffentlicht, wie bis jeßt festgesetzt werden konnke 
nämlich die Zeit der Sitzungen und Zahl und Titel der angemel 
deten Vorträge. Die Auswaähl derselben bleibt, dem autokratische 
Character der Hauptversammlungen entiprechend, diesen seloft vor 
behalten. Die Zahl deir Meldungen zu Vorträgen wird voraus 
ächtlich noch bedeutend steigen; die bei Weitem größe Anzahl der 
Lichter, die sich da auf den Leuchter stellen, wird kaltblütig wi 
immer gelöscht werden müssen. Aber wir haben anch jchot 
Namen vom besten Klange, wie Kehr, Moriz Schulze und Rithat' 
Lange, im Programme gefunden. Die Schwierigkeiten, welche sid 
dem Ortscomite in Bezug auf die Beschaffung eines geeigneten 
Locals entgegenstellten, sind durch das freundliche Entgegenkomme 
einer allerhöchsten Person gehoben; der Kaiser hat der Deputalio 
des Comites erklärt, „es werde ihm sehe angenehm sein, wenn e 
den Lehrern in irgend einer Weise behülflich sein könne“, und he 
die erbetene Reitschule zur Verfügung gestellt. 
f Der „Allg. Militärzeitunz“ schreibt man aus Berl 
‚Wie Sie wissen, hat man gegeuwärtig zwei Modelle zu abgeän 
derten Zündnadel- Gewehren in Probe, die beide darauf hinzielen 
anter moͤglichster Ersparniß eine gesteigerle Schnellfeuerwirkung 
erzielen. Es werden etwa 15 —20 Schüsse in der Minute dam— 
erzielt, so daß sich also die Leute beruhigen können, die in Au 
regung gerathen, wenn sie hören, daß eine andere Armee schnell 
ladet als die unstige. Ich und viele Andere zucken die Achfe 
darüber, wie Sie wissen, wenn wir hören, wie viel Unsinn namer 
lich in der ausländischen Presse über diesen Punkt gefabelt wirn 
Wer einige Erfahrungen hat, der weiß daß zwei, höchstens die 
gut gezielle Schüsse das Maximum sind, das man von einerJ 
santerir im Felde erhalten wird. Geknallt ist nicht geschossen.“ 
Dem „Bund“ (Bern) wird aus Berlin geschricben 
In verschiedenen Zeitungen cursirt die Nachricht, daß 8schokle 
Stunbden der Andacht in einer sehr wohlftisen Austo 
in 25 Lieferuugen (4 4 Bogen) erscheinen werde. Thatsache i 
daß allerdingd eine hiesige unbekannte Firma einen Nachdrud der 
anstaltet und bereits die erste Lieferung herausgegeben hat. Schre 
ber dieses hat sich nun Mühe genommen, diese Lieferung mit eillt 
der drei Originalausgaben des Werkes zu vergleichen, und he 
herausgerechnet, daß die Nachdruckausgabe, weun sie famatlit 
Betrachtungen der Stunden der Andacht erhalten soll, mindestern 
35 bis 40 solcher Lieferungen umfassen, alsd theurer werden wu 
als die biligen Ausgaben des Originalverlegers. On eub