Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hilflosen, welche der Krieg zurückläßt, xine gemeinsame deutsche 
Angelegenheit werden, an welcher Norden und Süden unseres 
Valerlandes gleichen Antheil nehmen Frühere Erfahrungen haben 
zelehrt, daß es nicht nur gilt mit watmem Herzen Geidbeiträge 
ju spenden. Richt weniger wichtig Und mühebolleddist die zweck⸗ 
naßege Vertheilung, lieb⸗volles Eingehen auf die Nersönlichen Ver⸗ 
hältnisse, endlich das Schwerste: Vorsorge, daß die Unterstützung 
nicht die noch vorhandene Erwerbskraft schwähe, anstatt sie zu 
tärken, und daß sie wahrhaft heilsam für das Leben der Unter⸗ 
tützten wirke. Es ist daher zu wünschen, daß sich überall örtliche 
und landschaftliche Vereine bilden, welche in Auschluß und Untex— 
ordnung unter gemeinsamem Vorstand die Sammlungen leiten, 
und ebeiso die Ermittelung, Prüfung und Annahmt der Hilßsbe⸗ 
hürftigen in ihrem Kreise übernehmen und denselben vorsorgliche 
pjflege dauernd zu Theil werden lassen. Da die im Jahre 1866 
ju gleichem Zwecke für den größten Theil Deutschlands gegründete 
Vutoria⸗National⸗Invalidenstiftung“ diesin Ausprüchen genügt u. 
iich in ihren Einrichtungen bewährt hat, so beauftrage ich hiermit 
den geschäftsführenden Ausschuß dieser Stiftung, die Organisation 
und Leitung einer Invalidenstiftung für Deutschland zu üUbernehmen 
und zu Beiträgen wie zur Bildung neuer Zweigvereine aufzufor 
rern.“ Se. Majeftät der König, Oberfeldherr des deutschen Heeres, 
hat mir, wie in den Jahren 1864 und 18606, die Genehmigung 
zu solchem vaterländischen Unternehmer ertheilt. Diesmal ist mit 
as Glück geworden, ein Heer in das Feld zu führen, in welchem 
Zer Bayer, der Württemberger, der Badenser neben deni Preußen 
tochten, und ich dars mich an die Herzen aller Deutschen wenden. 
Nuch dies Liebeswerk sei gemeinsame Arbeit zwischen uns für das 
Haterland, und die Einleitung zu vielen einmüthigen, segenstiftenden 
Werken des Friedens! Haupiquartier Rheims, 6. Sept. 1870. 
Friedrich Wiihelm, Kronprinz von Preußen ··· 
Die beste Garantie gegen Frankreichs Uebergriffe,“ sagt die 
Allg. Ztg.“ in einer ihrer letzten NRummern, „ist die Wiederver 
inigung des Elsasses und dez deutschen Theiles von Lothringen 
nit Deutschland, die von ihm nur mit Gewalt, meist sogar durch 
Aeberfall und Verrxath, uns abgerissen wurden. Die natioale 
Fhre, wie die Politit, fordern diese Restitution, da die Bevölker⸗ 
ung dieser Gegenden ihrem Ursprunge nach deutscher ist, als gar 
Bieles, was östlich von der Elbe zu Deutschland gehört. Es wäre 
jehr unnatürlich, wenn ein solcher Zweig für immer von seinem 
Stamme getrennt bleiben sollte. Man müßte aber, was Loth 
ringen betrifft, die Wiedervereinigung auf den wirklich deutschen 
Theil dessen beschränken, und nicht etwa den Bestand des alten 
zeutschen Reiches als Rorm der Reftitution ansehen, da dieses 
zein nationaler, sondern ein internationaler Staat war, zu dem, 
unter vielen anderen fremden Gebieten, einst die Provence, und 
dis zun Anfange des 14. Jahrhunderts der auf dem linken Ufer 
der Rhone liegende Theil von Lyon gehoͤrt hatte. Nur die Ge— 
genden dürfen mit Deutschland wieder vereinigt werden, wo deutsche 
Sprach: und Sitte in der Bevölkerung vorherrschend geblieben ist, 
sonst würde man sich demselben Vorwurfe der Habsucht und der 
Eroberungslust aussetzen, den man an den Franzosrn rügt, und 
ein unruhiges und widerstrebendes Element in Deutschland einfüh⸗ 
den, das, zumal an der Grenze liegend, schädlich und selbst gefähr— 
lich wirten würde, Obgleich das Nationalitätsprinzip so wenig 
wie ein anderes absolut nund ausschließend in der Zusammenfetz⸗ 
ung der Staaten geltend gemacht werden kann, so gehört ihm 
50qh im Ganzen und Großen die Zukunft Europas an, und es 
in zu wünschen, daß Deutschland so viel als möglich einen gleich⸗ 
artigen Charakter bewahre.“ Diese Ansichten stimmen ganz mit 
den unserigen überein und verdienen um so mehr beherzigt zu 
werden, als nach den beispiellosen Erfolgen unserer Waffen hier 
sind da auch in Deutschland leider die Ueberhebung, die wir bis 
der an Frankreich tadelten, fich zu regen begiinm. — 
Die A. Z schreibt: Wie sehr berechtigt das energische 
Finschreiten des General⸗Gouverneurs Vogel v. Falkenstein gegen 
den sozial · denrokratischen Ausschuß der Bebel-Lieblnecht'schen Partei 
gewesen ist, geht auch aus folgender Mittheilung hervor, welche 
der „Disch, Allg. Ztg“ in Leipzig von „achtbarer Hand“ zuge- 
zangen ist. Nach dieser Mittheilung eines Fabrikanten aus dem 
crzgebirge haben sich die von jenen Ideen angestetten Arbeiter dei 
den Erfelgen der deutschen Heere in Frankreich theilnahmlos,jo 
her mißgestimmt gezeigt, als aber die Nachricht von der Schandthal 
don Laon eintraf, anfgejubelt und dieselbe (in Uebereinstimmung 
mit den französischen Berichten) gepriesen. Derartige Vorkommnisse 
jeigen, wie von jener Partei die Völkerverbrüderung aufgefaßt 
pird, wie dieselbe, alles Patriotismus bar, ihr Heil und ihre; 
Zukunft nur von der franzoͤsischen Nation erwartet, zum Nahtheil 
zer in dieser Zeit wiederum in so erhebender Weise bethätigten, 
sittlichen Ernstes des deutschen Volts.“ — 
Die Handelskammer für Elberfeld und Barmen trat über die 
Frage des etwaigen Anschlusses der franzbischen Grenzprovinzen in 
den Zollderein am 15. d. M. in Berathung und beschloß eine 
vorlãufige Antwort per Teleg raph zu ertheilen, welche dahin laut⸗t 
„daß die Handelskammer von Elderfeld und Barmen den Eintrit: 
von Elsaß und Mosels Departe ment in das Zollvereinsgebiet, rol 
der nicht zu verkennenden Schwi er igkeiten, welche einzelnen Indu— 
flriezweigen badurch exwachsen, freudig degrüß ey dabei aber voraus— 
setze, daß es gelingen würde, für die Einfuhr nach Frankreich einen 
Tarif zu erzielen, der gegen den bisherigen sowohl bezüglich der 
Zollpositionen wie des Abferligungsverfahrens, der diesseitigen In⸗ 
dustrie Vort heile sichete. 
Bertin 8Sept. In Anschluß an den Aufruf det 
Tronprinzen, betreffend eine Invalidenstiftung für Deutschland, veri 
zffentlicht jder geschäftsführende Ausschuß der Vicloria⸗National⸗ 
Inbglidenstjftung einen warmen Aufruf, in welchem zur Betheilig 
uͤng“'und zu Mittheilungen aufgefordert wird. 3 
— Brrrin 210 Sept.e Die Provinzialcorr.“ schreibt Die 
Absprerrung der Stadt Paris von allem Verkehr wird für die 
Bevilteraw suberaut xuipsindlich seim· Bimnen· burzen wird dit 
eigtntliche; Belagerung veginnen, wozu die schleunige Herbeifchaffung 
ves Geschützes doraus angeordnet und ins Werke gesett ist. Die 
Zusammenkunft Favres mite dem Grafen v. Bismard wird jedenfalßz 
zen Vortheil haben, die augenblicklich wnangebenden Pariser Kreisi 
bollstaͤndig darüber naufzuklären, unter“ welchen Vorbedingunger 
und Aussichten überhaupt an den Friedensschluß zu denken ist. 
Berlin, 21. Sept. Die „Sperner'jche Z8tz.“n qührt in 
einem⸗ Artikel die Lage Oesierreichs“ aus,“ daß der richtige Weg 
ür Oesterreich eine aufrichtige Versöhnung mit dem unter Preußen⸗ 
Fuhrung nahezu geeinigten Deutjchland sei. Der, Artikel schließt: 
Wir sollten meinen, die jüngsten Ereignisse und die erste Theilnahmt 
des deutschen Elementes in Oesterreich an“ denselben hätten den 
einzig richtigen Weg oder deutlicher nahe gelegt. 
Coblenz, 15. Sept. Heute früh trafen wieder 1800 
⁊emnzöosische Gefangene und 20 Offiziere unter Begleitung von 
Mannschaften des 1. bayherischen Infanierie⸗Regiments und ihrer 
Regimentsmusik hier ein; die ersteren wurden in das Zeltlager au 
der Carthause unter Husaren⸗Es korte gebracht, die Bayern dagegen 
mit Cigarren beihrt und heute Abend zur gemeinschaftlichen Be⸗ 
virthusg Seitens der Stadt eingeladen. Trot der großen Stra⸗ 
hatzen war die Haltung der Truppen und besonders deren Mufil 
porzüglich. ** 
Königgsberg, 21. Sept. Gestern Abend wurde Herr Dr. 
Johann Jacoby auf Grund kriegsrechtlicher Anordnung verhaftet 
ung in der Defensionscaserne internirl. 
15 Pest. 19. Sept. (N. Fr. Pr.) Der „Ungar. Lloyd“ erhält 
nus Temesvar die Nachricht von angeblichen Rüstungen der Türkei. 
— Hr. Ludwig Kossuth erklärt, in das mit Oesterreich verbündett 
Ungarn nicht zurückkehren zu wollen. 
Nanchy. 15. Sept. Der Civilcommissar für Lothringen 
Braf v. Villers, hat unterm heutigen Taze folgende Bekannt⸗ 
nachung erlafsen :;: 
die Getreide⸗ Kolonial ꝛxc. Händler Deutschlands mache ich 
nit Rucksicht auf die in den von deutschen Truppen besetzten fran⸗ 
zösischen Landestheilen bereitzs beginnende Theuerung alles Lebens⸗ 
nittel darauf aufmerksam, daß jeder bisher auf den genannten Ge⸗ 
Jenständen ruhende französische Eingangszoll aufzgehoben ist. Füt 
derartige zweifellos nutzenbringende Transporte werden auf Ver⸗ 
langen diesseits Geleitsbriefe ausgestellt werden. 
IOffiziell.) Eceroru ves, 23. Sept. Toul genommen. 
wae e veKrensuul 
Frankreich. i. 
Parins, 20. Sept. (Schwäb. Mer:) Hr. Julius Fadre 
begiebi sich morgen — Mittwoch — in das deutsche Hauptquartien 
nuch Meaux. I in e 
Der Spezial Korrespondet des „Standard“ telegraphirt au 
Namur vom 18. ds:: „Graf Bismarck erklarte mir gestern, daß 
Deutschland lieber noch zehn Jahre kämpfen, als auf die Forderung 
jerritorialer Garamieen von⸗ Frankreich verzichten würde. Daä 
Besitz von Metz und Straßburg, füßte er hinzu, ist unerläßlich. 
Beelgien. 
Braujfsed, 20.. Sept. Wie man hier über London erfahren 
vaden will, hat Lord Granville am Sonntag der Pariser Regierung 
Mitiheilnng von den Ptäliminarforderungen Preußens gemacht, 
wonach die Gebietsabttetung für Deutschland einen Zuwachs don 
etwa einer Million Seelen enthielte; das Gebiet umfaßte das Eliaß 
zanz, von Lothringen nur einen Abschnitt. — Die prätendirte neue 
Brenze foll sich senkrecht längst der Mosel und den Vogesen hin 
iehen. 
pen Brüssel, 20. Sept. (N. Ft. Pr.) Der! Munlcipaltath 
von Poitiers (Huuptstadt des Viennedepattements zwijschen Tour« 
und Bordeaux) faßte eine Resolution, welche besagt: für den Fall 
einer Capitusation von Paris erklären die gesammten Departements 
rußer dem Seinededartement, daß sie keiner Regierung das Rech! 
zue kennen, aut fie in die Capitulation einzubegreifen ; die De⸗ 
hartements behalten sich dielmehr Actionsfreiheit dor.