Full text: St. Ingberter Anzeiger

Versail leis, 6. Oct. (Oifigiell.) Der Konig besichtigte 
pute dietAnflietung des 6. Axmeecorps und perlegte sein Hauph⸗ 
nartier hierher. 
un Neufchate au, 2. Oct. Wie versichert wird, werden 1000 
teuhische Cavalleristen, welche Void passirten. sich ginem neuen 
Jorps von 100,000 Mann anschließen, das in der Bildung be⸗ 
riffen ist, um auf Lyon zu marschiren. 
Belgien. 
Ein Brüsseler · Korrespondent der Kreuztg“! schreibt unterm 
. Olt. Seit drei Tagen keine direk en Nachrichten aus Paria 
nhr; desto zahlreicher sind die aus den Departemenis, wo eine 
ußerordentliche Niedergeschlagenheit herrschen soll. Französische 
Nfiziere, die hier sind, zweifeln keinen Augenblick daran, daß eine 
ange Vertheidigung von Paris nicht dentbar sei, da es keine 
intsa · Armee gibt. Die Nachricht, daß abermals deutsche Truppen 
exangezogen werden. um in dem sfüdlich⸗n Frankreich zu operi⸗ 
en scheint einen gewaltigen Eindruck in Tours hervorgebracht zu 
aben. 4 F 
Brüssel, 4. Oct. (Franks. Journ.) Ein im hiesigen Park 
uͤedergefallener Luftballon aus Metßz enthali unter einer An?ahl 
erfiegelter Briefe einen offenen Zeitel, welcher besagt, daß der 
Narschall Bazaine ein Duitell mit dem Erxkriegsminer Leboeuf 
usgefochten hat, wohei alle beide verwundet sind, und daß als· 
ann Marschall Canrobert das Commando übernahmn.. 
Brüfsfel, 5. Oct.(Schw. Merk.) dDie Liberto⸗“ ist so 
ceundlich, den ihr angeblich aus Tours telegraphirten Vorschlag 
ner kleinen Grenzberichtigung bei Weißenburg sür annehmbar zu 
alten, erflärt aber, das sei Alles, was Franfreich Deutschland ge⸗ 
uͤhren koͤnne! — Dem Geueral Uhrich soll in Tours (vo wan, 
och wissen muß, daß derselbe „Gefangener auf Ehrenwort“ ist) 
as Kriegsministerium angeboten worden sein. Herr Uhrich hätte 
—XXXC 
Brussel, 58. Oct. Das „Echo“ erfährt aus Tours, die 
kdegierung habe dem Präfekten von Lyon unbeschränkte Vollmacht 
erliehen, um die Orduung aufrecht zu erhalten. Drei Genossen 
luserets sind verhaftet, die Franctireurs aufgelöst und über das 
depattement der Seealpen der Belagerungszustand verhängt. 
Spanien. 
Aus Barcelbona in, wie die „Leipz. Nachr.“ melden, 
ine Loya li tätsadresse an den König von Preußen eingelaufen. 
Italien. 
Rom, 3. Okt. („N. Fr. Pr.“) Es heißt, der Papft Pius 
erde, wenn er seines Alters oder anderer Ursachen halber Rom 
igt verlassen könne, im Ausland einen Kardinat als seinen Stell 
etlreter für die Dauer der „Gefangenschaft“ aufstellen. Er hat 
‚oftrauer angeordnet. * 
Rom, 3. Oct. Ein Gerücht will wissen, Oesterreich verkaufe 
in venetianischen Palast an die Rezierung behufs der Aufnahme 
et Deputirtenkammer. —— 
Florenz, 4. Olt. Nach aus Rom eingelangtem Briefe 
u der Papst die ihm vom italienischen Finanzminister Sella 
bersandte Monalsrate seiner Civiliste im Bet: age von 50,000 
cudi acce ptirt. 
d 
Rußland. 
Die Erme in Rußland übt stets einen bedeuteuden Ein— 
uß auf die deutschen Getreidemärkte aus. Es ist deßhalb don 
nteresfse für uns, zu erfahren, wie der Ausfall derselben in diesem 
ahre gewesen ist. Er wird in den öftlichen und südlichen Gouver⸗ 
mentz sehr gelobt, dagegen hat er in den an die Ostsee und 
n Preußen grenzenden Gebieten nicht den Erwartungen entspro 
en. Die Sagten haben dort im Winter durch große Kälte ge⸗ 
ten und im Soinmer ist ihnen bedeutender Schaden durch starten 
ud oftmaligen Hagelschlag erwachsen. 
Amerika. 
RPew-Yorlk, 4. Ott. Der Dampfer Ville de Paris“ ist 
Waffen und Munition für Frankreich abgegangen. (Die 
dordd. Allg. Zig.“ constatirt, daß im Sept. auf einem französischen 
ampfer 26 gezogene Kanonen. 400,000 Patronen und viele Tausende 
in Hinterladgewehren nach Habre gelommen sind ; auch werden große 
Montitäten Deilitürbrod aus Amerika nach Frankreich gesendet.) 
St. Lousis, 3. Olt. Eine Massenversammlung von Deutschen 
shleß eine Petition an den Grafen Bismard, dahin gehend, 
haß und Lothringen festzuhalten und eine allgemeine Vertretung 
dnorddeutschen Parlament anzubahnen. 
Schwurgerichtsverhandlungen 
vom III. Quartal 1870.. IJ 
Sitzung vom 26. Sept. Anklage gegen Ludwig Stutz, 34 
Ite alt, lediger Waqner von Kettrichhofe, wegen Todtschlags. — 
natsbehörde Herr Staatsanwalt Munzinger. Vertheidiger Herr 
awalt Keller. — Am Nachmittag des 18 Mal abhin kam der 
Schlaghüter Keim von Erlenbrunn zu dem dorligen Oberforster 
deim, mit der Mittheilung, daß er in der Salzdelle eine Bache 
nit Frischlingen gespürt habe, und er wolle deßhalb dorthin auf 
den Anstand gehen. Der Oberförster beftärkte ihn in seinem Vor⸗ 
jaben und gab ihm deßwegen sein doppelläufiges Lefaucheux nebst 
1Patronen. Gegen 4 Uhr verließ der Keim die Wohnung des 
Iberförsters, um den Pürschgang anzutrelen, der sein letzter sein 
ollie. Abends kam er nicht mehr zu dem k. Oberförster, was 
war demselben auffiel aber ihn nicht beunruhigte Dagegen erhielt 
erselbe am folgenden Morgen vor 7 Uhr schon die Nachricht durch 
Schlaghüter Sauer, —EXL 
dohl liege, voruuf I die Anzeige bei dem Landgericht in 
Pixmasens machte, das auch sogleich die Ortsbesichtigung vornahm 
ind solgendes constatirte: Die Leiche lag auf dem Gesichte, das 
defaucheur langs der Leiche und war noch geladen, aber die beiden 
Hahnen gespannt und ebenso wurden die vier erhaltenen Patronen 
noch unabgeschossen gefunden. An der Leiche wurden 14 Schrot⸗ 
chußwunden gezaͤhlt und zwar 4 leichtere und 10 bedeulendere, 
vovon 4 geradezu tödtlich waren. Als der k. Oberfdester die 
deiche und die zurüggelassenen Spuren sah, sprach er sich mit aller 
Bestimmtheit dahin aus, daß der Augetlagte der Thater sei, da 
derselbe als gefährlicher Wilderer dem Forstpersonale belann⸗ fei, 
vorauf der k. Landgerichtsassessor die Verhastung desselben anord⸗ 
nete. Vom Gewifsen geplagt, gestand Stuß endlich: Er sei eiwa 
um halb 4 Uhr des fraglichen 18. Mai, sum zu wildern. vom 
dettrichhofe weggegangen und zwar zunächst in den nahegelegenen 
Walddistrilt Winlerschacher, wo er seine kinläufige Flinte sammt 
Schießbedarf unter einem Felsen versteckt gehadt halte. Daselbs 
wäre er bis gegen 6 Uhr geblieben und habe dann mit der Flinie 
und dem voöͤthigen Schießbedarf versehen, den Purschganq angetre⸗ 
ten. Als er an die rothe Hohl gekommen sei, ware ihm, ohne 
»aß er vorher etwas bemerli hätte, der Schlaghüter Keim in einer 
Entfernung von 15 Schritten entgegengetrelen mit den Worlen: 
„lüderlicher Stutz“, worauf er erwieder: Du bist vielleicht noch 
üderlicher als ich“; darauf habe Keim zum Schießen anlegen wollen 
ind sei auch bis zur Brust mit dem Gewehre gekommen, aber in 
demselben Moment habe er sein Gewehr gegen Keim gewendet, u. 
ohne anzulegen und ohne zu zielen Feuer gegeben, worauf Keim 
zu Boden stürzte. Der Keim hätte zwar nicht auf ihn geschossen 
aber er hätte annehmen müssen, daß er auf ihn schießen wohlte n. 
er habe geglaubt, diesem Schusse zuvortommen zu müssen, aber die 
Absicht zu 15dten hätte er nich, gehabt. Nach dem Schuß sel er 
in den Wald,. um hemzukehren, habe aber keine Ruhe über das 
eudliche Loos Keims gehabt und sei deßwegen in eine großen 
reise zur Leiche zurück und habe sich überzeugt, daß Keim todi 
iei. Vei diefem Geständnisse dlieb der Angeklagte guch in der heu⸗ 
igen Verhandlung und fügte noch bei, daß er die Schwere seines 
Verbrechens einsehe, dasselbe bereue und deßwegen selsst lebensmude 
ei. Stutz wurde zu 16 Jahren Zuchtbaus verurtheilt. 
r⸗ —— 
f Zweibrücken, 4. Oct. Die Schwurgerichtsderhandlun⸗ 
zen für das vierte Quartal von 1870 werden am 5. December 
unter dem Vorsiß des Heren Appellralhes Kieffer beginnen. 
FKoblenz, 2. Oct. Die Fortschritte der franzofischen Cidi— 
lisation tragen bereits in Deusschland ihre Früchte. Im Laufe der 
verflossenen Tage wurden im Gefangenlager auf der Wahner Haide 
wei Turcos von zwei gesunden Weltbürgern glüclich entbunden. 
Die Damen trugen die Uniform der Turcos und blieb ihr Ge⸗ 
chlecht bis zur Niederkunft unentdecht. (Fr. J. 
tNeuwäed, J. Oct. Auf tiner Partie in Saynthal fieht 
nan vor dem Etablissement Krupp's Granaten größten Kalibers 
liegen. Sie haben die Form eines vorn Jugespitzten Cylinders, 
messen üher drei Fuß in der Läuge und 14. Foll im Durchmesser. 
Mit der Füllung, bestehend zus 70.Pfund Pulbver, wiegen sie 
739 Pfund. Es sollen hundert, dieser Boubons bestellt sein und 
mit aller Raschheit angefertigt werden. 
„J, Bei Ueberadern (Ogerditr)- schwammen zwei aus In⸗ 
jolstadt entsprungene Franzosen über die Salizach; einer ertrank, 
der andere kam nact und von Hunger erschöpft zu einem Bauern 
and ersuchte um Aufnahme und polizeiliche Anzeige. 95 
.Rouen, 4. Oct. Letzte Nacht entgleisle bei Creiot zwi⸗· 
chen hier und Amiens, ein Eranzösischer) Mililärzug wodei 18 
Soldaten ihren Tod fanden und 415 mehr oder weniger schwer 
derletzt wurden. 
F Aus Ay berichtet eixe Champagnerfirma an ihre Geschäfts⸗ 
freunde: „Wir sind mit der Weinlese sehr beschäftigt, worin uns 
die durchziehenden Truppen nicht allein unbehelligt gelassen, sondern 
elbst geschützt haben, Ich freue inich, Ihnen diese Thutsache mit⸗ 
deilen zu können, wofür die ganze Welt den preßischen Militär⸗ 
Thefs dankbar sein wird. .. 
F Die große Kapitulation von Sedan stellte die Beendig ⸗ 
ing des deuisch⸗französischen Krieges in nabe Aussicht un