Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter AAnzeiger. 
het St. Fagber Anzeiger (end das mit dem Hauptblatie verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnerstags und Sonntagb⸗ 
snmer erscheint woͤchentlich vie vm al Dienstag, Donner stag, Sams tag und Sonntag. Abonnementspreis vierteliäahrig 42 Krzr. oder 
18 Silbergr. Anzeigen werden mit 83 Krzr. die dreispaltige Zeile Vlattschrift oder deren Raum berechnet. 
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Dienstag, den 11. Oktober i ehin et —1870. 
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.Deutschland. 
München. 7. Oct. Die Entschädigungsforderungen, welche 
ie aus Frankreich ausgewiesenen bayerischen Staatsangehörigen 
im Ministerium des Aeußern angemeldet haben, sind außerordent⸗ 
ich beträchtlich und belaufen sich, wie man uns sagt, auf weit 
Jehr als eine Million Francs. Recht bezeichnend ist, daß vorzüg⸗ 
ich diejenigen Franzosen, welche den Deutschen Geld schuldeten, 
je Vertreibung derselben als eine nationale Angelegenheit verlang⸗ 
en und bei ihrer wirklich bald darauf befohlenen Vertreibung den 
aößten Eifer und die möglichste Energie für ihre schleunige Fort⸗ 
ringung aus Frankreich entwickelten. Zur gemeinsamen und ener⸗ 
ischen Betreibung der angemeldeten Forderungen hat sich aus den 
heiheiligten ein Comite gebildet. 
München, 8. Otlt. Mit Rücksicht auf die gegenwärtigen 
zZeiwerhältnisse wird die Volkszählung in Bayern für Zollvereins⸗ 
dede,welche den bestehenden Bestimmungen gemäß im Dezember 
J. vorzunehmen wäre, auf Dezember des nächsten Jahres ver⸗ 
egt werden. 
Der Rabbiner Blumenstein von Mannheim ist auf 
oͤhere Berufung in das deulsche Lager vor Mez gereist. um sein en 
a'der Armee dienenden Glaubensgenossen am Versöhnungstfeste 
nen Feldgottesdienst zu halten und während des Kriegs als Feld⸗ 
abbiner bei der Armee zu bleiben. Unter den vor Metz liegenden 
truppen sollen fich etwa 4000: Israeliten befinden. 3 
Stuttgart, 8. Olt. Der „Staatsanzeiger meldet amtlich: 
die württembergische Regierung erachtet den Zeitpunkt für die 
deugestaltung der deutschen Verhältnisse als gekommen. Der König 
a bercit für die Einigung Deutschlands die nöthigen? Opfer zu 
xingen. Umwandlung der bisherigen mehr internationalen staats⸗ 
echtlichen Verhältnisse, verhältnißmäßige Einigung Deutschlands 
nit Centralgewalt, ein deutsches Parlament mit gemeinsamer, be⸗ 
immt begrenzter Gesetzgebung und einheitlichem Heer, wurde in 
sen Minister⸗Verathungen einstimmig als Ziel erlannt. Die Prüfnna 
zer Versassung des Nerddeutschen Bundes ergab die Ueberzeugung, 
zaß dies Ziel auch ohne unveränderte Annahme aller Bestimmuagen 
diefer Verfassungsurkunde zu erreichen sei, namentlich wäre freiere 
ßewegung der Einzelstaaten in finanzieller Beziehung und Verwaltung 
vünschenswerth. Die Münchener Besprechungen siund geeignet die 
hoffnung zu begründen, daß die erstrebte bundesstaatliche Einigung 
xzielt wird 2 
NaAriAsruche, 8. Och. Die„Karlsr. Ztg.“ enthält ein 
Telegranrm ang Luneville, 8. Oct., on den Großherzog welches 
neldet; Etival, 7. Oct. Gestern fand ein fiegreiches Gefecht bei 
St. Remy und Nonspatelice gegen franzöfische Linie und Mobil⸗ 
jarde statt. Der Feind ist nach 4 Uhr in voller Flucht auf 
Kamberdilliers zurückgegangen. Im Gefecht waren diesseits 6 
Zataillone, 2 Estadrons, 2 Batterien,. Der Feind war 14000 
Nann stark. Diesseitiger Verlust 20 Offiziere, 410 Mann todt 
ind verwundet. Feindlicher Verlust mehr als dreifach. 6 Offi⸗ 
jere, 600 Mann, meist Linie, underwundet gefangen. 
garlsruhee, 8. Oct. Die „Karlsr. Ztg., meldet: Alt⸗ 
zreisach, 8. Oct. Gestern Abend von 9 bis halb 12 Ubr heftiges 
hombardement Neubreisachs von drei Seiten, Großer Brand da⸗ 
abst. Soeben wieder Foͤrtsetzung des Bombardements. Altbreisach 
st bist jetzt üuberührtt.— —— 
Freiburgii. Br., 8. Oct. Neubreisach hat die U ebergabe ..... 
erweigert. Dasselbe wird vorerst mit leichtem Geschütz von ver⸗ Frankreich. J 
diedeuen Seiten seit gestern Abend bombardirt. Die Stadt brennt nineo uü'r s, 6. Olt. Aus Mans wird gemeldet: Bedeutende 
in verschiedenen Stellen. feindliche Streitkräfte mit zahlreicher Artillerie haben Parcy sur 
Berlin, 6. Octk. Die Volks⸗Zeitung schreibt: Wie wir Eure und Vernon nach kräftigem Widerstande der Nationalgarde 
ören hat ein' durch seine Hochherzigkeit betannter Rheinländer besetzt. — ‚La France“ ertlaͤrt gegenüber böswilligen Geruͤchten 
ür die Deutsche Juvalidenstiftung einen Beitrag von 100,000 die Haltung des Generals Uhrich als eine tadellöse. Die Uehergabe 
khlrn. Lingesendet. Aus Mexiko ist für dieselbe Stiftung eine ersten der Stadt Straßburg wurde von dem Kriegsrath mit allen gegen 
date dou 23,000 Thlrn, eingegangen. 4 J A beschossen. 
Bertli'n, 7. Okt. (Officiell) Versaillles, 6. Ott. Gestern/ Tours, 8. Oct. Naqh Mittheilungen der hiesigen Regier⸗ 
datrouillengefechte der gegen die Loire streifenden. vietien Kavallerie⸗ ung ist Gambetta per Luftballon in Amiens eingetroffen. 
dibision. 1500 Mobilgarden wurden von der sechsten Kapallerie⸗ Tours, 9. Oklt. Die Regierung verbreitet folgende Nach- 
Divifion aus der Gegend von Montfort vertrieben. — Vor Paris 
fiel am 5. und 6. nichts Neues vor. 
Berlin, 8. Oct. Gutem Vernehmen nach hat das Staats- 
ninisterium beschlossen, den neuen Laͤndtag gegen Mitte November 
inzuberufen. Die Wahlmännerwahlen sind gegen den 25. d., die 
Abgeordnetenwahlen für die ersten Ta ze des Nodember beabsichtigt. 
In der Bank zu Straßburg wucden 10 Millionen baar 
Gold und Silber) dorgefunden. Der Bantkdirektor läugnete das 
Borhandensein von Baarvorräthen; er wurde verhaftet und seine 
kochter gestand in der Angst. das Geld sei in den Kellern der 
gank vermauert. Außerdem wurden zwei Kriegskassen von 4, resp. 
5 Willionen mit Beschlag belegt. 
In dem großen Fabriksort Mogeubd re zwischen Metz und 
Thionville sind der Fabrikbesitzer v. Wendel und sein Juspektor 
perhaftet worden, weil sie Einverständnisse mit der Besatzung von 
Thionville unterhielten. 
Berhim, 8SOct. Hauptquartier Corny vor Metz, 8. Okt. (Offi⸗ 
iell.) Der Feind griff gestern Nachmittag 2 Uhr über Voippyh die Di⸗ 
»ision Kummer an. Heftiger Tampfbis in die Nachst. 
Der Feind wurde überall mit großem Verlun zurüdhg e— 
schlagein. Die 9. Infanterie-Brigade und Theile des 10 Corps 
zriffen kräftig ein. Vom Feinde fochten auch Garde-Truppen. 
Hleichzeitig entwickelte der Feind auf dem rechten Moselufer mehrere 
divisionen gegen das 1. und 2. Corps. Es war dort lebhafte 
danonade. Die Verluste namentlich der Division Kummer und des 
10. Corps sind auf 500 Mann, die des 3. Corps auf 130 Mann 
zu schätzen. 
Briefen aus Labn zufoige hat ein preußisches Kriegsgericht 
den Maire der Stadt, Ferrand, wegen der Explosion der Citadelle 
zum Tode verurtheilt, aber die Strafe ist auf Fürsprache des Erz⸗ 
hischofs von Rheims in eine andere umgewandelt worden. 
Wie Berichte aus Amiens vom 4. October melden. wäre 
es bei Brette uil beinahe zu einem Kampfe zwischen 2580 Mann 
des deuischen Corpßs. das iu Benubais steht; und einer Ab⸗ 
hilung Franzosen gekommen. Letztere waren ungefähr 8000 Mann 
rark und bestanden aus den Mooilgarden der Marne und der 
Somme (darunter das erste Bataillon von Rheims, in welchem 
die bekannten Champagnernamen Roederer und Cliquot vertreten 
sind), einem Theile des 43. Linienregiments und mehren Dragonern 
Die Franzosen, welche die 250 deutschen Reiter, die von Beauvaigß 
aus auf Recognoscirung gegangen waren, für den Vortrab einer 
zrößern Armee hielten, geriethen sofort in Angst und Schrecken, 
ind ungeachtet der Bemühungen: einiger ihrer Officiere, fie zum 
Stehen zu bringen, gingen sie alle durch, ohne auch nur einen 
Flintenschuß gethan zu haben. Ein Theile derselben“ wandte fich 
aach Arras, die übrigen nach Amiens, und die sie begleitenden 
Geniesoldaten sprengten überall die Brücken und Tunnels. 
Königsberg, 7. Ott. General Vogel v. Fallkenstein hat 
'olgenden Gouvernementsbefehl erlassen: „Das Verbot der Ver—⸗ 
ammlungen der socialdemokratischen. Partei ist aufgeboben. Ich 
erwarte aber, daß die überwacheunden Polizeibehörden mir anzeigen 
werden, welche Perfonen durch offene Kundgebungen Frankreich im 
Widerstande gegen die von Deutschlaud gestellten Friedensbeding 
angen ermuthigen, also der Kriegführung des Feindes dienen, um 
solche Personen während des Kriegszustandes. uuschädlich machen 
zu können.