St. Ingberler Anzeiger.
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MIG 1870.
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Die Regierung der nationalen Vertheidigung.
Wenn die Maͤnner, welche jttzt als Machthaher Fraakreichs
‚aftehen, indem sie sich als Repräfentanten der Republckaner des
andes betrachten, die Aufgabe erhalten hätten, den Republikanis—
mis in den Augen der Welt recht gründlich zu compromitiren? sie
zerdienten einen ganz besonderen Ehrenpreis für die groöße Virtüosi⸗
aͤt, mit der sie diese Aufgäbe sysen.
Denn wenn der Republikanismus im Stande ift, Männer an
g Stellerruder des Stagtes zu bringen, die sa sehr wie die
Mitglieder der „Regierung der natsonalen“ vertheidigung“ nach allen
Zeiten hin politische und militärische Tollheiten begehen; — dann
duß wohl jedes Volk, in, welchem die Repuhlid noch nicht das
lertschende System ist, ausrufen; „Godt bewahre ins von allem
hoͤsen, aber besonders vor einer republikanischen Regierung!“ —
Wohin man in den Zuständen Frankreichs, die von diesen
Nannern geschaffen worden sind, auch blicken mag: überall wird
nan die Kennzeichen ihrer staatsmännischen Unfähigkeit finden, —einer
nfähigkeit, die schon nahe · an Unzurechnungsfaäͤhigkeif streift.
Anstait für den Foll, daß sie Patis gis Festung dertheidigen
ifsen wollten, den Sitz der gesammten Regierung von dort weg
u verlegen, spalteten sie diestlben derart, daß einige der Verwalt-
mgsressorts in Paris blieben und andere nach Tours gingen, 49
aaß sie jetzt nicht einmal zu giltigen Beschlüssen kommen können,!
venn sie nicht in Lustballons zu einer gemeinsamen Berathung und
Zeschlußfassung zusammentreten wollen! — Die Ressortchefs zu
kours können ihre Verodnungen nicht zur Keuntniß der Parifer
ind die zu Paris die ihrigen nicht zu der der Provinzen hringen.
dommt nun noch hinzu, daß zwischen den beiden außer Verbindung
chenden Regierungs Domicilen sogar eine Principieuverschiedenheu
intritt, wie eben jetzt wegen der Wahlen zur constituireuden Ra—
pnakversammlung, dann geräth die Anarch e die sich bereits über
frankreich auszubreiten beginnt, in das Stadium det Laͤcherlichkeit
belches wir sie durch die bekannte Luftreise des Herrn Gambetta
zetreten sahen.
VUeberull, wohin wir blicken, finden wir das, gleichzeitig von
net Revolntion und einem schweren Kriege heimgesuchte Fraukreich
afolge des leichtfertigen und frevelhaften Verhaltens dieser Regie—
ung in einem Zustande des Widerstreits, der Verwirrung und der
iufldsung.
Sie nennt sich schon seit länger als einem Monat die „Re—
jerung der nationalen Vertheidigung“; aber zu einer wirklichen
ertheidigung hat sie bis zu dieser Stunde noch nichts gethan, —
reilich aus dem einfachen Grunde, well sie unter den gegebenen
umständen. nichts dafür thun kann...
Nach der Proclamation Gambetta's ist in Paris alles nur
tgeñd Erforderliche vorhanden, um die deutschen Heere von Paris
a vertreiben; — warum vertreibt man fie aber nicht ? Worauf
barten denn die Pariser? — Etwa auf die beiden Armeen von
hon und von der Loire, die man mit vieler Mühe in einer
dStärke vou je 50560, 600. Mannẽ ungeübter und felduntüchtiger
Nobil- und Nationalgarden zusammengebracht hat? — Aber diese
nerden Paris nie zu sehen bekommen, da jede von ihnen — wie
ih in den beiden jüngsteu Gefechten gezeigi hat, — schon vor den
eutschen Abautgarden davonläufi.
Wie es überhaupt um die eigentlich militärischen Zustände
Frankreichs steht, geht wohl zurgenüge daraus hervor, daß kein
öherer Militär mehr zu finden war, welcher die Verantwortlichkeit
ir die Kriegsangelegenheiten übernehmen wollte, so daß man das
kriegsministerium proviforisch dem Minister der Justiz, Cremieux,
mem alten jüdischen Aobokaten, übertragen mußte, — bis ein aus
ben Personen bestehender oberster Kriegsraih constituirt ist, der
bdann zufolge seiner Vielköpfigleit die Verwirrung nur noch ver⸗
totzern wird.
Auch an neuen diplomatischen Dummheiten läßt' es diese
gietung nicht fehlen. Während sie von den Deutschen verlangt,
iz diese —V—
laboleon; der den Krieg begonnen hat, entthront ist, und sie die
Erbschaft desselben ablehnt, verweigerte sie die Wiederherausgabe
von Nizza an Italien, trotzdem dies Gebiet doch auch von Napo—
legn III. annectirt ist.“ In dem Punkte will sie sich die Erdschaft
des Kaisers wohl gefallen lassen, was sie jedenfalls auch gethan
haben würde, wenn Frankreich in dem Kriege siegreich gewesen
ware und das sinke Rheinufer erobert gehaht hätte—
Daß der Graf Bismarck dieser Regierung gauf eine so durche
chlagende Weise gezeigt hat, wie sie fasi zwei“ Mill dnen Menschen
)em sicheren Hungertode preisgibt. wenn sie Parig nicht eher capi⸗
ulfren 10ßt, als bis es durch di⸗ Aufzehrung aller Vorrãthe selberx
dazu gezwungen wird, scheint gar keinen Eiñͤdruck auf sie zu
nachen. — Sie fährt fort in ihrer eben so, unsinnigen wie der-
recherischen Weise ärger, als“ es die deuischen Heere zu thun ge⸗
wungen sind, gegen das eigne Land zu wüt hen, so daß man mit
Recht fragt: welche Strafe denn hart genug sein könnte, um diese
Maänner gerecht zu bestiafen, wenn das französische Volk — was
Junz ficher geschehen wird! — endlich zu der Einsicht kommi, daß
die Fehler und Verbrechen? des Napoleonischen Regiments hinter
denen der republikanischen, Regierung der nationalen Vertheidung“
noch Siriusfernen weil zurückstehen ⸗c zetehen
eesed —— — Au
.Zum Bombardement von Paris.
Die vollständige Einschließung einer so gewaltigen Stadt wie
Paris mit einer Einwohnetzahl. bon Zwei Millionen ist in der
Lhat ein wahres Wunder. Dieses hätte man nicht- annähernd
jeglaubt und zwar mit einem verhälinißmäßig kleinen Heere, wenn
dasselbe auch die respectable Ziffer von 265, 000 Mannn reprä⸗
entirt. Es ist um so mehr darüber zu erstaunen, als ein Kranz
von vortrefflich angelegten und zum Theile weit vorgeschobenen
Forts die Cernirung um so schweeriger macht. Wie Ludwig XIV.
seinen unübertroffenen, Festungser bauer. Vauban besessen, dessen
System noch heutzutage in der Fortification Anw. ndung findet.
so besitzt jetzt König Wilhelm seinen denkenden Schweiger, seinen
genialen Festungszertrümmerer und Strategen Moltke. Nach dessen
Angaben werden die furchtbarsten Geschütze vor Paris aufgefahren,
Seegeschütze, Kanonenungeheuer und gezogenen Pombenmörser,
welche zwei, drei und mehr centnerische Geschosse und bis in das
Tentrum der Stadt Paris“) schleudern. Man hat in der Nähe
des Forts Vont Valerien und an mehreren anderen Orten gün—
stige, hochgelegene und dem Feuer der Forts nicht ausgesetzte
Punkte gefunden, von welchen man Paris sehr wirtfam beschießen
kann. Wenn auch Gambetta seine 400,000 Mann Nationatgarde,
seine 100,000 Mann starke Mobilgarde und 60,000 Mann re—
zuläre Truppen aufmarschiren und 3800 Geschütze auffahren läßt,
und wenn er sich mit Victor Hugs und Louis Blanec in sanatisi-
renden Reden überhebt und unbesiegbar schildert, so werden diese
vahrhaft lächerlichen Illnsionen der Bevölkerung von Paris bald,
wie der Sand der Wüste durch den Samum zerstieben, wenn
rinmal die deutschen Ungeheuer um Paris anfangen' zu brüllen und
n die neu m Hausmann'sche Quartiere einschlagen. Wenn die
Pariser glauben, man wolle die Stadt schonen; so haben fie gar
ehr die Rechnung ohne den Wirth gemacht. Nördlich, westlich ünd
üdlich von Paris werden allenfallsige Erhebungen des Volkes zu
Nichte geinacht. So bei Orleans wurde die Loire-Armee durch ein
»eutsches Corps unter General v. d. Tann total geschlagen und
Vogel v. Faukenstein wird im“ Süden Frankreichs schon gehörig
) Der Mittelpunkt von Paris, bemerkt die Post“, liegt eine volle
Meile von den änßersten vorgeschobenen Befestigungen entfernt, seine Be⸗
chietßung mit gezogenen 24-Pfündern und den neuen Morseru ware dahe r
nicht möglich, deshalb hat man die Riesentanon en, welche nunmehr in den
Seefestungen entbehrt werden können, herbeigeholt. Es sind dies gezogene
Z2e und 96⸗Pfünder von 15-517 Fuß Rohrlänge nud 200 Cir. Gewicht
die 210 resp. 800 Pfund schwere Spißgranaten ca J Meile weit schießen,
venn man ihnen die nöthige Elevation gibt. Im Seekriege wäre das Shhießen
iuf solche Entfernungen eiwas unsicher, bei Bombardement des Pariser Häu⸗
ermeeres hätte man jedoch nicht auf Fehlschüsse Räcksicht zu nehmen und die
Wirkung gegen Gebäude muß eine furchivare werden