Sl. Ingberler Anzeiger.
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1870.
Deutschland.
München, 26. Okt. Die nördlichen Distrikte des Elsaß
thielten hald nach deren Olkupirung durch die deutschen Truppen
ayerische Perwaltungsbeamte, und zwar vorzüglich aus der Rhein—
nialz; so kamen Polizeicogmissäre (Staatsanwaltsvertreter) in alle
m der Südgrenze der Pfalz liegende Städte des Elsaß. Neuer—
sings wurden nun auch die Stellen des finanziellen Berwaltungs⸗
xenstes in Saargemünd, Niederbronn, Hagenau, Brumath und
Weißenburg mit Finanzbediensteten für das Steuer⸗ und Einrxegist⸗
irungswesen besetzt, und wurden hiezu Rechnugsrevisoren und
zleuereinnehmer au⸗ der Pfalz verwendet. Diese Maßregeln lassen
mnehmen, als oh diese Theile der wiederexoberten deutschen Lande
xei dem Friedensschlusse an Bayern kommen sollten.
Aus dem Hauptquartier des III. Armeecorps d. d. Ver⸗
auillhes, 27. Okt. (Officiell) Der Königin Augusta in Hom—
uurg: Diesen Morgen hat die Armee Bazaines und die
Festung Metz capitulirt. 150,000 Mann Gefangene in—
lusive 20,000 Mann Blessirte und Kranke. Heute Nachmittag
dird Armee und Garnison Gewehr strecken. Dies eines der wich⸗
igsten Ereignisse in diesem Monat, Dank der Vorsehung. J
Versailles, 28. Ottober. Von den Aufstellungen des
2. Corps im Osten von St. Denis wurde gestern gemeldet, daß
orgestern Nachmittag Kanonenschüsse von Montmartre nach der!
borstadt Vilette und mehrere Stunden lang starkes Gewehrfeuer in!
zen Straßen der letzteren beobachtet worden.
Versaitles, 28. Okt. Gestern Abend ist die Kapitula⸗
ion von Metz unterzeichnet worden. Victoriaschießen direct in Berlin
efohlen. Am 29. also nicht am 27. Oktober, werden die Stadt
ind die Forts besetzt. Gefangen sind 173,000 Mann,“ 8 Mar—⸗
chälle (Bazaine, Leboruf und Canrobert) und über 6000 Offiziere
Wilqelm.
Aus dem Hauptquartier des III. Armeecorps d. d. Ver⸗
ailbles, 21. Ott., schreibt man der Köhn. Ztg.“. Während
ich rings um Paris ein formidabler Artillerieparl versammelt, um
sen Forts und der Umfassungsmauer energisch zu Leibe zu gehen—
heini man im französischen Heerlager seine Sache auf weniger
eelle Dinge gesetzt zu haben. Meldet man doch, natürlich jetzt
erst nach erfolgter Einnahme der Stadt Orleans, allen Ernstes das
Juftauchen einer neuen Jungfrau, einer modernen Jeanne d'Arc,
delche sich urplötzlich an der unteren Loire gefunden, und welche
die Herzen der Franzosen mit neuem Muthe und neuer —R
fülle. Das begeisterte junge Mädchen, welches, wie ihre Vor⸗
jängerin unter Karl VII., Visionen hat und der Stimme der
Mutter Gottes gehorcht, hatte, scheint es, diesmal nicht nöthig, ein
tramen darüber zu bestehen, ob sie nicht etwa mit den „bösen
Mächten? in intimer Verbindung stehe. Dafür trägt auch die
jeue Jungfrau keine, Rüstung und kein Schwert, sondern einen
angen, schwarzen, kaftanähnlichen Mantel; wahrscheinlich, um so
die Trauer über die Lage des Vaterlandes anzudeuten. Man hat
hr auch den Oberbefehl der Loire⸗Armee bis zur Stunde noch
nicht anvertraut. Dennoch aber zieht sie an der Spitze der Trup⸗
zen, welche sich in Tours och befinden, einher und trägt ihnen
in seidenes Banner voran, auf welchem die heilige Jungfrau mit
sem Jesuskinde gemalt sind, so daß es fast den Anschein hat, als
ätten die Regisseure dieses neuen Wunders vom eifrigen Studinm
Nec. Schiller'schen Jungfrau von Orleans Nutzen gezogen. Die
dachricht, so fabelhaft sie klingt, ist in offizieller Weise hier ins
dauptquartier der Südarmee gemeldet worden und deßhalb jeden ⸗
alls auch werth, in Deutschland gekannt zu werden. Inzwischen
ährt General v. d. Tann fort, sich in Orleans wenig an die von
der Jungfrau ihm drohende Gefahr zu kehren. Er hal der reichen
Ztadt eine Kriegskontribution von 1 Mill. Franken auferlegt
ind die Stadt Etampes wegen Durchschneidung eines Telegraphen⸗
rahtes in eine Strafe von 40,000 Fr. genommen, während man
onst für dieses Vergehen nur 2000 Fr. einzutreiben pflegt. Das
dorgehen des Gegerals hatte jedenfalls zur Folge, daß die Stadi⸗
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hehörden sofort einen eigenen Sicherheitsdienst organisirten, um
* eest die Wiederholung von Vergehen und Strafe zu ver⸗
nüten.
Laut einem Genfer Telegramm der „Post“ vom 24. d. herrscht
im Do lbe, wo Garibaldi sich befindet, g: oße Unordnung. Die
tzehörden verlangen die Entwaffnung der Nationgl⸗ und Mobil-
jarden für den Fall, daß die Preußen anrüchen. — Das Berliner
Zzlatt glaubt, daß ein solcher Entschluß der noch 6 bis 7 Meilen
von Voray entfernten Stadt nur aus einer Niederlage des Gene⸗
al Cambriel oder eines seiner Unterbefehlshaber hervorgehen
onnte, deren Botschait dort eingetroffen war. Es stehe somit zu
rwarten, daß günstige Nachrichten aus dem Südelsaß uns bald
uugehen werden. — Die Stadt Dole, wo Garibaldi sein Haupt-
Juartier aufgeschlagen hat, ist ein wichtiger Eisenbahn⸗Knotenpunkt
im Doubs. Au der Linie ParisDijon-Neuenburg (:Schweiz)
ind im stumpfen Winkel zwischen Dijon und Besancon gelegen,
weigt sich eine Eisenbahn noch letzterer Stadt ab. Zwei andere
Bahnen führen aus der Nähe von Auxonne (westlich) und Or—⸗
hamps östlich, über Grah nach Norden zum Anschluß an, die
rin ie Mühlhausen-Belfort⸗Paris und so gegen die Vogesen, eine
indere rückwärts nach Mouchard an die Linie Beljort Besancon-
dyon. Zur Sammlung und Formation eines Armeekorps sscheint
der Ort sohin sehr geeignet. Es ist bereits mitgetheilt worden,
daß Garibaldi dort jetzt mit der Aufstelung vpon drei Brigaden,
die aus „allerlei Volk“ bestehen, beschäftigt ist. Welches Recht
diese Polen, Italiener, Spanier u. s. w. haben, sich in den Kampf
wischen Deutschland und Frankreich einzumischen, ist nicht abzu—
ehen. Diese Ansicht, meint die Karlsr. Zig. wird auch für die
eutsche Heexführung in Betreff der Behandlung dieses fahrenden,
Allerwelts Revolutions-Gesindels maßgebend sein. — Aus St Dié
Vogesen) im Oktober schreibt man der „Independance du Tarn“:
Die Compagnie der Franctireurs vom Jura wird sich mit der aus
dem Städtchen L... im Kanton Neufchatel vereinigen, die sehr
zute Elemente aufweisen kann. Beide zusammen werden, in der
Ztärke vou 140 - 150 Mann, sich in den Wäldern verborgen
jalten, um den Feind auf seinen Märschen zu beunruhigen und
hm die Zufuhren abzuschneiden. Man darf um so mehlr diese
Bereinigung für erfolgreich halten, als diese Truppe von einem
anerschrockenen Lieutenant gesührt. wird, und dieser Lieutenant ist
— eine Dame. Dieselbe, Postdireltrice in L., war früber Erzier
zerin in Polen und machte die Insurreküon gais Alanenhauptmann
() mit. Jeztzt ist sie Führerin der abigen Truppe, aber zugleich,
da sie sehr fromm () ist, versieht sie die Obliegenheiten des Seel⸗
orgers und Chirurgen bei derselben. Sie trägt bei sich eint
Verbandstasche, ein Crucifix und Gewehr nebst Revolber.
Wie offiziös aus Berlin gemeldet wird, proponirte Lord Gran⸗
zille den Waffenst illstand lediglich zur Verufung der Konstituante.
ohne Angabe der Dauer, der Grundlagen oder Stellung der Krieg⸗
führenden während desselben. Nach einem „Kondoner Telegramm
der Presse wird Englands Initiative in der Waffenstillstandsfragt
yon allen neutralen Mächten lebhaft unterstützt. Man nimmt in
dondon an, daß Thiers der, wie schon gemeldet, die Unterhand⸗
ungen führen soll, bereitz auf dem Wege aͤn das Haupiquartier
des Königs sei. — Das „Journal de St, Petersbourg“ betrachtet
das Hauptquartier in Versailles als schon einig mit Bazaine und
den Besuch des Generals Boher in Hastings nur als Konvenienj
im die Zustimmung der Kaiserin zum Programm der Befragung
)er Constituante über Frankeeichs künftiges Geschick zu erwirken.
Würde die Kaiserin refüsiren, dann dürfte Bazaine sicherlich nur
das, was das Heil des Vaterlandes erfordert, zur Richtschnur
rehmen, ohne jegliche andere Nüdsicht. — Auf deusscher Seite
verden die Waffenstillstandsbemühungen Englands gerade nicht mit
zesonderem Enthusiasmus aufgenommen. Die Nat.⸗Ztg. sagt in
ieser Hinsicht: „So wünschenswerth die Berufung einer konsti—
uirenden Versammlung wäre, so ist doch nicht abzusehen, wie die
VBerhandlungen im gegenwärtiges Augenblick einen günstigeren Ver«
auf nehmen sollten, als in Ferriéres. Es kann uns doch unmög⸗