SBl. Ingberier Anzeiger.
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38 I7. —S)onntaq, den 6. November 1870.
Deutschland. nachdem alle Lebensmittel daraus 'genommen, niederzubrennen.
Berbinm, 4. Nob. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ erklärt die Der Befehl ward pünkilich vollführt. Ueber 20 Feinde blieben
Zeitungsgerüchte füt unbegründet, welche von Meinungsdifferenden lodt auf dem Plate, die Üebrigen zogen fich fliehend in den Wald
wischen dem Grafen Bismarck und den militärischen Autoritäten jurück. Scheuern und Ställe, Boͤden und Keller wurden geleer!
in Bezug auf den Beginn des Bombardements von Paris wissen und dann der ganze, etwa 80 Häuser zählende Ort, den Flammen
vollen. und bemerlt dabei, letzteres sei bis jetzt lediglich darum übergeben. Das ist bereits das fünfte Dorf, das in Zeit von 12
anterblieben, weil nach militärischem Urtheil der vollständige Au Tagen hier in der Umg gend in derselben Weise und aus dem⸗
zriffsapparat noch nicht herbeigeführt sei. — Ferner bemerkt die elben Grunde der Vernichtung preisgegeben wurde. Mit jedem
Nordd. Allg. Ztg.“ in einer Besprechung des angebotenen Waffen⸗ Tag wird der Krieg schrecklicher. Der Fanatismus der Franzosen
stilsstandes umter Aufrechthaltung des status quo: der Einwand, Dedt die Wuth der Deutschen, die ibre Kameraden nur zu oft
daß die drohende Hungersnoth in der Hauptstadt den Franzosen durch die aus dem Hinterhalte kommenden Kugeln getroffen, tfodt
aicht gestatte, auf das Angebot einzugehen, sei nicht stichhal darniedersinken sehen. Freude an diesem Metzeln und Brennen hat
ig, da nach den Angaben der Belagerten selbst Paris ja bis zum Kiemand. Ofjfiziere wie Soldaten sprechen mit dem größten Wi⸗
15. Dezember mit frischem Fleisch versehen, und außerdem es gar derwillen von der jetzigen Art des Krieges. Aber die Armee muß
nicht nöthig sei, deß die constituirende Versammlung in Paris ju erhalten werden; Zufuhren lassen sich nicht bewerkstelligen, da bleibt
ammentrete. Die „Kreuzztg.“ ihrerseits widerspricht der Anschau⸗ nichts anderes übrig— als zu fouragiren und zu requiriren. Von
ang, nach welcher es der Stadt Paris gestattet wäre, während »en vielen Fürsten und Prinzen, die honoris causa mit in den
der Dauer des Waffenstillstandes sich zu verprovbiantiren: Paris rieg gezogen sind, halten sich bekanntlich die meisten in den Haupt⸗
werde dies nicht dürfen; im Gegentheil scheine die bedeutende Ver— Juartieren auf und glauben ihrer Pflicht genug gethan zu haben,
minderung der Lebensmittel, die während eines Waffenstillstandes wenn sie dem Kampf aus sicherer Ferne zusehen. Einen besonders
intreten muüͤtte, darauf hinzuweisen, daß beide Paciscenten der zuten Eindruck maqchen solchet Regel gegenuͤder die Ausnahmen und
Meinung' seien, während' des Waffenstillstandes oder baid nach zeichnen sich in dieser Beziehung besonders die Söhne des Prinzen
zer werde der Abschluß des Friedens erfoigen. Zuifpold von Bayern, Prinz Leopold und Priuz Arnulf aus. Der
Aus dem Haupiquartier Versailes, den 30. Okt schreibt Erstere hatte den ganzen Feldzug als Hauptmann und Chef einer
nan dem „Sch. M.“: Gestern war das Militär hier in allen Batterie mitgemacht; er war bei Wörth. Sedan und Orleans im
Zasernen konsignirt, man befürchtete namlich feitens des Feindes Feuer und theilte alle Strapazen und Eutbehrungen des Kriegs-
einen großen Aussall vom Mont Vallerien, Ich begab mich ebens mit seinen Kameraden. Prinz Arnulf marschirte als Unter⸗
sofort amf die Kunde davon noch St. Germain, n don ieutenant im I. Regiment aus München, machte als solcher die
dortigen. Terrasse. welche die schönste und herrlichste Aussicht ge Schlacht bei Wörth mit; dann zum Ordonnanzoffizier bei von der
vährt einem etwa ausbrechenden Kanipfe folgen zu können.“ Die Tann exnannt, war er in dieser Eigenschaft bei Sedan. Ein Fuß
zanze Bevölkerung von St. Germain war auf der Terrosse ver eiden zwang ihn sodann nach München zu gehen. Kaum genesen,
ammelt, und bei den wenigen Schüssen, die der Mont Valerien lehrte er zur Armee zurüch Seine gestern hier erfolgte Ankunft ist,
zon sich hören ließ, verklärte sich das Antlitz der Franzosen, in das mich zu diesen Bemerkungen verqulaßtc.
jer sicheren Ueberzeugung, daß die deutsche Armee ihren Umergang „Daily-News“ enthält eine ange Depesche, über die Kap i—
inden würde. Es geschah aber michts dergleichen, der Mom tulation von M etz und die derselben vorangegangenen Unter⸗
halerien hate wieder einmal gespaßt und sein Pulber unndthie handlungen. Sie sagt: Bazaine hatte sich mit der Bevölkerung
verschossen, . Die Waffenstillstandsfrage wird- hier ernstlich dis bon Mez stark verfeindet. Fast allenthalben herrschte die Ansichi,
ütirt, jedoch nut. auf der. Grundlage, die bereits Graf Bismardk daß Bazaine, ehe die Mehrzahl Feiner Kavallerie⸗ und Artillerie—
derrn Jules Favre vor wenigen Wochen in Ferrieres bezeichnet pferde geschlachtet war, sehr leicht einen erfolgreichen Ausfall hätte
sat:*“ Ehedie feindlichen Forts geräumt und don den deutschen machen können, und daß der Mangel an Eutschlossenheit einem
Truppen besetzt sind, ehe ein Theil unserer Armee in Paris siege „Komplot mit der Regentschaft zuzuschreiben sei, demzufolgeseine
reich einzieht, ist an Waffensiillstand und die zusammenhängende Armee bis zum Abschlusse eines Friedens im westlichen Frantreich
Finberufung einer Konstituante nicht zu denken. Täglich kommen mit Preußens Zustimmung in stabu quo hätte bleiben-sollen, um
Amerikaner hier an, die die Stimmung in Paris als ,enormemen- daun die Interessen der kaiserlichen Famlie aufrecht zu halten. In
0* bezeichnen, dagegen die Theuerung daselbst als eine geradezu der Stadt und selbst im Lager wurde Bazaine während der Ein—
vlossale schildern; die schönen Tage des Rindfleisches sind Jewesen schliezung nur äußerst selten, und in den Lazarethen niemals ge—
und Pferde und Esel gelten als Delikatesse. Die Herren wissen/sehen Selten oder nie sagteer ein Wort; um den Truppen Muth
aicht genug von der Brutalität der Pariser zu erzählen, mit zu machen. Canrobert suchte dies zuweilen zu thun, und dann
velcher man dort Deutsche behandelt, man geht soweit, Jeden, ciefen die Truppen: „Vire Canrobert!“ „à bas Bazaine.“
der „Favorits“ trägt, für einen. verkappten Prussien zu hal⸗ Schließlich — so sagt man — durfte er sich, aus Furcht. ermordet
sen, ihn zu verhaften oder den Mißhandlungen der Menge zu werden, seinen eigenen Soldaten nicht mehr zeigen. Zweifels⸗
ruszufetzen. F J ohne ist es der schrecklich lässigen Disciplin zuzuschreiben, daß die
Der „Frankfurter Zeitung“ wird aus Orleans, 23. Okt. lebergabe zu einer Zeit stattfand, wo noch Mundvorräthe für
nurch H. Voget geschricben: Eine Requisitionskolonne, die gestern ine ganze Woche da waren. Waͤhrend der Stab geradezu praßte,
swas abseits vom Wege drang, wurde einmal wieder durch ein and mah am Morgen des 29. fünf vor Hunger gestorbene Sol
dleingewehrfeuer attaktirt, das jedoch nichts Anderes bewirkte, als alen in Montigny, und am nämlichen Tage wurde der ganzen
ie Einäscherung des unglücklichen Dorfes. Das Schießen zog Urmee Proviant für 4 Tage ausgetheilt, nachdem sie 2 Tage vor⸗
änilich sofort einen Theil der bei Olivet liegenden Infanlerie her zer nichts zu essen gehabt hatte. Anfangs fütterte der Geůüeral—
ei. unter deren Schutz die Kolonne gegen das Dorf vorrückte. Nach lab seine Pferde mit Brod, und wären die Vorräthe vernünftiger
albstündigem Kampf. und nach Verlust von 9 Mann waren die jehandhabt worden, so hätte die Festung noch einen Monat län—
jayern Herren des Orte. Es war das erste Mal, daß die Franc; zer aushalten können. In der Stad Hallein sind während der
ireurs so wenige Stunden von Orleans einer groͤßeren Abtheilung Belagerung 35900 Menschen gestorben, meist aus Mangel an or—
zufanterie längeren Widerstand zu leisten suchle;ꝛ. Da die Be— dentlicher Pflege. Als die Uebergabe bekannt wurde, war die
dohner des Dorfes mit am Kampfe Theil nahmen und zwar Bevölkerung wüthend. Die Nanonalgarden weigerten sich die
jeselben Leute, die sich am Tage zuvor besonders friedlich und Waffen zu strecken, ein Dragonerkapitäu ritt am 27. Nachmittags
eiuüthig. gezeigt hatten, ward befohlen, Alles, was nur den Ver⸗ an der Spitze einer kleenen Truppe durch die Stadt, weiche schwo⸗—
uch der Vertbeidiaung machte, niederzuhauen, den Ort selost aber, reu, eher zu sterben als sich erzeben zu wollen, und ein Frauen—