Full text: St. Ingberter Anzeiger

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der S Jagbe eer Auiei g e r (und dad mil dem Dauptblatte verhundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags-, Donnerstags⸗ und Sonntage⸗ 
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K75c. Samstaa, d·r·ribhee 1870. 
—3* —— Deutschland. —— ——s 
Muünchen, 8. Nov. (Offiziell.) Pruntrut, 8. Nob. Die 
kinschliezung Beiforts dauert fori. Die Franjosen schossen aut 
Iim Fort La Justice die Dörfer Chevremont und: Vezelsis in 
hrande 
Manchen, 9. Nov. Die Verhandlungen in Versailles be⸗ 
zaͤglich der nationalen Ordnung der deutschen Einigungsfrage sollen, 
e mit wvon sonst gut unterricht⸗ter Seite mitgetheilt wied, den 
dom deutschen. Voile gewünschten Fortgang nicht nehmen, und 
jeslen hieran hauptsächlich die Forderungen der Vertreter der bay⸗ 
erischen Regierung die Schuld tragen. Wuüͤrttemderg, das anfäng 
ich hewilll war, die norddeutsche Bundesverfassung einfach anzu⸗ 
ehmen, d. h. in den norddeutschen Bund, wie er leibt und lebt, 
uinzutreten, hat sich nun auch auf die Hinterbeine gestelt und 
nacht dieselben Prätensionen, wie Bayern. d. b. wie dessen Mi⸗ 
nister; denn was. das bayerische Volk will, geht klar: aus den 
massen haftlneinlaufenden Adressen hervor. Von bayerischen Mini⸗ 
dern sollsich Hr. v. Pranckh am nachgiebigsten zeigen, wenigstens 
was sein Ressort anbelangt; und so könnte schließlich der moͤgliche 
Fall eintreten, daß das Ende vom Liede nur eine Militärlonven⸗ 
lion wäre. s 
Saarbrücken, 9. Nov. Nachrichten aus Versailles mel⸗ 
den? Der preußische Militärbevollmächtigte in St. Petersburg, Ge⸗ 
neral v. Werder, ist im Hauptquartier eingetroffen und wird daselbst 
angere Zeit verweilen. Ebenso ist der Erzbischof Ledochowski von 
bosen in Verfailles eingetroffen. 
Ferantfurt' 9. Nov. Briefliche Mittheilungeen aus Kas⸗ 
el melden, daß der Kaiser Napoleon seit zwei Tagen das Bett 
jütet. Die Krankheit soll bedentlich sein, da Dr. Conneau, Leib⸗ 
arjt des Kaisers, die Consultation eines Kasseler Arztes verlangt 
hal. (N. W. T.) 
Stuttgakt, 8. Nop. Das Südd. Corr.Bureau meldet: 
unsere Münchener Quelle vervollständigt ihre Mittheilungen vom 
J. Nov. über die Verhandlungen in Versailles und berichtet ferner: 
Die süddeutschen Staaten treten vollständig in den deutschen Bund 
zuf · Gruudlage der Rordbundsverfassung ein. Sie acceptiren dus 
ju erwerternde. deutsche. Oberhaudelsgericht in Leipzig. die allgemeine 
Freizügigkeit, sowie freie Wahlen der Kriegsdienstpflichtigen über 
zen Ort der Ableistungen derselben, norddeutsches (no h zu ergän⸗ 
jendes) Strafgesetzbuch. Die norddeutschen Gesetze vom 13 Mai 
1870/ doppelle Steuerleistung betressend, vom 16. Juni 1870 üpver 
die Ausgabe von Papiergeld, vom 10. Juli 1869 über Wechfel . 
zempelsteuer, ferner vom 14. Juui 1868, schleswig⸗holsiei ische 
Penfionen betreffend, vom 3. März 1870, Elhbzölle betreffend, so⸗ 
vie uber allgenmeine deutsche Marine-Anleihe sollen sofort in Kraft 
reten, desgleichen die Bundesgesetze vom 1.. Juli 1868 über 
Aufhebung der Spielbanken, dom 7. April 1869 über Maßregeln 
gegen die Ninderbest, vom 1. Juni 1870 über Flößereiabgaben u. 
adlich das Geseß vom 8. Juli 1869 über die Gleichberechtigung 
der Fonfessionen. Gemeinsames Nalionalindigenat soll auf dem 
Wege der Deutschbundesgesetzgebung alsbald eingeführt werden; 
Wahlen zum deutschen Vollparlament dürften in Kurzem angeordnet 
werdenẽ .6* —VV — WM 
Berhin, 8. Nov. Mittelst Rundschreibens an die Ver— 
treter des norddeutschen Bundes im: Auslande notifiirt Graf 
Bigmarck den auswariigen Mächten das Scheitern des Waffenstill⸗ 
tandes und den Beginn des Bombardements von Paris. — Thiers 
nußte in Paris durch Schildwachen vor dem tobenden Volke ge⸗ 
schützt und bei: seine- Abreise von starker sNavallerie Bedeckung es⸗ 
hortirt werden. — Die Königin tehrt nächste Woche aus Homburg 
rückt —M 
Berxlin. 8. Nop. Eine Depesche des Boͤrsen ˖ Couxier aus 
Versailles meldet: Die kürzlich bentilirte Idee der Einberufung des 
aorddeutichen Reichstages nuch Versailles ist aufgegeben, dagegen 
st die Berusung desseiben nach Straßburg und Bismarc's Reise 
vahin zut Eröffnung wahrfcheinlich. — Eine Creditvorlage fuͤr den 
—X 
Berlin, 9. Nov. Heute finden im ganzen Lande die Ur⸗ 
vahlen zum Abgeordnetenhause stait; acht Tage später werden die 
Deputirten selbst gewählt. —W 
Der „Berliner Volkszeitung“ wird aus Straßburg vom 2. 
d gemelder: In Folge der Aufhehung Seitens katholischer Geist⸗ 
lichen wurden sieben Wehrmänner unseres 14. Landwehrreg.inents, 
velches Neu⸗Breisach zernirt, in ihren Quartieren meuchlings er⸗ 
chossen, Die Rädelsführer, dret Geistliche und sechs Bauern, wur⸗ 
den gestern unter starlen Eskorte hier eingeliefert. —A— 
Beriin, 9. Kob. Die „Prov. Corr.“ schreibt: Die Be— 
cufung des Reichstages behufs Beschlußfassung über die weiteren 
jur Kriegführung noͤthigen Mittel, sowie den Eintritt der Süd⸗ 
ttaaten in den Norddeutschen Bund ersolgt vermuthlich gegen den 
20. November. Der Eintritt Hessens, Badens und Württembergs 
ist in sicherer Aussicht. Die Beziehungen Bayerns unterliegen noch 
deileren Verhandlungen. Genauere Bestimmungen über die Reichs⸗ 
jagssession können nur unter Berüchsichtigung der nächsten Aufgaben 
auf dem Kriegsschauplatz getroffen werden. 
Berlrn, 9. Novb. Bezüglich des Angriffs auf Paris sagt 
die Provinzial Correspondenz: Der Befehl wird gewiß in dem 
Augenblick ertheilt werden, wo es unter Berüchsichtigung aller be⸗ 
treffenden Verhältnisse, namentlich auch der weiteren inneren Ent⸗ 
wicdelung in Paris angemessen erscheint. 
Berlin, 6. Rov. Der Kronprinz von Sachsen wird 
nach beendetem Feldzuge ebenfalls zum Generalfeldmarschall ernannt 
werden. (W. W). 
Colmar, V. Nov. (Offiziell.) Montbeliard (deutsch): Möm⸗ 
pelgard ist zur Sicherung der Cernirung von Belfort ohne Wider⸗ 
stand heute besetzt worden v. Treskow. 
Versaittes, 8. Nov. (Offiziell.) Bei Berthenah zwischen 
—öX 7. Nov. 
Abtheilungen der 9. Infanteriebrigade auf Mobilgarden. Verlust 
des Feindes: 70 Mann todt und verwundet, 40 Gefangene; die⸗ 
seits 2 Verwundete. v. Podbielsli. 
Aus dem Hauptquartier in Versailles d. d. 2. Nob. 
Ueber den Ausfall der Franzosen von St. Denis und den Kampf 
um das Dorf Le Bourget bei Paris, dessen unglücklicher Ausgang 
ür die Franzosen auf die Stimmung ir der belagerten Haupistadt 
einen so durchgreifenden Einfluß übte, entnehmen wir einer Korre⸗ 
pondenz der sKoln. Ztg.“ Folgendes: Im Kampfe war auf 
deutscher Seite die preuß. Garde, und zwar das Konigin⸗Augnsta⸗ 
und das CElisabethRegiment, vorzugsweise engagirt. Das Dorf 
Le Bourget liegt fast unter den Kanonen der detachirten Forts 
von St. Denis; es war daher nur sehr wenig besetzt; kaum von 
iner Kompagni⸗ im Ganzen. Als nun am 29. Ont. Abends der 
vuchtige Ausfall von französischer Seite geschah, kam es vor Allem 
darauf an, diese wenigen Truppen nicht unütz bloszustellen, und jo 
vurde ihr Rückzug entschieden. Am Morgen aber begann der 
igentliche Angriff von unserer Seite. Die Franzosen hatten die 
Nacht gut benützt und sich stark darin verschanzt, einzelne Häuser 
ogar in kleine Festungen verwaudelt. Dennoch stürmte das Koͤnie 
ine Augusta⸗Regiment den so befestigten Weiler mit unerhörter 
Ziabour. Le Bourget war genommen. Der Chef dieses Regiment3 
Oberst Graf Waldersee befand sich mit seinem Adjutanten Hrn. 
. Trotha hinter einein schützenden Hausvorsprung.: Da plötzeich 
Hwenten franzoͤsische Soldoten, welche bis dahin ein schrägüber 
elegenes Haus vertheidigt, weiße Tücher, als bäten sie um Gnade. 
Der Oberst und sein Adjutant treten vor. In diesem Moment, 
aum auf 15 Schritt Entfernung, werden beide Herren von Kugeln 
us jenem Hause mitten in die Brust getroffen und so meuchlerisch 
rmordet. Einen schnell zu Hilfe eilenden Oberstlieutenant trifft 
zasse ibe Schichsal. Auch er wird meuchlings niedergeschossen. Die 
Jjanze Szene hatte kaum drei Minuteun gedauett. Ein Mißverständ⸗ 
riß war nicht möglich gewesen, die Offiziersuniform allein hatte 
ie Moͤrder veranlaßt, diese Herrn auf's Korn zu nehmen. Graf 
Waldersee war einer der trefflichsten; Offiziere und stand, eben so 
vie sein Bruder, der Flügeladjutant, und seine ganze Familie in