Berlin, 16. Nop. Der Reichstag des Norddeuischen Bun⸗
des ift auf deu 24. d. Mis. nach Betlin einberufen. — Die
„Prob. Cortschreibt Es liegt nach wie vor, in der Absicht,
außer der Bewilligung eines Credits für die Fortführung“ des
rieges. die Ausdehnung des Norddeutschen Bundes auf die zum
Beitritt entschlossenen sübdeutschen Staaten zum Gegenstande der
Berathung zu machen.
Versailles, 12. Nov. In Orleaus find, wie ich höre
800 Krante und Verwundete vom General v. d. Tann zurückge.
lassen worden. Vor dem Ahzuge der letzten bayerifchen Dekachements
wurde die Stadt für das Schichal dieser Armen verantwortlich
gemacht uund ihr die furchibarste Strafe in Aussicht gestellt, wenn
diesen Leidenden auch nur das Gerinste geschehe. Die Stadt üher⸗
nahm mit Bereitwilligung jede Garantie. In vreidis vier Tagen
dürfte Orleans wieder von uns besetzt sein.
Einer Correspondenz der Nat. Ztg. aus Versailles entnehmen
wir den in Pariser Blättern abgedruckten offiziellen- Lebensm'ttel—
tarif Es kostet: Ein Kils (2 Zollpfuud) frische Butter 48 Fres
ein Kilo gesalzene Butter 14 Fres. geräucherter Schinken 16
Fres: Lyoner Wurst 32 Fres. Pferdefleisch 214 Fres. Fleisch
von Eseln und Mauleseln 6 Fres., eine Gans 25 Fres., ein
huhn 15 Fres. ein Paar Tauben 12 Fres., ein Kaninchen 18
Fres., eine Pute 55 Fres. ein Karpfen 20 Fres. ein Kohlkops
L Fres., ein Kopf Blumenkohl 2 Fres., ein Gericht Mohrrüben
2 Fres 15 C.. Bemerke man wohl, fügt die Correspondenz bei
daß die amtliche Taxe von Rindfleisch, Hammelfleisch ic. übethaup
nicht mehr spricht. Man mag sagen: das sind noch nicht die Zu⸗
stände einer absoluten Hungersnoth, jedenfalls aber die einer
Theuerung, durch welche für den „armen Mann“ die Möglichkei⸗
der Ernährung fast bis auf's Aeußerste in Frage gestellt wird.
Les Errues, vor Belfort, 16. Nop. (ffiziell.) Heut⸗
früh machten drei Bataillone mit 6 Geschützen einen Außfall aus
Belfort gegen Bessoncourt. Der Feind wurde mit Verlust von 200
Todten und Verwundeten und 58 Gefangenen zurückgewiesen.
v. Treskow.
Wisen, 183. Nov. In der Affaire des Pariser Traktats har
eine beruhigendere Auffassung der Situation platzgegriffen; die özster⸗
reichisch ungarische Regierung überläßt die diplomatsche Initiative
Rußland gegenüber dem englischen Kabinet
a Wien—. 13. Nod. Der türkische Botschafter konferirt un⸗
unterbrochen mit dem englischen Botschafter! Der italienische Gesandte
Minghetti wurde von seiner Regierung schleunigsi nach Wien
zurückbrorder. 7IIPester Llohd.) uiei
Wisen, 14. Nov. Da sich das russische Kabinet geweiger!
hatte, in dem Pariser Friedensvertrage vom 30. März 1856 die
Integrität des türkischen Reiches für die“ Zukunft förmlich“ zu ga⸗
rantiren, schsossen England, Oesterreich und Frankreich am 153.
April 1856 zu Paris unter sich einen solchen“ Vertrag ab, der
am 29. April ratifizirt, vom Reichsgesetzblattaber merlwürdiger
Weife nicht veröffentlicht wurde. Dieser Vertrag enthält folgende
drei Artikel: Art. 1., Die contrahirenden Mächte garantiren soli
darisch unter sich die durch den Pariser Vertrag vom 80. Miärz
1856 feierlich ausgesprochene Unabhängigkeit und Integrität des
ottomanischen Reiches. Art. 2. Jede Verletzung der Stipulationen
des Pariser Friedens wird von den Mächten, die diesen Vertrag
unterzeichnen, als Kriegsfall betrachtet. Art. 3. Die Ratifikationen
dieses Vertrages sollen innerhalb vier Wochen ausgewechseli werden
Unterzeichnet wurde der Vertrag: für Oesterreich von Buol⸗
Schauenstein und Hübnet; für Frankreich von Walewski und
Bourqueneh; für; Engländ von Lord Clarendon und Cowley.
iNR. fr. Pri)
Wien, 14. Nov. Gestern fand hier unter dem Vorsitz des
Kaisers ein Ministerrath satt, welchem neben den Reichsministern
auch die Ministerpräsidenten der beiden Reichshätften — Graf
Andraffy war aus Pest eigens dazu herbeschieden —n beiwohnten.
— Was üver einseitige, sehr entschiedene Schritte Englauds gegen⸗
über dem russischen Vertragsbruch schon derlauten will, darf als
unbegründet bezeichnet werden; England hat sich vielmehr geneigt
gezeigt, auch seinerseits den Weg der Vermittlung zu betreten, den
Desterreich als den den allgemeinen Interessen zuträglichsten erachtet.
. M. 3.) »81
Wien, 15. Nov. (Times). Graf Beust ist zu sofortigen di
plomatischen Schriften in der russischen Kündigungsfrage entschlos⸗
sen und wünscht idie Grafe Andrasshh eine Allianz mit England u.
Italien.
Die Wiener ‚N. Fr. Pr.“ bemerkt über die Vorgänge an
der Loire: „Einen Vormarsch von 80,000 Pann auf dem rechten
Ufer der Loire konnte ein einzelnes deutsches Armeecorps nicht
aufhalten. Das mußte das pieußische Hauptquartier wissen.
Warum es trotzdem in den neun Tagen, die seit der ersten Ent—
dedung der feindliche Bewegungen bis zum Gefechte bei Coulmiers
zerflossen sind, keine Verstärlungen nach Orleans geschickt, nicht
inmal die Division Wittich und Prinz Albrecht Vater von der
*v zum Tann'schen Corps zurückbeordnet hat, oder warum et
falls wirllich die Entsendung von Verstärkung unmöglich war, oĩ
wohl sie nach der Niederlage möglich gewesen ist, nicht d. d. Tam
zurücberief: das ist ein Räthsel, welches vielleicht erst nach den
Zriege gelösst werden wird. In manchen bayerischen Kreisen ba
hauptet man — so wird uns heute aus München geschrieben
daß v. d. Tann absichtlich einer Uebermacht gegenuͤbergestellt sei
zamit durch seine Niederlage der bayerische Widerstand gegen da
preußische Einigungswert gebrochen werde. Eine derartige Erklär
ung hat gerade natürlich so viel Werth, wie das in Frankreig
Jei jeder Niederlage? üblige Verrathsgeschtei. So glänzend dae
Situotion der deutschen Armee ist, sie ist' doch nicht so glaͤnzend,
daß man sich um polititischer Zwecke willen eine kleire Niederlag
gonnen sollte, und nirdends mehr dominiren die militäcischen ibg
)ie politischenr Rücksichen; als in preuß. Regierungskreisen· Man
jucht die Leistungen der beiden bayerischen Corps, sicher die bri
lantesten Partieen des Feldzugesnhernbzuwürdigen, sie als in
wesentlich darzustellen. Zunächst bestreitet man die unbestreitbat
Thatsache, daß 985,000 Bayern in Frankreich stehen; die bayherijche
Armee hälte bei Beginne des Feldzuges nur 60,000 Mann ge
zählt. Desto rühmenswerther wären ihre Heldenthaten. Aber nein
die „Weser-Zeitung“bemerlkt heute, daß es „ein vollständiger Im
hum“ sei, „zu meinen, Boyern habe in diesem Kriege gam außer
ordentliche Veistungen gemacht.“ Nun, die Bahern haben Weißen—
hurg gestürmt, bei Wörth den Ausschlag gegeben, bei Moujon
gloxreich gelämpft, durch den furchtbar blutigen Sturm auf Ba—
zailles die Kathastrophe von Sedan herbeigeführt, durch den Siet
bei Villejuif die Zernirung von Paris ermöglicht, durch den opfer
vollen Sieg bei Bagneuxr die Durchbrechung der Cernirungs ⸗Linie
oechütet, sie haben bei Artenay und Orleans gesiegt und jetzt siq
zlüchlich aus der Umarmung der 80,000 Mann starlen Loirt · Armet
geretiet. Daß diese Leistungen außerordentliche sind, kann wohl dod
lein vollständiger Irrihum“ sein ··· J
Wien, 17. NRov. Das, Telegr. Correspondenzbureau“ melde
aus Konstantinopel, 16.: Die russische Note ist gestern Abend über
geben worden; sie verlangt die Revision einiger Artikel des Ver—⸗
trages von 1856. — Die „Presse“ erfährt, die österreichische Aut⸗
wort auf das Rundschreiben des Fürsten Gortschakoff werde ball
ersolgen, dieselbe werde sich der Auffassung Englands vollkom⸗
men anschließen, ohne jedoch den Charatter der Identität an sid
zu tragen. . .
id enee 1333 38 Frankreich.
DernNouvelliste de Versailles“ enthält einen bemerlensmer
lhen Artikel über die gegenwärtige finanzielle Lage Frankreichs, der
— nach Angabe der Redaltion — aus französischer Feder stamm
und Aufsehen erregt. Wir theilen denselben in getteuer, deberseß
ung mit: „Die Milliarde, welche die französischen Kammern End
August votirten, ist schon verschlungen worden. Ein Sekretär deb
Gouvernement de la défense (Undere sagen dépense) national⸗
befindet sich auf dem Wege nach England, um den englischen Ka⸗
pitalisten die Unterschriften des Herrn Gambetta, Rochefort etc. an⸗
zubieten. Eine Milliarde in sechs Wochen, ohne den allgemeinen
Ruin zu rechnen! Man fragt sich, ist es möglich, daß ein große!
Land, wie das unserige, jede Kraft des inneren Widerstandes, je⸗
des Gefühl der Selbsterhaltung bis zu dem Grade derloten haben
fann. um sich durch eine von Zerstörungswuth beseelte Minderheif
Wahnwitziger in einen solchen Abgrund stürzen zu lassen ? Dit
Phrasen der provisorischen Regierung werden dald verhallt sein,
der Ruin wird bleiben; die Lüge wird erbleichen, und, Frankreid
vird ciner schrecklichen Wirklichteit, der Staatsschuls, gegenüber⸗
tehen. Schon hatten die Kriege Napoleons III. den Veirag der
ranzösischen Staatsschuld um 4 Milliarden vermehrt. ' Im Som
ner 1868 ließ die kaiserliche Regierung noch eine Ansleihe von
450. Millionen Fraͤncs votiren, angeblich bestimmt zur Vervolb—
tändigung der Bewaffnung zu Land und Meer, und so groß war
damals der Enthusiasmus der französischen Steuerzahler sür die⸗
en neuen Zuivachs der nalionalen Passiva, daß die Anleihe dier⸗
nddreißigfach gezeichnet ward! Es war also ein Kapital von 15
Milliarden, das sich auf einmal anbot. Man sieht, das Kaiser⸗
zeich handelte datei noch mit einer gewissen Schonung; es begnügte
sich, wie seine Finanz-Operateure sagten, „den Ueberschuß der kün-
tigen Einnahmen zu diskontiren“, wenn auch die Staatsschuld da⸗
vei um 492 Milliarden zunahm.“ Wir hoffen zwar,“ daß etwaß
früher oder später der Wohlstand Frankreichs wieder steigen wird,
und daß die unerschöpflichen Hilfsquellen des Friedens ihm ge
statten werden, den Bankerott zu vermeiden. Einstwellen aber
ehe man, mit welchen Verlusten der gegenwärtige Krieg (elbst
angenommen, daß der Friede bald geschlossen würde) die Zukunst
Frankreichs beschwert hat. Ein Journal in Bordegaux siellt solgende
Kechnung an:
— Franck
astungen zu Land und zu Wasset 18681870 1,006, 000, 006
zu übertragen Tooo doα