Full text: St. Ingberter Anzeiger

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—R 3* a berrter Anzesger (und das mit dem Hauptblatte verbundene unterhalnungsblatt, mit der Diensiags⸗, Donnerstagt⸗ und — 
ammer) ericheint woͤchentlich wi e xm al: Dienßtag, Donners tag, Samstag und Sonntag. Abonnemenispreis vierteljahrig 42 Krir. oder 
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83BI846. et Deerkatag, den 22. November 
Die Mericer Verträge vom 30. März 18568. 
Bekanntlich hat Rußland in die gegenwdärtige Weltlage durch 
in besonderes, mit den bisherigen Tagesfragen in keiner Verbin⸗ 
zung stehendes Auftreten einen Zwischenfall Webracht, der sich zu 
iner neuen Frage, die man die Schwarze· Meer⸗Frage nennen 
dnnte, zuzuspitzen scheint. J— 
.. Es handelt sich dabeir rüssischerseits um ein einseitiges Abgehen 
zoi iner der Bessimmungen, welche in den Parifer Verträgen vom 
en 1356, durch die der Krimkrieg beeudet wurde, enthal⸗ 
— 
Am unsere Leser in den Stand zu setzen, sowohl das Ver— 
jahren Rußlands wie auch die daraus etwa hervorgehenden inter⸗ 
zationalen Verhandlungen und Vorgänge richtig Iu beurtheilen, 
vollen wir ihnen heute die für die neue Frage maßgebenden Be⸗ 
timmungen der gemnnten Vecträge, die ihnen wahrscheintich nicht 
zenügend bekannt sein werden, möglichst ausführlich vorlegen. 
Der Krimkrieg, geführt vo n den verbündeten Mächten Türkei, 
Frankreich, England und Sardinien gegen Rußland, um den Ein⸗ 
zriffen der letzteren Macht in die Souveränitätsrechte der Türkei 
in Ziel zu setzen oder ein Ende zu machen, war durch den Fall 
Sebastopols so weit entschieden, daß sich Rußland zur Annahme 
)er ihm von den verbündeten Mächten dictirten Friedensbeding⸗ 
ingen verstehen mußte. ..... 
Der dadurch zum Abschluß gelangende Haupffriedensvertrag 
zom 30. März 1856 wurde — wie sich dies von selbst verstand, 
— einzig und allein vereiubart zwischen den kriegführenden Mäch— 
en, alss Rußland einerseits und der Türkei, Frunkreich, England 
ind Sardinien andrerseits. Er enthielt u. a. folgende Bestim 
nungen. — 
1) Die Pforte (Türkei) wird in das europäische Concert auf 
senommen und die Integrität des türkischen Reiches garantirt. 
Art. 7). . 
ea 2) Sollte eine der eontrahirenden Mächte mit der Pforte in 
Ineinigkeit gerathen, so hat sie, bevor sie zu den Waffen greift, 
zie Vermitteluög der übrigen anzugehen. (Art. 8). F 
3) Die Convention vom 13. Juli 1841, bezüalich der 
Schließung des Bosporus und der Dardanellen ist einer Revision 
unterstellt worden. Die Acte hierüber ist gegenwärtigem Vertrage 
ingeschlossen. (Art. 10.) 
4) Dus Schwarze Meer ist neutral und den Handelsschiffen 
iller Rationen geöffnet. Seine Gewässer und Hafen sind für 
mmer allen Kriegsschiffen verboten mit Ausnahme der Bestimm— 
ingen, welche hierüber in den Artikel 14 und 19 enthalten sind 
Art. 11) . 2. 
5) Rußland und die Pforte 'verpflichten sich, an den 
Afern des, Schwarzen Meeres keine Seearsenale zu ertichten 
Art. 13.)5 
6) Eine Convention zwischen Rußland und der Pforte über 
zie Zahl der keichten Kriegsfahrzeuge, welche beide Staaten zum 
Schutze der Ufer auf dem Schwarzen Meere halten dürsen, ist ge⸗ 
jenwaͤrtige n Vertrage angeschlossen. (Ait. 14) 
Zu diesem Hauptfriedensvertrage, der außer den Vertretern 
er contrahirenden Mächte auch noch von denen Oesterreichs und 
ßreußens urterzeichnet worden ist, wurden noch drei besondere 
Tondentionen als „Anschlüsse““ an denselben vereinbatt. von denen 
nier indeß nur zwei von Bedeutung sind. 9 
Die erste, zur Ausführung des Arl. 10 des Hauptvertrages 
erein arte, wurde abgeschlossen zwischen der Türkei einerseits und 
jen Mächten Oestekreich, Frantreich, England, Preußen, Rußland 
und Sard'nien andrerfeits und euthiell die Bestimmung, daß allen 
remden (0. h. nicht türkischen) Kriegsschiffen — so lange sich di⸗ 
kürkei im Frieden defindet, — die Einfahrt“ in die Meerengen 
rr Derdauellen und des Bosporus verboten sein soll; wobei nur 
leine Kriegsschiffe im Dienste befreundeter Gesandtschaften in sofern, 
iner Ausnahme fich erfreuen sollen, wie ihnen der Sultan durch 
inen besondern Ferman die Erlaubuiß zur Einfahrt gibt. — Uus 
2 —* — 
terzeichnet ist diese Convention blos von den Vertretern der con⸗ 
rahirenden Mächte. 8 
* Die zweite, zur Ausführung des Art. 14 des Hauptvertrages 
vereinbarte Convention wurde abgeschlossen zwischen Rußland einer⸗ 
eits und der TürkeiAndrerseits, und' beide Mächte »verpflichteten 
ich dadurch nicht mehr als eine befimmte, für beide gleiche An⸗ 
zahl von Kriegsschiffeu (6schwere und 4 leichte) anf dem Schwarzen 
Meere zu halten. — Auch' diese Condemtion ist nur von den Ver« 
reteru der contrahirenden Mächte, also Rußlands und der Tür 
kei, unterzeichnet; —— und sie ist es allein, deren Aufhebung jetzt 
von. Seiten Rußlands erzielt wird ·.. 
Deutschland. 
Mäünchen, 21. Nov. Der „Augsb. Allg. Zeitung“ wird 
hier telegraphirt: Nach soeben eingetroffener Nachricht aus Versail⸗ 
les, ist auch über den Eintritt Bayerns in den nordde isschen Bund 
ein Einderstäudniß erzielt. Die Schlußverhandlungen stehen bevor. 
Maunchen, 18. Nov. Die Berliner „Böͤrsenzeitung“ wurde 
zestern; noch che sie ausgegeben war, auf der hiefigen Post mit 
Beschlag belegt. Den Grund hiezu bot ein Artikel, in welchem die 
Behauptung begründet werden wollte, die bayerischen Truppen 
vürden, wenn die deutsche Einigung nicht zu Stande käme, ihre 
Pflichten gegen den König von Bayern vergessen und nur die Wege 
jehen, welche sie ihr derzeitiger Befehlshaber führen würde. 
(A. Abdztg.) 
München, 19. Nov. Der ,Bayer. Kurier“', ein Organ 
der hiesigen Patrioteu, bringt gestern einen — der trüben Quelle 
der Köln. Volkszeitung““ nachgedruckten — Artikel, worin, behaup- 
wet wird, die in dem amtlich veröffentlichten Bericht über das letzte 
Treffen bei Orleans (9. und 10. Nov.) angegebene Zahl von 42 
Dffizieren und 666 Mann an Todten und Verwundeten des 
Tann'schen Armeecorps sei falsch; in Wirklichkeit seien es 6IOffi⸗ 
ieren und 2700 Mann, und v. d. Tann habe selbst in einem 
Bericht diese Zahl angegeben. Ich kann versichern, daß. nach den 
mir gewordenen Aufschlüssen, man von einem solchen Bericht des 
General v. d. Tann hier im Kriegsministerium nichts wifse. Ich 
frage daher, welch' eine Leichtfertigkeit, welch' eine Gefühllosiglein 
zehört dazu, auf eine vage Behauptung eines Tendenzblattes, wie 
das genannte, hin, die Tausende, die Tag und Nacht in Sorge 
find um ihre Angehörigen, in neue Angst und Schrecken zu 
jetzenu ꝛc3. ...414 
Mauünchen, 19. Nov. Das Kriegsministerium ist auf den 
pom General Comité des landwirthschafüichen Vereins in Bayern 
gestellten Antrag, frauzösische Kriegsgefangene zu landwirthschaftlichen 
Arbeiten zu verwenden, nicht eingegangen. e 
VomOberrhein, 17. Novs. Die Bildung eines wei⸗ 
eren Armeekorps unter Generalmajor v. Debschütz ist jetzt vollen⸗ 
det, nachdem die betreffenden Truppen iheils über Kehl, theils 
auf der Elsäßer Bahn ihre vorlädufige Bestimmung erreicht hatten. 
Die Truppen desselben gehen südwärts und sie bestehen aus 18 
Ldandweht⸗Bataillonen, 2 Landwehr⸗Cavallerie Schwadronen und 
2 leichten Reserve⸗Batterien, alle genommen von der Reserve⸗Armee 
von Glogau. J 
133Berhin, 17. Nov. Der am 14. November aus Köln 
lber Belgien nach Sedan abgegangene Feldposttransport wurde 
nuf französischem Gebiete in der Naͤhe von Bouillon von Franc— 
ireurs angegriffen und mußte fich auf belgisches Gebiet zurück- 
iehen. Ebenso hat die am 15. Nov. aus Sedan nach der Hei⸗ 
math abgelassene Feldpost nach Scdan zurückkehren musen 1) 
St. A. 
Oer Kriegsminister v. Roon Übernimnmt unter Abgabe seines 
Portefeuilles der Oberbefehl über die Nordarmee. Als Nachfolger 
des Herrn v. Roon nennt man mit ziemlicher Bestimmtheit den 
Beueralintendanten der Armee, Generaled. Stosch,über den des 
Herrn v. Treskow, der das Kommands über die im Süden ope⸗ 
crirende vom General v. Manteuffel befehligte Division erhalten, 
zehen die Muthmaßungen: noch weit auseinander. — Ueber die