Full text: St. Ingberter Anzeiger

zi. Peraby in vorirefflischer Haltung und mit dem stolzen Be⸗ 
sußtsein bewerkstelligt, daß man trotz der erheblichen Minderzahl 
Angriff des Feindes vollständig gebrochen habe, und daß 
ur der freie Entschluß des Führers zu dieser rückgängigen Be⸗ 
egung nöthige. Der Feind folgte dem 1. bayerischen Corps 
icht, besetzte abet noch am Abend Orleans, woselbst leider circa 
900 nicht transportable Krankle in den Lazartthen zurückgelassen 
serden mußten. Am 10. wurde der Rückmarsch bis Toury 
srigesetzt, woselbst sich das 1. bayerische Armeecorps mit den zur 
jersiäriung heranmarschirenden preußischen Truppen vereinigte. 
den Oberbefehl über diese neu formirte Armee⸗Abtheilung hat 
ze. Königl. Hoheit der Großherzog von Medlenburg⸗Schwerin 
bernwen. 
Der Verlust des 1. bayerischen Corps am 9. beträgt 42 Offiziere, 
50 Mann todt und verwundet. Eine Munitions⸗Colonne, welche 
cch verirrt hatte, ist am 10. mit einem Beamten, 80 Mann dem 
geinde in die Hände gefallen. 
Ein aufgefangener franzoͤsischer Bericht gibt den Verlust des 
reindes an Todten und Verwundeten auf 2000 Mann an. 
z5 wird zugestanden, daß der Feind im Ceutrum nicht hat vor⸗ 
riugen können und auf dem linklen Flügel sogar eine Nieder⸗ 
age erlitten hat. Es wird ferner über schlechte Berpflegung und 
nangelhafte Sorge für die Verwundeten gellagt. Wenn dieser 
zericht von 1000 Gefangenen spricht, so können damit nur 
ie in den Lazarethen in Orleans zurückgelassenen Kranken ge⸗ 
aeint sein. 
QQœarnatz, Hauptmann im Generalftabe. 
recht, gehen Sie dort schräg über, dort liegt Wolfganzen; da stehen 
Ihre Landsleute; bon soir alter Junge!“ Mit Riesenschritten ver⸗ 
schwindet unser 48er, kommt athemlos nach Wolfganzen zur 3. 
dompagnie des Hauptmannes v. St., wo seine Erzählung 
mit furchtbarem Gelachier begrüßt wurde. Aehnliche Scenen sollen 
sich öfter ereignen. 
F Von einem bayerischen Soldaten bei Paris vom 19. Ott. 
Liebe Eltern Geschwifter und Schwäger! Den Brief, den Ihr 
nir am 11. geschrieben, habe ich am 19 richtig und mit Gesund⸗ 
Jeit erhalten, denn ich hatte ihn gerade bekommen, als ich über 
dem Kartoffelkochen war. 
Denn bei uns gibss Kartoffeln in aller Früh, 
Miltags mit sammt der Bru—u—uß J 
Abends mit sammt dem Kleid, 
Kartoffeln in Ewigkeit. 
Und dennoch danken wir Gott dafür, daß wir sie haben, sonst 
gings uns jchlecht. Aber so schlagen wir uns noch durch. Bis 
setzt ist mir vor einer Kugel nicht so bange, als vor dem Krank⸗ 
verden. Denn krank zu sein und nicht daheim, ist eine große 
Pein. D'rum behüt' mich der liebe Gott vor Krankheit und Be— 
schossenheitẽin Ewigkeit.“ 
p', Deutschland ist an Montag unter Einen Hut 
gebracht worden.“ Etwa achtzig, größtentheils berliner Hut⸗ 
tabrikanten hielten nämlich in diesen Tagen im neuen Gesellschafts⸗ 
hause eine Versammlung ab, in welcher die deutsche Mode für die 
nächste Saison festgeftelt werden sollte. Von vierzehn zu diesem 
Zwecke aus ganz Deutschland von den ersten Fabritanten einge⸗ 
sendeten Modellhüten, welche im Locale ausgestellt waren, wurden 
drei ausgewählt; eine Jury von zehn Personen hatte sich dem 
Richteramt unterzogen, nach allen Dimensionen wurden die schwarzen 
Cylinder ihrem pruͤfenden Kennerblick unterworfen. Die Auser- 
wahlten stammen sämmtlich aus Verlin, von den Dreien ist 
Einem“ die Regentschaft im Reiche der Humode für ganz Deutsch- 
land übertragen worden, die anderer Beiden werden ihm getreu— 
lich zue Seile stehen. Wenn das Alrich v. Hutten erlebt hätte, 
der bekanntlich einen starken Zweifel dagegegen aussprach, daß es 
'emals gelingen werde, die Deutschen unter Einen Hut zu 
hringen! 
F Als Kuriosum muß erwähnt werden, daß das Stockholmer 
„Aftonbladet“ aus Tours meldet, die Deutschen hätten sich eine 
Menge zahmer Habichte angeschafft, um die Brieftauben abzu⸗ 
fassen. 
Bantdiebstahl. In Grafton Mafsachusetis, brachen am 25. 
Okt. fünf vermummie Männer in die dortige „First Nationalbant“ 
ein, knebellen den Wächter, bahnten sich durch die Mauer einen 
Weg in das feuerfeste Gewölbe und entwendeten daraus Werthef- 
fekten im Betrage von 300,000 Doll., worunter fich für 100,000 
Doll. amerikanische Staatspapiere befanden. 
Aus Amerika, im Nov. Ein Club überspannter, aber 
durchaus achtbarer Damen in Chicago hatte sich die Ausgabe ge⸗ 
stellt; junge Leute aus anständigen Familien welche während der 
Nacht betrunken auf der Straße gefunden werden, aufzunehmen, 
sie durch Sodawasser, Eis ꝛc. zu restauriren und nach der Ent— 
nüchterung mit freundlicher Ermahnung nach Hause zu schicken. 
In der ersten Nacht wurden sieben dieser, Unglücklichen samaritisch 
zchandelt, in der zweiten lag die „halbe Jugend Chicago's be⸗ 
trunken“ auf der Straße und die schöne Idee blieb wegen der 
Menge der Bewerber unausführbar. 
Vermischtes. 
f GAus der bayerischen Verlustliste Nr. 32.) Gefecht bei Or⸗ 
ans am 31. Otl. 10. Inf.Reg. 2. Bat. Todt: Mitrücker, 
donrad, Soldat (7. Komp.) von Dörnbach, B.A. Kirchheimbo⸗ 
anden. Verwundet: Keller, Martin, Tambour, von Busenheim, 
g.⸗A. Pirmasens. Hauptmann, Jakob, Soldat, von Haßloch, Lü⸗ 
i, Jalob, Soldat von Iggeldeim, B. A. Speher. Wiltry, Jo . 
jann, Soldat von Morsfeld, B.A. Kirchheimbolanden. 3. Art. 
steg. Verwundet: Jung, Karl, Reitkanonier, (2. reit. Batt.) von 
dusel. Belagerung von Breisach 3. bis 5. Nov. Verwundet 
Metz, Johann Adam, Unferkanonier von Kandel. 
Saarbrücken, 24. Nov. Der gestern von hier ab⸗ 
gelassene Zug Nr. 8 stieß zwischen Nanch und Metz auf einen 
on Bar le Duc kommenden Proviantzug. Der Zusammenstoß 
rfolgte mit solcher Heftigkeit, daß eine Maschine arg zugerichtet 
ber die Böschung stuͤrzte. Von dem Zugpersonal. das sich meistens 
urch Herabspringen rettete, erlitt ein Locomotivführer schwere 
herletzungen, so daß er in das Lazareth zu Nanch verbracht wurde. 
Abgesehen von einigen Contusionen, blieben die Personen des 
bassagierzuges unverletzt. Ein sofort abgesandter Arbeitszug wird 
zie durch Wagentrümmer dversperrte Verkehrsstrecke wohl heute 
Norgen wieder hergestellt haben. 
— Won der pfälzisch⸗französischen Grenze.) Seit mehreren 
lagen passiren die Greuze viele Pferde und auch Maulesel, welche 
in Metz angekauft oder ersteigert worden sind, mehr oder weniger 
ile don den ausgestandenen Strapatzen und schmalen Fütterung 
nager, elend und struppig. Hie und da sind auch Prachtthiere, 
virtlich feine Racepferde dabei, besonders zum Reiten geeignete u. 
janz schwere Normaänner-⸗Race, auffallend letztere meistens Schimmel, 
dahrend die übrigen eine graubraune und grauweiße Farbe und 
inen unschönen Kopfbau haben. So ein eigentlich feuriges Thier —— 
st bis jetzt nur einmal bemerkt worden — ein prachtvolles Füchs⸗ Landwirthschaftliches. * 
den. Man meint faft, die Thiere wollten eine gewisse Trauer an Erntebericht. Die Erdruschresultate, die sich nun all 
ven Tag legen, weil sie ihre , belle France“ verlassen mußten! mälig mehr übersehen lassen, stellen es außer Zweifel, de die heu· 
orstanden wurden Pferde zu 25— 100, höchstens 200 Fres., junge rige Ernte fast allenthalben eine nur geringe Ergiebigkeit gehabt 
jarke Maulesel zu 28-100 Francs und gewöhnliche Esel zu 10 hat. War schon der Ausfall in Gebinden sehr bedeutend, so ist 
7 Francs. Ein Handelsmann hiefiger Gegend brachte einen die geringe Körnung noch empfindlicher. Am härteften werden in 
reiterwagen voll Reiszeug mit, worunter Prachtreitsattel verschie- dieser Hinsicht die mehr trodenen Lagen betroffer und der Waizen 
ꝛener Art, das Stück oft zu 122 Francs. Ein schöner Wagen jätker als der Roggen. Den Berichten zufolge stellte sich in der 
nit Dophelfitz soll zu 40 Francs abgegeben worden sein. Eine ßfalz, im badischen Oberlande, in Untetfranken und in Sahsen 
zroße Masse Pferde wird nach Norddeutschland dirigirt. Den Weg die Schoitung am geringsten heraug. Die Kartoffeln haben im 
jach Metz soll man unbewaffnet, oder ohue Bedeckung noch nicht Ganzen eine soeit bessere Ausbeute ergeben, als man es glaubte er⸗ 
mtreten. da täglich schlimme Zeitungen von da einlaufen. So dvarten zu dürfen; jedoch zeigt die Qualität ganz außerordentlich 
vurden einem Berliner unweit Saargemünd zwei Pferde entrissen, roße Differenzen. Die dünuschaligen Sorten erweisen sich sehr 
oaͤhrend er sich zur Wehre setzte. jart zur Faule geneigt und selbst mehr rauhschalige Arten, die in 
pf Aus den Vorposten vor Neubreisach wird eine ergötzliche euchteren Lagen wuchsen, koͤnnen der Fäulniß nicht ganz wider⸗ 
zcene erzählt, welche sich in der Nacht vom 21. v. Mis. ereignet tehen. Mehr wie je wird es nothwendig sein, die Kartoffelhaufen 
abe. Ein Laubwehrmann des 43. Landwehrtegiments war auf n den Kellern dfters zu durchlesen und die ausgelesenen gesunden 
zatrouille nach Wolfganzen gefandt. Des Weges nicht ganz Fnollen am trockenen Platze des Kellers schichtenweise mit ausge⸗ 
undig wird derselbe mit einem Mal von einem Posten mit dem siebter Steinkohlenasche zu bestreuen. Die Weinlese ist nun aller⸗ 
dufe: „qui vive?* angesprochen. Unserer tapferer Landwehrmaun, värts beendigt und die Gährung so weit verlausen, daß sich ein 
dies nicht verstehend, fragt ganz naiv: „ick si wohl hie nich ganz Urtheil über den Ertrag fällen läßt. Mit Ausnahme sehr verein⸗ 
echt ??. In gutem Eisassisch wurde ihm geantwortet von dem jelter Plätze ist die Quantitaät beispiellos gering und die Qualität 
iebenzwürdigen französischen Posten: „Nein hier sind Sie nicht etwas, wenn auch nicht viel, besser als man es vermuthete.