Monals December ratificirt werden wird. Die Ratifications · Er⸗
darungen sollen in Berlin ausgetauscht werden. eh
Zu Urkund dessen haben die Eingangs genannten Bevoll⸗
nächtigten diesen Vertrag in doppelter Ausfertigung am heutigen
Tage mit ihrer Namens⸗Unterschrift und ihrem Siegel versehen.
So geschehen Versailles, 23. November 1870.
Schlußprotokoll. * ——
Bei der Unterzeichnung des Vertrages über den Abschluß eines
gerfassungs· Bündnisses zwischen Sr. Majestät dem Könige von
Preußen Ramens des nordeutschen Bundes und Sr. Majestät dem
önige von Bahern sind die Unterzeichneten Bevollmächtigten noch
uͤber nachstehende vertragsmäßige Zusagen und Erklärungen über⸗
eingekommen:
J. Es wurde auf Anregung der kgl. bayerischen Bevollmäch⸗
igten von Seiten des Kgl. preußischen Bevollmächtigten anerkannt.
daß, nachdem sich das Gesetzaebungsrecht des Bundes bezüglich der
deimaths· und Niederlassungs · Verhältnisse auf das Königreich
Zayern nicht erstredtt, die Bundes Legislative auch nicht zuständig
—A—
regeln, uud daß alss das für den Norddeutschen Bund erlassene
Besetz vom 4. Mai 1868, die Aufhebung der polizeilichen Be⸗
schränkungen der Cheschließung betreffend, jedenfalls nicht zu den⸗
senigen Gesetzen gehört, deren Wirsamkeit auf Bayern ausgedehnt
werden könnte.
II. Von Seiten des Kgl. preußischen Bevollmächtigten wurde
znerkannt, daß unter der Gesetzgebungs⸗Befugniß des Bundes über
Slaatsbürgerrecht nur das Recht zu verstehen sei, die Bundes⸗
ind Staaisangehörigkeit zu regeln und den Gruudsaß der politischen
Gleichberechtigung aller Confessionen durchzuführen, daß sich im
Uebrigen diese Legislative nich auf die Frage erstrecke, unter welchen
Boraussetzungen Jemand zur Ausübung politischer Rechte in einem
einzelnen Staate befugt sei.
III. Die unterzeichneten Bevollmächtigten kamen dahin über-
in, daß in Anbetracht der unter Ziffer L statuirten Ausnahme
hon der Buudes-Leqgislative der Gothaer Vertrag von 15. Juli
1851 wegen gegenseitiger Uebernahme der Ausgewiesenen und
Heimathlosen, dann, die sogenannte Eisenacher Convention vom
Ii. Juli 1858 wegen Verpflegung erkrankter und Beerdigung ber.
storbener Unterthanen für das Berhältniß Bayerns zu dem übrigen
Bundesgebiete fortdauernde Geltung haben sollten.
IV. Als vertragsmäßige Bestimmung wurde in Anbetrach
der in Bayern besteheuden besonderen Verhältnisse bezüglich des
Immobiliat Verücherungswesens und des engen Zusammeuhanges
derselben mit dem Hypothekar· Creditwesen fesigestellt, daß, wenn sich
die Gesetzgebung des Bundes mit dem Immobiliar⸗Versicherungs⸗
wesen befessen sollte, die vom Bunde zu erlassenden gesetzlichen
Besiimmungen in Bayern nur mit Zustimmung der bayerischen
Regierung Geltung erlangen koönnen.
V.“ Der koöͤniglich preußische Bevollmächtigte gab die Zu—
ficherung, daß Bayern bei der ferneren Ausarbeitung des Entwurfes
ines allgemeinen deutschen Cibilproceß Gesetzbuches entsprechend be⸗
theiligt werde.
VI. Als unbestritten wurde vor dem löoͤniglich preußischen
Bevollmachtigten zugegeben. daß selbst bezüglich der der Bundes⸗
Legislative zugewiesenen Gegenstände die in den einzelnen Staaten
geltenden Gesetze und Verordnungen in so lange in Kraft bleiben
ind aui dem bisherigen Wege der Einzelgesetzgebung abgeändert
perden können, bis eine bindende Norm vom Bunde ausge
zangen ist.
VII Der königlich preußische Bevollmächtigte gab die Er—
tlarung ab, daß Sr. —ajestät der König von Preußen kraft der
Allerhöchstihnen zustehenden Präfidialrechte, mit Zustimmung Sr.
Majestät des Königs von Bayern. den königlich bayerischen Ge
sandten an den Höfen, an welchen solche beglaubigt sind, Vollmacht
irtheilen werden, die Bundesgesandten in Verhinderungsfäller zu
dertreten. Indem diese Ecklärung von den köͤniglich bayerischen
Bevollmächtigten acceptirt wurde, fügten diese bei, daß die baye⸗
rischen Gesandten angewiesen sein würden, in allen Fällen, in
welchen dies zut Geltendmachung allgemein deuijcher Interessen
rforderlich oder von Nutzen sein wird, den Bundesgesandten ihre
Beihisfe zu leisten.
VIII. Der Bund übernimmt in Anbetracht der Leistungen
der bayerischen Regierung für den diplomatischen Dienst desselben
durch die unter Ziffet VII. erwähnte Bereitstellung ihrer Gesandt ·
schaften und in⸗ Erwägung des Umstandes, daß an denjenigen
Deten, an welchen Bayern eigene Gesandschaften unterhalten wird,
die Vertretung der baherischen Augelegenheiten dem Bundesge ˖
andten micht obliegt, die Verpflichtung, bei Feststesllung der Aus⸗
zaben für den diplomalischen Dienst des Bundes der bayerischen
Regierung eine angemessene Vergütung in Anrechnung zu bringen.
Ueber Fejtsetzung der Größe dieser Vergütung bleibt weitere Ver—
einbarung vorgehalten. Schluß folgt.)
Schwurgerichtsverhandlungen
pe vom IV. Quartal 1370. F
Zweibrüchen, 5. Dez. Verhandlung gegen Wilhelm
Schneider, Varbier in Oggersheim, wegen Raubes. Vertheidiger:
derr Anwalt Er belding. Vertreter der Staatsbehoͤrde: Herr
Staatsanwalt Munzinger. —
Der Acerer Weber von Neuhofen ging am Morgen des 30.
September abhin mit einem Geldbetrag von 13 — 14 fl, in Sechsern
ach Frankenthal, um dort dei seinem Anwate eine Zahlung zu
nachen. Als er um acht Uhr zu demselben kam, war er aber schon
jo betrunken, daß er sein Geschäft nicht mehr besorgen konnte. Nun
rieb er sich bis Abends in Frankenthal herum, kaufte austatt Zwie⸗
deln, wie ihm seine Frau aufgetragen hatte, einen Sack voll Zwet⸗
chen und verzehrte nahezu das ganze mitgebrachte Geld. Bei der
Heimfahrt stieg er in seiner Trunlenheit schon in Oggersheim statt
n Rheingönheim aus und wurde daselbst von dem Angellagten,
er sin den ganzen Nachmittag beschäftigungslos am Bahnuhof um⸗
jergetrieben hatte, in Empfarg genommen und unter allerlei Vor⸗
daͤnden in ein Wirthshaus gelockt. Dort überzeugte sich der An⸗
Jetlugte davon, daß Weber Geid bei sich habe und tries denselben
jun an, fortzugehen, er werde ihn begleiten. Auf der Chaussee von
Iggersheim nach Ludwigshafen begegneten den Beiden verschiedene
Zeugen, welche den Augeklagten mit Bestimmtheit erkannten. Etwa
5 Minuten von Oggershein, als die letzten Zeugen kaum 30
—„chritte an den Beiden vorüber waren, hoͤrten dieselben ein Ge⸗
chrei: „Ach Gott mein Geld, ach Gott, der will stechen 1“ Auf
zieses Geschrei eilte einer der Zeugen herzu und rief die Streiten⸗
den an, was den Angeklagten veranlaßte, durch einen benachbarten
Harten davonzuspringe u. Weber erzählte nun dem inzwischen heran⸗
etommenen Zeugen unter Thränen, der Angeklagte habe ihm
72 18 fl. geraubt, was er auch ror dem Polizeicommissär in
Dggersheim wiederholte. Der Augeklagte wurde noch am nämlichen
Abend verhaftet, als er mit dem letzten Bahnzuge von Ludwigs⸗
hafen, etwas angetrunken, in Oggersheim ankam. Man fand bei
hin nur noch 26 Kreuzer, über deren Besitz er sich jedoch nicht
zehörig ausweisen konnte.
Die Vertheidigung suchle namentlich nachzuweisen, daß an
Weber schon deßhalb kein Raub verübt werden lonnte, weil derselbe
lein Geld mehr im Besitz hatte; daß derselbe ferner in seiner sinn⸗
losen Trunkheit sich bedroht geglaubt habe, während es gar nicht
ver Fall war, und subsidiarisch, daß der Angetlagte Jedenfalls im
Zustande geminderter Zurechnungsfähigkeit gehandelt habe. — Die
Seschwornen erklärten den Angeklagten für, schuldig des Raubes
anter Annahme der geminderten Zurechnungsfähigkeit worauf
derselbe in eine Gefängsnißstrafe von einem Jahre verurtheilt
wurde.
— 6. Dezember. Verhandlung gegen Georg Lang, Buhändler
von Speier, wegen Preßvergehen. Vertreter der Staat⸗-behörde:
Herr Staatsanwalt Munzinger. Vertheidiger: Herr Anwalt
Frbelding.
Lang ist beschuldigl, durch die Ausstellung einer bei Schauen⸗
hurg in Lahr erschienenen, von Wilhelm Busch verfaßten Broschüre,
»etifelt „der heilige Antonius von Padua“', die katholische Religion
verspottet und durch in der Broschüre enthaltene Holzschnitidilder
Aergerniß gegeben zu haben. Namentlich sollen, nach der Aufstellung
der kgl. Staatsbehörde, das Justitut der Klöster, der Ohrenbeichte,
'owie die Lehre vom Glauben und in specie vom Glauben an die
Jeilise Jungfrau, und die Lehre von der Hunmelfahrt durch Worte
und bildliche Darstellungen in der betreffenden Brochüre verspottet
sein. Außerdem sind verschiedene Holzschnitte schon an sich so un—
üchtig, daß durch dieseiden Aergerniß gegeben werde. Der Beschul⸗
zigte erklärte, er führe zwar seit längerer Zeit nur ausnahms weise
die Geschäfte der Buchhandlung, welche seinen Namen ats Firma
trage, und habe auch in diesem Falle die Aufstellung des betreffenden
Werlchens nicht veraulaßt, aber er übernehme deunoch die Verant⸗
vortlichkeit. J
Die Vertheidigung betonte namentlich: Die Brochüre enthalte
leine der oben berührten Gescetzesverletzungen, sondern blos eine
pumoristische Kritik der Ausschreitungen der Ueberfrommen, wo sie
erlaubt sei. Man habe auch den Verfasser, welcher don bekannt
sei und welcher auch in Bayern sich anfhalte, nicht-verfolgt, und
daraus erhelle, daß man anderwäris etiwas Strafbares in der Bro⸗
hüre nicht erblickte. Wenn eine Verfolgung gegen den Verfasser
aber nicht eingeleitet worden sei, jo müsse der Buchhändler entschieden
die Verbreitung für erlaudt halten, und es treffe den Beschuldigten
schon deßhalb keine Schuld. Außerdem aber habe er den Inhalt der
Brochüre nur zum Theil gekanut, und man könne vom Buchhändler
auch nicht verlaugen, daß er den Inhalt eines jeden Buches kenne,
velches durch seine Hand gehe.
Der Wahrspruch der Geschworenen lautete auf', nicht schuldig“
vorauf der Beschuldigte freigesprochen wurde.
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