Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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der St. Pnabertert Eazeiger (und dat mit dem Haupiblatie verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienslags⸗, Donnerttags ⸗ und Sonntags 
Rammer) ericheint wocntlich vieren ale Dienstag, D onnerstag, Samstag und Sonntaa. Abonnementspreis vierteljahrig 42 Krrr. ode 
12 Silbergr. Anzeigen werden mit 8 Krir. die dreispallige Zeile Blatischrift oder deren Raum berechnet. —M 
M I98. Donnerstag, den 22. Dezemlblblee 1870. 
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Einladung zum Abonnement. 
Mit dem 1. Jan. 1871 beginnt ein neues Quartal auf den 
Si. Ingberter Anzeiger, für die Monate Januar, Februar 
uind März. Wir ersuchen freundlichst unsere auswärtigen 
Abonnenten, welche das Blatt durch die Post beziehen, ihre Be⸗ 
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rechtzeitig machen zu wollen. — 
unjqern verehrl. Abonnenten von St, Ingbert und Umgegend, 
welche das Blatt durch unsere Zeitungsträger beziehen, wird 
das Blatt für das kommende Quartal fortgeliefert werden, sofern 
sie vor Ende dieses Monats nicht ausdrücklich abbestellen. 
Zu zahlreichem Abonnement ladet ergebenst eiii 
Die Exrpedition des St. Ingberter Anzeigers. 
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Telegramme. 
Versailles, 205 Dez. An der Loire setzten am 20 
die Colonnen des linken Flügels den Marsch auf Tours, die des 
rechten auf Le Mans fort. Au der Straße von Orleans bis 
Blois befinden sich mehr als 6000 französische Verwundete, welche 
ohne jeden ärztlichen Beistand zurüdgelassen wurden. Die über 
Hham vdorgerücten Colonnen haben den Ruüczug des Feindes aus 
dortiger Gegend konstatirt. 3b. Podbielsky. 
Di jro n, 20. DezeAm18. sehr hartnäciges, fünfstündiget 
Gefecht der badischen ersten und zweiten Brigade bei Nuits. Der 
Feind hatte zwei Marsch⸗Segionen aus Lyon, das 32. und 87. 
Marsch⸗Regiment, ferner Mobilgarden und Franctireurs und 18 
Geschütze, etwa 20, 000 Mann unter General Kramer im Gefechte, 
vertheidigte sich in starlen Positionen sehr energisch und zog sich 
vaee Wegnahme von Nuits bei eintretendet Dunkelheit südlich 
XE 
Die Bravour der diesseitigen Truppen war wahrhaft ausge⸗ 
zeichnet; der diesseitige Verlust ist leider bedeutend: 13 Offiziere 
jodi, 29 verwundet, darunter General b. Glümer und Prinz Wil⸗ 
hdelm von Baden leicht verwundet; etwa 700 Mann todt und 
derwundet. 
Der Feind verlor v.ele Offiziere und über 1000 Mann, ferner 
16 Deffiriere und 700 unverwundete Gefangene; ein großes Ge⸗ 
mehr⸗ und Munitions⸗Depot, 4 Lafetten, 3 Munitionswagen und 
ahlreiche Waffen wurden erbeutet. v. Werder. 
Versaulles, 19. Dez. (Offiziell) General Werder grih 
am 18. den Feind au, der in beträchtlicher Stärkle bei Nuite 
tand. Abends war Nuits genommen, 600 Gefangene waren ge⸗ 
macht. Am 19. wurde der Feind in südlicher und westlicher 
Richtung verfolgt. Diesseits Prinz Wilhelm von Baden und General 
b. Glümer leicht verwpbundet — Vom 10. Corps wurde am 18. 
bie Verfolgung über Epuizay fortgesetzt, es wurden Trainmann⸗ 
schaften gefangen genommen, 1 Fahne etbeutet. Andere Abthei⸗ 
lungen hatten am 17. bei Poislay und La⸗Fontelle ein Gefecht 
Jegen den 10,000 Mann ftarken Feind, der auf Le Mans versolgt 
Sird. Die Colonnen des uinken Flügels sind heute im Marsch au— 
Chateau⸗Renault. v. Podbielski. 
Deutschland. 
Mänqen, 18. Dez. Am 831. d. Mis. wird Vapft Pius 
IX. vem Amte nach der ältesse aller Nachfolger Petri's werden 
und hat hirvon das hiesige latholische Kasino Veranlassung ge⸗ 
nommen, eine Adresse an den hl. Vater abzusenden. 
Der „Koln. Zig“ wird aus München die Vermuthung ge 
schrieden. dah Graf Vray zurücktreten wolle und Herr von 
dutz an seiner Stelle Preutier⸗ und Minister des Auswärtigen 
werden wird. — 
Dormistadi, 20. Dez. Die II. Kammer nahm die 
Verfailler Verträge mit den nachtraglichen Modificationen mit 40 
gegen 8 Stimmen (Dunont, Oechtner, Dacce) an und —XXCO 
hisrauf einstimmig die vom Kriegsministerium zur Fortsetzung des 
driegs geforderte Summe von 3,622,000 fE˖I. 56 
eurer, 13. Der. In der Nacht vom 12. auf den 18. 
Dez. sind 3 französische Offiziere, Gefangene auf Ehrenwort, von 
hier desertirt. J— 
Berliy, 16. Dez. Dem Schidsal eines verheerenden Bom⸗ 
bardements kann Paris sich nur noch durch eine baldige Capitu⸗ 
lation entziehen. Seit drei“ Tagen wälzen sich von hier Munie 
dionscolonnen und schwere Geschütze in so gewaltigen Massen 
gegen die belagerte Stadt hin, daß an dem Ernst der Beschießung 
nicht mehr gezweifelt werden kann. Auf mehr als 1000 vier⸗ 
puͤnnigen nagelneuen Wagen wird jetzt die lang entbehrte Mue 
nition nach Varis geschafft, nicht gerechnet die Munitionscolonnen 
welche die vorgestern von Spandau aus nach Lagny dirigirten 
10 schwere Geschütze begleiteten. Gleichzeitig sind an Bedecdungs⸗ 
und Ersatzmannschaften nahezu 6000 Mann Kerntruppen nach 
dem Kriegstheater abgegangen. So umfassende Anordnungen 
haben im Publikum wieder das Vertrauen auf eine baldige Ein⸗ 
nahme von Paris erwect, und im Zusammenhang mit der Aus 
sicht auf die Wiedervereinigung Luxemburgs mit Deutschland die 
Stimmung wesentlich gehoben. J 
Berlin, 19. Dez. Die „Kreuzzeitung“ meldet: „Es ist 
puverlässig, daß alle neuerlich colportirten Begründungen über die 
Verzögerungen des Bombardements von Paris völlig unbegründet 
sind. Die überaus großen Schwierigkeiten des enormen Trans· 
portes, dürften nunmehr bald überwunden. sein und werden sodann 
allein die höheren militärischen Interessen über die weiteren Maß 
nahmen entscheiden. 
Der „N. fr. Pr.“ schreibt man aus Ber lin vom 17. Dez. 
Diplomatische Melduͤngen wollen wissen, Gambetta leide an Gei—⸗ 
stesstörung. v 
Dem „Schw. Merk.“ schreibt man aus Berhin, den 17 
Dez. Ein neuester bonapartistischer Plan geht dahin, daß spä⸗ 
testens nach dem Fall von Paris die Staatskörper das Volk kraft 
der kaiserlichen Verfassung durch Plebiszit über Krieg und Frieden 
sohne Angabe von Bedingungen, befragen sollen, webei natürlich 
die napoleonische Restauration die Hauptsache wäre. 
Hamburg, 16. Dez. Vorgestern wurde einer der hiet 
internirten franzöͤfischen Offiziere verhaftet und nach Berlin abge⸗ 
führt. Wie wir ans dem „H. C.“ ersehen, verlautet. daß derselbe 
sich mit mehreren Garnisonen, wo französische Offiziere internirt 
sind, in Verbindung gesetzt und die Veranstaltung eines all zemei⸗ 
nen Aufstandes beabsichtigt habe. Zu diesem Zwede hat er auch 
in der hiesigen Kaserne uünter den Gefangenen versucht, eine Pro- 
tlamalion zu vertheilen. Der Verhaftete wird vor ein Kriegsge⸗ 
richt gestelll werden. 
Straßburg, 17. Dez. Der General⸗Gouverneur im 
Elsaß hat in Erweiterung der Kompetenz der Kriegsgerichte die 
Bestimmung erlassen, daß wer zum Kriegsdienst gegen die dentjchen 
deere auwirbt oder sich anwerben läßt, oder einer deßbezüglichen 
erbung Vorschub leiftet, mit Zuchthaus bis zu 20 Jahien und 
einer Geldstrase bis zu 10,000 Thlr. bestraft wird. Beleidigung 
des Konigs von Preußen oder eines Souveräns der verbündeten 
deutschen Staaten zieht Gefängniß von 2 Monaten bis 58 Jahre. 
Beleidigung einer im Generalgouvernement eingesetzten Behörde und 
eines amtirenden Mitgliedes derselben Gefängniß bis zu eine m 
Jahre, bei Erschwerung durch Thätlichkeiten bis zu 2 Jahren, 
nach sich. 
Frankreich. 
In Paris sammelt der Kapitän Beaurogaire eine Freikorps 
von 12,000 Mann, zu dessenBildung ihm Trochu die officielle 
Erlaubniß ertheilt hat. Dieses Korps will sich durch die preußi 
chen Linien schlagen und in der Provinz eine Massenerhebung be⸗ 
virken. Das Korps steht zwischen Courbevoi und Rueil. — Was 
trochu mit 120,000 Mann nicht gelang, wird Herr Beaurogaire 
chwerlich mit 12,000 Mann gelingen. — 
Gaͤmbetita hat die Bildung eines Regiments Gensdarmerie