vomoarobement emmai seinen Anfang genommen hart. Wenn man
übrigens häufig in Deutschland zu glauben scheint, daß die Be⸗
chießung: von Paris nur so eine Kleinigkeit sei, und man die
Beschütze nur ohne weiteres aufzustellen und dann in die Stadt
zineinzuknallen brauche, so befindet mau sfich in einem sehr be⸗
deutenden Irrthume. Die Pariser Forts sind theilweise schon sehr
tark, und man hat in den letzten drei Monaten mit Eifer und
Kraft und dem unläugbar fortificatorischen Geschick, welches die
Franzosen entschieden besitzen, alles moͤgliche noch zu deren Ver⸗
ttärkung angewandt. Auch das Material an schweren, weittragen⸗
den Geschützen in den Forts ist sehr groß, und so stehen dem
Feinde nicht geringe Bertheidigungskräfte zugebote. Es wird ein
zroßartiger Artilleriekampf werden und ganz gewaltig wird der
Kannonendonner von hüben und trüben ertönen, sobald die Beschieß⸗
ung von unsrer Seite erst einmal begonnen haben wird. Um aber
erst unsre Kugeln in die Stadt selbst gelangen zu lassen, ist die
Einnahme einiger Forts nothwendig, und son steht uns alsoein
doppelter Kampf noch bevor. Freilich, haben wir erst 2bis 8
Forts in unsrer Gewalt und können; von ihnen unste mit nie
fehlender Sicherheit ihr fernes Ziel treffenden Kugeln in die Stadt
hineinschleudern, so muß sich Paris in kurzer Frist auf Gunade oder
Ungnade völlig ergeben, oder es wird in wenigen Tagen ein
Trümmerhaufen fein.“
Ueber das Ausfallgefecht von Paris am 21. d. M.
schreibt ein Correspondent der „Wes. Z3tg.“ aus Versailles,22.
December, folgendes: Gestern hat der Feind einen größeren Aus⸗
tall versucht. Nachdem die Forts Issy-und Valérien in der Nacht
dom 20. zum 21. ein anhaltend heftiges Feuer unterhalten, wurde
an den Forts St. Denis, Aubervillers, de l'Est und Rosny gestern
morgens plötzlich eine starke Ansammlung und Conecentrirung der
von Trochu in Paris neuformirten Linienregimenter beobachtet. So
weit ich bis jetzt unterrichtet bin, kam der Feind mit fünf Divisionen
fast sämmtlich aus Linientruppen bestehend, heraus und machte
heftige Anstrengungen, um die Garde zurückzuschlagen. Wie bei
dem blutigen Kampfe am 830. Oktober entbrannte auch geftern bei
le Bourget das Treffen am heißesten. Wiewohl der Feind unsrer
Garde vielfach überlegen war, wurde er doch nach Verlauf von
312 — 4 Stunden zum Rückzuge genöthigt.« Die Garde⸗Artillerie
'onnte gestern, begünstigt vom Terrain, ihre ganze Wirksamken
entfalten, und sie hat dem Feinde empfindliche Verluste beigebracht.
Wie ich höre, hatte sich der Feind bis heute morgen noch nicht in
die Forts zurückgezogen. Man vermuthet deßhalb, daß die Fran⸗
josen von neuem Anstrengungen machen werden, um ihr Ziel zu
erreichen, was ihnen bei den ausgezeichneten Verschanzungen vor
dem Fort St. Denis und der außerordentlichen Bravour unsrer
Barde doch schwerlich gelingen dürftẽe. (Bekanntlich hat der Feind
am 22. d. M. längs der Marne die Position der Sachsen auge⸗
griffen.) Trotzdem auch gestern das Feuer der Forts den Feind
wvesentlich in seinen Operationen- unterstützte, sind die wauf unsrer
Seite erlittenen Verluste als verhältnißmäßig gering zu bezeichnen.
Fast zu gleicher Zeit kam die Meldung hierher, daß am Mont
Valérien militärische Bewegungen wahrgenommen würden, die auf
einen Ausfall des Feindes hindeuten. Die hier stehenden Regimen—
—R
varen jeden Augenblick bereit, an den Ort des Kampfes zu eilen.
Das ganze Manöver des Feindes sollte indessen auf eine Demon⸗
stration hinauslaufen. Bei Bougival und St. Cloud, wo momen⸗
tan das 7. und 47. Regiment den Vorpostendienst versieht, kamen
5 Balaillone Mobilgarden, heraus, die einige Schüsse abfeuerten
und sich nach einer halben Stunde wieder hineinverfügten. Von
unsrer Seite standen den Mobilgarden zur Abwehr des Angriffs
zufällig die gleiche Anzahl, 5 Bataillone, gegenüber, und zwar 1
Bataillon bei dem am weitesten vorgeschobenen Jägerposten, Z Ba—⸗
taillone zwischen dem Mont Valérien und Rueil, 2 gegen Chaton,
wo eine kleine Plänkelei ohne jede Bedeutung stattfand. Als die
Meldung hierher gelangte, daß nur Mobilgarden im Vorgehen be⸗
griffen seien, wurde von der Entsendung der alarmirten Regimenter
sofort Abstand genommen. — Der hiesigen Commandantur und
nramentlich dem Feldpolizeidirector Stieber war es aufgefallen, daß
man am 20. bei den Einwohnern Bersailles' genau instruirt war,
daß die Franzosen am 21. einen Ausfall zu machen beabsichtigten
und große Hoffnung hegten, denselben glücklich zu bestehen. Es
var auch verrathen, daß die Einwohner im Falle eines glüclichen
Gelingens des Kampfes eine Revolte beabsichtigten, und daß sich
eine geheime Gesellschaft in Versailles gebildet habe, welche das ge⸗
ammte Hauptquartier!aufzuheb n beabsichtige. Was an dieser Meldung
wahr ist, weiß ich nicht; Thatsache ist, daß die Garnison, 3 Ba⸗
—A
Dragoner, gegen 2 Uhr Nachmittags auf dem Place d'ar mes
alarmirt wurden. Mittlerweite hatte die Artilletie des V. Co rps
drei Geschütze abgeprotzt und deren Mündungen nach den drei
parallel laufenden Avenues de Paris, St. Cloud und Sceaux ge⸗
richtet. Punkt 2 Uhr erschien der Commandant v. Voigts⸗Rhetz
und der Feldpolizeidirecior Ur Stieber mit drei Feldpostinspectoren
auf dem Place d'armes, wo die 4000 Maun Truppen ihrer Be—
ehle harrten, Die Wachen hatten inzwischen die Ordre erhalten,
die Thore der Stadt zu schließen und keinen Menschen hinauszu⸗
lassen.“ Sämmtliche Straßen und Plätze der Stadt wurden sofort
zesetzt und jede Person, die sich auf der Straße blicken ließ, nach
hret Legitimation befragt. Als ich um 813 Uhr Nachmitttags
neine Briefe zur Post bringen wollte, wurde ich von 2 Soldaten
des 59. Regiments angehalten und hatte Mühe loszukommen. Als
ch in der Rue St. Pierte anlangie, fand ich fast jedes Haus von
Zoldaten besetzt, auf den Straßen liefen heulende Weiber umher,
»ie ihre Maänner in allen Richtungen suchten. Je 30 Mann nüt
in em Offizier hatten den strengen Befehl erhalten, alle Häuser,
zom Keller bis zum obersten Stocwerd, genau zu revidiren, alle in
den Wohnungen vorgefundenen Waffen mit Beschlag zu belegen,
die vetreffenden Personen sofert zu verhaften und in das Palais
de Justice oder in das nebenanstehende Prison abzuführen. In
der Siadi herrschte die größte Aufregung, während der Durch-
uchung der Häuser waren die um die Nachmittagsstunden gewöhn-
lich belebten Avenuen wie ausgestorben. Ich begegnete außer
mehren Trupps Soldaten, welcher in ihrer Mitte immer einen
Vefangenen brachten, 22 eingefangenen Mobilgardisten, die sich in
den benachbarten Wäldern herumgetrieben hatten. Unter den Ver⸗
hafteten befindet sich eine Masse hergelaufenen Gefindels, das sich
iber seine Beschäftignng nicht ausweisen konnte, Der Erfolg der
dausfuchung war, daß gegen 150 Gewehre, Pistolen, Säbel, Uni⸗
ormen ꝛc. vorgefunden und der Polizeibehörde abgeliefert wurden.
Unter anderm wurden allein bei einem Sattler 43 Gewehre und
Säbel entdeckt, bei einem Pfaffen in der Rue rohale, der gegen
Taution freigegeben wurde, fanden sich eine große Anzahl neuer
Iniformen.Der intexefsanteste Funde wurde bei einem Manne
gemacht, der sich als Emissär der französischrn Regierung in Bor⸗
eaux enthuppte; bei demselben belegte man sehr wichtige Papiere
er provisorischen Regierung mit Beschlag. Am gestrigen Abend
waren gegen 120 Leute in Gewahrsam gebracht, von denen aber
nur gegen 20, die einiger schweren Verbrechen bezüchtigt werden,
estgehalten werden. Die Haussuchung soll in einigen Tagen wie⸗
derhoit werden.
Dem Leipziger Tagblatt berichtet man aus Leipzig vom
22. Dez.: Eine traurige Scene aus den Kämpfen vor Paris am
2. Dezember, welche aufs neue von der perfiden Kampfesweise der
Franzosen Zeugniẽ ablegte, möge, da sie unseres Wissens bis
setzt nicht in die Oeffentlichkeit gedrungen, nachträglich mitgetheilt
zein. Die 4. Compagnie des Regiments Nr. 107 hoatte ein
iranzösisches Lager gestürmt. Die vollständig überrumpelten Fran⸗
josen ergriffen größtentheils die Flucht, während der Rest sich ge⸗
fangen gab. Der Prämierlieutenant Röderer schritt auf einen
gefangenen französischen Offizier zu; dieser aber schoß in dem
Augenblicke, wo er seinen Degen überreichte, mit der linken Hand
einen bis dahin verborgen gehaltenen Revolver auf Röderer ab,
der dadurch an der Lippe verwundet wurde. Dieser meuchlerische
AnfallZschiend ein Signal für die übrigen gefangenen Franzosen zu
sein, denn unmittelbar darauf schossen auch diese, infolge dessen
Prämierlieutenant Nöderer leider noch einen lebensgefährlichen Schuß
in die Brust erhielt. Was darauf folgte, kann man sich denken.
Die gefangenen franzöösischen Soldaten mit ihren Offizier wurden
jast jaͤmmilich von den aufs äußerste ergrimmten 107ern in die
Bfanne gehauen.
Der Oberkommandant der Nationalgarde von Paris hat
'olgenden Bericht an den Ceneral Trochu gerichte: 2
Paris, 16. Dez.
Herr Gouverneur!. Das 200. Bataillon ist heute ausmar⸗
chirt, um die Vorposten bei Creteil zu besetzen. Ich empfange
zom obersten Generalcommandanten zu Vincennes folgende De⸗
»esche: „Der Bataillonschef des 200. betrunken!? Zum we⸗
nigfsiten die Hälfte der Leute betrunken. Unmöglich, den Dienst
nit ihnen zu versehen. Nothwendigkeit, ihre Posten abzulösen.
Unter dieser Bedingung ist die Nationalgarde eine Ermüdung
ind eine weitere Gefahr.“ Ich habe die Ehre, die Absetzung
des Bataillonsführers Le Blois, Kommandanten des 200. Ba⸗
aillons, zu verlangen. Genehmigen Sie xc. Clement Thomas.
Butgehe ißen: Der Gouvberneur von Paris. General Trochu.
Der „Dailh News“⸗Correspondent in Havre meldet ein
Histörchen über die Art und Weise, wie die preußischen Ulanen
Topographie studiren. Vor etwa einer Woche — so schreibt er
unterm 17.— hielten sechs preußische Reiter in der Stadt Saint
stomain vor einem gewissen Cafe und forderten per Mann eine
Flasche Wein. Der Wirth brachte den Feinden seines Vaterlan⸗
Jes den verlangten Trunk und stierte sie mit nicht allzufreundlichem
Blicke an, als er einen der Ulanen zu erkennen glaubte. Er traute
einen Augen nicht, rieb sich dieselben einmal gehörig mit seinen
Jeigefingern und sah sich den Keitersmann nochmals an. „Ah
Jonsieur,. rief er aus,. dachte ich doch, daß ich Sie kennte, jetzt