Unterhaltungsblatt
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St. Ingberter Anzeiger.—
Vr. 44. Donnerstag, den ¶. Mai ae —
Die Brüder.
DriginalNovelle von Ewald August Konig.
(Fortsetzung.) J
„Wie lange waären Sie in Amerika?“
fragte Helene, welche ihre innere Abneigung
gegen diefen geschmeidigen Weltmann eher zu
denn abnehmen sühlte.
„Sechs Jahre, gnädige Frauß ich ging
e in armer Edelmann hin und hatte
lück“
„Wo hielten Sie sich vorzugsweise auf 7?*
„Im Süden. haupijächlich in Mexiko.“
„In Mexito?“ wiederholte Bölling halb⸗
laut. „Ich habe viel über das Land gehört
und gelesen und muß gestehen, ein halbes
Jahr möchte ich auch einmal dort sein, wärs
auch allein der Jagd wegen, die ich leidens
schaftlich liebe.“
In dem Lächeln, welches rasch über die
Ldippen des Barons glitt, spiegelte sich ein
tücischer Triumph, der Triumph) des Jägers,
wenn er das Wild im Netze fiudet.
„Ich habe mich längere Zeit an der
Büffeljagd betheiligt,“ nahm er nach einer
Pause wieder das Wort, „die Strapazen aber
wurden mic auf die Dauer zu beschwerlich,
ich zog das Jägerwamms aus und betrieb
„Sprkulationsgeschäfte.“
Helene sah von ihrer Arbeit, welche sie
jur Haund genommen hatte, auf. „Spekulations⸗
geschäfte 7* fragte sie.
ꝓAllerdings, ich laufte Land und verkaufte
wieder, wenn ich dabei einen Vortheil sand.
Ich hatte Glück dabei und war bald ein
reicher Mann.“ —WWMVBM
„Ich gratulzre,“ sagte Bölling, indem er
seinem Gaste die Hand reichte, „nicht jeder
frifft es trüsen so gut. Aber Sie thaten Recht
darxan, hierher zurückzukehren, was wollten
Sie auch dort in den Urwäldern unler den
dalbwilden und Büffeln mit Ihrew Reichlhum
beginnen? Ueber dem traufen Heerde wird
sich schon im nächsten Jahre das Dach wölben,
ein hübsches Weibchen hält ihren Einzug in
das neue Haus und während unsere Damen
hier oder dort über ihr Hauswesen sich mit⸗
einander unterhalten, gehen wir auf die Jagd
in unsere deutschen Wälder. Ich habe mich
lange nach einem Nachbarn gesehnt, mit dem
cch an den langen Winterabenden mich unter⸗
jalten kann, deshalb ist Ihre Ankunft mir
doppelt angenehm
Der Baron verdeugte sich schweigend, sein
Blick streifte flüchtig die schöne Hausfrau,
velche erust und still vor sich hinfah.
Ter Diener meldete, daß das Abendessen
angerichtet sei und der Baron vot der Haus⸗
frau sinen Arm, um sie in den Speisesaal
zu führen. Helene“ zögerte einen Augenblick,
lehnte sfie das Geleit ab, verstick sie nicht
aur gegen die Höflichkeit, fondern auch gegen
die Gastfreundschaft. Der Baron hatte alsdann
ein Recht, sich beleidigt zu fühlen uud Bölling
onnte ihr deßhalb gegründete Vorwürfe ma—⸗
hen. — Und abgesehen davon, loante die
innere Stimme, welche sie vor diesem Manne
varnte, nicht lüsen J Konnte sie nicht voreilig
üch einen Feind schaffen ? Und stand überhaupt
hredas Recht zu, in verletzeuder, zurücksto⸗