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StJugberter Aunzeiger.
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D2ie Brüder.
Original· Novelle pou Ewald Au gust König.
Braul reißtt und die Töchter aus dem Volke
in die Schande und das Elend stürzt. Der
Vaterfluch das Ueberbleibsel des barbarischen
Mittelalters, ist das Schreckbild, welches tief
in die Verhaltnisse der bürgerlichen Gesellschaft
eingreift, welches“ tausend und abertausend
Dpfer verschlirgt.“ Auch jener Bankier hatte
seinem Sohue gedroht, ihn zu enterben, ihm
zu fluchen, weun er es wage, die Bettlerin zu
heirathen. Ihin war, Dauk den Bemühungen
feiner Eltern, bereits eine andere Braut be⸗
timmt, die Tochter eines reichen Kaufmannes,
ind er mußte sich dem Willen des Vaters
ügen, wollte ex nicht dessen Fluch auf sein
daupt laden. — Er hatte es nicht über sich
ringen können, dies meiner Mutter mitzu⸗
heilen, er wollte schreiben, aber auch dazu
Dnnie er sich nicht entschließen. Jetzt als die
Beliebte ihn aufsuchte, als sie ihm gegenüber
land, entdeckte er ihr Alles. Meine Mutter
brach ohnmächtig zusammen. Als sie zur Be⸗
innung zurückkehrte, verließ sie, ohne den
harocterlosen Geliebten eines Wortes, eines
Vlickes zu würdigen, das Haus, und Tags
darauf auch die Stadt. Nie erfuhr mein
Vater, wo sie geblieben ist. Vier Monate dar—
auf ward ich geboren, meiner Mutter kostete
meine Geburt das Leben. Die Freundin, zu
velcher sie sich geflüchtet hatte, nahm si
meiner an, erstin späteren Jahren erfuhr
Zie Geschichte meiner unglücklichen Mutter.
Ddaß gegen meinen Vater erfüllte mein Herz,
wollte seinen Namen, die Stadt, in der
er wohnte, wissen, meine Pflegemutter; ver⸗
schwieg mir beides, sie mochte befürchten, ich würde
mich zu unbesonnenen Thorheiten hinreißer lassen.
— ——
W Gortsetzung.
Ein Jahr mochte sejt dem Tote der Ver⸗
lobung verflossen sein, als meine Mutter eines
Abends vergeblich auf den Geliebten wartett.
Er kam nicht, er kam auch am zweiten und
druten Abend nicht. Meine Mutter, in Angst
and Sorgen um ihn, »tilte in das Haus
seines Vaters. Sie erwartete ihn dort krank
zu sinden, und wer konnte hesser ihn pflegen,
als sie Unter dem Vorwande, sie sei von
dem jungen Herrn beauftragt, eine Stickerei
anzufertigen, für welche sie das Muster holen
wolle, eriangte sie Eintritt in das Haus. Er
war nicht krank, der Diener führte sie in fein
Zimmer. Aber wie hatte er sich verändert in
den drei Tagen! Seine Wangen waren hohl
und bleich, seine Augen trüb und erloschen,
er glich in seinem Gang, seinen Bewegungen,
seinem ganrzen Wesen einem Irisinnigen, den
moan um sein Glück betrogen hat. Als er meine
Mutter sah, stürzte er ihr zu Füßen, er be⸗
dectte ihre Hände mit Küssen und bat sie, ihm
zu verzeihen, ihn zu vergessen.
Einen Augenblick schwieg das Mädchen,
Georg war erschüttert.
„Es ist das alte Lied,“ hob sie endlich
wieder an, „der Fluch der Mutter entbindet
den Sohn des Versprechentzz, welches er dem
armen vertrauendan Mädchen gegeben hat. Der
Vaterfluch ist das moderne Gespenst, welches
hohläugig, mit geschmungener Geißel den
Brautigam aus den Armen der verzweifelnden