Ht. Ingberler Zenzeiger.
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1873
Deutsches Reich.
Muünchen, 28. Dez. Zur gestrigen Hoftafel im Winter—
garten, war wie die A. A. Z. nachträglich erfährt, auch der hie—
sige Erzbischff geladen.
— Mündchen, 29, Dez. Nach einer vom kgl. Stoatsministe—
rium des Innern dem Generalcomite des landwirthschaftlichen
Vereins unterm 2. Dezember gemachten Mittheilung bleiben die
bayerischen Gewerbschulen auch ferner zur Ausstellung giltiger Zeug⸗
nisse für die wissenschastliche Qualifikation zum einjährig freiwilligen
Militärdienst in Bayern berechtigt. —
Mäünchen, 29. Dez. Dem Vernehmen nach sind, der Zu⸗
sage bei der letzten Budgetberathung der Kammer der Abgeord⸗
neten entsprechend, auch die aus dem früheren Handelsministerium
in das Ministerium des Inneren übergegangenen Ministerialräthe
vp. Nüßler und Messerschmidt in Ruhestand versetzt worden und
werden deren Stellen uitcht mehr besetzt· (N. Corr.). .
München, 30. Dez. Die zurx Prüfung und Bescheidung
der auf Grund des Z 48 des Landtagsabschiedes vom 28. Apru
1872 angemeldelen Entschädigungsansprüche für Kriegsleistungen
un die deutsche Armee in den Jahren 1870/71 im Staatsminifte⸗
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hat bereits mehrere hundert Gesuche obiger Art einer genauen
Prüfung unterstellt und endgiltig beschieden, eine weit größere An⸗
jahl ist noch in der Instruirung begriffen. Die angemeldeten An—
sprüche, welche sich noch ticht genau übersehen lassen, werden ca.
200,000 fl. betragen.
In Molsheim (Elsaß), einem Wallfohrtsort mit sehr
bigotter Einwohnerschaft wurden die nach Zabern durchziehenden
Militärpflichtigen beschimpft und sogar mit Steinen geworfen.
„Ihr elenden Schwaben, wenn ihr nur die Häise brechen thätet
und euch der Teufel holte“, solche und ähnliche Liebes worte wurden
hnen nachgerufen.
Köln, 30. Dec. Noch einem Telegramm, welches der
Kolnischen Zeitung“ aus Rom vom heutigen Tage zugeht, hat
der preußische Geschäftsträger beim päpstlichen Stuhl, Veanee
jekretär Steunemem, dem Cardinal Antonelli die Mittheilung ge—
macht, daß ihm der Befehl zugegangen sei, einen' unbestimmten
Urlaub zu nehmen und wird derselbe heute nach Berlin ab
reisen. (W. T. B.)
Frankfuræt, 29. Dec. Das zweite Blatt der gestrigen
Nummer der „Frankfurter Zeitung“ wurde heute früh mit Be—
schlag belegt. Beanslaudet war ein Artikel „Augsburg, 27. De
cember,“ in welchem die auf das Deutsche Reich bezugliche Stelle
der Allocution des Popstes nach dem lateinischen Texte der „A.
Postzeitung“ ins Deutsche übertragen war. 38
Berlin, 28. Dec. Die „Spener'sche Zeitung? beleuchtet
in einem offenbar officiösen Artikel den Grammont⸗Schwindel
und betont, daß das sehr freundschaftliche Einvernehmen zwischen
Oesterreich Ungarn und Deutschland seit Dezember 1870 durch
Andrassy's Berufung zur Leitung der Politik des Gesammtstaates
und in Folge der wiederholten Begegnungen der Herrscher beider
Reiche sich erhöht habe. Unter solchen Umständen habe es wenig
politisches Interesse, in Geschichten aus der Vergangenheit zů
wühlen und etwaige Absichten bei Kriegssausbruch zu untersuchen.
„Die Staatenpolitik richtet sich nicht nach Regeln der Privat⸗
moral.“ Es ist nach Entfaltung des deuischen Reiches ein zweifel⸗
loses Interesse Oesterreichs, freundschaftliche Beziehungen mit diesem
mächtigen Reiche zu pflegen. „Was hinter der Zeit liegt, lümmert,
verbittert uns nicht; und ein Mensch von so plumper Bornirthcit
wie der Duc de Gramsnt wäre der Letzte, dessen Zeugniß be—
deutungsvoll sein lönnte.“ Schließlich zittirt der Artikel folgenden
Ausspruch Andrassy's, den derselbe gelegentlich seiner Abmahnung
zegen eine Parteinahme Oesterreichs zu Gunsten Frankreichs ge⸗
than . „Ich leugne nicht, Sympathien für Frankreich zu haben,
aber welcher Staatsmann handelt nach Sumpathien?“
Dio Qafn Ata“ shreiht hbozu lich rünasten päpstftihen
Blätter als ein Ausfluß der erssen Zornesaufwallung über die
väpstlichen Angrifse erscheint, wiewohl der Papst selbsi durch die
Anbestimmtheit in der Bezeichnung der von ihm gemeinten Per—
onen seine Scheu vor einer offenen und namentlichen Beleidigung
darthut, sind auch wir vollständig der Meinung, daß unsere Re—
gierung nie ein stärkerer Bewegrund gegeben wo den jst, den
Anmaßungen der Curie gegenüber eine fesie Stellung zu nehmen
und dem schädlichen Einflusse, den die von Rom aus geschleuderten
Verleumdungen auf einen Theil unserer Nation ansüben könnten,
ꝛinen Damm vorzubauen. Die katholische Geisftlichkeit ist inzwischen
von ihren römischen Obern in eine schlimme Versuchung geführt
worden; denn was kann für sie groͤßere Bedeuiung haben als
ine Ansprache des Papftes bei einer so feierlichen Gelegenheit,
wie einem Consistorium der Cardinale gehaiten ? Und wie nahe
liegt die Gefahr, daß der Geistliche, von dem hierarchischen Dis—
iplin beherrscht, sich auf der Canzel eine Wiederholuͤng der von
einem geistlichen Oberhaupte kundgegebenen Gedanken zu Schulden
ommen läßt? Eine von der Kanzel herab geschehende Verkündi—
gung der päpstlichen Verleumdungen von den wilden Verfolgungen
mit welchen die katholische Kirche in Deutschland heimgesucht
werde, wäre eine offene Aufreizung der unter priesterlichem Ein⸗
flusse stehenden Bevölkerung gegen die Landesgesetze, und die kaun
und wird der preußische Staat nicht dulden. Auch ein Bischof
steht nicht hoch genug, daß die Staatsbehörden Anstand nehmen
würden, ihn bei etwaiger Verbreitung jener papstlichen Anrede vor
das Strafgericht zu ziehen.“
Auf eine Anfrage des Genenal-Post⸗Direktors des Deutschen
Reichs hat General-Postmeister Creswell zu Wafhington er—
widert, daß sich im Postdienst der Vereinigten Staaten gegenwärtig
za. 700 Frauen befinden, welche ihre Pflichten zur vollkommenen
Zufriedenheit des Departements und ebensegut wie die Männer
erfüllen.
In Ful da soll Mitte April kommenden Jahres aberwals
eine Conferenz der deutschen Bischöfe stattfinden.
Königsberg i. P., 30. Dec. Die Regierung hat den
Redactionen der beiden hier erscheinenden Zeitungen unter An—⸗
drohung der Beschlagnahme untersagt, den auf Deutschland be—
zlüglichen Passus der kürzlich von dem Papste gehaltenen Allo-
cution in ihren Spalten zum Addruck zu bringen. (W. T. B)
Frankreich.
Die vormals napoleonischen Dipldmaten hat plötzlich ein Ent⸗
juslungsfieber ergriffen. Auch für Mercier, der beim Ausbruch
des Krieges von 1870 französischer Botschafter in Madrid ge⸗
wesen, hat die Ausfage Thiers' vor der Commission des 4. Sept.
Anlaß gegeben, einen Brief an den Grafen Daru zu richten, wel—
her gleichzeitig von den bonapartiftischen Blätteru vrröffentlicht
wird. Thiers hatte angegeben, Kaiser Napoleon habe, nachdem
die. Königin Jfabella aus Spanien verjagt war, in Madrid zu
derstehen gegeben, er werde nicht zugeben, daß ein Glied der
Familie Orlcans (Herzog v. Monipensier) den spanischen Thron
besteige; dadurch allein sei Prim auf den Gedanken gebracht wor.
den, dem Prinzen von Hobenzollern die Krone anzubieten, und
so verdanke Frankreich dem Haus Bongparte nicht blos den Krieg,
sondern auch den Grund zu dem Krieg. Mercier führt einen
Brief des Kaisers Napoleon an ihn selbst und eine Depesche La⸗
oglette's (damals Minister des Aeußern) wörtlich an, aus welchen
allerdings hervorgeht, daß die Candidatur Montpensier's zwar von
Nabpoleon nicht gern gesehen wurde, daß er aber direkt nicts da—
Jegen unternahm, sondern seinem Votschafter lediglich eine kluge
Zurückhaltung und Unterlassung jesglicher Einmischung in die in⸗
neren Angelegenheiten Spaniens empfahl und bereit war, den Her⸗
jog als Konig von Spanien anzuerkennen, wenn die Wahl auf
hu gefallen wäre. Mercier dvecweist auf die Archihe des Min.
eriums des Aeußern, aus welben Thiers sich überzeugen konue,.
pwer durch „leidenshaltliche Berichle“ in Ferthum verjeßt war