Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ht. Ingberler Anze 
ze St. Rnaberter Anzeige (und das mit dem Hauptblalte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstagt⸗, Donnerttagt⸗ und Sounlagk 
——E woqentlich viernal: Diendtaa, Donnerstag, Samsbtag und Sonntaa. Abonnementspreis vierteljaͤhrig 42 Arzr. oder 
12 Silberar. Anigen werden mit 4 rzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet. J 
— — — — — — — — — — — — — — 
“.* Monarchie und Republik. 
Die Ablösung der Monarchie durch die Republik in Spanien, 
esp. die Abdankung des Koͤnigs Amadeus daselbst und die darauf 
rsolgte Proklamirung der spanischen Republik, was für die große 
delt doch wahrlich wenig genug zu bedeuten hat, erfüllt die in 
kuropa zerstreut lebende handvoll Republikaner mit neuem Muthe 
vie republikanischen Hellfeher, unter ihnen Garibaldi, der Alte 
n der Ziegeninsel, seden schon die republikanische Verbindung 
der Romanen und träumen bereits von der Regeneration des 
liereschwahhen Eurspa in der aroßen republitanischen Verbrüderung 
ler europäishhen Nölker. Nach ihnen blüht nur in der Republik 
Menschheit das Heil, indem jeder einzelne sein eigener Herr 
a und seine Krafte menschenwürdig frei entfalten und verwerthen 
hane, wäbrend in der Monarchie Millionen zu Sllaven eines 
finzeln, allein Mächtigen, herabgewürdigt würden. Und auf der 
aoern Seite pflegt man als feststehend anzunehmen, daß ein per⸗ 
aaAliches Regiment nur ia absolutistishhen Staaten wöͤglich sei und 
etrachtet da jegen die constitutionellen Einrichtungen in der consti⸗ 
ienellen Monarchie und Republit als einen festen Riegel gegen 
se Gefahr, dem Willea eines einzigen Mannes wehrlos anheim⸗ 
ufallen. 
Schauen wir nun in die Geschichte der letzten sechszig Jahre 
arüch, so finden wir, daß beide Ansichten etwas von der „grauen“ 
kheorie an sich haben und im Leben si die Diage gewöhnlich 
aderb machen und gestalten. alt sie der „Prospeltus“ ankündigt. 
Ueberall, wo eine mächtige, geistesgewaltige Per sönlichtkeit ist, 
birb sie ihren Willen durchzusetzen wissen, sei es durch Gewalt, 
zie in der unumschränkten Monarchie, sei es durch ihr Gewicht und 
hren Einfluß, wie in den constitutionellen Staaten und der Re⸗ 
ablik. »Pitt und Palmerston, Cavour und Bismarck hatten! 
ind haben eine perlonliche Machtstellung, wie sie felten ein Fücst 
esaß. Vor idrer Ueberlegenheit und Siaatsweishtit beugten sivd 
Ile, die ein Wort in das Staatsregiment mitzureden haden, und 
ser Staat ist dabei wahrlich nicht schlimm gefahren. Es ist das 
den die Maͤcht des Genies, welches olle untergeordneten Geister 
Altht in feiune Bohnen hineinzieht. 
Glaube aber ja Niemand, daß es sich in der Republik anders 
erhallt. Auch sie hat keine Mittel, dat persontiche Regiment zu 
eerhindeern. Prasident Lincoln besak zaseßt in der nordamerikanischen! 
kepublik eine selhe Micht, daß ihn die demskratischen Otgane' 
wut noch Czar Lincoln“ nannten. Weder der Senat noch der 
Fongreß vermochten es, dem Gewicht und mä hiigen Ei fluk seiner 
zersͤnischteit einen ecfolgreichen Widecstand entgegen zu stellen. 
doch vieimehr zeigte sih dies, als Gamdetta am 4. September 
870 das Regiment der frunzoͤsischen Republik übernahm.« Er 
aufte da Fförmlich als Dictator, er war gar Niemand verantwort 
i9 er fummerie sich weder um die öffentliche Memung. noch 
im die Stim nen des Gesetzes. Als die Generalräthe beinahe 
instimmuig die Vornahme der Wahl einer Nationalversammlung 
atlanzien. löste er sie einfach auf. Erst durch die Kapitulation 
von Paris wurde die unnmsvräukte Gewalt seinen Handen ent⸗ 
ounden. Ganz unq'ralificirbar ist aber auch die Stellung, welcht 
et gegenwärtige Präsicent der frauzosischen Republik, Thiecs, 
innimmt. Man weiß wirklich nicht, soll man das eine Dictakur, 
in Regiment von Gottes Gaden, oder blauken Absolutismus 
ennen. Exr betrachlet sich als Niemand verantwortlich, er begeg · 
et der Majorität der Nationalversammlung ebenso schroff, wie 
t Minoriät, er macht seine Uneatbehrlichkeit bei jeder Gelegen- 
deit geltend, er sieht sich als den von Gott erwählteu Regenten 
Franfteichs an das et wie ein unmündiges stind am Gängel- 
iand führt. 3322 — — 
Was geht wun wits diesen Erfarrungen als Resultat hervor! 
Her Conftucitionalismus und die Republik können die Macht des 
lmes eiwschäänken und schmälern, allein um so arbßer wird in 
ustrer Zeit dien Macht der ledenevollen. geiste zuewaltigen Per- 
oͤmichkeit In Jeiten, wo nur Mittelmaß aleiten regieren, lönnen 
ie durch andere Mittelmäßigkeiten controllirt und vor Mißgriffen. 
ewahrt bleiben. Sobald aber eine geniale Perfönlichleit hervortritt. 
velche alle andern Menschen um Kopflänge überragt und foörmlich 
nstinktmäßig das Richtig wählt, die in sis die ganze Kraft und 
zeidenschaft, die Ideen und Ziele eines Volkes vereinigt, dann 
inten alle Parlamente und Deputirte zur Rolle von Hilfsarbei- 
ern herab. 
eutsches Neich 
München, 19. März Die große Frage der Uniformicung 
er baherischen Armee ist endlich nah ijangem Hangen und Bangen 
gelöst; es bleibt bein Alten: Raupe, Schuitt und Hellblau wer- 
zen beibehalten; nur die verschiedenfardigen Krägen und Auf- 
dlage der Infanterie sollen einem einheitlichen Roth Platz machen 
ind die Gradabzeichen denen des übrigen deutschen Heeres gleich 
zemaht werden. Geftern erfolgte, wie man hört, die betreffende 
xkẽntschließung. 
München. Dem ‚C. N.“ zufolge werden sämmtliche An⸗ 
lagefalle gegen Inhaher von Dachauer Banken (vetrügerischer 
gankrott uü. A.), 6 Gruppen aa Zabl, in einer außerordentlichen 
Zihung des Schwurgerichts von Oberbahyern im Monat Juni 
ur Aburtheilung gelangen voran Adele Spitz der ind Genossen. 
Berlin, 10. Marz. Die Gesetzesvorlage UÜber die Vorbildung 
ind Austellung der Seistlichen w'erd in dritter Berathung bei 
aamentlicher Abstimmunz mit 222 gegen 100 Stimmen an- 
enommen. 
Das Vorgehen der Staalsanwaltschafj in Posen gezenüber 
»em Erzbischof, Grafen Ledochowski, hat n ach neueren Minthei⸗ 
ungen der Krezz. die höhere Billigung und Genedmigung nicht 
zefunden · 
Die Marinebudgeis für 1873 betragen: än Fragkrei h 
39, 173 553 Thl., in Raßland 29 631, 381 Thlt., in Deutschland 
1,422, 125 Thlr. Euglond verwendet auf feine-Flotte fast 8 
nal, Franbkreich fast 5 mal, Rußland fast 3 mal so viel alt 
deutschland, 
Frankreich.! 
Paris, 19. Mirz. In der Provinz hat die Rizhricht 
»on dem Räumungsvectrage große Begeisterung erregt; an vielen 
Deaen, u. a. in Ocleans, wurde illumintrt. In den von den 
eutschen Truppen noch besetzten Dipartements ging es nach Erhalt 
»er Räumungsnachricht etwas stürmissh zu. -Bien Pudlic“ schreibt 
arüber: „Einige Raufercien fanden in den besetzten Departements 
vo sihh die Freude zu laut kand gab, zwischen den Bewohnern 
ind den deuijchen Trappen statt. Offiziere wurden besonders statk 
niigenommen. Die deutsche Behörde, welche den Gefühlen die 
iꝙg in einem solchen Augenblicke machten, RNechnung trug, suchte 
zur die Gemüther zu beruhigen.“ — Der Geburistag des Kai- 
ers von Deutschland wird in den noch besetzten Departements 
eierlich begangen werden. General p. Manteuffel- hat jedoch die 
Illumination ued Feuerwerk verboten, nur die uüblichen Kanonen⸗ 
alven werden abgefeuett werden. 
„Das Ergebnß der Vechandlungen,“ aͤußert Le Soit,“ 
„überirifft die künsten Erwart ingen. Man war glüdlich in der 
Ddoffaung, das die RAumung im Zeptember oder October erfalgen 
derde, ader nun wird schon am 1. Juli die deutsche Armee abrü⸗ 
ten und unsere Brüder des Osteas, diese heroische Bevdtkerung 
zer Vogesen, Ardennen, Maas, Veuerthe, Mosel und Belforts 
verden wieder die Tricolsre, ein und geachtet aus den entjetzlich⸗ 
den Unglücksfäsllen hervorgegungen, weyen sehen. In drittehalb 
Jahren wird durch s ine Wer heit und Ehrlichkeit Frankreich unter 
der Führung emes Esrenmannes die zwei größten Güter, die eine 
Nation besiten kann, wieder d sitzen: die Achtu:g der Andern und, 
—XREV 
77England. 
gSodon, 18. Marz. 11.000 Arbeiter nahmen gestern im — 
enwerte Dowlais die Arbeit wieder auf.