dem Kaiser von Rußland jetzt wie am Anfang des Jahrhunderts
aine Grundlage für die weitere Verbindung mit dem österreichischen
Zaiserstante. Die drei großen Mächte hätten sich zur Sicherung
des Friedens und der ruhigen Entwidelung Europas gegen jede
Befahr und Bedrohung dereinigt. Diese bei der September: Zu⸗
sammenkunft der drei Kaiser sreudigst begrüßte Friedenspolitik sei
um so bedeutungsvoller und gewichtiger, je mehr sich in den west⸗
tichen Staaten des Continents die Aussichten auf ruhige stetige
Entwickelung verdunkelt hätten. Deutschland blicke mit Genug-
thuung und Vertrauen auf die neue Bewährung einer auf großen
gemeinschaftlichen Eriunerungen und gegenseitiger Dankbarkeit be⸗
ruhenden dauernden Freundschaft, Waffenbrüderschaft und politischer
Gemeinschaft.
Die Prov.Corr.“ bestätigt, daß die Rücklehr des Kaisers
aus Petersburg am 10. Mai und seine Abreise nach Wien am
29. Mai erfolgen werde. — Das Herrenhaus hat heute das Ge⸗
seß über den Gebrauch kirchlicher Straf- und Zuchtmitiel und das⸗
jenige über den Austritt aus der Kirche unverändert angenommen.
Ser Reichstag hat heute den Antrag Schulze's auf Gewährung
pon Tiaten in dritter Lesung mit 145 gegen 88 Stimmen ange⸗
nommen. Staatsminister Delbrück ertlärte auf eine Anfrage, daß
das Reichtkanzleramt mit den Directionen der Staatseisenbahnen
über freie Eisenbahnfahrt für die Abgeordneten verhandle, das Re⸗
altat aber noch nicht feststehe.
In Bezug auf das Reichspreßgesetz, das jetzt im preußischen
Staatsministerlum ausgearbeitet und nach der Rüskkehr des Fürsten
Bismarck dem Bundesrathe wird vorgelegt werden, erfährt der
„B. B. C.“, daß darin ein. Paragraph aufgenommen worden,
welcher den Gerichten dije Befugniß zu rkannt, eine Zeitung, dit
dreimal von den Gerichten pverurtheilt worden ist, zu unterdrücken.
Ferner soll der Reichzregierung das Recht beigelegt werden, den
Hderichten der Einzelnstaaten diejenigen Artikel, welche directe Au⸗
griffe gegen die Reichsgewalt enthalten, zur unmittelbaren Bestra—
ung zu üderweisen, Der Gesetzentwurf, welcher als obersten Zwed
perfolgt, der ultramontanen und social⸗demokratischen Agitation ein
Ziel zu setzen, hat, wie man hört, die Zustimmung sämmtlicher
Bundesstaaten gefunden, indem sämmtliche Regierungen von der
Bemeingefaährlichkeit der socialistischen wie ultramontanen Presst
überzeugt sind, und keine einzige Regierung heutzutage in der Be—
zünstigung jener staats⸗ und zeichsfeindlichen Agitationen eine Stütze
für ihre Selbsiständigkeit sucht, während in den Zeiten der rein
politischen Bewegung es nicht an Regierungen in Deutschland fehlte,
velche die Duldung, wenn nicht Förderung liberaler Elemente durch
die Staatsraison geboten erachteten. Was die Aufnahme dies
Preßgesetzes von Seiten des Reichstages anlangt, so hat man ir
dem Neichskanzleramte die feste Ueberzeugung, daß die Mebrheit
der Volksbertretung sich der Ansicht zuneigen werde, daß eine ab⸗
solute Freiheit der Presse den Gegnern des Reichs eine zu mäch—
ige Waffe in die Hand drücken werde, als daß man auf alle Re⸗
resivmaßregeln verzichten könnte.
Das Hauptinteresse der politischen Diskussion concentrirt sich
wie leicht zu begreifen, noch immer auf das Resultat der eben England.
vbollzogenen Ersatzwahlen in Frankreich, und ziemlich allgemein hält Lonmdon, 30. April.“ Das hiesige Carlistenkom ie ber
man das Unterliegen Kémpsats gegen Barodet für einen sehr affentlicht folgendes Telegramm; Bayonne, 27. ds. Sieg da
emnpfindlichen Schlag gegen die conservative Republik des Hrn. Carlisten bei Bera. Carlisten 700. Republikaner 1400 Hlam
Thiers, den dieser sich inzwischen selber zuzuschreiben hat. da er ek starl. Dauer des Gefechts von 11 Uhr Morgens bis zur Nadt
nicht verstanden, sich von der Rechten genügend fern zu halten. Kepublikaner völlig geschlagen. 80 Todte und Verwundete.
Wir haben es stets gesagt, daß Thiers' Stellung sofort gefährdet Spanien.
rein werde, sobald er sich einer der extremen Parteien zu weitt Bahyonne, 30. April. Gerüchtweise verlautet, daß du
adhere; und in der That mußten nach den neueflen Concessionen Farlistenführer Santa Cruz von anderen Bandenchefs erschoßer
an die Royalisten die Republikaner den Verdacht schoͤpsen, daß es vorden sei.
Thiers doch nicht gänzlich ernst mit der Republik sei, die nun ein- Rußland.‘
mal die Mehrrzahl des französischen Volkes will. Die monarchischen Petersburg, 80. April. Gestern war der Geburtste
Parteien siad zwar ganz entgegengesetzter Ansicht und beschuldigen des Kaisers Alexander, Schon am Morgen kegab sich Kais
Thiers, sich zu weit mit der Linken eingelassen zu haden. — Wir Wilhelm in die Gemächer seipes Neffen, um demfelben seinn
vollen jetzt dem Leser die Auslassungen der Pariser Blaͤtter über Hlückwunsch darzubrirgen. Um 11 Uhr fand in der Kapelle de
»e Wahl Barodet's unterbresten, aus denen man sich als dang Winterpaiais die gotteßdienstliche Feier des Tages statt. Mitlen
elbet ein Urtheil bilden mag. LV Uhr große Wachtparade, um 2 Uhr Empfang und Vorstellutß —r
Mit Ausnahme der raditalen Blätter geben sast sfämmtliche des diplomatischen Korps durch Kaiser Wilhelm, um 6 Uhr s J
hariser Zeuungen ihrer Ueberraschung über das Wahlergebniß mitientasel dann Sparirfahr O durch die erleuchtete Stadt. Abennidio—
Ausdrud, Tie Journale der wonargischen Parteien betrachten die 10 Uhr führten vor dem Winterpalais 2400 Mann allet Mufts
—X— X
identen Thiers, weiche sich der Linken zugeneigt habe, anstatt in der lolossole Plaß durch elektrisches Licht taghell erleuchtet wer Krapb
den conservativen Parteien seine Stütze zu suchen, während die Es war ein grandioses Schauspiel. Die ganze kaiserliche Fauit Aniw
republikanischen Blätter die Erklärung jur den Triumph der Radi⸗, war auf dem Balkon des Palais versammelt; als Kaiser Wilhen —F
talen in den von der Nationalversammlung begangenen Fehlern serschien, brach die Vollsmenge in enthusiastischem Judel aus.“ benhe
finden. „Bien public“- hält die Erwählung Barodet's für eine am 10. Mai erfolgt die Rückehr nach Berlin. etade
schwer wiegende Thatsache, deren Tragweite indessen durch eine Petersburg, 30. April. Im Laufe des heutigen Bun land
Reihe von günstigen Umständen erheblich abgeschwächt werde, und mittags empfing der deutstte Kaiser eine aus 30 Personen best ber
die keinenialls die Deutung zulasse, als ob der Radicalismus 90, 000 hende Deputation von Angehötigen des deutschen Reiches, wolch —
Parteigenossen gewonnen habe. — Der „Francais“ ertlärt, die ihm eine künstlerisch sehr jeich ausgestattete Adresse der in Vehech
Jarodetsche Wahl sei eine furchtbare Mahnung für die conserva⸗ burg lebenden Deutschen überreichte. n
tiven Parteien und spricht die Hoffnung aus, die Regierung werd
jetzt die Nothwendigkeit einsehen, ihren Stultzpunlt in der Verein
zung aller conservativen Parteien zu suchen. — Die „Presse
senstatirt den Wahltag als einen neuen 18. März.
Unterdessen bereitet Gambetta und einige an dere. Führer de
—XX
die wohlmeinenden Gesinnungen, welche sie seiner Person gegenühn
hegen, kund zu tbun. Man darf jetzt gespannt auf die nächstn
Haadlungen des kleinen Mannes sein. Alle Gerüchte über bevor
stehende Veränderuugen im französischen Ministerium sind übrigen
der „Agence Havas“ zufolge, unbegründet.
In Posen hat der Conflict mit dem Erzbischof in du
Sprachfrage dahin geführt, daß am dortigen polnischen Martien
gymnassum in den Classen von Sexta bis Quarta gar kein Relp
zionsunterricht mehr ertheilt wird, während in Prima und Secund—
der geistliche Religonslehrer in deutscher Sprache Unterricht ertheil
Den Schülern der Realschule in Posen wird bereits privater Ri
igionsunterricht (in polnischer Sprache) ertheilt, und es ist die
eine weitere Consequenz aus dem Prircip, von welchem das M
nisterialreseripß vom 27. Februar d. J. über Dispensation von
Neligionsunterricht ausging und welches vielleicht sehr bald durg
Loslösung des Religionsunterrichtes von den höheren Staatsschu
anstolten wird weiter ausgeföührt werden müssen. Die in Posch
spendirten Religionslehrer werden übrigens allgemein vom Err
bischof mit sehr einkömmlichen Propsteien bedacht.
Wien. 29. April. Der denische Kronprinz mit seiner G
mahlin und seinem ältesten Sohn Friedrich Wilhelm traf Abun
hier ein und wurde von dem Kaiser, sämmtlichen Erzherzogen, de
Prinzen von Wales, dem Prinien Arthur, dem Personal der preu—
ischen Botschaft und einer zahlreichen ‚Suite am Bahnhofe ea⸗
fangen. Der Kaiser und die Erjherzoge trugen preußische Unifom
Der Keiser umarmte den Kronprinzen und am Arme des Kaije
verließ die Kronprinzessin den festlich geschmüdten: Bahnhof. Gr
zahlreiches Publicum begrüßte die Fürstlichkeiten auf der Fahrt nad
der Hofburg mit. lebhaften Hochs. *
Wien, 1. Mai. Die heutige Eroͤffnung der Weltausstellun
durch den Kaifer erfolgie in Gegenwart der Kaiserin, der kaisen
lichen Familie, der fremden höchsten Göste, aller Staate würder
träger, der Mitglieder der AuskellungsCowmmissionen und eint
notz der sehr ungünstigen Witterung ungebeueren Publikuus pi
cise 12 Uhr Mittags. Zahlreiche Musikcorps, Gesangvereine un
Zanonensalven signalisicten die Hauptmomente. Das Kaiserpar
erwartete die höchften Gäste beim Portale der Rotunde., Alle an
kommenden fürstlichen Gaste wurden am Eingange von den Etp
herzogen Karl Ludwig und Rainer empfangen. Das Kaiserpoa
vurde mit donnernden Hochrufen, die fremden fürstlichen Gaß
ehrerbietig vom Publikum begrüßt. Die Musikcapellen spielten nar
der oͤsterreichijscher Vollshymne auch die preußische. Nach de
Ewpfaugsreden und beendigtem Festgesange durchschritt das Kaiser
paur, begleitet von den höchsten Hecrschaften und dem Bürge
meister Dr. Felder das weñliche und oͤstliche Transept der Ir
dustrieballe.
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