Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
er St. Ingberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗ Donnerttags⸗ und S 
ummer erscheint wochentlich vie rmal: Dienbtag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis vierteljädrig 42 7zr. ode 
12 Silbergr. Anzeigen werden mit 4 Krir. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet. 
1873. 
B 78 —— Eonntag, den I1. Mai — — 
— 
Deutsches Reich. 
»Mäünchen, 8. Mai. Das Min'sterium des Inneren für 
irchen⸗ und Schulangelegenheiten beebsichtigt, demnächst das Ver⸗ 
ichniß der für denz Unterricht an den Gymnasien und Lateinschu ⸗ 
n genehmigten Lehrbücher einer Revision zu unterwerfen. Es foll 
absi besonders darauf geachlet werden, daß bei dem jeztt für die 
hüler beider Confessionen gemeinfschaftlich ertheilten Geschichtsun-⸗ 
erricht picht *37 Lehrbücher in Anwendung kommen, welche durch 
inmischung chlicher Lehrsäße und Streitfragen bei den Schülern 
Instoß exxegen lönnen. Ebenso sollen beim Uuterricht im Deutschen 
aiche Lehrbücher ausgeschlossen werden, welche in der Auswahl der 
ziücke einer scharf ausgeprägten confessionellen Charalter tragen. 
Straßburg, 6. Mai. Die Zunahme der Bevölkerung 
userer Stadt in den ersten vier Monaten dieses Jahres beläuft 
ch, einer Correspondenz der „A. Allg Ztg.“ zufolge, auf nicht 
reniger als 4114 Personen. Davon siammen aus dem Ueberschuß 
er Geburten über die Sterbfälle nur 247, so daß auf den Ueber⸗ 
huß der Einwanderer über die Auswanderer 3857 koömmen. 
ezüglich der drei letzten Monate dieses Jahres gestatten die amt⸗ 
hen Nachweise eine Vergleichung der Eingewanderten rüchsichtlich 
rer Nationacität, und es ergibt sich dabei, daß von der Gesammt- 
ihl von 3895 in den Monaten Februar, Marz und April Ein⸗ 
wanderten 1858 Elsaß-Lothringer, 1410 andere Deutsche und 
N Auslander waren. 
Fulda, 5. Mai. Die Zusammenkunft der preußischen Bi— 
höfe ist — wie man der „Hess. M. Z.“ schreibt — ziemlich 
zutlos an dem Publikum vorübergeganger. Nur Diejenigen, 
velche die Frübhmesse in der Domlirche besuchten, wurden eigentlich 
was von dem bedeutsamen Ereignisse gewahr, und hier war es 
amentlich die imponirende Gestakt des polnischen Erzbischofs Pri⸗ 
ics, welche Aller Blicke fesselte. Derselbe zeichnete sich durch seinen 
uthurnen Talar und den goldenen Sporn — er gehärt nämlich 
mn wenigen Trägern des Sporenorders an — vor seinen übrigen 
olegen aus. Die Publikation der Denkschrift wird dem Ver— 
jmen nach im Laufe der naͤchsten 3 Wochen erjolgen. 
Köln, 9. Mai. Die „Köln. Volksztg.“ veröffentlicht das, 
endschreiben der in Fulda versammelt gewesenen Bischöfe vom 
Mai d. J. Es ist unterzeichnet von den Erzbischöfen und Bi⸗— 
öfen von Köln, Gnesen, Breslau, Limburg, Fulda, Mainz, 
dderborn, Trier, Osnabrück, Freiburg, Ermland, Münster, Hildes- 
im und dem Vertreter des Bischofs von Kalm. Nambzanowski 
das (an den Klerus und sämmtliche Gläubigen) serichtete! 
endschreiben nicht unterzeichnet, weil die darin besprochenen Gesetze 
nnicht berühren; er erklärte sich aber damit vollständig einver— 
aden. Die Bischöfe erklären, die preußisch n Kirchengesetze wür⸗ 
. wenn sie durchgeführt würden, die Abtrennung der Bischöfe 
a sichtbaren Oberhaupte der Kirche, die Trennung des Kierus 
Vol'es vou den Bischöfen, die Trennung der kathol. Kirche in 
tschland von der übrigen kathol. Kirche, karz die Auflöfsung 
‚von Gott gegebenen“ Organisation der kathol. Kirche herbei— 
stten. Sie erklären, daß sie in der Verwaltung ihrer Kirchen 
itz zulassen dürfen, was den Geboten des kathol. Glaubens 
dem göttlichen Rechte der Kirche gewidmet ist“, und empfehlen 
bertheidigung der „unveräußerlichen Freiheit“ der Kirche be— 
ers das Gebet. 
Berlinn, 10. Mai Die Tabak; und Börsensteuer-Vorlagen 
om Bundesrath abgelehnt. 
Zerlhisa, 9. Mai.“ Das Abgeordneteahaus nabm die von 
Nxerrenhaus amendirten Kirchengesetze über die Vorbildung der 
lichen und über die kirchliche Disciplinargewalt in der dem. 
u von dem Herrenhause gegebenen Fasseng an. Auf heftige 
eie gegen die vom Fürsten Bismarck im Herrenhaufe gehallene 
und auf die Drohung des Frhrn. von Schorlemer-Alstt, daß 
ich den Gesehen nicht heugen werde, erinnerte Minister Fali 
daß das Centrum sich die ge'etzlichste Fraction genannt habe 
ue die Versicherung hinzu, ck würden die Kirchengesetze, 
moere Gesetze verstärlt, ausgeführt werden. 
— 
In Frankreeich fahren die ultramontanen und legitimisti⸗ 
schen Organe fort, Herrn Thiers und seiner Republik in heftigster 
Weise den Krieg zu machen, wodei auch Deutschland jedesmal das 
Zeinige abbekommt. Ein niedliches Pröbchen solcher Taktik liefert 
neuestens wieder das „Univers“, welches Thiers als den Helfers⸗ 
helfer Bismard's hinstellt. Denn des Retchskanzlers Berechnung 
ufolge heiße die Beschleunigung der Röumung des französischen 
Bebietes den Tag beschleunigen, an welchem Frankreich freie Hand 
erhält, um sich zu zertheilen, zu zerreißen, zu zerwühlen und sich 
'n alle Thorheiten zu stürzen, die ihm so verderblich seien. Als⸗ 
ann werde der große Kanzler sagen: „Seht Ihr, dieses Frank⸗ 
eich, das wir geschont haben, es ist nicht klüger geworden, es dleibt 
ch wie vor ein Gegenstand der Unruhe und eine Urfache der Be— 
orgniß und Gefahr für uns. Es ist nicht möglich, mit ihm aus— 
ukommen. Es ist eine Natien, die sich aicht beherrschen kann; sie 
jat ihre Zeit gehabt, man muß sie zerftückeln, und wir müssen uns 
in ihre Trümmer theilen.“ Da kenni Herr Veuillot denn nur einen 
Rettungsanker, nämlich die rechtzeitige Beseitigung der Republik, 
ndem die Nationalversammlung ihren „Deligirten“ zwiugt, ihr zu 
zehorchen. Dann würde Bismardck gelb vor Aerger werden. Die 
egitimistische „Union du Sud QOuest“ fordert die Interdemion der 
großen Mächte heraus, um den Greueln einen Zügel anzulegen, 
velche in Frankreich und in Spanien unter dem Vorwande de— 
Bründung der Republik begangen würden. Man fieht, überall das⸗ 
selbe paterlandslose Gelichter! 
Frankreich. 
Paris, 7. Mai. Zwischen Thiers und dem obersten Kriegs⸗ 
rath ist, einem Correspondenten der „K. Zig.“ zufolge ein Conflik: 
ausgebrochen. Der Präsident ik nämlich gegen das Vertheidigungs⸗ 
jystem, welches die Majorität desselben in —XE 
das in der Errichtung von delachirten Forts und einem verschanzten 
dager besteht. Mac Mahon, Herzog d'Aumale und Andere sprachen 
ich zu Gunsten dieses Systems aus, und Thiers wurde durch den 
Widerstand, auf den er stieß, zuletzt so gereizt, daß er die Sitzung 
aufhob. — Wie man dem „Siecle“* aus Marseille meldet, befindet 
sich Henri Rochtfort seit dem 2. Mai in dem dortigen Fort Saint. 
Nilola, von da soll er nach den St. Margaretheninsein gebracht 
verden und dann vor seiner Befoͤrderung nach dem Deportatioks⸗ 
arte noch einige Zeit in Toulon weilen, da seine Gesundheit die 
zrößte Schonung erheischt. 
Partis, 9. Mai. Man hör, der Prozeß Bazaine solle 
niedergeschlagen werden. 
ZSermischtes. 
t Aus Rheinhessen, 8. Mai. Man ist an mehreren Orten 
in den Weinbergen thätig, die erfrorenen Knospen zu beseitigen, 
und es wird gehofft, daß die Befuͤrchtungen, welche in Bezug auf 
den diesjährigen Herbst der Fröste wegen gehegt wurden, doch in 
dem anfänglich angenommenen Umfange sich nicht bestätigen. 
F Für unterstandslose oder strikematie Arbeiter empfiehlt sich 
ur Nachachtung folgende öffentliche Ankündigung eines böhmischen 
Naturarztes zu Grottau: „Da ich als Maurer nicht mehr hin⸗ 
reichende Beschäftigung finde, so habe ich mich entschlossen, neben 
Ofenbaben und Schleutzenräumen auch als Naturarzt und Cydro— 
path zu etabliren; empfehle mich daher einem hochverehrenden Pu⸗ 
»likum zu allen in diese Fächer einschlagenden Arbeiten. Gifte 
ind andere quälende Arzneien streng ausgeschlossen. Joseph u. s. w. 
FMur durch zwei Centner Pech dertreten) Die Wiener 
Deutsche Zeitung meldet nicht ohne Auflug von Hohn. daß die 
Forstverwaltung des Königreichs Sachsen auf der Wiener Welt— 
ausstellung durch nichts Anderes als durch zwei Centner Pech ver- 
sreten sein werde. Das L. Tbl. bemerkt dazu: Vitel mehr konnte 
allerdings von diesem Artikel nicht wohl geliefert verden; daß 
meiste Pech sind wir durch den Herrn v. Beust bereitz an Oefier 
reich los worden. 
7 Die Wiener spekuliren auf 15 — 20 Millionen Gaste zur 
Ausstellung. Sie versichern, jeder Gast könne ganz nach seiner Facon