Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberter Anzeiger. 
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Der St. Basberter Ungeigerr (und daß mit dem Haupiblatie verbundene Unterhaltungsblaut, mit der Diendiags⸗ Donnerstags⸗ und Sonnta 
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M 8. J Dienstan, den 1M. Jauuar 118173 
Der Todte von Chislehurst. 
Im Zeitalter des Dampfes und der Telegraphie arbeitet auch 
der Griffei der Geschichte mit großerer Schnelligkeit, als früher. 
saum ist einer der Acteure von der Weltbühne für immer abge⸗ 
relen, so ist das Todtengericht beendet und das Urtheil im Großen 
und Ganjen unwiderruflich gesprochen. * 
Sicherlich wird die Zukunft manche, bis jetzt noch unbel ann⸗ 
ten Thatsachen und einzelne bis deto verborgene Fäden aus dem 
Leben des Todien von Chislehurst aufdeden, allein in dem Ge⸗ 
sammtbilde, das schon die Gegenwart über ihn gewonnen, wird 
iwas Wesentliches nicht geändert werden. Es ist das zweite Mal, 
daß ein Sproßiing jener corsischen Advokaten⸗Familie, die unserem 
zanzen Jahrhundert die Signatur aufgedrückt, als ein Verbannter 
auf fremder Erde unler den Verwünschungen seiner Zeitgenossen 
zur ewigen Ruhe elingegangen ist. Ungewöhnlich wie ihre geistigen 
Anlagen und ihre verbre herische Disposition sind auch ihre Schich⸗ 
fale und ihr Lebenslauf gewesen. Aus niederen Anfaängen haben 
fie sich zur hochsten Macht und zu einem entscheidenden Einfluß 
emporgearbeitet; ihr Wort war bestimmend für das Loos von 
Millionen, an ihren Namen knüpfen sich fast alle wichtigeren 
Veraͤnderungen, die sich in unserem Welttheile vollzogen haben, 
und unaufhoͤrliche Kriege bezeichnen ihre Sput. So lange einer 
der beiden Napoleons den französischen Thron inne hatte, war 
der Friede geächtet, und der Tempel des Janus nicht mehr ge⸗ 
schlossen. Ihr maßloser Ehrgeiz und ihre unersättliche Herschbe⸗ 
—* steckten an allen Ecken und Enden die Welt in Flammen. —E 
And immer wieder war es vorzugsweise das deutsche Volk, welches M⸗ 
—B in Vtengd r e 
—Dæ— de sich fiählte, verjüngte und zu einer In Verle genheiten sür das hiesige Ministerium heraufbeschworen. 
. Sie wissen, daß die partikularistische Stroͤmung augenblidlich hier 
Im Guten und Bösen überragen die beiden corsischen Aben· Fielfach den Vorrang behauptei, und Herr v. Pfrehschner ist der 
teurer in einem solchen Grade das Maß normaler Raturen, daß dniglichen Gunst noch immer viel zu wenig sicher, um einem 
es verlehrt wäre, sie mit der gewöhnlichen, spießbürgerlichen Elle Aadicalen Schritt geneigt zu sein. Wird der Gtaf Taͤuftuchen dem 
messen zu wollen. Man würde damit ihr Wesen nicht ergründen Beispiele seines deutschen Collegen folgen müssen, das ist die 
und eine unzulangliche Vorstellung von ihnen gewinnen. Sie waren Frage, die hier alle ugerne hten areise beschastigt Man will 
— ide k53 — du sarin nicht nur einen Gradmesser fur die —*8 Baherns 
di n er Letzteren in Vollzug zu setzen. n ondern au rdi it Ides Köni i 
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zurückstehend, hatte der Neffe im Uebrigen aue amilien⸗ ichtelen Fragen ausweichend. Dennoch wi er, 
Traditionen und Familien -Gigenschaften geerbt, die in zu hohem ee * u auf“ e ee e 
Glanze erhoben uud demnachst ins Verderben gestürzt haben. Baherns, nach Berlin die Anfrage' gerichtet habe. welche Bedeu⸗ 
Seine Lieblingsidee, die Rebision der Karte von: Europa, ist ung man der Abberufung des deutschen Geschäftsträgers beimesse 
noch vor seinem Tode zur Ausführung gebracht worden, aber ind ob man eine damit parallel gehende Abberufung des Grafen 
freilich in einem anderen Sinne, als der Verstorbene es beabsich⸗ Taufftirchen wünsche. Ist ein derartiger Schritt wirklich ge⸗ 
tigt hatte. Rußlands Weltherrschaftsgelüste sind gebrochen, der chehen, sa wird er wahrscheinlich in Betlin so wenig befriedigen 
Vielstaaterei Italieng ist ein Ende gemacht, das Haupt des geeinten ils in den hiesigen partikularistischen Kreisen. Dort wird die 
italienischen Boltes thront in Rom neben dem papstlichen dalbheit und Unentschiedenheit der Anfrage, hier die Thaisache 
Greise, der seine. muͤßige Zeit mit WVerfluchungen und derselben Tadel begegnen. Sicherlich wäre der spontane Anschluß 
mit der Fabrilation neuer Dogmen verbringt. Oesterreich hat in das Vorgehen Deutlchlands, die einzig entjprechende Losung 
jelnen Schwerpunlt in sich selbst gefunden und lastet nicht mehr, der Frage gewesen. Bayern hat zwar das Recht seibstständiger 
einem Alp vergleichbar, auf dem staatlich zerklüsteten Deutschland; »iplomatischer Vertretung, aber keineswegs das Recht selbststaͤn⸗ 
der Schläfer im Kyffhäuser ist wieder erwacht, alle deuischen diger und spezifischer Politik. Damit hätte fich für ein wirklich 
Stämme haben sich brüderlich zusammengeschlossen und um den in reichstreues Ministerium det Sqhlüssel zur Entscheidung der Frage 
früberem Glanze erstandenen, germanischen Kaiserthron geschaart. ohne Zwang ergeben. (Sben. Zts.) 
Freilich sind die Dinge großentheils anders gekommen, als Munchen, 12. Jan. Der kgl. Hof hat sich wegen An⸗ 
der Gefangene von Wil helmsdohe es gewollt hatte. Et hatte legung einer Hoftrauer für den verstorbenen Kaiser Napolcon III 
Beister gerusen, die mächtiger waren, als er, und die er nicht beh den Hoͤfen in Berlien und Wien Auskunft erbeten, und soli 
mehr zu bannen vermochte. Während er den Trugbildern seiner eine' Entschließung hierüber hierselbst abgewartet werden. 
überreizten Phantasie naa jagte · und seine selbstsüchtigen und dd⸗ Berlinn, 10. Jan. Die Nachricht, die preußische Regie⸗ 
naftischen Plane zu fördern vermeinte, mußte er, so sehr er auch rung habe die baherische Regierung zur Abberufung ihres Ge⸗ 
hinterdrein fich dagegen sperrte, die Zwecke vollbringen und die sandten beim Papste veranlaßt, ist unbegründet. Dagegen wird die 
Wege wandeln, die der Weltengeist sich vorgesetzt hatie. Während Allokution als Beleidigung des Reiches im Reicht tage zur Sprache 
der Napoleonide, von rücsichtslofem Eigennutz durchdeungen, nur gebracht werden. Die Einbetufung des Reichsstucs wird für den 
darauf bedacht war, seinen Kaiserthron zu befestigen und seinem 10. März beabsichtigt. Nach Schluß des Reichs! ges ist für den 
7 die Hertschaft Frankreichs ju ßichern, mußte er, wider Fall, als wichtige Vorlagen unerledigt bleiben so. a, eine even- 
ilien. das Glück der Volker aufbauen und freiheitliche Institu« tuelle Nachsession des Landiages in Aussicht genomencn.n (W. BlI4J—