Full text: St. Ingberter Anzeiger

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xr vi. Anaderter Anzeigecr (und das mit dem HOauptdlatte verbundene unterhaltungsblatt, mit d Dienbtagt⸗ Donnerstags⸗ und Sonniaq⸗ 
nunmer er heint woͤchentlich viernal: Dienstag. Doe nner stag, Samstag und Sonntag. Aobsnnementspreiz vierteliahrig 42 Krix. oder 
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83. 5* ESauistag, den 31. Mii —1873. 
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Deuntsched Reich. 8 , 55 
Aus der Pfalz. „Erst seit Schluß des Jahres 1791 klei⸗ 
eten sich die Bewohnerinnen Straßburgs französisch. So lange 
atten sie trotz der Einderleibung ihrer Stadt in Frankreich (1681) 
ie deuische Kleidung beibehalten. Aber im November 1771 er⸗ 
dien der Conventionsdeputirte Saint Just und ließ einen lako- 
ischen Straßenauschlag machen: Die Bürgerinnen Straßburgs 
erden eingeladen, die deutschen Moden aufzugeben, ihre Herzen 
nd ja französisch.“ In seinem Gefolge hatte der gute Mann 
ine fügsame Guillotine, welche nur seines Winkens harrte; dies 
uuhten die Schönen Straßburgs und fügten sich der Einladung. 
- Wenn Biedermänner, wie Sonnemann ꝛc., wens die Gift- und 
zewürmpresse in und außerhalb der Pfalz die deutsche Verwaltung 
n Reichslande in perfider und landesverrätherischer Weise au— 
ceifen, wenn sie ˖ von zu Boden getretener und mißhandelter Ra⸗ 
onalität heuchlerisch heulen, dann wird es nicht schaden, jeden 
jeweis zu sammeln, der die vaterlandslosen Ehrenmänner wider⸗ 
it und ihre Niederträchtigkeit aufdeckt und documentirt. (Pf. Kr.) 
Straßburg, 28. Mai. Die Außerdienstsetzung des hie— 
gen Gemeinderaths ist durch Beschluß des Oberpräfidenten von 
estern auf ein Jahr verlängert worden. Der Beschluß stützt sich 
af den Art. 13 des Gemeindegesetzes vom 5. Mai 1853, zufolge 
ꝛelchem die zweimonatliche Suspension auf ein Jahr veriängert 
erden kann. Die Amtsenthebung der Adjunkten Goquel, Hueber 
ind Weyer, welche dieser Suspensionsverlängerung fast unmittelbar 
oranging und erst erfolgte, als sich die betr. Herren wiederholt 
reigerten, den gegen die Absetzung Lauth's gerichtelen Protest zurück 
anehmen, sollte dem Gemeinderath als Fingerzeig dafür dienen, 
eß es nur von seiner Haltung abhänge, ob die städt. Verwaltung 
zieder in seine Hände zurüdgegeben werden kbönne oder nicht. Wie 
dhoͤre, stimmte ein Theil des Gemeinderathes noch in einer 
tsern Abend abgehaltenen Versammlung für ein Enlenken und 
ur dem Umstand, daß man sich das Wort gegeben hatte, sich stets 
er Mebrheit zu fügen, (welche, nebenbei gefag?, diesmal nur in 
wei Stimmen bestand) verdankt unsere Stadi die fur sie beschä⸗ 
nende Maßregel des Oberpräͤsidenten. 
Berlhin, 27. Mai. Auf Anregung des Reichskanzler⸗ 
mtes hat der Bundesrath beschlossen, in Betreff der Ausprägung 
on Goldmünzen die zu 8 6 des Gesetzes vonn 4. December 1871 
eroffe ien Vollzugsbestimmungen dahin abzuändern, daß das Ver⸗ 
Uiniß der Ausprägung von Reichsgoldmünzen bis auf weiteres 
uf dierfünstel in Zwanzihmarkstücken und ein fünftel in Zehn⸗ 
ꝛaristüden feftgesetzt werde. Zugleich wurde seitens der verbün⸗ 
eien Regierungen im Hinblick auf eine im vorigen Jahre getroffene 
saständigung constatiri, daß es sich von selbst derstehe, daß, sobald 
n etsten drei und eine halbe Milliarde der französischen Kriegs⸗ 
uschädigung nach Maßgabe des Gesetzes vom 8. Juli b. J. ver- 
reitt seien, von da ab die auf den einzelnen Münzställen ausge- 
taͤgten Reichsgoldmünzen der Reichs⸗Haupteasse auf Verlangen zu 
detliefern sind. 
Laster ist dvon der Leibziger Universität zum Doctor juris 
vuoris eausa creirt worden. 
Die Gesammtausprägung der Reichagoldmünzen siellt sich bis 
9. Mai d. J. auf 639 268,330 Moart. wovon 812608, 700 
izt in Zwanzigmarlstüden umd 126,662, 680 Mart in Feha⸗— 
artflücen destehen. 
Ais dissentirende Mitglieder der Strafprozeßordnungs · Com⸗ 
isson in der Schoffenftage wer en in der „A. Z. bapeichnet: 
sad Wiener (Verlin), das bayerische und das hessische 
ied. 
der Bundedrath ist dem Beschluß des Reichtages, betreffend 
e Errichtung eines Neichstagsgebäudes, bheicetresen und hat auch 
werseitz die Commission beauftragt, möglichst schnell neue Vor— 
nage zu machen. 
Wien, 23. Mai. Unter der Rubrik Kurfreuden schreibt 
R. Fr. Pr.“: „Aus Karlsbad gibt man ung die fast un⸗— 
aubliche Nachricht, der jeht dort weilende ehemalige Finanzminifiet 
J * * W DV— 
Dr. Brefiel, im persönlichen Umgange bekanntlich einer der be— 
cheidensten und anspruchlosesten Menschen, sei dieser Tage zin einem 
yffentlichen Speiselolale von drei preußischen Offizieren; beleidigt 
vorden. Als-Dr. Brestel nämlich an einem Tische Platz —XX 
nen habe, an welchem auch drei preußische Offiziere saßen, hatten 
iese dem Kellner zugerufen: „Wir sitzen nicht mit Jedermang 
in Einem Rische, schaffen Sie diesen Herrn fort.“Darauf habe 
Dr. Bresiel mit großer Gemüthsruhe seinen Suppenteller selbst in 
ie Hand genommen und ihn zu einem anderen Tische getragen 
UInter den Bewohnern Karlsbads herrschte große Entrüstung gegen 
eme Offiziere, welche übrigens, als sie erfahren hatten, wessen Ge⸗ 
allschaft sie so flegelhaft perschmäht hatten, sogleich aus dem Cup⸗ 
xte verschwunden wären. Wir wollen Räheres über diese, für 
ine kaum begonnene Saison schon sehr, starke Curplatzgeschichte 
bwarten — Der uns soeben zugekommene „Karlsbader vͤnzeiger“ 
zestätigt die Mittheilungen unseres Correspondenten; der Vorfall 
ereignete sich im ,Sotel Hannoper.“ 
Frankreich. J 
Paris, 26. Mai. Es heißl heule, daß das Kommando 
)er Armee von Versailles, welches Herr Mac Mahon führte, an 
»en Marschall Canrobert übergehen soll. Nach einer andern Les⸗ 
irt würde es dem General Ladmirault übertragen und dann der 
Bveneral Douoy zum Gouverneur van Paris ernannt werden. 
Paris, 26. Mai. Die Kleritalen schmeicheln sich, beim 
euen Präsidenten der Republik viel durchsetzen zu können; seine 
xrau ist eine große Verehreria der Jesuiten und besitzt großen 
kinfluß auf ihn. Nun, wir werden sehen. 
Paris, 26. Mai. Heute war die ganze royalistisch- im⸗ 
erialistische Damenwelt in der in der Nähe der Boise gelegenen 
dirche Notre Dame de Victoires, um der Jungfrau Maria für 
den Sieg der Rechten zu danken. Am 25. hatte eine Wallfahrt 
nach dieser Kirche staltgefunden, um die heilige Jungfrau zu bitten, 
jei Gott zu erflehen, daß er Frankreich von Thiers, dem groͤßten 
aller Uebel, befreien moͤge. Da dieses nun geschehen, ordnele der 
Bfarrer ein Tankfest an und alles, was zu den Ultramontanen 
ält, stromte hin. Eifrig fährt die Kirche fort, sich der höheren 
Leitung der franzdsischen Staatsgeschäfte zu bemächtigen. Wenn 
n Folge dessen die Beziehungen der neuen Regierung mit Spanien, 
Italien und auch der Schweiß äußerst gespannt werden, so will 
nan es doch zum offenen Bruche mit Italien oder der Schweiz 
aicht sofort kommen lassen, dagegen die Beziehungen Frankreichs 
in Spanien treiben zum offenen Conflikte. Welche religiöse und 
dolitische Gesinnungen der Marschall eigentlich hat, ist noch unklar. 
Die Marschallin, seine Frau, ist aber eine entschiedene Anhängerin 
er Jesuiten; fie war in dem Comite der Piiger für Lourdes und 
Hesitzt großen Einfluß auf ibren Gemahl; die Klerikalen werden 
)etzhalb bei ihm viel durchsezen können. Es ist nicht begründet, 
)aß Thiers Mac. Mahon den Rath gab, die Präsidentschaft der 
Kepublik anzunehmen. Der Er Präsident, aber besonders Frau 
Thiers, sind sogar empört über den großen Krieger, der noch am 
rreitag Thiers erklärte, die Wahl zum Präsidenken ausschlagen 
u wollen. Mit Genetal Ducrot ist der Marschall Mac Mahon 
ereits in Streit. Der neue Präsident weigert sich nämlich, ihn 
um Kriegsministet, wegen seiner Flucht aus der Kriegsgefangen⸗ 
haft, zu ernennen.Thiers hat sich heute nach Versailles begeben, 
im sich mit seinen Freunden wegen seiner Stellung an der Spitze 
er neuen Opposition zu benehmen. Der Herzog v. Audiffret⸗ 
Batquier trat nicht in das Cabinet, weil er als Berichterstatter 
er Commission für die Contrakte zur Zeit die Bonapartishen so 
darf angriff. Broglie befürchtet, daß seine neuen —X 
ie Bonapartisten, dies übelnehmen können. J 
Partis, 27. Mai. Die Linke veröffentlicht kein Manifest, 
veil sie dann die Boischaft Mac Mahons angreifen müßte und 
zor der Hand gegen den Marschall nichts fagen will. — Die Rex 
ꝛacteure der Blatter XIX. „Sieele“ und , National“ wurnden 
ꝛeute vor den Untersuchungsrichter citirt; der Lyoner Progrès“ 
burde mit Beschlag belegt. — Hundert Deputirte ber Rech en waren