Full text: St. Ingberter Anzeiger

ꝓ aa'tr 5, 17. Juni. Die Raͤumung von Clermont (Argonne) 
indet am 8. Juli siatt. Die dort ausziehenden Truppen gehen 
Verdun. Dis Fruppen. die die Garnison Verdund verstärken, 
Denin. der Vorstadt, aund. In zwei Toͤrfern? deß Weichtildes 
ee in den Kasernen und bei den Einwohnern Verduns ein 
sertirt. Nanc⸗hat/ der · Commission der Nationalversammlung 
en Brief zustellen⸗ lassen/ in welchem er der Nanonalversammlung 
Recht abspricht,uber einen Gewählten des algemeinen Stimm⸗ 
hts zu Gericht zu ssße. 
Patis, 17. Irm Mab schon einmal als ur Ir bejeich⸗ 
eie Gerücht von einem Schutz · u. Trußzbundniß, welches —R 
wischen Deuts chland und Jialien abgefchlossen sein soll wird von 
Uerilalen Monde“ auf's Neue aufgetischt. Was. soll der 
hortstreit Thatsächlich werden Italien und Deutschland in dem 
lugenblick alz Verbünd te auftreten. wo Frankreich ihre eng 
atflochtenen Interessen bedrohen würtfe. 
IJ England. 
dondon, 18. Jum. VDir Schah ist heute hier angelom- 
zen und wnrde empfangen durch den Prinzen ven Wales, den 
xerzog don Cambridge, den Fürsten Teck und den Prinzen Chri- 
lan von Sdleswig · Holstein, welche ihn nach Marlborough House 
agleiteten. Dort speiste er mit dem Prinzen von Wales. Die 
Renge auf den Straßen war trotz des regnetischen Welters sehr 
—V schrie in lautem Jubel. K. 3. 36 
gondon, 19. Juni.“ Der Großfürst Thronfolger hat dem 
zhah unmittelbar nach defsen Ankunft eiren Besach gemacht. 
— 2Italien. 
Rom, 17. Juni.“ Der Senat hat das Klostergeseß mit 68 
egen 20 Stimmen angenc wen. 
Nom, 18. Juni. Die Ex Konigin Isabella von Shanien 
raf mit Töchtern und G.folge heute hier und wurde auf dem 
zahnhof von zwei Praälaten begrüßt. Dieselbe begab sich alsbald 
ach dem Vatican, wo ein feierlicher Empfang statifand. — „‚Voce 
a verita“ veröoͤffentlicht die Rede, welche der Papst bei dem 
zupfang des Cardinalkollegiums gehalten hat. Danach wiederholte 
er Papst den Protest gegen das Klostergeseßz und bestäͤtigte die 
der die „Usurpatoren des päpstlichen Staates und der Kirchen⸗ 
aler“ verhaͤngten Censuren. Der Parst beklagte sich auch darüber, 
aß Rottazzi ohne die Troͤstungen der Religion gestorben sei (er 
Far exlommunizirt), und vermerkte es üͤbel, daß trotzdem die 
dsttiehleit an dem Leichenbegängniß in Allesfsandria theilgenommen 
abe. lleffandrig ist Kaltazzi's Vaterstadi, und dort schloß sich 
Bischof Galvaz mit seinem Klerus in vollem kirchlichem Pomp 
en Leichenbegängniß an.) Der Papst wies überhaupt jede 
XXEEE 
Amerika. 
Nen⸗Yorl. 18. Juni. Die Cholera dauert fort, ohne 
puinehmen.“Aus Nashoille fliehen die Bewohner; die Geschaͤfte 
nd eingestellt. 
VBermisschtes 
Si. Ingbert. Der hiesige Stadraih hat in feinet 
cen Sitzung beshlossen don jezt an nicht allein die Tagesord- 
ung sondern auch die betreffenden Beschlüsse im hiesigen Blatte zu 
dffenllichen, ein Beschluß, der von der hiesigen Burgerschaft schon 
ange gewünscht und gewiß freudig begrüßt wird. 
FZzweibrücdcen, 16. Juni. ESchwurgerichtsberhandlung.) 
sn der beutigen Nachmittagssihzuvg hatte sich Wilhelm Bechtel, 
f Jabdre alt, Schuhmacher von Weisenheim a. S., wezen zweier 
weren Diebstähle (im Kuckalle) zu verantworten. Bechtel. ein 
uher schon wegen Diebstahls mit je 2 und 8 Jahren Gefaängniß 
omn Zuchipoũeigerichte Franlenthai bestraftes Individuum. trat 
ach Verbuͤßung seiner ietzsen Gefaängnißstrafe bei Schuhmacher 
andorn dahier in Dienst. Doch hier that er nicht lange gut; 
tfing an zu trinken und fuchte sich diefür beim Nichtausreichen 
xrigenen Mitlel Geld auf unredlichem Wege zu derschaffen. So 
tübie er unter Anderem (wegen einer nicht genügend bewiesenen 
interschlagung fand keine Verweisung statt), nach seiner am 2. 
januar l. J. früh 3 Uhr aus dem Wirthshaus erfolgien Rückkehr 
n sein Fimmer einen Diebstahl dutch Entwendung von 833 Kreuzern 
mnd dem seinem inm demselben Zimmer mit ihm schlafenden Mitge 
tlen Freihammer gehörigen Koffer. Am folgenden Tage machte 
doder Angellagte don Zweibrücken fort nach Schifferstadt. Dort 
Abst blieb er im Ochsen üUber Nacht und stahl dem Sohne des 
hsenwirtheß etwa 8 fl. aus dessen Hose, nachdem er sich unde⸗ 
ierlt in Jenes Zimmer, welches ziemlich entfernt don dem ihm 
ngewiesenen gelegen war, hineins und herausgelchlichen datte. 
dorgenz wurde der Diebstahl bemerkt, und der Verdacht richtete 
q sofort auf den Augeklagten, der sich aber eiligst entfernte. Heutt 
eugneie der Angeklagte den ersien Diebstahl, den andern gab ex 
Der Hr. Veriheidiget beantragee wegen Miderspruchs in der 
a des einzigen Belastungszeugen Freisprechung dezuglich des 
men Diebstahls. mildernde Umstände für den zweiten, edentuell 
auch für den ersten Diebstahl. Die Geschworenen sprachen einfach 
ihr, Schuldig“ aus, worauf eine 4jaͤhrige Zuchthausstrafe ver⸗ 
gng wurde nebsi Abertehning dez hürgexsi ey Ehrentehtr zus 
Aahre 
Verhandlung genn drus Hornung, 4*8..Jane 
alt, Fuhrmann von Ramfen am' 17.dz. mahm den vanzen· TRug 
in Auspruch. Die Anklage lautete auf vier Diebstähle und die 
Procedur war inofern sehr interessant, alts man es mit einem 
urchaus raffinirten Gauner zu thun hatte, der behauptete, sein 
ruder zu sein. Hornung ist kein Neuling im Geschäfte der 
dangfingerlunst and keant zur Genüge die Kerterluft, denn schon 
imn Jahre 1894 verurtheille ihn der Assisenbof in Mainz zu einer 
zjabrigen Zuchthausstrafe, abgesehen von anderen Strafen,die 
»erschiedene Gerichte wegen unerlaubter Annexionsgelüste über ihn 
herhungten. Neuerdingẽ mach e ex sich dreier Gansediebftähle in 
Otlersheim. Wachenheim und Rorheim schuldig, dielleicht nur, 
weil ihm der Ausspruch Schopenhauers vorschwebte, dem nichts so 
derhaßi war, als „Anblick gackernder und plappernder Ganse.“ So 
ingalant dies auch klingt, sehen wir doch, wie verschieden der Ge⸗ 
chmack der Spitzbuben ist: der eine stiehlt Hühner, der andere 
vanse. Trotzdein würden die Gänse den Hornung nicht auf die 
Antlagebanke nach Zweibrücken geführt haben, wenn er nicht in 
Zrüufiadt in das Haus eines Wirthes eingebrochen und dort ver⸗ 
hiedenes Bettzeug entwendet hätte. Weder seine Aufsührung „er 
ei sein Bruder“, noch die Berufung auf den Bibelspruch: „RKimm 
das Bett und gehe,“ konnten ihn vor einer achtjährigen Zuchthaus⸗ 
zrafe und der Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die 
sleiche Dauer retten. (Sp. A.) 
pSpeyer. Der nunmehr geficherte Bau einer Eisenbahn 
jon Straßburg nach Laulerburg gab dem hiefigen Stadtrath An⸗ 
aß zur Erörterunge der Frage der kürzesten Verbindung von 
onsheim Bingen, sowie der direkten Linien nach Ludwigshafen 
uind Reustadt mit Ausfall von Schifferstadt als Knotenpunkt. Um 
die Einleitungen zum weiteren Vorangehen zu treffen, beschloß der 
Stadtrath ein provisorisches Comite, aus seiuer Mitte unter Vor⸗ 
Jandschafi des Bürgermeisters zu wählen. Dieses Comite soll fich 
zus der hiesien Bürgerschaft und Bewohnern der interessirten 
Nachbarotte durch Cooptalion verstärken. 
Bayréuth, 15. Juni. Durch die anhaltenden Regen⸗ 
zusse der lezien Tage ist der Main ausgetretea, so daß nicht nur 
die Wiesen und Felder der Umgegend, sondern auch dahier die 
n edergelegenen Stadttheile unter Wasser gefeßt find. 
y7 Wmius Franken. Die Pegnitz, die Kednitz, die Schwarz ⸗ 
dach, die Altmühl sind in Folge starker Wollenbrüche ausgetreten; 
der Main ist stark im Steigen. Auf den überschwemmten Wiesen 
ist die Heuernse vernichtet. (Auch aus der Oberpfalz wird von 
Uebershwemmungen berichtet). 
F Der Geh. Commerzienrath Krupp zu Effen hat der Marine⸗ 
Stiftung Frauengabe,“ deren Zwed ist, hilfsbedürftigen, der 
laiserlichen Marine angehörigen Personen, sowie ihren hinterbliebenen 
Winwen und Kindern Unlerstützungen zu gewähren, ein Geschenl 
von 2000 Thalern gemacht. J 
fBerlin. Um Sonnlag Nachmittag enispann sich in der 
d'esigen Schloßbrauerei während eines Concerts eine Uüberaus ko⸗ 
nische Scene, über welche von mehreren Augenzeugen wie folgt be⸗ 
ichtet wird. Ein Ehepaar, das mit der Verbindungsbahn eint 
kundreise um Berlin unternommen hatte, kam nach Schluß der- 
jelben in den Garten der genannten Brauerei und nahm in schon 
iwas dierseliger Sümmung an einem Tische Platz, an welchem 
och einige Seidel nachgegossen wurden, wodurch die heitere Stim⸗ 
nung der Beiden sich naturlich noch wesentlich erhoͤhte. Dem Ehe⸗ 
Jatien, —einem schmächtigen Männchen von kaum fünf Fuß Höde, 
suhr die Musit in die düße, er sprang ploötzlich auf und begann 
noch dem Takt der Concertpieten in den Gaͤngen zu tänzen, wo⸗ 
rüber jeine bessere Hälfte, eint Frau von wahrhaft riesigen Koͤrper⸗ 
ormen, anfänglich recht dergnügt lachte. Als die Dame aber be⸗ 
mertkte. daß auch ein großer Theil des Publikums seinem Ergoͤtzen 
iber die Capriolen des Kleinen recht heitern Ausdrud gab, unter ⸗ 
'agte sie ihrem Gemal das fernere Tanzen, woran dieser sich jedoch 
nidt lehrte, soudern seine lustigen Sprünge zum allgemeinen Gau⸗ 
ium fartsetzte. Die Frau wiederholte deßhalb ihr Verbot; als 
zer Taͤnger dessen ungeachtet leine Folge leistete, pprang Jene zor- 
ug anf ergriff den Leichtsüßigen beim Kragen und führte ihn 
uuf ihren Platz, woselbst fie den Herrn Gemal kunstgerecht übers 
wdrie legle und mit ihren Kiesenhanden so nachdruüdlich in der be⸗ 
annten Manier bearbeitete, daß dem Armen die hellen Thränen 
ber die Wangen liefen. Als medrere Gaste, nachdem sie sich von 
em anfanglichen Staunen u. Grauen exholt, zu Gunsten des in jeiner 
Nanrezwürde tief verletzten Gatten intervenirten, sprang die 
obuste Dame auf, warf ihren Kleinen wie ein Bund Flicken auf 
n Urm und schlug sich mit ihm seitwärts in die Büsche. 
Dereßs. verantwortlicher adee