Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Anzeiger 
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on St. Anaberter Anzeiger (und das mit dem Haupiblatte verbunden? Unterhaliungsblatt, it der Vienstags⸗ Vonnerstags. und —XR 
Lummer erscheint wöchentlich vier mal: Diensrag. Donners taa, Samstag und Sountag. Abonnementsvrels bierteljährig 42 Krzr. odir 
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J —101. — J Donnerstag, den 8. Juli V 1873 
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Deutsches Reich. 
Speier, 30. Juni. Se. Exiellenz der k. Regierungspriä- 
dent der Pfalz, Hr. Siaatsrath d. Braun, erhiel zu seinem 
estrigen Namensfesie ein allerhöchstes Glückwunschtelegramm, in 
velchem in den schmeichelhaflesten Ausdrücken auf's Neue der viel— 
eitigen Nerdienste desselben auf's Ehrenvollste gedacht wird. 
München, 30. Juni. Der König genehmigte die theil⸗ 
neise Erhöhung der Pensionen derjenigen Offiziere, welche vor 
cinführung des Reichs Militarpensionsgesetzes penfionirt wurden. 
Mentz, 26. Juni. Die Commission für Feststellung der Ent 
gädigung, welche den Inhabern verkäuflichec Justizstellen (ous der 
anzösischen Zeit) im Landgerichtsbezirke Metz bei der Aufhebung 
er Verkaäuflichkeit zu gewähren ist, hat ihre Arbeit nun beenvet 
)as ragebrruiß ist folgendes: Entschädigt werden 59 Notare, 5 
ommissär-Priseurs, 17 Anwälte, 8 Handelsgerichtsselretäre, 18 
riedensgerichtsschreiber und 49 Gerichtsvollzieher, zusammen 153 
jeamte. Der Ankaufspreis dieser Stelsen belief sich auf 4,736,153 
it. Die CEntschädigungsforderung war 9184,376 Fr. Die ge⸗ 
näbtte Entjchädigung beträgt 6,498,100 Fr. (B. L.-3.) 
Berlin. Offiziöse Correspondenten müssen jetzt verfichern, 
je Gerüchte von beabfichtigtem Rücktritt Bismarcks, von Minister⸗ 
isis u. dgl. seien grundlos. Es wird also wieder einmal abge⸗ 
Fiegelt und scheinen sich die feindlichen Brüder noch einige Zeit 
artragen zu wollen. 
Berlinn, 1. Juni. Nach den bisher refultatlosen Verhand⸗ 
ag der hiesigen Weber und Fabrikanten über eine Lohnerhöhung 
en 331 pCi., haben sämmtliche Webermeister und Webergesellen 
isammen etwa 8000, beschlossen, die Ardeit einzustellen und nur 
urch ein gewähltes, allgemeines Comite die Unterhandlungen fort⸗ 
iseßen. Die Arbeit hat heute thatsächlich in allen Werkftätten 
ufgehört. 
Leipzig, 27. Juni. Ein kürzlich bei dem Reichs-Ober— 
andelsgerichte verhandeller Prozeß aus C. gab Gelegenheit zur 
eurtheilung des ganz außerordentlichen Gewinnes, welche die 
lemeelieferanten im deutsch ˖ französischen Krieg gemacht haben. Ein 
cher Lieferant hatte einen Agenten zum Einkaufe von Lebens— 
aitteln aller Art in Frankreich engagirt und ihm als Belohnung 
NProzent des bei dem Wiederverkaufe erzielten Reingewinnes zu⸗ 
sagt. Obwohl der Agent in diefer Eigenschaft nur etwa 14 
ge thätig gewesen ist, wurde ihm doch nach freundschaftlicher 
lorechnung ais sein Gewinnantheil der Betrag von 10,000 Tha— 
un ausgezahlt. Nun hatte aber jenes Haus noch andere Ein— 
wufsagenten und bezog große Massen von Waaren aus Deutsck⸗ 
md, auf welche Geschäfte sich der Gewinnantheil des Agenten gar 
iht bezog. Hat der Lieferant alein an den von jenem Agenten 
ͤhrend 14 Tagen in Frankreich vermittelten Geschäften 100,000 
An. rein verdient, so muß sich dessen Gesammtgewinn während 
qanzen Krieges auf eine ungeheure Summe belausen haden. 
Wien, 30. Juni. Die Journale melden einen gestern hier 
utgehabten Sturm mit wolkenbruchartigem Reçen. Die Weli— 
aAteslungsgebäude mit allen Anlagen nahmen keinerlei erheblichen 
'daden, dagegen litten die Hofeinbauten, namentlich der Lyoner 
»idenhof. Die deutsche Abtheilung blieb unversehrt. 
Der Toast des Naisers von OesterreichIbei dem Galadiner in 
Viener Hofhurg lautet wörtlich: „Da mir zu meinem innig 
Bedauern der Besuch meines theuten Freundes, Sr. Majestät 
deutschen —— versagt blieb, so trinke 
uj das Wohl Str. Majestät des Deutschen Kaisers 
Königs von Preußen mit dem Ausdrucke der herzlichen 
antbarkein für den unbergeßlichen Vesuch Ihrer Majeftät 
Kaiserin Augusta!“ Baß, Majesiäten leben hoch!“ — 
nidem die lebhafteslen Hochrufe verklungen waren, sprach 
neuin Augusta: „Eure Maj. wissen, wie schmerzlich der 
e bedauert, gegenwärtig nicht hier sein zu können. E. M. 
n aber auch, dah mein hrenvoller Auftrag, seine jetzige Ab⸗ 
rnheit zu entschuldigen, zugleich jener Freundschaft gewidmet ist, 
nreuen Wünschen füe das Wohl beider kaisersithen Maßestäte 
für das Wohl ihrer Länder und Völker ihrenherzlichen Ausdrud sindet.“ 
Wien, 1. Juli. Kaiser Wilhelm hat klegraphisch die 
daiserin Augusta brauftrogt, an den oslerreichischen Kaifer seinen 
vnigsten Dank für die in dessen Toast ausgesprochenen freund⸗ 
chaftlichen Gesinnungen auszusprechen, und hat mitels Handschreibens 
in die Kaiserin Elisabeth derfelben den Louisen⸗Orden perliehen. 
Frankreich. J 
Aus Belfort, 80. Juni, wird dem Ind. als.“ über 
die Räumung dieses Platzes geschhrieben; 832 mi Munition und 
driegsmaterial beladene Eisenbahnwagen sind schon vor Abmarsch 
es ersten Detaschements der Besatzungstruppen abgefahren. Die 
ranzösischen Geschütze sind bereiis nach Deuischland transportitt. 
vorden, und auf dem Lagerplatze längs der oͤstlichen Seite des 
Babnhofes liegen nur noch 3 oder 4 große alterthümliche Belage- 
crungsgeschütze, 5 oder 6 gezogene Feldgeschütze, eine gewisse Anzahl 
Laffeten, und einige Haufen volle oder hohle Geschosse. Zeughau 
und Magazine werden geleert, die Vertheidigungswerke in Perches, 
Bellenue, im Basses abgetragen; endlich wird Alles, was für die 
reuen Festungsbauten von Straßburg berwendel werden kann mit 
der größten Sorgfalt weggeräumt, so daß am Ende dieses Monats 
nichts mehr übrig bleibt, als Casernen in schlechtem Zustand, ganz 
jeleertes Zeughaus, Magazine und Pulverthürme, eingesenkte 
Sztraßen, verlotterte Festungswerke, sowie ganz eingewüblte Ver— 
heidigungsarbeiten auf den Anhöhen, weiche von dem mit der 
Landesvertheidigung beirauten Geniewesen bis, am Tage der Krieas 
ertlärung so schnöde verlassen waren. I 
Paris, 26. Juni. Wenn ein Pariser während der letzten 
drei Jahre à la Dornröschen geschlufen hatte und heute erwahen 
würde, so würde er nicht glauben, daß die Barbaren (vulgo: „les 
Prussiens“) La belle FPrance inzwischen mit ihrem Besuche beehrt, 
Paris belagert und ihre Rosse in den elhfäischen Feldern getum— 
nelt haben. In Wirklichkeit ist in Paris Alles beim Alten, Die— 
elbe Polizeiwirthschaft, obgleich die Herren Sergeants de ville 
hren Dreimaster mit dem Käppi vertauscht haben und sich jetzt 
„Wächter des Friedens“ nennen, dieselbe Preßknebelung, dieselben 
politischen Verfolgungen, derselbe Leichtsinn wie unter dem Kaiser⸗ 
reich. Wahrlich, die Pariser haben nichts gelernt und nichts ver⸗ 
gessen. Thiers, den man in den Himmel hob, weil er Fran reich 
gerettet, die Commune niedergeschmettert, Thiers, der große Thiers, 
ist jetzt nur noch der tüchische, eigensinnige, ehrgeizige Greis. Man 
iberhäuft ihn mit Schmähungen aller Nit! Nieder mit Thiers! 
Es lebe unser Marschall⸗Präsident Kutz, Alles geht mit Dampf 
auf's Reue dem Kaiserreich entgegen. Auch fromm ist Frantreich 
vreder wie unter Eugenie. Die Herren fraͤtres deren geldenes 
Jeitalter wieder begonnen, kneten das dumme Landvolk nach ihrer 
Façon und eh' man fich's versieht, geht los das Plebliscit. Vive 
Napoleon IV.!! Geschwindigkeit ist keine Hexerei. 
Der „Köln. Ztg.“ wird aus Paris unterm 20. Juni ge- 
chrieben: „Wie man hier aus Rom erfährt, erhielten die deutschen 
Bischöfe seit dem 24. Mai von der bãpfllichen Aurie Briefe, worin 
hnen angekündigt wird, daß die Sltunde der Befreiung bald 
hlagen werde, und worin man sie auffordert, die „Gläubigen? 
uum eifrigsten Widerstand aufzumuntern. Tie betreffenden Boͤt⸗ 
chaften an die deutschen Bischöfe wurden von Senolingen über— 
»racht, welche ihren Weg über Paris nahmen. Außer den deutschen 
Bischoͤfen nennt man hier noch andere bedeutende Persönlichkeiten 
velche in die römischen Intriguen verwickelt sind und aufs Eifrigste 
ür die Sache des Papfies und Frankreichs wirken. Man fügt 
ioch hinzu, daß die Bischöfe die Weisung haben, auch Gebete an 
»as „heilige Herz“ zu richten.“ (Hiezu bemerktdie Redaction der 
„Köln. Zig.“: „Diese Mittheilung verdient, unserer Ansicht nach, 
noch sehr der Bestätigung, obgleich fie uns als aes guter Quelle 
ommend bezeichnet wird. Wir geben sie, weil sie in Paris ge⸗ 
Jaubtk wird, und daher immerhin bezeichnend für die Erwartungen 
zortiger klerilaler Treise ist. 
— Wie der iecle etzählt, wurde in Rime 8 bei einer 
Zrozefsion im St harles-Kirchsbiele die Statue des heil. Petrus 
nit Ketten an üßen ahergetragen nomit cn