St. Ingberler Anzeiger.
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der St. Jua berkeir Anzeiger sund das mit dem Haupiblaite verbandene Unlerhaltangkblatt, mit der Dicnstags- Donnerstagz⸗ 'und Sonnia
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4 12. Dienstag, den 12. Januarr 1873
Deutsches Neich.
Mäüngqhen, 17. Jan. Es ist nunmehr sicher, daß Graf
Tauffkerchen nicht aus Rom abberusen werden wird. Herr v.
Bfretschrer beruft sich zur Rechtfertigung dieser Entscheidung auf
vertrauliche Berliner Mittheilungen, welche auf eine weitere De⸗
nonstrati an dem heiligen Stuhle gegenüber kein Gewicht gelegt
haben. Insbesondere aber wurde von Seiten des Berliner Ka⸗
zinets nicht nur eingeräumt, sondern auch geltend gemacht, daß
ein Anschluß Bayerns an die von Preußen beschlossene Maßregel
im Sinne der Verträge sich deshalb als nicht erforderlich heraus⸗
dellte, weil Herr Stumm nicht als deutscher, sondern als preu⸗
zischer Geschäftstrüger in Rom fungirt habe, und dasselbst
iberhaupt die Gesandtschaft noch nicht in eine deutsche umge—
pandelt worden sei. Ob dieser subtilen Unterscheidung Berech⸗
igung zuerkaun werden darf, wird man in Berlin besser beur
heilen koͤnnen, als hier, aber in der That ist uicht zu leugnen,
daß der letzte Gesandte in Rom, Graf Arnim, lediglich zur Ver⸗
xretung Preußens bevollmächtigt war, und daß, seit seiner Beru⸗
ung nach Paris und der ungefäühr vor Jahresfrist erfolgten Ab⸗
lehnung des Cardinals Hohenlohe keine Aenderung in dem ob⸗
ectirten Charakter der römischen Mission eingetreten ist. Jeden⸗
alls ist es der bayerischen Regierung sehr willkommen, durch die
in Berlin angenommene Haltung aller weiteren Schwirrigkeiten in
der Frage überhoben zu sein. (Sp. 3.)
München, 18. Jan. Die k. Regierungen, K. d. Innern,
erhielten vom Staatsministerium des Innern den Auftrag behufs
der Vertheilung der Summa von 300,000 fl. auf die einzelnen
Regierungsbezirke, welche durch das Finanzgesetz vom 28. April
2. Irs. für die Unterhaltung und Herstellung wichtiger Distrikts—
traßen, insbesondere solcher Distriktsstraßen, welche den Verkehr
zu den Eisenbahnstationen vermitteln, bewilligt wurden, Erhebungen
u pflegen. J
Mänsche'n, 18. Jan. Durch Erkenntniß des Appellations—
zerichts sind wegen Preßvergehen — Beleidigung des Staatsan⸗
walts — vor das Schwurgericht verwiesen: der Pfarrer Mahr
in Ebermannstadt, Landtagsabgeordneter, der flüchtige Redakteur
des eingegangenen Münchener Tagblattes, Faist, welches Eigen⸗
ihum der Spitzeder war.
Müncheu, 16. Jan. Durch die Spitzeder'sche Gant ist
zur Zeit auch unsere Briefpost außrordentlich in Anspruch genom⸗
men, denn es muß die Edictalladung an nicht weniger als 7000
ruswärtige Gläubiger expedirt werden und zwar mit Retourrece
pissen, deren Ausstellung natürlich viele Zeit in Anspruch nimmt.
Es war übrigens eine so große Anzahl von Recepisse-Formularen
zar nicht vorhanden und mußte erst angefertigt werden. Da jede
Votladung mit Relsourrecepisse 17 kr. kostet, so ersordert die Er—
jedition der 7000 Ladungen eine Ausgabe von nicht weniger als
zahezu 2000 Gulden! Wenn schon die Expedition eiues gericht⸗
ichen Schreibens eine solche Summe erfordert, so mag man be—
rechnen, wie hoch sich die Gerichtskosten überhaupt stellen werden.
Berlin, 18. Jan. Nach der „Voss. Zig.“ hat der
Oberkirchenrath genehmigt, daß Prediger Sydow den Confirman—
denunterricht fortsetze, in Folge dessen wird erwartet, der Ober—
irchenrath werde das Urtheil auf Amtsentsetzung cassiren.
Die Einführung der Civilehte, die' eine eminent .bolitische
und Freiheitsfrage ist, wurde von der Regierung zu einer Geld⸗
rage degradirt. Denn sie ließ durch den Oberkiechenrath bei der
vangelischen Geistlichkeit Ermittelurgen darüdber anstellen, wie viel
Trauungen und Aufgebote sie in den letzten 6 Jahren in ihren
Barochieen vorgenommen habe. Also man fürchtet, und wohl mit
Inrecht, durch die Civilehe eine bedeutende Abnahme der kirchlichen
Trauungen und damit einen finanziellen Verlust der Geistlichen.
—A— — Geldfrage
Schuld an der Vertagung des io nothwendigen Gesetzes
ruge. —9—
Berlin. In Frankreich bildet die Fusion der Legitimisten
und Orldeanisten, die wikder einnicl ots ersolgt verlündigt wird.
jegenwärtig das Tagesereigniß. Nach der „Agence Havas“ soll
nieselde wenigstens in den regitiimistischen Kreisen als kait acrompu
jelten. Bevor ind ssen von Orleanistischer Seite Aehnliches mu—
jetheilt wird, darf man äauf die Wahrheit der Thatsache nicht
hwoͤren, wenn auch zugegeben werden mag, daß die augenblick—
ichen politischen Verhältnisse in Frankreich einen soichen Schriit
»er beiden Bourbonistischen Linien möglich erscheineun lassen; jeden⸗
alls wird man gut thun, eine Bestätigung dieser Nachricht abzu⸗
varten.
Mittlerweile wird in dem Dreißiger · Ausschuß uͤber die von
her Sub Commission ausgearbeitete Gesetzvorlage bezuglich der
der Executive zustehenden Befugnisse berathen, ohne jedoch wesent⸗
lich in diesem Werke vorwärts zu kommen; so ist am Freitage
die Debatte, nachdem man kaum den ersten Paragraphen in Au—
zriff geuommen hatte, wieder auf Montag vertagt worden. Es
cheint fast, daß der Dreißiger⸗Ausschuß nur Zeit gewinnen will,
um der Befreiung des Territoriums von der deutschen Occupation
aäher zu kommen.
Was diese Letztere betrifft, so glaubt die „Opion Nationale“
nelden zu können, die vierte Milliarde der Kriegsentschädigung
verde bis Ende Mai vollständig gezahlt sein und die Regierung
ann der Kammer die Absicht zu erkennen geben, sogleich mit
Deutschland wegen Anbietung von Garantien für die fünfte Mil-
liarde zu unterhandeln. Nach der Berechnung der „Opinion“ koͤnute
die Räumung Frankreichs Seitens der deutschen Truppen im
August oder September eine vollzogene Thatsache sein.
Wie das „D. W. Bl.“ vernimmt, ist die Vertheilung der
Beschäfte zwischen dem Kriegsminister und dem zweiten Chef der
Armeederwaltung durch eine Instruction erfolgt und die Abgren⸗
zung soll in der Richtung geschehen sein, daß sich Graf Roon
die in das politische Gebiet einschlagenden Gegenstände vorbehielt,
die reinen Verwaltungsangelegenheiten dagegen Hrn. v. Kamede
übertragen sind. Es ist also anzunehmen, daß Graf Roon nach
vie vor die Absicht hat, das Armee- Organisationsgefet zu ver⸗
sreten. Zweifelhaft dagegen erscheint es, wer die durch die Er—
vöhung aller Preise unabweisbar gewordenen Mehrkosten der Mi⸗
itärverwaltung zu vertheidigen haben wird. Daß diese Forder⸗
ungen nicht durch, Erhöhung des Pauschquantume sondern auf
»em Wege des Etals eingebracht werden follen, wird uns be⸗
IX
Die Wiener .„Deutsche Ztg.“ beinerkt über die bei unserem
dandtage eingebrachten kirchlichen Vorlagen: „Diese drei Gesetze
ind eine würdige Antwort auf die Allokution des Papstes. Sie
reifen weit tiefer wie die Austreibung der Jesuiten und die Ein—
hränkung der geistlichen Strafgewalt, sie find die richtige und
eitgemaͤße Ergänzung jenes allgemeinen Principzs der Religions-
reiheit. wie sie durch die preußische Verfassung staiuurt virg,
denn fie schützen die Gewissensfreiheit der Staatsbürger und der
Beistlichen gegen die Allgewalt päpstlicher und bischöflicher Bebor⸗
nundunge* J
Wie das „Westf. Kirchenbl.“ mittheilt; wird binnen —R
m̃ Verlage von Ferd. Schöningh eine neue Schrift. des Herrn
Bischofs Dr. Martin von Paderborn erscheinen, welche unter dem
Titel: „Die Arbeiten des vaticanischen Concils die vollständige
Wirksamkeit dieser hochwichtigen Versammlung ausführlich darlegt.
Bisher war sämmtlichen Miitgliedetn des Concils das strengste
AV Verhandtungen auferlegt,
und es geschieht in Folge besonderer papstlicher Ermächtigung,
daß Bischof Martin nun mit den angekündigten Enthüllungen
hervortrit.
Frankreich.
Paris, 16. Jan. In Marseille, Perpignan und Abignon
vurden neue Verhaftungen, vermuthlich von Muͤgliedern der „In—⸗
urnationale,“ dorgenemmen. Die Verhafleten wurden nach
Narbonne geführt