Full text: St. Ingberter Anzeiger

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zudote Durch die Freundlichkeit eines B. 
enstück aus der sogenanten „guten alten 
nmen, dessen getreue Copie wir Ihnen 
ihe lautet:· 6 
Von Gottes Gnaden Wir August, Vischof zu Speyer, Probst 
gefürsteten Probsier Weissenburg. des Heiligen Römischen Reichs 
iursi, Graf von Limburg Stirum ꝛc. 20. Fügen ⸗ahiermit jeder⸗ 
anniglich zu wissen: Demnach Uns Maria Helena, des Friedrich 
hers Schultheißen zu Edesheim. ledige Tochter, demüthigst sap-⸗ 
Acando gebetten, Wir gnädigst geruhen möchten, Sie als welche 
h mit Franz Beer Müllern auf der Kreutßmiühl auch niederzulassen 
Ileng wäre, der Leibeigenschaft, womit Uns und unferm fürst- 
zhen Hochilift Speyer dieselbe verbunden ist. in Gnaden zu ent⸗ 
asen, daß Wir hierauf der Supplicautin in solch ihrem demüttzig 
Ansuchen willjahret, und dieselbe sothaner Leibeigenschaft 
pädigst befreyet haben; Thun solches auch hiermit, und in Kraft 
jeses Briefes, jedoch mit dem ausdrücklichen Beding unt Vorbehult, 
. soferne obedachte Maria Helena über kurz oder Aang fich 
icderum in obbenanntes Edesheim oder jonst an Orie, wo unser 
uftuches Hochstift Speher die Leibeigenchafts Rechte hergebracht 
egeben würde, sodann dieselbe vorheriger Leibe genschaft wiederum 
agethan fehn und verbleiben solle. Urkundlich Unsers hievorge- 
udten Icheedexinscen Regierungs Insiegels. Bruchsal 824 
ril 1780. 
dl Manumission für 7 Ex Mdto. 
hara Helena des Friederichs Jägers (L. 8S.) (gez.) Kanffmannee 
Schultheißen ledige Tochter zu Secretar. 
Edesheim. *3*8* 
Die Erwirkung dieser „Manumission“* hat die „Supplicantin“ 
2e fl. 38 kr., eine bã den Geldverhältnissen jener Zeit sehr be⸗ 
zutende Summe, gelostet. Dergleichen geschah in der sogenannten 
guten alten Zeit“, deren Wiederkehr das Ziel der heißesten Sehn⸗ 
en unserer Roͤmlinge ist. Wahrscheinlich, wenn man der franzo⸗ 
jshen Revclution von 1789 nichts weiter zu verdanken hätte, als 
z sie jeuer heillosen Wirthschast ein Ende gemacht, man müßt⸗ 
ewig preisen. n 
Eine Schrecensgesch'chte wird aus Heinersdorj 
rei Zauͤllischau gemeldet. Ein auf dem dortigen Rittergute ange⸗ 
selter Juger hatte einige Weiber beim Hoizfrevel ertappt und zut 
hestrafung gezogen. Die hierüber ergrimmten Ehemäuner dieser 
Deiber überfielen den Beamten, banden ihn an einen Baum, den 
dopf nach unten, unmittelbar über einen Ameisenhaufen, und er⸗ 
sriffen die Flucht. Da Ameisen bekanntlichin alle Oeffnungen 
eh Korpers dringen und alles zernagen, so kann man sich einen 
degreff von den namenlosen Schwerzen des Unglüdlichen, dessen 
Tod auch thatfächlich erfolgt itt, machen. 
p6Gmundd, 18. Juli. Heute früh wurden im Artillerie— 
Zchießthale aus schweren Festungsgeschüten Vomben nach der 
Scheibe geschossen. Der zweite Schuß, welcher zu kurz fiel, traf 
das Blodhaus, in welchem ein Lieutenant und vier Mann zur 
heobachtung der Schüsse un“ergebracht waren.“ Lieutenant Zicher 
wutde getödtet und die vier Mann verwundet. 
f Ueber dem badishhen Dorfe Teutschneureuth entlud sich 
am 15. d. ein Hagelweiter, durch welches eine große Maße von 
doͤgeln, Hasen, 30 Stück Gänfse ꝛtc. getödtet, 300 - 400 Gänse 
meht oder minder vrwundet wurden. Im Dorfe wurden alle 
deuster zertrümmert; die Ernte ist gänzlich vernichte. 
pNünchen, 22. Juli. Adele Spitzeder wird gegen 
daß Erkenntniß des oberbayerischen Schwurgerichtähofes vom vor⸗ 
geftigen die Nichtigkeitsb. ijchwerde zum obersten Gerichtshofe ein⸗ 
egen. Ihre Strafzeit wird dieselbe im Zuchthause zu Wasserburg 
bubußen haben. 
rNärnberg, 21. Juli. Der gestern Nachmittag von 
Dien krank dahier angekommene Vorarbeiter der v. Cramer-stleti'⸗ 
den Fabrit, Herr J. G. Schneider, ist heute Vormittag an der 
natishhen Cholera versiorben. 
FEßsen, 19. Juli. Heute Morgen kurz nach 10 Uhr 
die Kaiserliche Pulvermühle bei Stoppenberg, wie schon einmal 
n ungeführ zwei Jahren, in die Luft geflogen. Ueder die bei 
der Explosion statigefundenen Verunglückungen ist bis jetzt als be- 
lnmt fesigesteltt, daß zwei Arbeiter, deren, wie wir hören, 17 bis 
auf der Mühle beschäftigt gewesen sein sollen, vollstäudig zer⸗ 
naltut sind; ein dritter ist derart verstümmelt, daß an der Erhal- 
ung seines Lebens zu zweifeln ist; ein dierter wurde in einem 
wa 100 Schritie von der Mühle entfernten Kornfelde vorgefunden, 
whin er geschleudert wurde, ohne jedoch bedenkliche Verletzungen 
bongetragen zu haben. B 
Dem Htetzgermeister Gyer in LCüderscheid ist dieser 
Ine sechszehnrte Sohn geboren worden. Der Kaiser 
Straßburg, 20. Juli.“ (Karlsr. Zig.), Der wegen 
lunnaheleidigung durch die Presse zu LVa jähriger Festungsstraf⸗ 
M 
VIENα. y — 
zuet“ aus seiner hiesigen Hafte in Der esigen gitgoeue entwijg, 
ind hat via Kehl-Basel das Weite hesucht.Gr solb in einer Ar⸗ 
zeiterblonse, auf die Treuherzigkeit der Bewachang fündigend, mit 
Untersuchung seiner Frau ensroͤnnen sein Großel Mittelt, ihn zu 
berfolgen, werden kaum in, Anwendung kommen. Er hatte ⸗etwas. 
nehr als ein Drittheil seiner, Haft bereits Abgebuß/. — 
FStraßbuürg, 21. Juli. Stüdiosus Coste, —8* 
Duells augeklagt, wurde von den Geschworenen freigesprochen. Nach 
dem „Niederrh. Kur.“ scheinen dieselbenncauf Grund der Zeugena 
en iu haben, daß für Cofte ein moralischer 
Zwang zu; dem Duell poriag, geübt durch Provocationen seines 
Begners' Ansbefonder auch dutch den Vorwurfß, der Feigheit. 
—7 Paris-—Rm noniag, 13. d., um halb 11 Uhr Abenos, 
brach in den Verkauf⸗ 88 des Nouveauiké:geschäftes an der 
Ece der Straßen Moge und Mouffclard ein furchtbarer Brand 
aus, dessen Entstehune man zur Stunde noch nicht:ennt aber dessen 
Wirkungen unheilvoll aren. Das durch die Anhäufung brennender 
Stoffe genährie Feuer- breitete sich mit anerhörter Raschheit aus 
ind theilte sich batde Un oberen Stodwerken mill In der khurze 
zeit von einer Viertelstunde stand das ganz. Hauß in Flammen. 
Die Hilferufe der Bewohner vermischten sich bald mit denjenigen 
der-im gous-sol eingesperrten unglüchtichen Commis: die Treppe 
sbrannte und ihnen auch war jeder Ausgaug versperrt. Außer 
ich vor Schrecken kuüpfte einer der Hausmiether Herr Gauthier 
Professor im College Rollin, der im fünfien Stode wohnte, Bett- 
ucher aneinander und verjuchte »mittelst dieses improvisirien Seileß 
nich berunterzulassenJaber fei es nun doß die Tücher Feuct ges 
agen woder daß die allzugroße Aufregung ihn s iner Sinne beraubte, 
turz er ließ ploötzlich das Seil los. fürzte, auf den Boden und 
chlug sich die Hirnschale durch.“ DerTod ⸗erfolgte augenblicklich. 
Die Feuerwehr eilte raschen Laufes herbei. Die Laäden wurden mit 
Beilhieben erbrochen und die unglüchichen Commis stürzten bleich 
vor Schreden, mit verbrannten Haaren und Kleidern, in's Freie 
hinaus. Sie liefen wie Wahnsinnige umher, einander beim Namen 
rufend; cinige weinten wie Kinder. Leider waren drei von ihnen, 
die Herren Caillet, Comte und Gillet in den Flammen umgekommen. 
Ihre verkohlten Ueberresiä? wurden unker den Trümmern hervor⸗ 
gezozen und in die Morgue gebracht. * 
Bei der Grundsteinlegung zu einem Hospital in St. Louis 
wurde von einem Neger eine deussche Rede gehalten, die von den 
zahlreichen Anwesenden mit stürmischem Beifall aufgenommen wurde. 
Der Farbize ift von einer deutschen Familie erzogen und heran⸗ 
zebildet worden und spricht eben so gut Deutfch als Englisch; ja 
der Umgang mit Deuischen hat ihn mit den verschiedenen Dialekten 
der deutschen Sprache so vertraut gemacht, daß er recht gut Platt⸗ 
deutsch spricht und auch „schwäbelt.“ 
In der Nähe von Biala (Gali,ien) sind 12 Theilnehmer 
an ciner Prozession, welche sich vor einem Gewitter in eine Ka⸗ 
pelle geflüchtet“ hatten, vornn Blitze getroffen und sawer ver⸗ 
vundet worden. 
PNewyortk. Die Besitzer des „Newyork Daily graphic,“ 
ezines neuen illustrirten Tageblattes, haben einen ncuen Plan 
ansgeheckt, um von ihrem Blatte reden zu machen und Geld in 
hre Taschen zu zaubern. Sie wenden nämlich 10,000 Dollars 
daran, einen großen Ballon zu erbauen, damit der bekannte Luft⸗ 
chiffer Professor Wiese mit seinem Gehilfen und ewa sechs bis acht 
Personen æine Fahrt nach Europa versuche. Der Professor glaubt, 
in 60 Stunden nach seinem Aufsteigen in Newyork, in England 
ider Irland zu landen. Gleichviel ob die neun Personen reussiren 
oder nicht, der „Grapzic? wendet sein Beld geschäftlich gut an; 
Doch werden die desten Vorsichtsmaßregeln ergriffen und Professor 
Wiese, der einmal die Strede von 1200 Meilen zwischen St. Louis und 
Newyork in 12 Stunden zurückgelegt hat, ist seiner Sache ziemlich 
sicher. or rechnet hauprsächlich auf die Luftströmung nag Osten, 
die in einer gewissen Höhe fortwährend vorhanden ist. Dem großen 
Ballon von 100 Fuß Durchmesser ist ein kleiner von 36 Fuß zur 
Sicherheit beigegeben und außerdim ein Rettungsboot, das mit 
Wasser und Lebensmitteln für 30 Taze versehen ist. Die Ballons 
sind so eingerichtet, daß site 20 Tage sich in der Luft halten 
ktonnen. Tie abenteuerliche Reise foll am 20. August ange- 
reten werden. 
Dienstesnachrichten. 
Zum Bezirksamtsaffessor zu Kirchheimbolanden wurde der Accessist der 
gl. Regiegierung von Oberfranlen, K. Mayer, gur Zeit als Kreisassessor in 
Saargemund in Elsaß⸗Lothringen verrrendet. ernaunt; die erledigte Bauamts⸗ 
Afsessorstelle Lei dem Landbauamte Kaijerslautern dem zur Zeit bei dem 
dandbauamte Munchen verwendeten Staatsbaupraktikanten K. Spatz aus 
domburg verliehen. 
Der bisherige Stiudienlehrer an der isolirten Lateinschule zu Kaifert⸗ 
autern, L. Köppel, wurde auf Ansuchen zum Studienlehrer an der Studien- 
instalt Kempten ernannt. 
. Vemez, verantwortlicher Nedacieur.