Full text: St. Ingberter Anzeiger

kurz nach die sieben Musketiere; dieselben wurden sofort auf den 
Wagen verbracht, nach Rosenfeld gefahren,“ »dort theils im Roth, 
Jause, theils in die Quartiere untergebrachtẽ und in äarzuicht 
Behandlung gestellt. Dieselben ftarhen in der Beit zwischen 12 
und * Uhr in Rosenfeld am Sonnenstich. „Die Eltern der Ver⸗ 
dorbenen sind sofort kelegraphische benachrichtigt worden. 
Berlin, 10. Aug. Gestern Nuchmuͤtag langte bei der 
hiesigen General ⸗Inspeltion der Festungen die selegraphische Mel⸗ 
dung von einem schweren Unfalle an, der sich Vormittags, am 9. 
ds., bei den großen Belagerungsübungen bei Graudenz zugetragen 
hat. Es sollte der erste der großen Erdtrichter und zwar mit einer 
Pulverladung von 250 Centnern ausgeworfen werden. Die damit 
Zeouftragten näherten fsich im übergroßen Eifer wohl zu sehr, odex 
bewahrten vielleicht auch nicht ganz die nöthige Ruhe, und so 
geschah es, daß ein Offizier, drei Unteroffiziere und zwei Mann 
an der Minenkrankheit, — d. h. durch die sich entwick inden Gase 
und den übergroßen Luftdruck in Bewußlofigleit, die dieses Mal 
eider mit dem Tode identisch wurde, versetzt — blieben und todt 
ain die Oberfläche gebracht wurdenDer ketreffende Offizier ist 
der Hauptmann Kutzbach, dom badischen Pionier⸗Bataillon Nr. 14, 
uu den Uebungen bei Graudenz kommandirt, ein hervorragend be⸗ 
zabter Offizier, der im letzten Kriege vor Straßburg das eiserne 
Krenz und den badischen Zähringer LowenOrden mit Schwertern 
und Eichenlaub erworben hat und zuletzt im Fortifikationsdienst in 
Rastatt Verwendung fand. Der Trauerfal wird wohl eine Basis 
zer Forschungen bilden, mit denen zur Unterfuchung über die 
MNinenkrankheit, ihre Symptome und Folgen gerade die bei 
Braudenz zufammengetretene Kommission beauftragt ist. 
J chl Pr.) 
Berkin, 11. August. Kapitän Werner wird in den nuͤch⸗ 
dea Tagen hier erwartet, um dem Reichskanzleramte mündlich 
dericht zu erstatten; es soll kein Disziplinverfahren gegen ihn ein⸗ 
zeleitet werden. (N. W. 5T). 
Berhin, 11. Aug. Auf bden Reliefs des neuen Sieges- 
denlmals, dessen Enthüllung am 2. Sept: erfolgen- wird, ist auch 
die Szene dargestellt, in welcher die deutschen Fürften zu Bersailles 
Preußen die Kaiserkrone darbtingen. Kuaiser Wilhelm bat aber 
zefohlen daß auf dem Bilde nicht ihm. sondern der Borusfia (mit 
jem Kopf der Königin Lunise)“ diefe Hulbdigungen der veuntschen 
Fürsten dargebracht werden. — Mit dem neuen Maufergewehr 
berden zunächst das Garde, L., 8. 8.7 10. und IT. Armeekorps 
jewoffnet werden, für die übrigen Armeckorys ifst vorldufig das in 
der Aptirung begriffene Chafsepotgewehr bestimmt. Dasseibe wird 
ür die Patrone des Mausergewehrs eingerichtet, so daß das deutsche 
Deer eine Einheitspatroue besitzen wird. Die Fabriktion des 
aufergewehrs nimmt wegen der Sorgfalt, welche auf die Her⸗ 
zellung einzelner Theile verwendet werden muß, ein ungewöhnliches 
Maß von Zeit in Arspruch. So durfen beispielsweise Schrauben, 
die bei den älteren Waffen 5—10 Millimeter betragen, bel dem 
Mausereweht nur einen Millimeter start sein. Bei diesert Zeit 
aubenden Herstellungsarbeit erschien es geboten, mietelst der be⸗ 
onders für diesen Zweck aptirten franzoͤfischen Chaffepotgewehre 
Ane Imerimsbewaffnung eintreten zu lassen; die dazu beftimmt 
iss. die deutsche Armee in keinem Augenblicke, auch nur in einze!nen 
hrer Theile, relatis wehrlos erscheinen zu lafsen. 
Lerbezig, 13. Angust. Cine Bekanntmachung des hi⸗sigen 
Stadtraths kündigt in Erinnerung an dein grohßen Sedaner Sieg 
und die durch denselben vorbereitete Wiederherstellung des Deurschen 
steiches eine Feier des 2. September als eines nationahen Fest⸗ 
ages an, indem für den gedachten Tag ein Festakt in den Schulen, 
die Schmückung der öffentlichen Gebäude, eine Festmusik, die Ver⸗ 
egung des Markttages und eine festliche Beleuchtung der öffent- 
iichen Plätze am Abende angeordnet wird. Umn dem 2. Sepiem⸗ 
ber auch in seinet üußeren Erscheinung den Charalter eines Fest⸗ 
ages zu verleihen, sollen alle städtischen Verwaltungsbureaus ge⸗ 
schlossen werden.“ Ver Rath spricht die Hoffnung aus, die Mit- 
zürger würden feinem Beispicke folgen, umsomeht als nach eiuem 
Beschluß des Kirchenvorstandes in allen Kirchen ein Feftgotiesdienß 
jattfinden werde. 
Von Soliagen aus wird in der „K. Z.“ die Polizei gauf- 
efordert, auf die Seelenverkäufer“ ihr Augencaerk zu richten, 
delche als Agenten der niederländischen Regierung gegenwäͤrtig 
mter Anerbietung eines ziemlich hohin Handgeldes und anderwei— 
iget Ausfichten (leere Windbeuieleien) die jungen Leute zum Ein— 
ritt in die ostindische Armee der Niedetländer verführen. 
Bienz 183. Auguft. Furrst Bismard triffi noch in diesem 
Rongate mit Familie zum Besuche der Weltausstellung hier ein — 
Die Cholerd hat in Folge der eingetretenen kühlen tegnerischen 
Bitiernng abgenommen. 
—, Das Vernünftigste vielleicht, was bisher über den Schah 
don Persien esee wurde, ist in einem Artikel des „P. Li.“ 
nthalten, in bem fich ein Wiener Cotrespondent dieses Blattet 
—XEO—— 
vog all' den tausend charalteristischen Zügen und Voerlommnissen 
velche die Blästter käglich vom Schah zu erzählen senn wah 
Ich habe mich bei Hofbeamten, die ihr Dienst in die nächlie Pahe 
des Schah bringt, nach seiner Lebensweise erkundigt Ind Auskünsit 
rhalten⸗, welche sehzt gewöhnlich lingeg und jedes XX 
Reizes entbehren. Der Schah lebt Ja wie jeder andere Müßig- 
jänger von Profession in dieser Jahreszeit; er steht sehr spät auf, 
zjält unmäßige Siesten, faullenzt mit Raffinnement, consumir! mog· 
ichst viel Eis vnd legt sich wieder zu Bette. Soll er etwas thun, 
o ist er ungehaltere; Paradebesuche sind ihm eine Last, weil er du 
hweren Rock mit dem bekannten Brillartenschmuck anziehen muß 
Der Triumphzua des Schah durch Europa ift beispiellos in unseren 
Jahrbundrrt und der Culturhistoriler, der künftig dieses Momm 
er Völkergeschichte zu verzeichnen haben wird, — 'er wird mi 
5taunen und Unwillen erzählen, welche Demüthigungen und Miß⸗ 
andlungen sich die mächtigsten und gebildetsten Monarchen Europa 
»on dem orientalischen Despoten gefall nließen. Und wofüͤr? 
Ihne jeden fsichtbaren Zweck unterordnen sie sich willig den albernen 
daunen des unwissenden Persers, sie lafsen sich in ihrer Lebem 
peise stören und dulden harte Eingriffe in ihre Gewohnheilen, 
jegen welche man sich sonst nicht in den geringfügigsten Dingen 
ersündigen darf, ohne sich für alle Zeiten bei Hofe unmoöglich ge⸗ 
nacht zu baben. Und in den meisten Fällen bieten vicht einwol 
tücksichten der Politit eine Erklärung für diese Erjcheinung. Außer 
ẽkagland und Rußland hat keine Macht ein Interefse daran, sich 
sie Freundschaft des Schah von Perfien zu fichern. Glaubt man 
n ihm das monarchische Prinzip zu ehren ? Man kompromittiti 
8, indem man höfische Ehren an einen Barbaren verjschwendet, 
der das Gottesgnadenthum und die gewisse „Heiligkeit des gekthn 
en Hauptes“ karrikirt, wie Koͤnig Bobeche den Monaichismus um 
Beneral Bumbum den Militarismus. Glaubt man, ihn für du 
Livilifarion zu gewinnen, indem man ihm allenthalben solche über 
waungliche Empfänge bietet? Das Gegentheil wird die Folg 
in. Der apathische Orientale, in dem nur ein Gefühl mäachng 
s: dasjenige der maßlosen Selbstüberhebung, der unbegrenzten 
ẽelbflbewunderung, muß dadurch in seiner Selbstvergöt.erung no 
iestärkt werden. 
Frankreich. — 
nm Parise Ig.Aug. Das Interventionsprojelt Preußens 
ind Itallens in Spanien für eine berische Union findet Glauden, 
kngland ist nicht abgeneigt, Frankreich zuborzulommen. (Fr. J.) 
— Fur den Prozeß Bazaine' ist nun definikid das neut 
Schloßtheater von Conpiegne als Sitzungssaal ausersehen und die 
u dieser Umwandlung udthigen Arbeiten find bereus in Angriff 
senommen worden. — Der „Figaro gibt Nachecicht Uber die 
2ehensweise, welche die namhaftesten Persönlichteiten der Ko nmnune 
ie von dem Arme des Gesttes erreicht worden find, jetzt in Reu ⸗ 
Faledonien führen VOr. Rafton leitet mit einen gewssen Etienne 
eine Apothele in Numta. Reégöce hatte um die Erlaubniß nadh 
gejucht, fich als Thierarzt in Uro zu etabliren; diese mußte ihm 
aber adgefchlagen werden, weil er im März einen Fluchtwersuch ge 
macht hatte. Er bebaut jetzt dat ihm angewiesene Tercain. Assi- 
der Agitator des Cceazot, ist Werkführer in einer Maschinenbau⸗ 
austalt zu Rumbo, der Haupistadt der Halbinsel Ducos; abet er 
lann in Folge einer Wunde, welch er bei seinem Versuch, vom 
sKap der guten Hoffnung von der Dange daurch Schwimmen zu 
entkommen, von seinen Verfoljern empfangen hatte, nicht viel are 
veien. Seine Aufführung in dem Dedorlationsorte wird als eine 
adellose bezeichnet. Paschul Gronsset defindet fich auf der Ile dik 
ins, wo er von der Verwaltung zus keinerlei idrpetliger Arbeit 
maehalten wird. Er wollte Anfangs Medizin studiren, um dann 
ils Arzt wirken zu' können', hal das aber wieder aufzegeben und 
erbringt 9 die meiste Zeit quf der nichts weniger als reih 
rusgestattelen Bibliothek von Uro. Er bverkehrt fast mir wit 
jen beiden Brüdern May, deren Geschäftsführung als Militait⸗ 
ntendanten der sommune unter dieser Schreckensregierung selbst 
nielfach derdächtigt wurde. Moutot, der Setretär Rocheforts und 
iner der Redakteure des Mot d'Ordre, hatte das Glück, von dem 
dommandanten der Haldinse Tucos als Sekretär anzestellt zu 
werden. Barrasel, nach dem 4. Sept. Prafekt von Most aganen 
und späfer Führer der Cavaliers de la Roͤpublique, ist Buchaltet 
n einem Eisenwerk auf der Ite des Pins, wo sich bereits eint 
Riederlossung von zweihundert Häusern mit einem Hospital, einet 
dirche, Fabtiken u. s. w. gebildet hat. * 
-. In leitenden Kreisen der französischen Armee ist durqh die 
krfahrungen des leßten Krieges die Ueberzeugung hervorgerufen 
vorden, daß die Redaccination nach dem Berspil des deutschen 
Heeres als ooligatot jch auch in die franzosische Armee eingeführt 
verden muß. 
Spanien. 
Madrid, 11. Aug. Rach der „Iberia? hätte die deutscht 
Kegierung Iu/0 Million Realen (wohl nur 2 Sgr.) als Entjchädi⸗ 
zung für die Herausgobe des Vigilante geforhertee Der deutüche