Full text: St. Ingberter Anzeiger

Frankreich. 
Paris, 25. Aug. Die „Patrie“ schrebbt: Die Frage 
des zu wählenden Feldgeschützes, welche sich trotz der famosen Evr⸗ 
perimente von Tronville nachgerade zu verewigen drobte, ist, wie 
man uns versichert, in der letzten Sitzung desOdberkriegbratbs 
auf eine ganz unvermuthete Weise entschieden worden. Auf die 
Frage des Marschall-Präsidenten, binnen welcher Frist man eine 
wirtliche Lösung gewärtigen könnte, antwortete der Oberst Maillard 
hon der Marineartillerie, der bekanntlich der Erfinder ein 8 neuen 
Systems ist, er brauche noch ein Jahr für Experimente. — Ein 
Jahr heißt zwei Jahre, entgegnete der Marschall, und wenn wir 
—X——— 
ehen), so sänden wir wieder, wie vor drei Jahren, die schlechte⸗ 
sen Geschütze vor. Das muß um jeden Preis anders werden. 
Fr wandie sich zu dem Oberst von Reffye: Wie viel Kanonen 
— 
Wie verstehen Sie das: jede Woche zwei Batterien ? — Ich ver⸗ 
stehe das so, daß man jede Woche nur die nöthigen Bespannungen 
zu schicken brauche, um zwei durchaus feldtüchtige Batterien abzu⸗ 
holen.⸗ Binnen welcher Zeit koͤnnen Sie mit der ersten Lie⸗ 
jerung brainnen? — Binnen drei Monaten. — Koͤnnen Sie 
nicht die Fabrikation noch mehr beschleunigen? — Ja wohl, Herr 
Marschall; wenn Sie es befehlen, kann ich vier, sechs, sogar acht 
Batterien woͤchentlich liefern. — Gut; in drei Monaten, wenn 
Sie fertig sind, werden Sie mir schreiben. Ich werde die zwei 
ersten Batterien abbolen und von Tarbes nach Calais sahren 
lassen, um die Solidität des Materials zu prüfen. Wenn diese 
Prufung gunstig ausfällt, so wird die Frag definitiv geldst sein. 
So werden wir denn ohne großen Lärm von Experimenten 
hoffentlich bald eine dollständige Feldartislerie haben; acht Batlerien 
vöchentlich macht in einem Jahre 4992 Kanonen“ — 
Paris, 27. Aug. Der „Moniteur“ sagt, Bayern habe die 
Abberüfung des Zanzlers der französischen Gesandtschaft in 
München ˖verlangt, und zwar wegen der heftigen Sprache, welche 
derselbe ũber die das Lied von Mac Mahon spielenden Vadenser 
geführt habe. 
— Sedhs der verschlagensten geheimen Agensen der di⸗sigen 
Polizei⸗Präfeciur sind nach Luzern abgegangen, um dem-, Befreier 
Frankreichs“ auf Schritt und Tritt zu folgen und genouen Bericht 
uͤber dessen Handlungen zu erstatten. Die Herren. Monarchisten 
ccheinen ihrer Sache also doch nicht allzu sicher zu sein und eine 
pöllische Furcht vor dem „Alten“ zu haben. .3 
— Wie „Bien Public? wissen will, hätten die Royaliften, 
falls die Fusion nicht gelingen sollte, die Absicht, den Hercog von 
Aumale zum Präsidenten der Republik zu ernenen, und diesen so 
lange im Amte zu halten, bis Chambord todt sei (), um alsdann 
den Grafen von Paris als leaitimen Thronfolger aus den Thron 
zu berufen 2* 
Schweiz. 
— Der in den letzten Tagen in Lu zer n angekommene alt— 
Thiers ist fammt seiner Gattin, wo er erkannt wird, der Gegen⸗ 
dand von Begrüßungen und Ovationen. Die Ehrenbezeugungen 
sind zugleich Demonstrationen gegen dic jetzige französische Regie⸗ 
ung, auf die man in der Schweiz mit großem Mißtrauen buickt 
Gott sei Dank, daß Deutschland jetzt eine Maht ift“, hört man 
setzt dieselben Schweizer ausrufen, die im letzten Krieg die Siegt 
der Deutschen nicht genug beklagen konnten, und immer mehr ver⸗ 
breitet fich die Ueberzeugung, daß die Schweiz von Deutschland 
nichts, alles dagegen von Frankreich zu fürchten hat, daß fie aber 
im Nothfall an Deutschland einen starken und treuen Alliirten 
haben werde. (SEch. MDd.— 
Spanien. 
Madrid, 26 Aug.Die Cortes haben Castelar mit 185 
zegen 73 Stimmen, welche Vlave erhielt, zum Präsidenten erwählt. 
Tastelar nahm die Wahl an und erklärte, daß sein Programm 
daslen?ge Salmerons, des Ministerpräsidenten, sci; die Versamm⸗ 
lüng vertrete nicht eine Fraktion, sondern die ganze Demolratie. 
Odsgleich er förderalen Grundsätzen zugethan sei, wolle er vor Allem 
die nationale Einheit und Integrität des Vaterlandes; dazu sei 
rig kraftige Regieruiig sgewalt, Wiederherstellung der Ordnung und 
inebesondere Kräftigung“der Disziplin in der Armee erjorderlich. 
Castelars Wahl und Rede sind ein Zeugniß dafür, daß die Cor- 
edmehrheit entschiossen ist, die Regierung in ihrem Bestreben zur 
Wieder herstellung der Otdnung kräflig zu unterstützen. Castelar hat 
durch bittere Erfahruag gelernt, daß die Freiheit ihre Schranken 
haben muß, wenn der Staat nicht in Stüchke gehen soll). 
Barcelona, 26. Ang. Das Kriegsgeticht hat von den 
an der neulichen Meuterei betheiligten Artilletristen 12 zum Tode 
und 37 zu lebenskaͤnglicher Galeerenstrafe verurtheilt. — Die 
Farlisten haben cine VBekanntmachung erlassen, worin Jodesstrafe 
k die Bitrhernun hon Fisenbosibgen nach Frankreich und auf 
die Wiederherstellung zerstoͤrler Geleise und Z. legraphenleinngen 
zesetzt witd. * —, —— 
Amerika. F 
NewYork, 28. Aug. Der in Halisax üngelommen, 
Dampfer, Russia“. bringt Meldung von einem vei Breion fiau. 
zehabten orkanartigem Sturm, durch welchen viele Schiffdtũcht 
jerursacht und gegen 30 Schiffe an die Küste geworfen wurden. 
Drii Gefangene, welche von der französischen Strafcolonie 
LCayenue entflohen, sind in Ballimore eingetroffen und bertchien 
en, daß 150 andere Sträflinge nach schreclichen Leiden nath 
demerara (holländisch) entkommen sind. 
Vermischtes. 
Der Werkmeister Friedrich Herrmann am. Zuchthaus in 
aiserslautern hat auf der Wiener Weltausstelung für seinen 
Farbholz⸗Extracteur die Forischritismedaille erhalten. 
F In Ludnigshafen hat die Potizei dieser Tage bei dire 
Milchhändlern ca. 280 Schoppen gewässerte Milch konfiszirt. 
7Speyer. Der Siadtrath hat beschlossen, den 2. Sw⸗ 
ember auch hier zu feien. 
7 In Weisenheim am Sand fiel am 23. August Nachmittage 
wischen 2 und b Uhr über die Gemarkung und Ort ein wolxen⸗ 
ruchartiger Regen nieder, stark unterwischt mit Schlossen, wodutqh 
»edeutender Schaden in der Gemarkung, sowie an den Häusern dee 
Iries entstand. 
Neustadt, 28. Aug. Bei dem Gewittersturm heul 
Nachmlitag zwischen 4 und 5 Uhr wurde das riesige Zelt det 
meritkanischen Circus Pinder ꝛ. Cie. vom Sturme erfaßt und 
usammengetissen. Die Katastrophe geschah gerade während de 
Barftellung. Mehrere Zuschauer erhielien Stöße und Contufionen. 
Irhebliche Verletzungen sollen nicht vorgelommen sein. 
4 Wie die „Neust. Zig.“ vernimmt, soll die vom Gewerhe 
xercin Frankenthal beantragse Delegirtenversammlung der pfaͤlt 
Bewerbebereine am 7. Sebtember in Reustadt abgehalim 
verden. Sae eug geer ege 
.3.47 Piftetenbäcker Brück in Landanu hat auf der Wellau⸗ 
dellung die Verdienst-Medaille erhalte. 
pMannheim, 265 Aug. Strafkammer? Fahrläffige Ge⸗ 
ährdung · einez Elsenbahn⸗Trausports.) Der Eijenbahn-Arbeitn 
Joseph Wenz, welcher als Abldser eines Bahnwarts an Station 
Rr 14 unterhalb Friedrichsfeld bestellt ist und Sonntag den 26. 
Mal d. J. Abends 8 Uhr seinen Dienst antrat, uberließ sich, stat 
die seiner Bedienung anverttauten Weichen jeweils richtig zu stellen, 
»em Schlafe,“ so daß bereits um 10 Uhr durch einen Zug ein 
Erzenter aufgeschnitlen wurde. Obgleich er darauf durch den de⸗ 
rachbarten Signalwärter geweckt wurde, waren doch wieder um 
jalb 12 Uhr die Exzenter nicht zur Ausfahrt eines Main⸗Nedat 
Zugs auf das Südgeleise der badischen Bahn gestellt, und der 
Zug kam in das Nordgeleise, auf welchem r, wenn der dührer 
ucht sofort den Irrthum bemerkt hälte, mit einem auf der gleichen 
Spur laufenden Manuheimer Zug zusamme gestoßzen wäte. Joseph 
Wenz wurde deßhald heute gemäß R.“St.G.⸗B. 9 816 wegen 
ahrlaässiger Geführdung eines Eisen bahn-Traneports zu 6 Wochnn 
zefängmß verurtbeilt und gleichseitig nach 8 319 zu einer Be 
chtiftigung im Eisenbahndienst für unfähig erklätt. 3 
D Mannheim, 27. August. Der auch in weiteren Lreisen 
zekannten und renomirten Fabrik landwirthschaftlich chemischer 
Prodnkte von Georg Carl Zimmer in Mannheim, wurde bei 
der diesjährigen Wiener Weltausstellung eine doppelte Au8zeichnunt 
und Anertennung zu Theil; nämlich⸗ Die Forijchrits Wedeil. 
für ihre künstlich n Dünger-Fabrilate und die Verdienfn Medailt 
für ihre sonstigen chemischen Producte. 
F Muünchen, 26. August. Ein hier wegen seiner Wunder 
uren“ bei einer gewissen Volk-klasse in großem Anpehen siehenda 
ormaliger Schmiedgeselle Michael Hardner, welcher seinerzeit g 
zfteren Malen mit den Gerichten wegen seiner Pfuschereien v 
Fonflikt gerathen war, hatte in der lehteren Zest wegen seine 
untrüglichen Choleratropfen gute Geschaͤfte gemacht. Er selbst ehe 
erlag dieset gefürchteten Krantheit gestern Nachmitlag 4 Uhr 
PMun qhen. Die zur Spißeder'schen Gantmasse gehorin 
im Starnberger See nächst Feldaffig reizend gelegene Vill⸗ Ro 
wird am 30. d. M. versseig⸗rt werden. 
Bahreus h, 27. Aug. Der Präsident von Oberfren 
—V——— Salaglu 
Jestorben. 
Rärnberg, 27. Aug. Dem „Nürnb. Anz.“ wird 
Neumortt i. Oberpf. von 25. d. Folgendes brichtet? Der e 
zat Plattuer diente seit zwei Jahren; er war ein kleinet eiwe 
chwachlicher Mensch und darum auch eine Zeit lang als Noch 5 
venden; im zweiten Dienstjahre ward er krank, was aberd 
mtersuvende Regimentsarit Dr. Ferber für Veistellunq erllam. 
4 
s 
R 
uri 
M 
ist 
chu 
nͤß 
lebs⸗ 
Phn 
bre 
n 
34 
4J 
gen. 
der 
und 
— 
ne t 
10 
w